Schule in der Krise - Was Corona mit der Bildung macht
Podcast: Politik am Ring #6 vom 19. April 2021
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Thema
Seit mehr als einem Jahr herrscht an Österreichs Schulen Ausnahmezustand. Ob Homeschooling und Distance-Learning oder Maskenpflicht und Selbsttests – zahlreiche und ständig geänderte Beschränkungen des Unterrichts bringen Schülerinnen und Schüler aber auch deren Eltern und Lehrkräfte unter Druck. Unterricht per Skype und E-Mail zeigt das Fehlen einer Digitalisierungsstrategie an den Schulen auf. Soziale Ungleichheiten im Bildungsbereich werden durch die Corona-Krise offenbar verstärkt. Für KritikerInnen ist klar: COVID-19 sei nicht das Problem für die Schulen. Das Virus bringe seit Langem bestehende Probleme bloß ans Tageslicht. Ist Österreichs Bildungssystem in der Corona-Krise oder grundsätzlich in einer Bildungskrise?
Teilnehmer:innen der Diskussion
Abgeordnete:
- Rudolf Taschner (ÖVP)
- Eva Maria Holzleitner (SPÖ)
- Hermann Brückl (FPÖ)
- Sibylle Hamann (Grüne)
- Martina Künsberg Sarre (NEOS)
Eingeladene Fachleute:
- Alexandra Bosek, Bundesschulsprecherin
- Christiane Spiel, Bildungspsychologin, Universität Wien
Diskussion
Einen Großteil der Probleme, die im letzten Jahr im Bildungsbereich zutage getreten seien, habe es schon lange gegeben, so Martina Künsberg Sarre, Bildungssprecherin der NEOS. Die Pandemie hat die vorhandene Ungleichheit aus ihrer Sicht jedoch verstärkt: "Die Bildungsschere ist auseinandergegangen, die Digitalisierung hat uns kalt erwischt".
Rudolf Taschner, Bildungssprecher der ÖVP, wies darauf hin, dass eine Pandemie selbstverständlich Krisen mit sich bringe, und stimmte Künsberg Sarre zu, dass die Bildungsschere auseinandergegangen sei.
Die Jugendsprecherin der SPÖ, Eva Maria Holzleitner, stellte im Zusammenhang mit dem Bildungsbereich fest, dass die Sorgen, Ängste und Nöte von jungen Menschen sehr groß waren. Dazu sei große Verunsicherung gekommen, so Holzleitner, da vonseiten der Verantwortlichen im Sommer verabsäumt worden sei, Vorbereitungen für das neue Schuljahr zu treffen.
Das größte Problem, das sich aufgetan hätte, seien die Schulschließungen gewesen, zeigte sich FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl überzeugt. Damit einhergehend gebe es ein Defizit sozialer Kontakte, Bildungs- und Lernrückstände sowie fehlende Motivation, was zu einer "psychischen und sozialen Belastung" der Kinder führe.
Die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann, unterstrich die Bedeutung von Schule abseits der Vermittlung von Lerninhalten. Wesentliche Dinge könnten durch Technologie nicht ersetzt werden, insofern müssten die Kinder und Jugendlichen sobald als möglich zurück in die Schulen, damit sie "wieder an diesem Beziehungsnetz knüpfen können". Die Schule als sozialer Ort müsse wiederhergestellt werden.
Dem stimmte Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek zu. "Die Jugendlichen haben viel gelernt", dazu zählten Eigenverantwortung und Selbstorganisation, die jeder Mensch sein ganzes Leben brauchen könne. "Wir haben sehr viel an Reife gewonnen", so Bosek.
Laut Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien hat das vergangene Jahr bereits vorhandene Defizite im Bildungssystem aufgedeckt, aufgrund ungleicher Ressourcenverteilung seien Kinder zurückgeworfen worden.
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Transkript
Anmoderation: In dieser Folge von Politik am Ring, der Diskussionssendung des Parlaments, diskutiert Moderator Gerald Groß mit den Abgeordneten Rudolf Taschner von der ÖVP, Eva Maria Holzleitner von der SPÖ, Hermann Brückl von der FPÖ, Sibylle Hamann von den GRÜNEN und Martina Künsberg Sarre von NEOS darüber, was Corona mit der Bildung macht. Zu Gast sind die Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek und die Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien. Das Gespräch haben wir am 19. April 2021 im Dachfoyer der Wiener Hofburg aufgezeichnet.
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Gerald GROẞ (Moderator): Guten Abend und herzlich willkommen bei einer weiteren Ausgabe von „Politik am Ring“, heute zum Thema Schulen: Ist Österreichs Bildungssystem in einer Coronakrise oder stecken wir grundsätzlich in einer Bildungskrise? – Für viele Kritiker ist das ohnedies nur eine rhetorische Frage, denn sie sagen, Covid-19 ist nicht das eigentliche Problem, sondern durch Covid-19 sind viele seit Langem bestehende Probleme ans Tageslicht gekommen. Soziale Ungleichheiten wurden außerdem zusätzlich verstärkt. Darüber und vor allem natürlich darüber, was jetzt zu tun ist, wollen wir heute mit den Abgeordneten der im Parlament vertretenen Parteien und mit zwei Expertinnen sprechen. Ich darf herzlich willkommen heißen: Sibylle Hamann von den Grünen, schönen guten Abend; Eva Maria Holzleitner von der SPÖ, herzlich willkommen; herzlich willkommen Martina Künsberg Sarre von den NEOS; Hermann Brückl von der FPÖ, herzlich willkommen; und herzlich willkommen Rudolf Taschner von der ÖVP. Schön, dass Sie alle da sind und dass wir uns sehen und hören, obwohl wir natürlich coronabedingt nach wie vor auch hier gewissermaßen Distancing pflegen. Seit mehr als einem Jahr herrscht an Österreichs Schulen Ausnahmezustand – ob Homeschooling oder Distancelearning, Maskenpflicht oder Selbsttests –, zahlreiche und sich ständig ändernde Beschränkungen des Unterrichts bringen SchülerInnen und ihre Eltern, aber natürlich auch den Lehrkörper unter Druck und teilweise an den Rand der Verzweiflung. Für „Politik am Ring“ haben wir eine Mutter mit einem ihrer drei Kinder besucht und vor die Kamera gebeten. Wir lassen auch eine Lehrerin zu Wort kommen, die von hausgemachten Problemen spricht, denen nicht mit Geld allein, wie sie sagt, zu Leibe zu rücken ist.
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Es folgt eine Videoeinspielung:
Sprecher: Astrid Schwarz und ihr Sohn Marius lernen wieder einmal gemeinsam. Seit über einem Jahr heißt es für die dreifache Mutter und ihre Kinder, sich an Distancelearning, Präsenzunterricht und diverse Mischformen anzupassen. Seit Monaten hat der zehnjährige Marius nur einen Wunsch.
Marius (Schüler): Dass Corona so schnell wie möglich vorbeigeht, damit wir wieder in der Schule sein können, weil Distancelearning ist nicht gerade mein Ding.
Sprecher: Aber auch viele Lehrende dürften mit dem Distancelearning ihre Probleme haben. Für Astrid Schwarz ist es ein Glücksspiel, welche Qualität der Unterricht ihrer Kinder hat.
Astrid Schwarz (Angestellte und Mutter): Das kommt sehr stark auf den Lehrer an, die jungen Lehrer sind motiviert, von den älteren Lehren haben wir teilweise monatelang nichts gehört: Ich bin nicht erreichbar, und wenn, dann maximal am Telefon! Das ist ein strukturelles Problem, das wir schon vorher hatten und das sich jetzt durch den Lockdown meiner Meinung nach verschärft hat: Die Lehrer, die etwas tun, tun etwas, und die Lehrer, die es locker nehmen, tun nichts. Die Direktoren haben aber keine Handhabe.
Sprecher: Für die Alleinerziehende ist klar: Es wird in der Bildung gerade eine Generation Corona geschaffen.
Astrid Schwarz: Da bleiben viele Kinder auf der Strecke. Ich möchte nicht wissen, was wir da jetzt für eine Bildungsgeneration heranziehen, das ist ein Wahnsinn – die Volksschule glaube ich, betrifft das nicht, die werden vielleicht noch aufgefangen, aber erste, zweite Klasse Gymnasium sehr wohl. Die, die im September begonnen haben, waren bis jetzt insgesamt drei Monate in der Schule. Wenn die Eltern nicht dahinter sitzen, tun die Kinder zu Hause nichts. Wenn ich es mir leisten kann, dann setze ich meinem Kind einen Nachhilfelehrer vor die Nase und hole das auf – aber nicht alle können sich das leisten.
Sprecher: Der Bildungsminister will aber von einer Generation Corona nichts hören.
Heinz Faßmann (Bildungsminister, ÖVP): Ich lehne Übertreibungen, die von einem verlorenen Jahr oder einer verlorenen Generation sprechen, ab. Ich nehme dennoch zur Kenntnis, dass sich die Bildungsdefizite der ausgewählten Gruppen vergrößert haben, und darum müssen wir uns besonders kümmern. Deswegen haben wir ein umfangreiches Förderpaket mit einem Volumen von 200 Millionen Euro geschnürt, das eine Vielzahl von Maßnahmen umfasst. Was wird daraus finanziert? – In erster Linie zusätzliche und zielgerichtete Förderstunden für das kommende Sommer- und Wintersemester 2021/22.
Sprecher: Kristina Gugerbauer ist Lehrerin an einer Mittelschule in Wien und derzeit in Karenz. Für sie sind die Probleme, die jetzt auftauchen, hausgemacht.
Kristina Gugerbauer (Lehrerin): Österreichs Schulen sind sicher nicht in einer Coronakrise. Sie stecken in einer Bildungskrise und das nicht erst seit März 2020. Die Coronakrise hat ganz viele Systemfehler aufgezeigt, die man jetzt ganz deutlich sieht. Zum einen bereitet die Lehrerausbildung nicht ausreichend auf die Herausforderungen des Alltags vor, Stichwort Digitalisierung, Stichwort Integration. Das zweite Problem ist die Auswahl der Lehrer und Lehrerinnen. In Zeiten des Lehrermangels setzt man auf Quantität statt auf Qualität. Es werden sicher nicht die Besten der Besten zum Studium zugelassen, und das wirkt sich auf die Qualifikation der Lehrer und Lehrerinnen aus, und das schadet dem Image einer gesamten Berufsgruppe.
Sprecher: Astrid Schwarz macht sich weniger Sorgen um das Image der Lehrerinnen und Lehrer. Sie befürchtet, dass ihre und viele andere Kinder durch Corona den Anschluss verlieren und diese Defizite nie wieder aufholen werden.
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GROẞ: Ich darf jetzt bei „Politik am Ring“ unsere erste Expertin herzlich willkommen heißen: Frau Prof. Christiane Spiel, herzlich willkommen.
Univ.-Prof. DDr. Christiane SPIEL (Bildungspsychologin, Universität Wien): Schönen guten Abend.
GROẞ: Sie sind Universitätsprofessorin für Bildungspsychologie an der Universität Wien, und Sie haben gemeinsam mit Ihren MitarbeiterInnen die Bildungspsychologie als wissenschaftliche Disziplin gewissermaßen begründet. Ihre konkreten Forschungsschwerpunkte, wenn ich das auch noch sagen darf, sind lebenslanges Lernen, Gewaltprävention, Integration in multikulturellen Schulen und Geschlechterstereotype in der Bildungssozialisation. Wir werden gleich miteinander sprechen, Frau Professor, lassen Sie uns aber vielleicht eine erste Runde mit den Damen und Herren Abgeordneten hier im Studio machen, zu dem, was wir in diesem Film gehört und gesehen haben. Bildungsminister Faßmann, den wir gerade gesehen haben, hat am Beginn der Krise gesagt – und ich beginne vielleicht mit Ihnen, Frau Künsberg Sarre –: Sie werden sehen, das wird ein relativ geringes Problem! – Zitat Faßmann, am Tag, an dem im Vorjahr die Schulschließungen und die Umstellung auf E-Learning bekannt gegeben wurden. Ist das Ihrer Einschätzung nach Zweckoptimismus gewesen, Frau Abgeordnete, oder gar übertriebener und unangebrachter Hurraoptimismus, wie dann auch manche Kritiker behauptet haben?
Mag. Martina KÜNSBERG SARRE (NEOS): Ich glaube, es ist beides. Ich glaube, dieser Umstieg ist ganz, ganz schwierig gewesen. Klar ist aber, und das ist aus dem Interview mit der Lehrerin ganz klar hervorgegangen, dass wir schon vorher ganz, ganz viele Probleme gehabt haben, die sich durch die Coronakrise manifestiert haben oder noch stärker geworden sind, zum Beispiel betreffend Chancengerechtigkeit, auch die Bildungsschere ist auseinandergegangen und die Digitalisierung hat uns kalt erwischt. Das muss man einfach sagen, da ist ein bissel was aufgeholt worden, aber de facto sind wir noch lang nicht dort, wo wir sein sollten. Natürlich gibt es bestimmte Gruppen, die ganz, ganz stark abgehängt worden sind oder gar nicht erreicht worden sind, aber ich glaube, es betrifft alle Kinder, die etwas aufzuholen haben. Wir haben ja gesehen, es geht da nicht nur darum, dass man in der Schule lernt, sondern auch dass man sich trifft. Es gibt ja immer mehr Studien, auch von Frau Prof. Spiel, was es mit Kindern und Jugendlichen macht, wenn sie so lange nicht in der Schule sind. Ich glaube nicht, dass wir von einer Generation Corona sprechen sollten, ich sage auch immer zu den Schülerinnen und Schülern, mit denen ich diskutiere, dass ich das nicht so sehe, weil ich glaube, dass die Bezeichnung falsch ist und dass es mit einem einfach etwas macht, wenn man permanent hört: Ich bin die verlorene Generation! Das ist auch verantwortungslos von uns Erwachsenen, finde ich. Wir Erwachsene haben ganz, ganz klar den Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass da möglichst viel gemacht wird, sowohl schulisch – also digital –, aber auch gesundheitlich, und da mangelt es natürlich auch an vielen Bereichen, wenn man sieht, wie wenig Schulsozialarbeiter es gibt, wie wenig Schulpsychologen es gibt und wie wenige Lehrerinnen und Lehrer dafür ausgebildet sind, solche Krisen auch einmal ganz frühzeitig abzufangen.
GROẞ: Frau Holzleitner, es gibt einen Grundsatz: In Krisen ist das Kindeswohl oberste Pflicht. – Hat die Politik Ihrer Einschätzung nach im abgelaufenen Jahr nach diesem Grundsatz gehandelt?
Eva Maria HOLZLEITNER, BSc (SPÖ): Ich habe das leider sehr oft vermisst, muss ich ehrlicherweise sagen. Die Sorgen, Ängste und Nöte von jungen Menschen waren doch sehr, sehr groß. Gerade wenn es um den Themenbereich Bildung gegangen ist, hat man sehr oft von klassischen Schulen gesprochen, von Gymnasien, von Mittelschulen, vielleicht von der HAK, von der HTL, aber einen Bereich hat man immer wieder total vergessen, und zwar den Bereich Berufsschule. Der gehört genauso zu unserem Bildungssystem, und sehr oft sind die Berufsschulen in den Pressekonferenzen vom Bildungsministerium gar nicht vorgekommen. Gerade im Bereich der Lehre – zum Beispiel wenn ich Lehre mit Matura mache – sind aber genauso Fragen und Sorgen da: Wie wird meine Matura ablaufen? Werde ich mit dem Stoff zusammenkommen? Wie funktioniert das alles? Gerade das, finde ich, war ein großer, großer Bereich, den man immer wieder ausgespart hat. Auch ein Thema waren natürlich die sehr kurzfristigen Maßnahmen, die gesetzt worden sind, also von einem Tag auf den anderen, das hat nicht nur die Schülerinnen und Schüler betroffen, sondern auch Direktorinnen, Direktoren. Eigentlich hat man gerade in den Sommerferien das Gefühl gehabt, dass nicht Schülerinnen und Schüler Sommerferien gemacht haben, sondern durchaus auch Teile des Bildungsministeriums. Gerade da hätte man sich vorbereiten und diverse Krisenszenarien ausarbeiten können. Wir wissen alle, dass niemand gewusst hat, wie eine Krise dieses Ausmaßes funktioniert, aber diverse Szenarien hätte man vielleicht vorbereiten und dann adaptieren können. Da ist einfach der Informationsfluss teilweise viel zu wenig und viel zu spät gekommen, und vor allem ist auch nicht in kind- und jugendgerechter Sprache vermittelt worden. Gerade junge Menschen können mit unseren sehr ausschweifenden Ausformulierungen oftmals nicht so viel anfangen, deswegen ist es auch immer sehr gut, wenn man – nachher haben wir ja auch die Expertin von der BundesschülerInnenvertretung da – junge Menschen bei den Pressekonferenzen mitnimmt. Ich glaube, das ist zentral, und das muss viel, viel mehr passieren, damit man da auch besser kommuniziert und im Krisenmanagement wirklich die jungen Menschen in den Vordergrund stellt.
GROẞ: Das ist vielleicht auch ein Vorsatz für die heutige Diskussion. (HOLZLEITNER: Absolut!) Herr Brückl: Nachher sind wir alle immer gescheiter! – Diesen Satz haben wir im abgelaufenen Jahr sehr oft gehört. Was hätten Sie denn konkret, was das Thema Bildung und Schulen betrifft, anders gemacht?
Hermann BRÜCKL, MA (FPÖ): In dieser Coronakrise – ich darf es grundsätzlich auf den Punkt bringen – war aus meiner Sicht das größte Problem, das sich aufgetan hat und das wir haben, die Schulschließungen. Da tun sich in Wirklichkeit mehrere Konfliktfelder auf, aber drei ganz besonders: zum einen der Aspekt der Bildung eben durch Bildungsverluste, durch Bildungsrückstände, Lernrückstände, die entstehen. Andererseits auch der gesundheitliche Aspekt: Es gibt viele Kinder, viele Jugendliche, die als einzige Bewegungsmöglichkeit der Woche eben den Schulsport haben – auch das gibt es nicht. Es gibt kein Vereinsleben, keinen Tennisverein, keinen Fußballverein. Sie haben also nicht die Möglichkeit, sich zu bewegen. Das Dritte, und das ist aus meiner Sicht das größte Problem, das wir derzeit haben, ist die psychische, die soziale Belastung unserer Kinder. Sie leiden unter den fehlenden Sozialkontakten, sie leiden darunter, dass ihnen eine persönliche Ansprache fehlt, es fehlt an Motivation, es geht Tagesstruktur verloren. Wir kennen diese Studien, die zum Teil über Monate hinweg erstellt wurden, wo sich dann herausstellt, dass Kinder, dass Jugendliche sich schon die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Ich glaube, erst letzte Woche wurde eine Studie veröffentlicht, in der bekannt gegeben wurde, dass, glaube ich, 26 Prozent der Kinder und Jugendlichen Suizidgedanken hegen. Ich glaube, dass es das einfach wirklich auf den Punkt bringt: Das größte Problem ist, dass die Kinder nicht in der Schule sind. Man muss so schnell und so rasch als möglich dafür sorgen, dass wir einen Unterricht haben, der fünfmal in der Woche stattfindet, einen Unterricht, wo die Kinder wirklich alle da sind. Und wir müssen den Kindern auch das Vereinsleben wieder ermöglichen, wir müssen ihnen die sozialen Kontakte ermöglichen. Derzeit ist es so: Die Eltern können da nicht helfen, sie sehen zwar die Ängste, sie sehen, wie ihre Kinder leiden, aber sie können nicht eingreifen, und das ist ein ganz, ganz schlimmer Aspekt für jeden, der heute Vater ist, der heute Mutter ist, also für Eltern, wenn sie ihre Kinder leiden sehen und ihnen nicht helfen können in dieser Frage. Ich glaube, das ist die Kernfrage in der Coronakrise, abgesehen davon, dass der Begriff Bildungskrise durchaus auch diskutiert werden muss, aber die Kernfrage ist: Wie schaffen wir es, dass wir die Schulen wieder fünfmal die Woche öffnen? Wir haben in dieser Diskussion bereits vor vielen Monaten ein Konzept vorgelegt – ich behaupte nicht, dass das jetzt das Nonplusultra ist –, das das ermöglicht, es wäre eine Möglichkeit, die Kinder wieder fünf Tage in der Woche zurückzuholen, weil, wie gesagt, das aus unserer Sicht das größte Problem ist.
GROẞ: Frau Hamann, Sie waren vor Ihrem Einstieg in die Politik bekannt für Ihren kritischen Journalismus. Was würde denn die kritische Journalistin Hamann zum Beispiel im „Falter“ über das Krisenmanagement im Schulbereich schreiben?
Mag. Sibylle HAMANN (Grüne): Na ja, kritisch bin ich immer noch, kritisch bin ich geblieben, kritisch schaue ich auch mir selber und dem, was wir machen, zu. Es hat uns alle wirklich in eine Extremsituation hineingeworfen. Jeder, der hier sitzt und behauptet, man hätte vor einem Jahr gewusst, wie sich das entwickelt, und dass wir ein Jahr später immer noch in dieser Extremkrise sitzen und die Kinder in manchen Bundesländern immer noch – wie auch der Kollege Brückl richtig sagt – nicht jeden Tag in der Schule sind - - Das hätten wir uns wahrscheinlich nicht im Traum ausgemalt. Wir haben in dieser Extremsituation gemerkt, wie unglaublich wichtig die Schule als sozialer Ort ist, als Ort der Beziehung, und wie sehr uns das fehlt, und dass man einfach ganz wesentliche Dinge nicht ersetzen kann durch Technologie, durch einen Computer, durch einen Bildschirm. Ich glaube, das ist die eine große Lehre, die wir aus diesem Jahr mitnehmen. Was uns jetzt gelingen muss, ist, dass wir versuchen müssen – völlig richtig –, die Kinder so bald wie möglich in die Schule zurückzubringen – wir haben ja wirklich um jeden Tag Präsenzunterricht, den man ermöglichen kann, gekämpft –, um an diesem Beziehungsnetz wieder zu knüpfen. Da wird es ganz viel an psychologischer Unterstützung brauchen, da wird es Sozialarbeit brauchen, da wird es ganz viel Zusammenarbeit mit außerschulischen Aktivitäten geben, mit Sport, Bewegungsangeboten, auch mit NGOs, darauf müssen wir uns konzentrieren. Distancelearning ist ganz sicher, so wie es die Mutter in diesem Beitrag gesagt hat, eine Sache für absolute Notfälle. Gut, dass wir die Technologie haben, wenn wir sie unbedingt brauchen, auch gut, dass wir da investieren, dass wir sie weiterentwickeln, dass es Laptops gibt, dass es gutes WLAN an den Schulen gibt – alles wichtig –, auch dass die Lehrkräfte gut ausgebildet werden, aber das ist nicht das, was die Schule als sozialen Ort ersetzen kann, und dafür, das wirklich wiederherzustellen, dafür werden wir weiter kämpfen, so fest wir können.
GROẞ: Herr Taschner, die ÖVP ist ja vehement für Schulnoten. Was für eine Note bekommt denn die Regierung für ihr Krisenmanagement im abgelaufenen Jahr von Ihnen?
Mag. Dr. Rudolf TASCHNER (ÖVP): Da bin ich zu befangen, als dass ich da eine objektive Note geben kann. Sie würde höchstwahrscheinlich von Ihnen nicht so richtig zur Kenntnis genommen werden, fürchte ich, aber ich möchte behaupten, dass wir im internationalen Vergleich doch sehr wesentliche Punkte gesetzt haben. Ich will nur zum Beispiel die Teststrategie erwähnen, die eingeführt worden ist. Deutschland hat auf Österreich geblickt und hat gesagt: Das ist ja unglaublich! Wie macht ihr das? Mit dieser Teststrategie ist es auch möglich geworden, die Schulen möglichst lange offen zu halten. Herr Kollege Brückl, dass das nicht immer gegangen ist, das verdanken wir nicht irgendeiner Willkür des Ministeriums – wie Sie sagen –, sondern das ist der Tatsache geschuldet, dass wir wirklich in einer Pandemie gelebt haben, die das von uns gefordert hat. Wir haben versucht, wo es möglich war, den Schulen die Möglichkeit zu geben, dass sie offen sind. Durch den Schichtbetrieb, durch andere Maßnahmen hat man versucht, dass die Schulen möglichst so funktionieren, wie es nur geht. Also das Testen hat zum Beispiel sehr gut gewirkt, das Maskentragen wirkt sehr gut. Wir haben versucht, die Schule möglichst wirklich am Laufen zu halten. Selbstverständlich bringt eine Pandemie Krisen mit sich, und selbstverständlich ist auch diese Schere, von der man spricht, auseinandergegangen. Das Ministerium wird sich auch bemühen, dieser Schere entgegenzuwirken. 200 Millionen Euro, das wurde ja gesagt, sind eingesetzt worden, um Fördermaßnahmen durchzuführen, um Sommerschulen einzuführen. All das sind Aktionen, die sich im internationalen Vergleich sehen lassen können. Sie können also selbst überlegen, welche Note ich dem geben würde.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank für die erste Runde. Über diese Strategien, wie man diese Defizite wieder ausgleichen kann, wollen wir in der verbleibenden Zeit sprechen. Frau Professor Spiel, bevor wir darüber reden, welche Defizite Corona im Detail geschaffen hat, reden wir einmal über die Defizite – weil das heute bereits mehrfach angesprochen worden ist –, die es im Bildungssystem aufgedeckt hat.
SPIEL: Es wurden ja schon einige angesprochen. Wir haben es sicher nicht geschafft, eine Chancengerechtigkeit herzustellen, was eigentlich ein Auftrag wäre. Es steht ja auch in der Bundesverfassung, jedem Kind die bestmögliche Bildung, und auch, dass jedes Kind letztlich dann am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen kann. Da gibt es also ohne Zweifel Aufholbedarf, und ich glaube, die Krise hat das schon sehr stark aufgezeigt, weil dadurch, dass die Kinder zu Hause gewesen sind, sie einfach auf ihre Situation zurückgeworfen waren. Wenn in der Familie nicht Deutsch gesprochen wird und die Kinder nicht in der Schule sind beziehungsweise vielleicht auch kein Endgerät haben, wenn es eben um die finanziellen Mittel sehr schlecht bestellt ist, kann dieses Kind eben nicht oder nicht in dem Ausmaß an Bildung teilhaben und fällt noch weiter zurück – um jetzt nur ein Beispiel zu nennen. Wenn die Eltern selber keine Tagesstruktur haben, weil sie vielleicht ihren Job, ihren Beruf verloren haben, dann leben sie auch keine Tagestruktur vor und können das Kind nicht unterstützen. Ich glaube also, man muss sich solche Bilder richtig vor Augen halten, um zu verstehen, was das wirklich im Einzelnen bedeutet.
GROẞ: Das heißt, es geht um dieses Thema der Ressourcenverteilung, der ungleichen Ressourcenverteilung zunächst einmal. Sind mit Ressourcen aber nur technische Ressourcen gemeint? – Nein, offensichtlich nicht.
SPIEL: Nein! Nein, natürlich nicht! Also ich glaube, wir haben einfach schon von vornherein eine sehr hohe Heterogenität im Bildungssystem gehabt, die auch durch die Situation gegeben ist. Wenn wir zum Beispiel in Wien in Schulen schauen, haben wir überall in den Klassen die Höchstzahlen, die SchülerInnenhöchstzahlen, gleichzeitig einen besonders hohen MigrantInnenanteil, das heißt, in so einer Klasse zu unterrichten ist für Lehrerinnen und Lehrer eine ganz andere Herausforderung, als wenn sie im ländlichen Bereich sind und vielleicht sehr wenige Kinder in der Klasse und keine oder kaum MigrantInnen haben, das heißt, man kann Deutsch sprechen. Das heißt, wir haben von vornherein eine sehr heterogene Situation mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen, und diese Unterschiede gibt es natürlich auch in der Digitalisierung. Österreich war in den Schulen sicher nicht sehr gut vorbereitet, aber auch da gab es die Heterogenität, also Lehrerinnen und Lehrer, die wunderbar vorbereitet waren, die mit den Kindern bereits viel gemacht haben, und andere, die, sagen wir einmal, nicht ganz so technikaffin waren.
GROẞ: Also Heterogenität, was die gesellschaftlichen Verhältnisse betrifft, auf der einen Seite, aber auch Heterogenität in der Lehrerschaft, wenn ich Sie da richtig verstehe. Wie konnte es dazu kommen?, könnte man jetzt fragen. Wessen Schuld oder wessen Versagen ist das?
SPIEL: Ja, ich weiß nicht, ob man das so mit Versagen bezeichnen kann. Wir zögern, wir haben ja Situationen. Wir können den Menschen schwer sagen: Wenn ihr MigrantInnen seid und in ein anderes Land kommt, zieht nicht in die Städte!, ja? Also das wird man nicht verhindern können. Und man sieht auch, dass das nicht allein der Bildungsbereich ist, denn wenn jetzt in einer Schule in einer Klasse die Kinder fast alle einen Migrationshintergrund haben und nur ganz wenige einheimische Kinder in der Klasse sind und vielleicht auch viele der Eltern, sagen wir einmal, nur die Pflichtschule besucht haben, dann hängt das ja auch mit der Wohnpolitik zusammen. Wir sehen also, Bildung ist so ein breiter Bereich, dass das sozusagen ganz viele andere Politikbereiche betrifft und auch Auswirkungen auf diese hat. Man könnte sagen, Bildung hat Auswirkungen auf alle Politikbereiche, und je höher und je besser sie ist, desto besser geht es auch in den anderen Bereichen – angefangen bei der Gesundheit.
GROẞ: Das heißt, Bildung ist eine Querschnittsmaterie (SPIEL: So ist es!), wie man so schön sagt und es in Lippenbekenntnissen vielleicht immer schon gesagt hat, aber jetzt wird es wirklich schlagend.
SPIEL: Ja, und dann könnte man noch fragen – es wurde ja auch vorher schon angesprochen –: Wen attrahieren wir, dass die Personen ein Lehramtsstudium machen, also dass sie Lehrerin oder Lehrer werden? Es ist ganz einfach so: In dem Augenblick, in dem ein Beruf in einer Gesellschaft sehr, sehr hohes Ansehen hat, attrahiert man Personen, die durchaus auch selbst besonders gut in der Schule waren und die ein besonders hohes Engagement haben. Ich will ihnen jetzt gar nicht absprechen, dass sehr viele Lehrerinnen und Lehrer das haben, aber ich kann mir doch nicht vorstellen, dass wir von allen Jahrgängen die Besten gewinnen, so wie es zum Beispiel in Finnland der Fall ist, und ich glaube oder hoffe eigentlich, dass auch dadurch, dass in dieser Krise jetzt viele Eltern Lehrerinnen und Lehrer wurden, weil sie notgedrungen mit ihren Kindern arbeiten mussten, der Beruf des Lehrers, der Lehrerin ein ganz anderes Image bekommen hat, denn plötzlich kommt man drauf, was die eigentlich alles leisten müssen. Und auch die Kinder, die früher vielleicht gesagt haben: Na ja, die Schule? Boh, schon wieder aufstehen und in die Schule gehen!, sehnen sie sich plötzlich nach der Schule. Das heißt, sie erkennen auch, welch ein wichtiger Ort das ist, um Rückmeldungen zu kriegen, um mit FreundInnen zu lernen und so weiter.
GROẞ: Das ist eigentlich ein spannender und hochinteressanter Aspekt, dass möglicherweise das Ansehen der Schule insgesamt, aber auch jenes der Lehrerinnen und Lehrer steigt, weil man jetzt sieht und vielleicht auch wertschätzt, was da tatsächlich dahintersteckt. Glauben Sie, dass sich diese Wertschätzung auch niederschlagen wird und muss, vielleicht sogar in einer höheren Bezahlung? Wir diskutieren das im Moment zum Beispiel, was den Pflegebereich und überhaupt das Gesundheitspersonal betrifft, sehr stark. Bei den Lehrerinnen und Lehrern hätte ich das jetzt noch nicht so gehört.
SPIEL: Na, die Lehrerinnen und Lehrer werden, soweit ich weiß, ja sehr unterschiedlich bezahlt. Wenn sie in die Grundschule gehen, in die Volksschule, verdienen die Lehrerinnen und Lehrer deutlich weniger, oder wenn wir in den Elementarbereich gehen ebenfalls. Gerade die ElementarpädagogInnen werden wirklich nicht sehr hoch honoriert und wünschen sich sehnlichst ebenfalls eine Ausbildung auf akademischem Niveau.
GROẞ: Machen wir vielleicht an dieser Stelle kurz einen Unterbruch, Frau Professor Spiel, weil es da schon Diskussionsbedarf gibt, wie ich sehe. Frau Hamann hat sich schon gemeldet. – Bitte.
HAMANN: Ja, ich habe mich sehr gefreut, dass Frau Professor Spiel das Thema mit der Wandlung des Ansehens auch der Lehrerschaft in dieser Zeit angesprochen hat, weil es sich gerade zufällig sehr gut trifft: Wir haben gerade dieser Tage jetzt ein Gesetzespaket ausgearbeitet, das den Quereinstieg in den Lehrerberuf wesentlich erleichtern soll, und das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir die Schule öffnen müssen – hin zu anderen Berufen, hin zu anderen gesellschaftlichen Bereichen –, dass nicht immer Menschen, die quasi schon aus der Schule kommen und sofort den Lehrerberuf anstreben, diejenigen sind, die langfristig in diesem Beruf auch am meisten Unterschied machen können. Also wir versuchen gerade sowohl die Volks- und Sekundarschullehrerschaft als auch die Elementarpädagogik, die Sie dankenswerterweise auch erwähnt haben, zu öffnen, um auf dem zweiten Bildungsweg, auf dem Quereinstieg neue Personengruppen anzuziehen – auch mit dem von Ihnen erwähnten vielleicht auch multikulturellen Wissen, auch mit anderem Background. Da kommt vielleicht auch wieder mehr Vielfalt in die Schulen hinein, was allen nur nützen kann.
GROẞ: Grundsätzlich eine gute Idee? – Fragen wir das gleich zurück.
SPIEL: Ja! Ja, das ist schon vorgesehen. Es gibt ja eine PädagogInnenbildung Neu, die wurde schon angesprochen, und ich glaube, die Lehrerin, die da vorhin interviewt wurde, hat diese PädagogInnenbildung Neu nicht gemacht. Es werden jetzt alle auf Masterniveau ausgebildet, und zum Beispiel ist die digitale Bildung natürlich verpflichtend in der PädagogInnenbildung Neu enthalten. Und dort ist auch festgelegt, es ist ganz wichtig, dass wir QuereinsteigerInnen haben, also Menschen, die schon Berufserfahrung haben und damit auch die Schule sozusagen mit mehr Wissen aus der Gesellschaft anreichern – also so ein Bild, dass wir sagen, wir haben solche, die direkt in diesen Beruf gehen, vermischt mit solchen, die sozusagen quer einsteigen, und gleichzeitig wird die Schule auch mehr ein Teil der Gesellschaft. Das heißt, wir öffnen die Schulen überhaupt viel mehr: für Sportvereine, für Musik, für ganz viele Dinge. Das wäre, glaube ich, ganz wichtig.
GROẞ: Auch Frau Künsberg Sarre hat sich gemeldet, und dann Frau Holzleitner. – Bitte.
KÜNSBERG SARRE: Also ich glaube, was ganz wichtig ist, ist, dass wir nicht nur darüber diskutieren, dass wir diese Coronakrise jetzt irgendwie aufholen und schauen, dass wir jetzt nur Förderpakete für dieses und das nächste Semester machen, sondern es geht darum, dass die Krise aufgezeigt hat, woran es hapert. Ich glaube, wir müssen weiter denken, denn wir sind jetzt auch im Bildungssystem – die ÖVP ist ja seit Ewigkeiten in der Regierung – irgendwie sehr am Bewahren und am Konservieren dieses Bildungssystems, aber irgendwie sollten wir zu dieser Veränderung, die da jetzt vor der Tür steht und anklopft, eigentlich sagen: Super, dass du endlich da bist! Jetzt machen wir etwas gemeinsam, wir alle, die da jetzt betroffen waren – jeder von uns war in irgendeiner Weise betroffen und hat das miterlebt –, dass wir da etwas verändern! Da, so glaube ich, braucht es einfach einen Paradigmenwechsel auch im Denken, dass wir jetzt nicht nur das aufholen, was da im letzten Jahr nicht passiert ist, sondern dass wir mehr machen, denn nur, weil man jetzt das Förderprogramm macht, ist das trotzdem kein großer Beitrag, dass diese Bildungsschere weiter zusammengeht. Die kann sich vielleicht wieder schließen, aber gerade die Elementarpädagogik, die Elementarbildung muss so aufgewertet werden, dass dort gute Sprachförderung stattfinden kann, dass dann beispielsweise auch die Deutschförderklassen nicht mehr notwendig sind. Betreffend den Elementarbildungsbereich ist es Fakt, dass wir zu wenig Geld dort reinstecken. Die Kindergärten waren ja auch in der Coronakrise ein Spielball zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, und irgendwie hat sich keiner dafür wirklich zuständig gefühlt. Wir haben zu große Gruppen, das hat man auch daran gesehen, dass andere Länder die Kindergartenbetreuung am Anfang, im ersten Lockdown, natürlich ganz normal aufrechterhalten konnten, weil Schweden, Finnland et cetera einfach ganz, ganz wenige Kinder pro PädagogIn haben – zum Beispiel 1 : 7 –, und wir mit Gruppen von 25 Kindern arbeiten. Da muss also auch mehr kommen von der Regierung und von der Politik, von den Verantwortlichen, nicht nur, dass wir jetzt diese kleinen Schritte gehen, dass wir wieder aufholen oder dass wir stolz sein können, dass wir ab dem nächsten Jahr in den 5. und 6. Schulstufen Endgeräte haben – also das ist noch keine Digitalisierungsoffensive!
GROẞ: Also sozusagen ein Zurück zur alten Normalität darf es auf keinen Fall sein. Herr Taschner, ich habe schon gesehen, dass Sie etwas dazu sagen wollen, aber nehmen wir vielleicht noch die beiden Abgeordneten der Opposition dazu, weil da kommt dann vielleicht noch etwas in den Rucksack für Sie hinein. – Bitte.
HOLZLEITNER: Ich glaube, ein wichtiger Punkt ist schon angesprochen worden: die Elementarpädagogik. Wir sprechen da ja schon sehr lange über einheitliche Qualitätsstandards und eben die Aufwertung dieses Berufes et cetera. Wir wissen ja auch, dass viel mehr Menschen, die sich für ein Kolleg entscheiden, dort eine Elementarpädagogikausbildung machen, in diesem Beruf bleiben, viel eher in einem Kindergarten, in einer Kinderbildungseinrichtung bleiben, als wenn sie mit 14 Jahren, wenn sie noch recht jung sind und vielleicht noch nicht genau wissen, wie ihr weiterer Lebensweg ausschauen wird, die Ausbildung machen. Und ich glaube, jetzt wäre auch massiv der Zeitpunkt – auch wenn wir auf die Arbeitslosenzahlen schauen –, dass wir diese Kollegs ganz, ganz schnell ausrollen und auch wirklich ermöglichen, und den Menschen auch finanzieren, dass sie diese Ausbildung an den Kollegs machen können, ohne dass sie Existenzängste haben, und das einfach noch stärker attraktivieren. Gerade wurde Bezahlung angesprochen: Auch ich finde, dass das in der Elementarpädagogik ein wahnsinnig wichtiger Punkt ist, weil wir wissen, dass das oftmals mit Teilzeitbeschäftigungen und mit einer nicht so guten Bezahlung und so weiter ganz eng verknüpft ist, und wenn ich einen Beruf habe, von dem ich einfach nicht leben kann, ist das nicht so attraktiv, auch für andere Menschen, den anzunehmen. Deswegen: Elementarpädagogik erfolgt in der ersten Bildungseinrichtung, sie ist genauso Bildung wie die in einer Volksschule, wie die in einem Gymnasium, wie die in einer Mittelschule, wie die in allen anderen Bildungseinrichtungen, und deswegen müssen wir sie auch einmal als solche sehen. Das ist aber, glaube ich, teilweise noch immer nicht ganz so angekommen, und deswegen sind da wirklich diese qualitätsvolle Ausbildung, die einheitlichen qualitätsvollen Standards und die Bezahlung etwas ganz, ganz Wesentliches. Vor allem haben wir ja gerade in diesem Bereich auch schon ein Sozialpartnerschaftspapier, in dem die Vereinbarkeitsmilliarde steht. Also wirklich: Industriellenvereinigung, ÖGB, Wirtschaftskammer haben sich geeinigt, es bräuchte eine Vereinbarkeitsmilliarde, bei der es um ganz gezielte Investitionen auch in Kindergärten, Krabbelstuben, in ganztägige Formen geht. Das haben wir zum Beispiel als Antrag im Parlament eingebracht, es ist aber leider vertagt worden. Ich glaube aber, dass das eine wahnsinnig essenzielle Investition in die Zukunft wäre, und gerade, wenn es da eigentlich schon so eine breite Einigung gibt, wäre es wirklich ein positives Zeichen gewesen, wenn wir uns auch hier dazu entschieden hätten, mehr zu machen. Als Opposition werden wir da aber genauso dranbleiben, bis es endlich – hoffentlich – passiert.
GROẞ: Okay. – Herr Brückl.
BRÜCKL: Ich darf noch einmal auf das eingehen, was Kollegin Sarre gemeint hat, weil sie gesagt hat, wir müssen diese Lernverluste bedingt durch diese Krise, diese Coronakrise, mehr oder weniger aufholen. – Ja, das müssen wir, aber ich glaube, dass sich unsere Kinder und die Jugendlichen auch durch ihre Eigeninitiative, durch ihre Dynamik, durch ihren Leistungswillen, den sie haben, da doch leichter tun. Daher sehe ich dieses Problem zwar – es ist da! –, aber es ist, glaube ich, nicht das größte. Das größere Problem ist sicherlich der soziale Effekt. Das Zweite, das Sie, Frau Kollegin Sarre, angesprochen haben, war die Frage der Zuständigkeiten. – Ja, wir haben in Österreich den Föderalismus, zu dem wir alle uns ja grundsätzlich bekennen und der auch gut ist, aber da gibt es natürlich Überschneidungen bei der Frage, wer wo zuständig ist. Die Länder und der Bund sind da oftmals gefordert, einen gemeinsamen Weg zu finden, der halt gerade auch jetzt in der Krise nicht immer zustande kommt. Und zum Dritten: Schauen wir zum Beispiel die Lehrpläne an: Wir, die Politik, diskutieren, das Ministerium erarbeitet Lehrpläne. Ich bin der Meinung, dass wir gerade bei dieser Erstellung der Lernpläne, bei neuen Schulen, die wir ins Leben rufen, vor allem auch jene einbeziehen müssen, die ja mit den Abgängern der jeweiligen Schulen arbeiten müssen. Das heißt also, die Universitäten müssen mitreden können, wenn es um die Frage geht, was ein Maturant können muss. Die Wirtschaft, die Industriellenvereinigung, die Sozialpartner, die Wirtschaftskammer, die Gewerkschaften: Auch von dort muss ein Input kommen, den man auch aufnimmt, weil das ja die Institutionen sind, die sozusagen dann betreffend unsere Kinder, unsere Jugendlichen dafür sorgen, dass sie Arbeit haben, dass sie leben können. Ich glaube, da muss man dieses Pferd auch einmal ein bisschen von hinten aufzäumen.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. – Herr Taschner, wäre das jetzt eigentlich nicht in der Tat ein idealer Zeitpunkt, um tatsächlich die Lehrpläne zu überdenken, zumindest zu überarbeiten? Geht es nur um die Vermittlung eines ewig gleichen Kanons oder um Gemeinschaftsfähigkeit, um Einführung in ein Weltverständnis, wenn man es etwas pathetisch sagen will?
TASCHNER: Tatsächlich werden die Lehrpläne jetzt überarbeitet – sie werden jetzt tatsächlich überarbeitet! Es ist jetzt tatsächlich ein Prozess in Gange, dass man die Lehrpläne neu gestalten wird – also da laufen Sie in gewisser Hinsicht offene Türen ein. Weil aber gesagt worden ist, dass das Nachholen ja eigentlich nicht das große Problem darstellt, ist das in Wirklichkeit ein Lob dafür, wie gut wir eigentlich durch die Krise gekommen sind, denn wenn es wirklich so ist, dass wir sagen können: Das werden wir schon schaffen! – und wir werden es wirklich schaffen –, dann haben wir das den Lehrerinnen und Lehrern zu verdanken, die jetzt unterrichten und die tatsächlich, muss man sagen – und ich möchte es hier betonen –, zu einem großen Teil Großartiges geleistet haben. Auch die Eltern haben Großartiges geleistet, wie auch die Schülerinnen und Schüler Großartiges geleistet haben. Man kann sogar sagen, dass sie von ihrem Weltverständnis her etwas erlebt haben, das die Generationen vor ihnen gar nicht erleben konnten, weil sie einfach nicht in dieser Krise gewesen sind, und die Generationen nach ihnen hoffentlich auch nicht erleben werden. Das war aber natürlich auch in einer Art und Weise weltverständnisbildend, die wirklich, wie ich meine, von einem Großteil sehr gut bewältigt worden ist – und wo noch Defizite da sind, wird dafür auch sozusagen gesorgt: Eben mit Förderunterricht, mit den Sommerschulen und Ähnlichem werden wir diese Defizite beseitigen können. Also in gewisser Hinsicht kann man sagen, die Tatsache, dass Sie behauptet haben: Ja, das werden wir schon nachholen, und dann gibt es die neuen Probleme, die kommen werden – ja die gibt es sicherlich! –, ist eigentlich ein Lob dafür, dass wir es gut gemacht haben. (HOLZLEITNER: Ich muss als Oppositionspolitikern zu den Lehrplänen einen Satz einwerfen, weil mich das wirklich freut!)
GROẞ: Wir haben noch eine Runde. Vielleicht lassen wir Frau Professor Spiel antworten. (HOLZLEITNER: Na, ganz kurz!) – Ja.
HOLZLEITNER: Nur zu den Lehrplänen und dem, was Herr Brückl gesagt hat: Ich glaube nämlich, es ist ganz wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen schon auch selbst mitbestimmen, was sie interessiert und welche Themen wichtig sind. Wir haben da zum Beispiel Klimabildung sehr stark thematisiert – und als Oppositionspolitikerin passiert das nicht so oft, deswegen ist es mir ein Herzensanliegen: Ich habe in der letzten Gesetzgebungsperiode einen Antrag eingebracht, um Klimabildung stärker in Lehrplänen zu verankern, und in dieser Periode ist das gelungen, und deswegen ist das jetzt mit dabei. Das ist einfach ein sehr positiver Aspekt, denn Tag für Tag, Woche für Woche setzen sich junge Menschen für Klimabildung ein, und es ist gut, dass das reinkommt.
GROẞ: Frau Hamann ganz kurz noch.
HAMANN: Das ist mit dabei, wollte ich nur spontan sagen, das freut uns auch wahnsinnig. Und die Lehrpläne, die jetzt schon erwähnt wurden, werden kompetenzorientiert sein und da wird es eine ganz starke Betonung auf fächerübergreifende Prinzipien geben. Ich glaube, mit diesem Prozess, der schon lange läuft und bei dem schon ganz viele Menschen involviert sind, werden wir alle noch recht glücklich werden, wenn er in den nächsten Monaten vorgestellt wird.
GROẞ: Dann fragen wir vielleicht einmal Frau Professor Spiel an dieser Stelle: In welche Richtung muss denn diese Entrümpelung und Neugestaltung der Lehrpläne aus Ihrer Sicht gehen?
SPIEL: Also aus meiner Sicht würde ich keine neuen Fächer anfangen, weil das sofort zu einem Stellungskrieg führen würde. Man muss sich vorstellen, jede Vertreterin und jeder Vertreter von einem anderen Fach fühlt sich sofort bedroht, und man kämpft dann, dass man ja keine Stunden verliert, und es geht inhaltlich nichts weiter. Daher ist es wesentlich besser zu sagen, wir schauen uns die Inhalte der Fächer an und geben sozusagen neue Inhalte hinein, aber schauen auch ein bisschen, was wir herausräumen – denn wir wollen ja die Kinder nicht wie mit dem Nürnberger Trichter mit Faktenwissen füllen, sondern wir wollen, dass sie sich nachher in einer Welt, die ohne Zweifel noch komplizierter werden wird, als sie jetzt ist – ich meine, es wurden hier ja ohnehin schon viele Themen, angefangen bei der Klimakrise, angesprochen –, zurechtfinden. Und wir wollen Menschen haben, die nicht nur Fachwissen und Kompetenzen – das heißt, dass sie das Wissen auch in Handeln umsetzen können – haben, sondern wir wollen junge Menschen haben, die auch mutig sind, Selbstvertrauen haben, solidarisch sind, die mit Veränderungen umgehen können, und da müssen wir uns auch fragen, ob die Schule das derzeit entsprechend unterstützt. – Das brauchen sie aber, denn sie müssen ja das Selbstvertrauen haben, dass sie in einer Welt, in der man vieles nicht mehr vorhersagen können wird, nicht nur reagieren können, sondern auch agieren können, also dass sie diese Probleme aktiv aufgreifen können und mit ihnen umgehen können. – Das heißt also, da ist einiges zu tun! Was heißt das? – Wir brauchen zum Beispiel einen viel stärkeren Fokus auf fachübergreifende Kompetenzen. Angesprochen wurde und am meisten gefordert war die Selbstorganisation – die Selbstorganisation des Lernens. In unserer Studie kam bei der ersten Erhebung, daran haben immerhin über 20 000 Schülerinnen und Schüler teilgenommen, fast überall heraus: Um Gottes Willen, diese Selbstorganisation überfordert uns! Normalerweise strukturiert die Schule meinen Alltag, und jetzt muss ich das alles, das Lernen selber machen. Ich kriege keine direkte Rückmeldung! Das Spannende war aber, dass bei der dritten Erhebung, die war vor dem Sommer, als wir die Schülerinnen und Schüler gefragt haben: Wenn ihr jetzt zurückdenkt, was nehmt ihr nach diesen immerhin schon drei Monaten Lockdown mit?, als häufigste Antwort kam, wie wichtig Selbstorganisation ist, dass sie das jetzt auch können und viel dazugelernt haben. Wir haben vor Weihnachten auch eine Erhebung zum zweiten Lockdown gemacht, und da haben wir sie auch gefragt: Was hat sich gegenüber dem ersten verändert? – Da ist ganz klar herausgekommen, dass bei vielen SchülerInnen vieles eigentlich in die positive Richtung geht. Das heißt, sie kommen besser mit dem Distancelearning voran, sie schaffen es besser, die Aufgaben durchzuführen, sie haben auch viel mehr Lernzeit: Beim ersten Lockdown war es im Mittel 5 Stunden, beim zweiten im Mittel 7 Stunden, und von den OberstufenschülerInnen haben sogar über 60 Prozent mehr als 8 Stunden pro Tag angegeben, was eigentlich schon wieder zu viel ist, muss ich ehrlich sagen, denn man stelle sich vor: Ich möchte nicht 8 Stunden ununterbrochen vor meinem Tablet, meinem Notebook sitzen. Das zeigt aber, wie ernst sie es nehmen, und ich glaube, man muss auch betonen: Die haben jetzt etwas gelernt – manche fachliche Inhalte vielleicht nicht so genau, aber dass sie ihr Lernen selbst organisieren können, dass sie viel besser mit so verschiedenen neuen Medien, Lernplattformen umgehen können als vorher! Da muss ich sagen, das brauchen sie ihr Leben lang, denn jede Weiterbildung erfordert das eigentlich; und man muss auch sagen, sie haben angegeben, dass auch die Lehrerinnen und Lehrer besser damit zurande kommen. Wir haben nicht mehr zehn Plattformen, jeder Lehrer, jede Lehrerin seine eigene, sondern es gibt eine Fokussierung, mehr Unterstützung und so weiter. Es ist nicht alles perfekt, ich glaube aber, wir müssen auch aufpassen, dass wir nicht alles schlechtreden. Die Kinder haben etwas gelernt, was Generationen vorher nicht gelernt haben.
GROẞ: Trotzdem muss ich jetzt auf das Thema zurückkommen, das ja bereits mehrfach angesprochen worden ist: dass Schülerinnen und Schüler zurückgelassen worden sind. Darüber möchte ich noch mit Ihnen reden, nämlich: Besteht aus Ihrer Sicht auch die Gefahr, dass nicht nur schulische, sondern auch, ich sage es jetzt einmal so, gesellschaftliche Drop-outs entstehen, also dass wir Menschen haben, die in Zukunft einfach am Rand der Gesellschaft leben werden?
SPIEL: Ich weiß nicht, wie viele es sind, das können eigentlich nur die Lehrerinnen und Lehrer feststellen, denn eines ist klar: In unserer Erhebung nehmen wir an, dass die, denen es ganz schlecht gegangen ist, nicht teilgenommen haben. Entweder haben sie gar kein Endgerät, keinen Internetanschluss, oder die, denen es ganz schlecht geht, die keine Tagesstruktur mehr haben, nehmen an so einer Erhebung nicht teil. Das heißt, unsere Studie hat sicherlich ein zu rosiges Bild gezeichnet. Ich glaube, man muss sich das so vorstellen – ich will wieder versuchen, das mit einem Bild zu zeigen, denn sonst kann man sich das nicht so vorstellen –: Nehmen wir einmal an, das ist ein junger Bursche, sagen wir, so 13, 14 Jahre, dessen Eltern selbst keinen Job haben oder die Arbeit verloren haben und der selbst keine Tagesstruktur hat. Er war vorher schon nicht gut in der Schule, jetzt kommt er damit überhaupt nicht mehr zurande. Was muss dieser Bursch tun? – Er muss ja eigentlich, damit er den eigenen Selbstwert aufrechterhält, Schule und Lernen abwerten, denn man kann nicht in einem System, in dem man nur Misserfolge hat, sagen: Im System ist alles gut, nur ich bin so furchtbar und schaffe es nicht. Das heißt aber, dass es ja nicht nur darum geht, den Stoff in Mathematik, in Deutsch, in Geschichte – was auch immer – zu bringen, sondern darum, überhaupt erst das Kind, den Jugendlichen dazu zu bringen, dass er wieder daran glaubt, dass er lernen kann, und nicht sagt: Schule abwerten. Das ist ja also die Herausforderung: dieses Zurückholen, nicht nur den Stoff zu präsentieren, sondern das Vertrauen in ein Bildungssystem, in ein Lernen zu bewegen. Daher würde ich eigentlich anraten, dass man mit allen diesen Kindern – und längerfristig eigentlich mit allen – individuelle Lernpläne bespricht; die Eltern, das Kind, die Lehrpersonen, und diese Lehrpläne und Förderpläne sollen je auf das Kind angepasst werden. Das eine Kind braucht zum Beispiel einen Buddy, das heißt, einen anderen Schüler, eine Schülerin, der oder die besser mit dem Lernen zurande kommt und es immer wieder anstupst oder auch erinnert: Schau, ich zeige dir, wie ich es mache!, zusätzlich vielleicht Mentoren, zusätzlich Förderunterricht, also ein maßgeschneidertes Förderpaket, und dann schaut man zu gewissen Milestones nach: Wie hat das eigentlich geklappt?
GROẞ: Das klingt bestechend, auf der anderen Seite natürlich aber auch nach sehr viel Aufwand, nach sehr viel Personal.
SPIEL: Aber es lohnt sich, wir brauchen das!
GROẞ: Halten Sie auch es für realistisch?
SPIEL: Ich glaube, wir müssen Bildung und Schule als eine gesellschaftliche Aufgabe sehen, und wenn wir das tun, heißt das, dass wir nicht nur sagen: So, die Schulen, die Lehrpersonen müssen sich darum kümmern, sondern es sind ja auch unsere Kinder. Das ist eine Generation, die später einmal, wenn sie eben das Geld verdient, sozusagen unsere Pensionen und das alles zahlt. Das heißt also, das ist nicht nur ein Investment in jedes einzelne Kind, für das das wichtig ist, sondern auch ein volkswirtschaftliches. Und es gibt ja Bildungsinitiativen, es gibt ganz viele Menschen, die erkennen, dass Bildung wichtig ist. Ihnen, die gerne bereit sind, etwas zu tun – Lehrerinnen und Lehrer zum Beispiel, die schon in Pension sind, die aber sagen, ich möchte zumindest noch ein paar Stunden arbeiten, vielleicht nicht voll mit 40 Stunden, und so weiter –, muss man da auch die Möglichkeit geben, sie einbinden, strukturiert natürlich – wahrscheinlich wird so etwas über das Bildungsministerium gehen.
GROẞ: An dieser Stelle, Frau Prof. Spiel, vielen herzlichen Dank, und ich schaue jetzt in die Runde der Damen und Herren Abgeordneten, um zu sehen, wo es jetzt noch Bedarf für Wortmeldungen beziehungsweise Anmerkungen zu diesem Appell von Frau Prof. Spiel gibt.
HAMANN: Ja, vielen herzlichen Dank für den Appell! Da rennen Sie bei uns wirklich offene Türen ein, denn genau das ist das Wesentliche, und ich bin wahnsinnig froh über einige Dinge, die in vielen Schulen, unbeachtet von der Öffentlichkeit, gelungen sind. Wir haben es ja immer geschafft, sogar in den striktesten Lockdowns, die Schulen für jene offenzuhalten, die sie gerade beschrieben haben, die zu Hause überhaupt kein geeignetes Lernumfeld haben. Das haben manche Schulen und manche Lehrkräfte wirklich ganz großartig genützt und ganz gezielt Kinder in die Schule geholt, die nur in der Schule lernen können. Da ist individuell unglaublich viel passiert. Wir müssen uns noch viel genauer anschauen, was da an neuen Erfahrungen gemacht wurde, und diese Erfahrungen, glaube ich, müssen wir in die Nachcoronazeit mitnehmen, denn wie Sie ganz richtig sagen: In dieser individuellen Herangehensweise liegt tatsächlich die Lösung für die meisten Probleme.
GROẞ: Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es noch von allen Wortmeldungen gibt. Ich bitte Sie, wirklich kurz und präzise zu sein, es macht wenig Sinn, auch für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer, dass wir uns wiederholen. Dass wir alle für das Gute, Wahre und Schöne sind, davon gehe ich einmal aus, machen Sie es also bitte auch konkret. – Bitte, Frau Abgeordnete.
KÜNSBERG SARRE: Sie sprechen mir aus der Seele, dass es hier mehr braucht. Ich glaube, wir müssen das Kind in den Fokus stellen. Sie sagen, es sei eh leicht aufzuholen – also ich glaube, es braucht viel, wir brauchen aber einen Systemwechsel. Individuelle Lehrpläne sind ja im System überhaupt nicht vorgesehen. Es geht darum, dass wir das Kind in den Fokus stellen müssen, und nicht, wie es lange Zeit war oder immer noch ist, dass die Parteipolitik de facto das Wichtigste ist, dass der Direktor nach dem Parteibuch ausgesucht wird. Davon müssen wir endlich wegkommen und die Talente, die Interessen wecken, zeigen: Hey, du kannst etwas! – Wenn man heute Schüler fragt: Was könnt ihr denn eigentlich gut?, sagen die Kinder eher: Hm?, wenn man aber fragt: Wo seid ihr nicht so gut?, dann beantworten sie es leichter. Ich finde, das ist falsch, das ist der falsche Zugang. Das habe ich vorhin mit einem Systemwechsel gemeint, und das vermisse ich in der Diskussion, weil nicht weit genug gedacht wird und weil ich glaube, dass da in der Regierung jetzt auch nicht die Kraft für diese Bemühung liegt, da wirklich einmal etwas zu verändern. Das ist genau das, was ich vorhin mit großem Wurf und großem Bild gemeint habe, und damit, weit nach vorne und nicht nur bis zum nächsten Jahr zu denken.
GROẞ: Ist so ein Systemwechsel, so ein Paradigmenwechsel für Sie, Herr Taschner, denkbar und vorstellbar? – Sie haben selber lange Jahre an einem Gymnasium unterrichtet, aber auch viele Jahre Mathematik an der Universität.
TASCHNER: Wissen Sie, ich glaube, der wesentliche Punkt sind die einzelnen Persönlichkeiten, auf die es ankommt. Sie können nicht per Gesetz festlegen, wie man einem Kind individuell auf die Sprünge hilft, wenn man nicht weiß, dass da jemand ist, eine Lehrperson ist, die tatsächlich einerseits von dem Fach überzeugt ist, andererseits sozusagen von der Persönlichkeit des Kindes, davon, aus ihr wirklich etwas machen zu können. Darauf kommt es an! Es sind tatsächlich die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer, auf die es ankommt, damit das gelingt. Sie können das nicht per Gesetz festlegen, Sie können nur alle Möglichkeiten dafür ins Spiel bringen, dass tatsächlich die wirklich großen Persönlichkeiten - - Jedes Kind muss jemanden kennenlernen, über den es sagt: Ja, also an dieser Lehrerin, an diesem Lehrer kann ich mich orientieren! – Das werden nicht alle sein, die dort in der Klasse unterrichten, sondern es wird immer jeweils eine einzelne sein, diese aber ist die wesentliche. Wenn in jeder Klasse eine solche Persönlichkeit da ist, dann gelingt das schon, dann ist eigentlich der Weg vorgezeichnet. Die Politik kann also im besten Fall den Rahmen dafür schaffen – und darum werden wir uns natürlich bemühen! –, dass solche Persönlichkeiten in ihrer methodischen Freiheit und mit ihrer fachlichen Kompetenz, aber auch mit ihrem Einfühlungsvermögen für die Seele der einzelnen Kinder tatsächlich das Maximum herausholen können, was darinnen möglich ist.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. Herr Brückl, auch das Thema Lernziele und Beurteilung steht ja im Grunde zur Debatte. Wir haben ja gesehen, dass wir uns möglicherweise neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Wie ist denn da Ihr Zugang?
BRÜCKL: Bevor ich Ihnen das beantworte, erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zu Prof. Taschner, der vorhin gemeint hat, wir seien gut durch die Krise gekommen. – Herr Professor, ich stelle der Regierung schon die Frage: Wie erklären Sie sich dann, dass derzeit 16 Prozent der Schüler suizidale Gedanken haben, dass 56 Prozent unter depressiven Symptomen leiden und dass rund 50 Prozent der Schüler unter Ängsten leiden? – Das ließe sich jetzt wirklich relativ lang fortsetzen. Ich kann nur darauf hinweisen, dass wir größte Probleme im Integrations- und Sprachbereich haben. Da also davon zu reden, dass diese Regierung uns gut durch diese Bildungskrise oder durch die Krise gebracht hat: Das bezweifle ich und das stelle ich auch in Abrede. Zur Frage der Lernziele, Herr Groß, darf ich das noch einmal so festlegen, wie ich es vorhin schon ganz kurz erläutert habe: Es ist ja nicht umsonst, dass die großen Sozialpartner wie die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer oder auch die Arbeiterkammer heute ganze Bildungsabteilungen beschäftigen, die sich eben einerseits damit auseinandersetzen, wo die Probleme liegen, und andererseits mit den Fragen: Was wollen wir haben? Was braucht die Wirtschaft? Was braucht vor allem dann auch der jeweilige Arbeitnehmer, was muss er wissen und können? Das ist mein Zugang: dass, wenn man die Lernziele festlegt, einfach auch ganz gezielt diese Institutionen eingebunden werden, sicherlich auch, wie Kollegin Holzleitner sagt, die Betroffenen, die Schüler, möglicherweise auch die Eltern. Für uns ist ganz wichtig, dass derjenige, der den Abgänger, den Maturanten übernimmt – in diesem Fall eben die Universität oder der Arbeitgeber –, auch mitreden und mitentscheiden kann: Was muss er können, was erwarte ich und was brauchen wir in diesem Land?
GROẞ: Danke schön. – Frau Holzleitner.
HOLZLEITNER: Ich glaube, gerade eines ist sehr wichtig: Bereiche, in denen wir als GesetzgeberInnen für die Schülerinnen und Schüler schon Rahmenbedingungen schaffen können, sind multiprofessionelle Teams – Schulpsychologinnen, Schulpsychologen, Schulsozialarbeit. Gerade jetzt, wenn die Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule zurückkommen, wäre es doch so unabdingbar wichtig, dass sie jemanden haben, mit dem sie über das, was vielleicht zu Hause passiert ist, reden können, darüber, was nicht so gut gegangen ist, und dass das niederschwellig passiert. In der Schule erreiche ich nach wie vor die meisten jungen Menschen – das, glaube ich, wäre extrem zentral. Genauso Berufsorientierung – in der Krise wissen viele junge Menschen nicht: Wie schaut es jetzt aus? Ich möchte in diesen oder jenen Bereich einsteigen, möchte eine Lehre beginnen, aber – Hausnummer – die Gastro hat zu, wie funktioniert das dann? – Ich glaube, auch da wären multiprofessionelle Teams extrem wesentlich, um die Schülerinnen und Schüler rund um all diese Aspekte bestmöglich zu unterstützen, eben gerade jetzt, wo man – hoffentlich – wieder vermehrt in die Schule geht, weil das einfach etwas wahnsinnig Wichtiges ist. Bei der Leistungsbeurteilung, glaube ich, müssen wir uns auch wirklich wieder von diesem Backlash der Ziffernnoten verabschieden. In den Volksschulen in Vorarlberg gibt es da gerade auch wieder Initiativen, dass man von den Ziffernnoten wieder weggeht. Eigentlich hatten wir da schon einen Schritt nach vorne gemacht, mit der letzten schwarz-blauen Bundesregierung leider aber wieder einen zurück.
GROẞ: Über das Thema Digitalisierung wurde bereits viel gesprochen. E-Learning- und Distanceteaching-Apps und Plattformen – nichts davon wurde neu erfunden, aber es wurde – wie beim Homeoffice etwa – Innovation, über die vorher vielleicht nur viel und lange diskutiert wurde, plötzlich erzwungen. Natürlich waren gerade da die Unterschiede groß, was die Ressourcen, aber auch die Fähigkeiten und Voraussetzungen sowie vielleicht auch die Bereitschaft betrifft. Wir haben uns im Folgenden auch das in einem Film angesehen.
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Es folgt eine Videoeinspielung:
Sprecher: Die 2A der Europäischen Mittelschule Neustiftgasse in Wien beim Unterricht im Schulhof. Digitales Lernen ist hier ein Teil des Unterrichts und für die Kinder nicht mehr wegzudenken.
Lena (Schülerin): Wir recherchieren sehr viel über die Themen, die wir in der Klasse gerade machen, und die Lehrer geben uns die Möglichkeiten, sehr viel im Internet nachzuschauen, auch im Unterricht, wenn wir etwas nicht verstehen.
Artem (Schüler): Wir haben auch Programmierstunden, und wir tun auch etwas im Word lernen, wie man etwas formatiert und so weiter.
Marko (Schüler): Wir haben jetzt eine Seite in Englisch bekommen, wo man über die griechischen Götter lernt. Dort schauen wir nach und können alles lesen, und dann ist es leichter für uns, die Hausaufgaben zu erledigen.
Sprecher: Kristina Gugerbauer unterrichtet ebenfalls an dieser Schule. Für sie ist es wichtig, die Kinder zu motivieren und Inhalte so zu vermitteln, dass sie bei den Schülerinnen und Schülern ankommen.
Kristina Gugerbauer (Lehrerin): Während andere Handys verbieten, wird bei mir zum Beispiel mit dem Handy gearbeitet, recherchiert. Es gibt Learningapps, die die Kinder lieben. Die Kinder können, statt langweilige Texte zu schreiben, sich aussuchen, einen Youtube-Channel zu eröffnen und ihren Text dann dort zu präsentieren; sie können Influencer spielen. Man kann schon mit der Zeit gehen, zum Beispiel mit Blended Learning, indem sich die Schüler zu Hause schon Youtube-Clips oder bestimmte Inhalte ansehen, die dann in der Schule thematisiert werden.
Sprecher: Die Kinder in der EMS Neustiftgasse haben auch weniger Probleme im Distancelearning, weil sie an Computer im Unterricht gewöhnt sind.
Beate Renner-Martin (Lehrerin): Die Kinder – bis auf die ersten Klassen – waren es schon gewohnt, mit den Geräten zu arbeiten, und wir mussten sie dann eigentlich nur auf die neue Plattform einschulen. Wir haben am Anfang des Schuljahres im ganzen Schulhaus Schoolfox eingeführt und haben es den Kindern ermöglicht, mit Schoolfox am Handy, an ihren Laptops auch zu Hause Aufgaben zu erfüllen beziehungsweise konnten wir die Kinder da auch mittels Videounterricht erreichen.
Sprecher: Die Kinder, die zu Hause keinen Laptop zur Verfügung hatten, haben über Vermittlung der Schule einen von der Bildungsdirektion gestellt bekommen. Damit noch mehr Kinder und Jugendliche Zugang zu digitalem Lernen haben, startet mit kommendem Schuljahr eine Initiative des Bildungsministeriums. Unter anderem werden alle Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Schulstufen mit Laptops oder Tablets ausgestattet. Eltern sollen sich sozial gestaffelt an den Anschaffungskosten beteiligen.
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GROẞ: In „Politik am Ring“ begrüße ich jetzt neu in unserer Mitte Alexandra Bosek. – Schönen guten Abend, herzlich willkommen!
Alexandra BOSEK (Bundesschulsprecherin): Schönen guten Abend.
GROẞ: Alexandra Bosek ist eigentlich genau genommen eine der mächtigsten Interessenvertreterinnen Österreichs. Sie vertritt nämlich 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler in ganz Österreich als Bundesschulsprecherin. Sie ist außerdem AHS-Landesschulsprecherin für Niederösterreich und im Bundesvorstand der ÖVP-nahen Schülerunion – das wollen wir auch dazu sagen. Sie besucht selber das Gymnasium in Baden in Niederösterreich – oder ein Gymnasium, muss man da sagen, denn in Baden gibt es ja zwei fast konkurrierende Gymnasien – und bereitet sich zur Zeit auf die Matura vor. Richtig?
BOSEK: Ganz genau.
GROẞ: „auf die Matura vor“ heißt klarerweise auf die schriftliche, denn die ist verpflichtend. Die mündliche ist ja optional.
BOSEK: Genau.
GROẞ: Auch auf die mündliche?
BOSEK: Diese Entscheidung kann nächste Woche fallen. Jetzt passiert einmal die Notengebung. Wenn ich lauter Einser kriege – (erheitert) wenn meine Lehrkräfte gerade zuschauen –, dann eher nicht, dann bereite ich mich nur auf die schriftliche vor, aber sonst würde ich schon antreten.
GROẞ: Das heißt, das ist eine taktische Entscheidung?
BOSEK (erheitert): Ganz genau. (Heiterkeit des Moderators.)
GROẞ: Man kann es sich jetzt aussuchen. Befürchten Sie da nicht Nachteile für Ihre KollegInnen und sich selber, möglicherweise dann später am Arbeitsmarkt, dass man sagt, na ja, die hat nur die Schriftliche gemacht?
BOSEK: Nein, absolut nicht. Wir haben vorhin in der Diskussion schon gehört: Die Jugendlichen haben so viel gelernt! Ich glaube, fast jeder oder jede, der oder die hier sitzt, kann mir sagen: Na ja, das, was ich in der Schule gelernt habe, ich weiß nicht, ob ich das für die Zukunft wirklich so gebraucht habe wie Eigenverantwortung und Selbstorganisation, die schon gefallen sind, oder sonstige Sachen, die wir in dieser Krise wirklich gelernt haben, die wir mehr brauchen. Und ich glaube, viele wissen sowieso: Die mündliche Matura ist meistens jene Seite der Matura, wo man sich die Fächer sowieso aussucht, wo man die Fächer sowieso kann, wo man sich vielleicht noch einmal prüfen lässt, in eine Situation kommt, die man eigentlich gerne nicht hätte und sich selbst prüfen lässt, vor einer Kommission aber eben sein Wissen wirklich irgendwie zeigen will – zeigen, was man kann. Im Endeffekt aber ist die schriftliche Matura dann meiner Meinung nach die ausschlaggebende, die kritischere also, und da sollte man dann wirklich prüfen und sich vorbereiten. Die mündliche aber, das können wir meistens, und dementsprechend glaube ich nicht, dass wir irgendwelche Defizite haben.
GROẞ: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann liegt also die Reifeprüfung gewissermaßen schon hinter Ihnen. Das war nämlich dieses eine Jahr Lernen unter Coronabedingungen.
BOSEK: Genau. Wir haben sehr viel an Reife gewonnen, und da kann man uns wirklich loben. Es wäre gegenüber uns Schülerinnen und Schülern respektlos, dass man sagt, man hat jeden zweiten Tag schulfrei, wie ich in manchen Boulevardmedien gehört habe.
GROẞ: Wie geht es Ihnen denn mit diesem Etikett – wir haben am Beginn darüber gesprochen – „Generation Corona“?
BOSEK: Ja also ich hasse dieses Wort mittlerweile. Ich finde, wir sind - -
GROẞ: Ich habe jetzt bewusst nicht von der verlorenen Generation gesprochen, (Bosek: Genau! Stimmt, ja!) Wir haben das in einer früheren Sendung, in der es auch speziell um die Probleme von Jugendlichen gegangen ist, hier schon einmal diskutiert. Wir haben gesagt, dieser Begriff taugt eigentlich überhaupt nicht – darum jetzt bewusst „Generation Corona“.
BOSEK: Genau, wenn die „Generation Corona“ positiv behaftet wird, sehr gerne, da lade ich wirklich dazu ein, dass man das positiv behaftet. Die meisten aber – wie ich das selbst gerade interpretiert habe – sehen darin sofort die verlorene Coronageneration. Die meisten Medien verkaufen das auch als verlorene Generation, und wir als Jugendliche, die eigentlich extrem viel leisten, sitzen da und denken uns: Na ja, wir haben eigentlich dieses Jahr so viel gemacht, wieso sind wir verloren?! – Also: „Generation Corona“ ja, gerne, wenn man eben betont, wie viel wir dieses Jahr gelernt haben.
GROẞ: Jetzt kommen wir zur Politik. Ich habe ja am Beginn Herrn Taschner gefragt, was für eine Schulnote er der Regierung beziehungsweise dem Bildungsminister geben würde. Das muss ich Sie jetzt natürlich erst recht fragen. Herr Taschner hat sich ja für befangen erklärt, ich nehme an, Sie sind nicht befangen. – Was kriegt er denn für eine Note, der Herr Minister?
BOSEK: Ich finde, das muss man in verschiedene Bereiche aufteilen. Die Krise kann man nicht als Ganzes in der Bildungskrise sehen. Man weiß, die Krise war teilweise ressourcenabhängig: Es kam also einerseits darauf an, wie es den jeweiligen Haushalten ging, andererseits darauf, wie es eben mit der psychischen Gesundheit ging, wie wir darauf vorbereitet waren, wie wir digital darauf vorbereitet waren. In vielen Bereichen gebe ich ein Sehr Gut, in manchen Bereichen vielleicht ein Gut, aber im Endeffekt, glaube ich, sollte man nicht immer von der Regierung sprechen, sondern man sollte von denen sprechen, die wirklich im Klassenzimmer sitzen – danke schön für die Einladung, dass ich heute auch hier sprechen darf. Ich finde, das ist keine Sache der Regierung, sondern das ist eine Sache der Gesellschaft – das wurde auch schon von meiner Vorrednerin angesprochen –, und dementsprechend finde ich nicht, dass man im Endeffekt dann nur der Regierung, den Entscheidungsträgern, eine Note geben kann, sondern der ganzen Gesellschaft dafür, wie wir im Endeffekt damit umgegangen sind.
GROẞ: Reden wir über das Thema, das wir vorhin auch im Film thematisiert haben, nämlich über E-Learning: Das war im vergangenen Jahr ja sozusagen zentral. Man weiß aus der Forschung, dass unter diesen Bedingungen einige vielleicht sogar mehr als davor und unter normalen Bedingungen lernen, viele so viel wie unter normalen Bedingungen, also in etwa gleich viel, und manche – vielleicht gar nicht so wenige – fallen gegenüber den vorherigen Leistungsstandards sogar zurück – sie sind also wirklich die Verlierer. Wie ist denn da Ihre Einschätzung, auch aus dem eigenen Kolleginnen- und Kollegenkreis?
BOSEK: Ich sage, wir sind eine Schule, die oft auf Prüfungen hinarbeitet. Man hat bemerkt, dass viele einfach unter einem gewissen Leistungsdruck, auch einem gesellschaftlichen Druck gestanden sind. Auf einmal wurden wir einfach irgendwo ins kalte Wasser geschmissen. Manche Lehrkräfte waren nicht erreichbar. Gerade in den Klassen, in denen die Lehrkräfte nicht wirklich erreichbar waren, war es sehr schwierig – die haben dann sehr viele Defizite mitgenommen. Was man auch sagen kann, ist, dass natürlich Distancelearning nicht dieselbe Qualität hat wie der Unterricht, den man sonst hat. Damit können nicht alle umgehen. Manche Schülerinnen und Schüler brauchen halt nicht nur Chemieformeln, sondern das Experiment dazu. Gerade jene, die das Interaktive, das Gesellschaftliche brauchen, sind teilweise auf der Strecke geblieben, und da habe ich bemerkt, dass es teilweise wirklich sehr schwierig für sie war.
GROẞ: Ich würde jetzt gerne auch mit den Abgeordneten über dieses Thema reden, nämlich auch darüber, was davon bleiben wird. Wir haben ja zum Beispiel beim Thema Arbeit nach Corona auch darüber gesprochen, dass Homeoffice schlicht und einfach auch ein Bestandteil der zukünftigen Arbeitswelt sein wird – wenn auch vielleicht nicht in dem Ausmaß wie jetzt, aber doch als Bestandteil. Was das E-Learning betrifft: Wird das auch bis zu einem gewissen Grad bleiben, oder wird es wieder ein komplettes Zurück geben, Frau Hamann?
HAMANN: Was ich an diesem Film, den wir gerade gesehen haben, sehr interessant fand: Da saßen Kinder und Jugendliche mit dem Laptop draußen im Freien, und ich finde, das zeigt uns sehr gut, was wir in diesem Jahr gelernt haben. Normalerweise haben wir immer gedacht, Lernen findet im Klassenzimmer statt. Plötzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass Lernen vor dem Bildschirm oder im Freien stattfinden kann – manchmal sogar beides –, und wir mussten uns zum ersten Mal ganz deutlich die Frage stellen: Wofür ist denn welche Methode besser geeignet? Wobei bin ich mit dem Laptop besser aufgehoben, wofür brauche ich das Lernen in der Gruppe? Wofür gehe ich lieber an die frische Luft, und was mache ich zum Beispiel lieber alleine? Diese Fragen, die im normalen Schulbetrieb bis jetzt immer ganz selbstverständlich waren – denn wir waren einfach immer alle in der Klasse –, stellen sich ganz neu und anders, wie auch, wie Sie erwähnt haben, beim Homeoffice. Das ist ein ganz wesentlicher Lernprozess für uns alle: die Methoden, die Techniken und auch die Lerntechniken, die wir uns angeeignet haben, viel bewusster einzusetzen. An der frischen Luft zu lernen könnte überhaupt das sein, was wir jetzt, wenn die nächsten Öffnungsschritte passieren, noch als neue Erfahrung in das Ganze hineinwerfen könnten.
GROẞ: Genau, und die zweite Voraussetzung: Schön muss es auch werden.
HAMANN: Genau.
GROẞ: Frau Künsberg Sarre.
KÜNSBERG SARRE: Ich möchte bei Frau Kollegin Hamann anschließen: Ich glaube, dass es ganz wichtig wäre, diese verschiedensten Dinge zuzulassen, aber da sind wir jetzt bei der Schulautonomie. Das ist ja ein Thema, das wir sehr stark forcieren oder sehen möchten, weil wir glauben, dass es eine Vielfalt sein sollte, dass es Schulen mit ganz verschiedenen Konzepten geben sollte. Es gibt ganz, ganz viele tolle Schulversuche, es gibt ganz, ganz viele tolle Schulen, wie man auch jetzt im Beitrag gesehen hat. Das sollte man ausrollen und möglich machen, dass auch am Schulstandort entschieden wird, was genau gemacht wird – es wird nicht möglich sein, dass man sich auf alles fokussiert und alles irgendwie durchführt –, dass jede Schule am Standort mehr Entscheidungsfähigkeit hat und die Direktion, die LehrerInnen, Eltern und Kinder dort darauf schauen und die Eltern sagen: Ich gebe mein Kind in diese Schule, weil dort dieser Schwerpunkt gegeben ist. Es ist schön, wenn Sie das gut finden. Ich freue mich, wenn Sie das auch bei Ihrem Koalitionspartner vorantreiben, denn jetzt ist es ja so, dass de facto nicht wahnsinnig viel Autonomie möglich ist. Man hat auch in der Coronakrise gesehen, dass man natürlich immer dann, wenn die Entscheidung nicht so ganz klar war, die Schulen hat entscheiden lassen, und das ist natürlich nicht Autonomie – das ist eine andere Form von Autonomie, aber die ist nicht sinnvoll.
HAMANN: Es ist viel mehr möglich, als man landläufig glaubt – noch als kleine Anmerkung.
GROẞ: Herr Taschner.
TASCHNER: Es ist tatsächlich einiges möglich. Die Autonomie ist - - Wir haben jetzt auch einen Achtpunkteplan für den digitalen Unterricht erstellt. Das ist weitaus mehr, als nur zu sagen, wir geben den Kindern Laptops, sondern es ist tatsächlich eine neue Strukturierung des digitalen Unterrichts. Ich sehe beim digitalen Unterricht eigentlich zwei Aspekte: Der eine Aspekt ist, dass der normale Unterricht durch die digitalen Möglichkeiten bereichert wird – diese Bereicherung ist sicherlich aufzunehmen –, und der andere Aspekt ist, dass das Digitale selbst in gewisser Hinsicht als neues Lerntool – oder wie sagt man? –, als Lerngegenstand betrachtet werden muss: Was kann das Digitale und was kann es nicht? Auch das muss man bedenken, denn das Digitale ist kein Zaubermittel, mit dem man sozusagen plötzlich alles erledigen kann, sondern es ist einfach nur ein weiteres Hilfsmittel, das Vorteile und Nachteile mit sich bringt. Ich glaube, in dieser Hinsicht sind wir auch ganz gut unterwegs, und es gibt auch ein anständiges Programm. Die Autonomie selbst wird schon weiter vorangebracht werden. Die jeweiligen Bildungsdirektionen und die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer werden dann selbst dafür sorgen, dass sie das auch verwirklichen können.
GROẞ: Herr Brückl, manche Kritiker des E-Learnings sagen ja, dass es kein Wunder ist, dass es jetzt so propagiert wird, denn es ist ja immerhin auch ein millionen-, ja sogar milliardenschwerer Markt.
BRÜCKL: Da werden Sie recht haben – das ist es. Ich darf aber schon etwas dazu sagen, was diese Digitalisierung betrifft: Prof. Taschner hat jetzt etwas angeschnitten, nämlich dass Digitalisierung ja nicht bedeutet, jedem Kind einen Computer zu geben, und das war es, sondern daran hängt ja viel mehr – die gesamte Infrastruktur, Server, Leitungen, WLAN, alles, was dazugehört. Andererseits muss auch jemand damit umgehen können. Wir brauchen also Lehrer, die unterrichten können, wir brauchen Schüler, die das auch verständig aufnehmen können. Also es braucht da - - Digitalisierung ist mehr als nur ein Laptop für jeden Schüler. Wo aus meiner Sicht gar nicht differenziert wird – das möchte ich schon auch in diese Diskussion einbringen, weil es bis jetzt nicht angesprochen wurde –: Wir haben - - Ich glaube nicht, dass es zielführend ist, unseren Kindern bereits in den Volksschulen diese Tablets und Laptops in die Hand zu drücken, weil es dort einfach notwendig und wichtig ist, dass wir den Kindern die Grundkompetenzen wie Lesen, Rechnen, Schreiben beibringen, denn das ist ja auch die Voraussetzung dafür, dass sie dann in der späteren Folge mit Computern, Laptops und so weiter umgehen können. Eines noch: Was Digitalisierung nicht kann – es wurde ebenfalls schon angesprochen –, ist eine Werteerziehung, unseren Kindern soziales Verhalten beizubringen. Digitalisierung schafft es nicht, unsere Kinder selbstbewusst und mutig zu machen – auch das muss uns immer wieder bewusst sein. Daher glaube ich nicht, dass das das allumfassende Rezept ist, aber es ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Dass es ein großer Markt ist – ja, Herr Groß, damit haben Sie vollkommen recht. Es ist halt die Frage, wie die Regierung dann an diese Sache herangeht, wenn es darum geht, dass man solche Geräte auf Kosten der Steuerzahler anschafft.
GROẞ: Frau Holzleitner, in den USA gibt es Schulbezirke, die zu einer Drei- oder Viertagewoche übergehen, um Geld zu sparen – ansonsten wird auf das E-Learning verwiesen. Sehen Sie die Gefahr, dass das auch bei uns sozusagen als Alternative gesehen werden könnte, wenn dann einmal das Diktat der leeren Kassen das nahelegt?
HOLZLEITNER: Bei Bildung zu sparen ist, glaube ich, eine absolut rote Linie, die wir nicht überschreiten dürfen. Wir haben es ja auch schon vorhin gehört: Jeder Euro, der in Bildung, in junge Menschen investiert wird, kommt x-fach zurück. Das ist so eine essenzielle Investition, dass da einfach wirklich - - Ich glaube, das ist eine rote Linie, die wir dann bei eventuell folgender Austeritätspolitik absolut nicht überschreiten dürfen – dass im Bildungsbereich eingespart wird. Ich glaube, digitaler Unterricht hat unterschiedliche Baustellen – um darauf zurückzukommen. Schule 4.0 war eigentlich schon 2017 ein Konzept unter der damaligen Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Da ist dann 2018 ein bisschen auf die Bremse gestiegen worden, als Bildungsminister Faßmann schon im Amt war. Schule draußen ist auch etwas extrem Cooles, finde ich. Ich glaube, wir müssen da auch die Schulgebäude anpassen – auch das ist eine Diskussion –: Wie viel Platz hat die Schule draußen? Gibt es einen Schulgarten, gibt es überhaupt für alle Klassen die Möglichkeit, den Unterricht nach draußen zu verlagern? Wir wissen auch, dass da noch vieles im Argen ist – Containerklassen, die vielleicht sogar den Sportplatz belagern, und so weiter. Auch ein großes Thema, bei dem wir wieder auf den Fächerkanon zurückkommen, ist Medienkompetenz: Wenn man Tablets und Laptops hat, dann braucht es ganz dringend Medienkompetenz, denn wir wissen natürlich, dass junge Menschen tagtäglich sehr viel im Internet unterwegs sind und so weiter: Wie gehe ich mit Mobbing um, mit Hassnachrichten, mit ganz vielen anderen Dingen – natürlich auch mit Fakenews, gerade in Bezug auf Corona? Medienkompetenz ist, glaube ich, einfach etwas, das in der Zukunft unabdingbar ist. Gerade bei den Tablets und Laptops ist, glaube ich, noch eine große Frage offen: Dieser Selbstbehalt, der ja zu entrichten ist, muss schon sozial sehr treffsicher sein. Wenn es da Hürden gibt, muss das, glaube ich, auf jeden Fall kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
GROẞ: Fragen wir gleich Frau Bosek zu diesem Thema, das jetzt von Frau Holzleitner angesprochen worden ist, nämlich Medienkompetenz: Wie wichtig ist es, dass junge Menschen, Schülerinnen und Schüler lernen, Wissensangebote kritisch zu hinterfragen und sich mit anderen auch sachlich darüber auszutauschen und zu verständigen?
BOSEK: Ich habe dieses Jahr vier Schwerpunkte gehabt, und einer der Schwerpunkte war Medienkunde – da stimme ich voll zu. Die Pandemie sollte nicht zur Infodemie für die Jugendlichen werden. Wir wissen, dass Instagram, Twitter und so weiter zu unseren einzigen Informationsquellen gehören. Man muss sagen, zu einer analogen Zeitung greifen wir selten. Mobbing und so weiter nehmen zu. Ich glaube, das liegt vor allem an den Quellen und auch daran, dass man die Quellen nicht kritisch hinterfragen kann. Medienkunde wird dann hoffentlich tatsächlich mit anderen Bereichen, mit anderen Themen in den neuen Lehrplan eingegliedert, sodass man sich damit auch auskennen kann, denn ich glaube, es ist einfach wirklich wesentlich. Wir sehen gerade in der Pandemie, wie unglaublich wichtig es ist, dass man wirklich informiert ist, denn es hat einfach mit der Gesundheit zu tun. Dementsprechend sage ich, ja, wir müssen uns mit den Medien auskennen können. Wir haben da auch ein Projekt gestartet, in dem alle Schülerinnen und Schüler ab der Oberstufe einen Zugang zu kiosk.at haben, also zu einem digitalen Zeitungsportal. Wir versuchen gerade, auch mit dem Ministerium daran zu arbeiten. Es sind Projekte in Gang, aber es muss bestimmt ganz schnell umgesetzt werden.
GROẞ: Weil wir vorhin auch über das Thema Leistungsbeurteilung gesprochen haben, würde mich interessieren: Nach den Erfahrungen dieses Jahres, in dem ja vieles – Schularbeiten, Tests – einfach nicht in der althergebrachten Form funktioniert hat, welche alternativen Formen der Leistungsbeurteilung könnten Sie sich denn zum Beispiel ganz konkret für die Zukunft vorstellen – auch wenn es Sie nicht mehr betrifft, aber für die, die dann nachkommen?
BOSEK: Leider – aber im Endeffekt sage ich, wir sind immer noch eine Schule, die auf Prüfungen hinarbeitet – das habe ich heute auch schon erwähnt –, weil ich finde, dass ab der Oberstufe die ganz Zeit gesagt wird: Wir müssen nur für die Matura lernen – Matura, Matura, Matura. Ich glaube, im Endeffekt ist es viel wichtiger, auf Soft Skills zu schauen: Wie verhält sich das Kind oder der Jugendliche gerade im Unterricht? Schafft er es, ein Referat abzuhalten, oder sonstige Dinge? Wie geht man mit Zeitmanagement oder sonstigen Selbstorganisationsthemen um? – Also das sind alles Dinge hinsichtlich Mitarbeit, Engagement und so weiter, bei denen man nicht auf schriftliche Leistungsfeststellungen zurückgreifen muss, obwohl man schon sagen muss: Auch in dieser Krise hat man am meisten auf die Schularbeitsnote anstatt auf die Mitarbeit geschaut, obwohl eigentlich vorgegeben wurde, dass man eher auf die Mitarbeit schauen sollte. Also ich glaube, man kann die Kinder in ihrer Entwicklungsphase gerade so weiterentwickeln, aber wenn man ihnen die ganze Zeit sagt: Wir müssen nur leisten, wir müssen nur in einem Test in 15 Minuten unser Wissen beweisen!, ist das, glaube ich, nicht der richtige Weg.
GROẞ: Da schaue ich jetzt einmal kurz in die Runde: Gibt es dazu Zustimmung oder auch Widerspruch? Herr Brückl, sind Sie nicht ganz sicher?
BRÜCKL: Doch, doch.
HAMANN: Ich würde es sogar noch ein bisschen radikaler formulieren: Ich glaube, das, woraus man am meisten lernt, ist immer persönliches Erleben und persönliches Erfahren. Ich glaube, nach diesem Jahr vor dem Bildschirm, wenn wir es wieder schaffen, Kinder und Jugendliche dorthin zu kriegen, dass sie wieder gemeinsam im realen Leben Erfahrungen machen können, nehmen sie überhaupt am allermeisten mit. Also wenn ich mir jetzt etwas wünschen könnte, was wir nach diesem Extremjahr machen könnten, um wieder zusammenzufinden, wäre das, dass zum Beispiel Schulklassen gemeinsam ein paar Tage in die Natur aufs Land fahren, dass es dafür zum Beispiel Gutscheine gibt. Ich könnte mir vorstellen, dass das vielleicht auch für den daniederliegenden Tourismus in Österreich eine gute Idee wäre, dass es gut angenommen würde. Dass man nach dieser viel zu langen Bildschirmzeit wieder im realen Leben gemeinsam Dinge erlebt – das wäre das Kontrastprogramm.
GROẞ: Vielleicht gibt es ja eine Renaissance des guten, alten Schulskikurses. – Herr Taschner.
HAMANN: Es muss nicht immer Skifahren sein, sage ich als Grünen- - dazu.
GROẞ: Es gibt ja auch einen Wintertourismus, der daniederliegt. – Bitte.
TASCHNER: Das mit der Leistung ist natürlich sozusagen ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite ist es tatsächlich so, dass ich sage, ich habe da ein Programm, das abgearbeitet werden muss, und ich stelle dann fest, ob es gut oder nicht gut abgearbeitet worden ist – das ist die eine Seite. Die andere Seite ist selbstverständlich die ganzheitliche Betrachtung. Es ist sehr schwer. Ich habe es nicht zusammengebracht, dem Bildungsminister eine Note zu geben, ich bringe es überhaupt nicht zustande, eine richtige Note zu geben. Ich habe mein ganzes Leben als Professor wirklich das Riesenproblem gehabt, dass ich nicht richtig prüfen konnte, denn eigentlich will ich ja feststellen, ob jemand etwas verstanden hat, aber ich kann nur feststellen, ob jemand etwas gelernt hat oder ob jemand fleißig war. Ob jemand etwas verstanden hat, ist doch das eigentlich Interessante, und das ist so unglaublich schwer festzustellen. Wir leben also mit Krücken, aber ohne diese Krücken würden wir überhaupt nicht vorankommen – das muss man bedenken. Wir brauchen diese Krücken. Im Wissen, dass es Krücken sind, bin ich sehr dafür, dass es sie gibt. Diese Krücken führen dann aber letztlich - - Wenn ich als Lehrperson tatsächlich weiß, dass es eine Krücke ist und dass dahinter etwas anderes ist, was wesentlicher ist, dann komme ich auch mit dieser Krücke gut zum Ziel.
GROẞ: Vielen Dank. – Frau Künsberg Sarre, Sie haben sich noch zu Wort gemeldet.
KÜNSBERG SARRE: Ich habe bei Ihrer Wortmeldung, dass Sie sich schwergetan haben, eine Note zu geben, ein bisschen schmunzeln müssen, weil die ÖVP ja so an der Benotung in der Volksschule festhält. Daran sieht man eben, dass es nicht so leicht ist, und deswegen wäre es natürlich sinnvoll - - (Taschner: Es ist nicht leicht, aber es muss sein!) – Na ja, es muss nicht sein: Es war ja auch schon anders da, und deswegen wäre es natürlich sinnvoll, wieder eine progressivere Richtung einzuschlagen. Was ich aber noch ganz kurz sagen wollte: Ich finde, es muss jetzt, nach dieser Krise, der Blick auch dahin gehen – was Sie auch schon gesagt haben, Frau Bosek –, dass es nicht nur darum geht, was man an inhaltlichen Dingen gelernt hat, sondern wir brauchen auch ein Schulsystem, das resilient ist, das auf Veränderungen zugehen kann und das flexibel ist. Man hat ja im letzten Jahr auch gesehen, dass wir eben ein Bildungssystem entwickeln – ich möchte jetzt nicht nur über die Schule reden, sondern gesamt, auch über die Hochschulen, die Elementarbildung und auch den Lehrbereich; über den haben wir heute de facto überhaupt nicht gesprochen, sondern es geht eigentlich immer um die Matura und um die Schule –, das flexibel auf Veränderungen eingeht. Wir hätten zum Beispiel auch diskutieren können, ob es den Schichtbetrieb, die Schultage an drei Tagen von Montag bis Mittwoch gibt und dann der Samstag dazu genommen wird. Manche Dinge wurden ja überhaupt nicht diskutiert, und ich finde, wir sollten unser System dahin gehend überdenken, dass eben Veränderungen oder mehr Flexibilität gegeben sind.
GROẞ: Übrigens haben sich heute die Elternvereine vehement dafür ausgesprochen, dass der Schichtbetrieb beendet wird. Ist das realistisch?
HAMANN: Möglichst bald so viel Schule wie möglich!
TASCHNER: Sobald es möglich ist.
GROẞ: Okay. Wir haben jetzt noch zwei ganz kurze Wortmeldungen, bevor wir abschließend noch eine Frage an Frau Bosek richten. – Bitte.
BRÜCKL: Ich darf nur, Frau Kollegin Sarre, auch hinzufügen: Zur Leistungsfeststellung gibt es auch von unserer Seite her ein Ja – auch so, wie wir es damals gemeinsam mit der ÖVP in der Regierung beschlossen haben, mit Notengebung –, weil es einerseits auch für die Kinder einfach eine spannende Frage ist, gerade auch in der Volksschule, wenn sie benotet werden, und weil sie sich andererseits im Leben auch nicht zurückziehen können. Ich glaube aber, das ist eine ideologische Frage, die man lange diskutieren könnte. Wir sind auf jeden Fall dafür, dass man bei der Leistungsfeststellung bei den Noten bleibt.
GROẞ: Frau Holzleitner.
HOLZLEITNER: Also ich weiß nicht, ob siebenjährige Kinder es so extrem spannend finden, welche Noten sie bekommen. (Brückl: Doch, tun sie! – Taschner: Ja!) Ich glaube, es ist teilweise eher sehr irritierend und vielleicht auch durchaus nicht motivierend, wenn sie eine schlechtere Note bekommen und sich dann fragen, warum, und es von der Einschätzung her auch ganz anders ist als dann später, wenn sie schon älter sind und vielleicht anders mit dem Bildungssystem umgehen können und das schon anders einschätzen. Ich glaube aber, worauf wir nach der Coronakrise auf jeden Fall aufpassen müssen, ist, dass wir in den unterschiedlichen Fächern wieder zu einem reellen Workload kommen. Es hat ja mittlerweile Selbstversuche gegeben: Melisa Erkurt, Autorin von „Generation Haram“, hat letztens zum Beispiel drei Tage lang selber Distancelearning ausprobiert und gesehen, wie extrem viel Aufwand das eigentlich ist. Man sitzt von der Früh bis am Abend vor dem Laptop und hat dann noch zusätzlich Hausaufgaben, und ich glaube, da muss man wirklich schauen, wie sich der Workload verändert hat und wie wir eigentlich wieder zu einem reellen Maß kommen, das möglich ist, das stemmbar ist und das jungen Menschen auch ein bisschen Entfaltung nebenher ermöglicht.
GROẞ: Vielen Dank. – Frau Bosek, abschließend möchte ich Sie fragen: Was war jetzt rückblickend gesehen das Schwierigste, das Herausforderndste in diesem Jahr, und was war auf der anderen Seite das wichtigste Learning, das Sie vielleicht sogar positiv mitnehmen?
BOSEK: Einerseits war das einfach wirklich, Motivation zu finden, denn man sitzt jeden Tag in denselben vier Wänden, vor demselben viereckigen Bildschirm und hat einfach keine Abwechslung, keinen Tapetenwechsel. Meine Eltern sind in die Arbeit gegangen, sie haben jemand anderen gesehen, sie konnten mit dem Auto hinfahren – alleine das haben wir vermisst. Es war einfach sehr anstrengend, wirklich den Sinn hinter der Schule zu sehen und den Laptop aufzumachen und die Schule ernst zu nehmen. Ich glaube, deshalb sind einfach viele auf der Strecke geblieben. Andererseits ist das, was ich wirklich positiv herausnehmen kann, einfach – obwohl man doch jetzt gerade die Freundschaft extrem vermisst, wobei man vor zwei Jahren noch den einen Abend mit der Freundin abgesagt hat –, dass man gerade das Familiengefühl wieder dazubekommen hat, sich selbst einmal als Jugendlicher hinterfragt hat und einfach wirklich, glaube ich, schon eine persönliche Entwicklung durchgemacht hat. Man hat aber auch gesehen, dass es in der Krise schon viele mentale Probleme gab. Man kämpft zwar mit der mentalen Gesundheit, aber auf der anderen Seite haben wir uns eben wirklich persönlich entwickelt. Das hat uns extrem gefreut und, ich glaube, das können wir extrem gut ins Berufsleben in der Zukunft mitnehmen. Daher weiß ich auch, dass wir keine verlorene Generation sind, sondern genau jene Generation, die diese Zukunft braucht.
GROẞ: Dann sage ich vielen herzlichen Dank, dass Sie bei uns waren und Ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben. Wir wünschen natürlich alles Gute für die bevorstehende Matura, für die schriftliche auf jeden Fall und vielleicht sogar für die mündliche – toi toi toi!
BOSEK: Danke schön.
GROẞ: Wir kommen zur Schlussrunde hier bei uns in „Politik am Ring“ und ich würde vielleicht wieder mit den Abgeordneten der Opposition beginnen und gerne fragen, wenn wir über mittel- und langfristige Perspektiven reden: Welche Maßnahme soll, muss, kann es aus Ihrer Sicht im nächsten Jahr, in den nächsten Jahren geben, um sicherzustellen, dass im letzten Jahr oder in den letzten Schuljahren Versäumtes nachgeholt werden kann, aber auch die Bildungsschere nicht weiter aufgeht, sondern eher zugeht, wie wir es uns alle wünschen würden. – Frau Holzleitner.
HOLZLEITNER: Ich glaube, einiges habe ich eh schon auch in der Diskussion angesprochen. Ich glaube, die multiprofessionellen Teams werden extrem wichtig. Der Chancenindex ist jetzt in einer Pilotphase, der gehört schnell flächendeckend ausgerollt – Chancenindex heißt, die Mittelvergabe an die Schulen passiert nach den Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind –, das wäre extrem wichtig. Natürlich ist es auch wichtig, wenn wir jetzt schon in einer Krise sind, auch in die Schulgebäude zu investieren, rasch zu investieren, dass die den Gegebenheiten gut entsprechen. Da reden wir zum Beispiel auch von flächendeckender WLAN-Ausstattung. Ich glaube, dass wir grundsätzlich darüber diskutieren müssen, wie eben Schule funktioniert, was die inhaltlichen Herausforderungen von morgen sind – diese ganze Fächerkanonthematik, also eben Medienkompetenz, umweltpolitische Bildung, politische Bildung, das ist auch immer ein Dauerbrenner, der ganz, ganz dringend besser ausgerollt gehört. Das sind die Baustellen, die ich sehe, bei denen wir schnell agieren müssen. Wir müssen auch beim Förderunterricht wirklich alle mitnehmen und dürfen den Dialog über Schulen grundsätzlich nicht nur eben auf AHS, HAK, HTL, Mittelschule konzentrieren, sondern müssen die Volksschulen, die Elementarpädagogik, die Berufsschulen und alle anderen Sondertypen auch mitnehmen. Ich glaube, das wäre extrem zentral im Bildungsdiskurs.
GROẞ: Herr Brückl, was fehlt noch?
BRÜCKL: Mittelfristig oder kurz- und mittelfristig ist auf jeden Fall das Wichtigste, was wir jetzt tun müssen, dass wir die Kinder wieder zurück in die Schulen holen, sozusagen zurück ins Leben holen – fünfmal die Woche und ohne Maskenzwang, ohne Testpflicht. Wir haben dazu ein Konzept vorgelegt, es gibt verschiedene. Unseres stammt von Prof. Kähler von der Universität der Bundeswehr in München. Ich glaube, das muss die erste und wichtigste Maßnahme sein, die man setzt. Andererseits, wie Sie es angesprochen haben, müssen Fördermaßnahmen natürlich entsprechend finanziell unterstützen werden: Sommerschule, Ausbau der Sommerschule, und zwar für alle Schüler und auch breiter gefächert – vielleicht nicht nur für Deutsch oder Mathematik. Wir müssen natürlich auch noch viel mehr Wert auf Sprache legen, weil das auch in der Zukunft ein ganz wichtiger Punkt sein wird. Das heißt, aus unserer Sicht sind die Deutschförderklassen der richtige Weg, und die muss man ausbauen, die muss man weiterführen. Natürlich muss man auch Integration entsprechend fördern. Schlussendlich ist das Wichtigste wie gesagt aber, dass wir gewährleisten können, dass es Konzepte gibt, dass die Kinder, die Jugendlichen, egal welche schwierige Situation, welche Krise auch auf uns zukommt, zumindest fünf Tage die Woche in der Schule Unterricht machen können, dass sie sich im Präsenzunterricht befinden.
GROẞ: Danke schön. – Frau Künsberg Sarre.
KÜNSBERG SARRE: Kurzfristig, mittelfristig braucht es einen Schulbetrieb an fünf Tagen in der Woche mit den je nach Situation notwendigen Maßnahmen, aber es braucht auch jetzt Lösungen, die sicherstellen, dass auch ein Schulbetrieb im Herbst gewährleistet ist. Längerfristig, glaube ich, braucht es eine Ausrollung des Chancenindex, wie auch Frau Kollegin Holzleitner gesagt hat, aber großflächig und nicht nur für 100 Schulen, wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Ich glaube, dass wir ganz stark in die Elementarbildung investieren müssen, weil sich sozusagen jeder Euro, der da investiert ist, so stark auf das restliche Leben eines Kindes auswirkt. Ich glaube, wir müssen eben die Kinder in den Fokus nehmen, und jedes einzelne Kind verdient, dass es Chancen hat, dass es alle Möglichkeiten hat, egal wo es herkommt, welche Muttersprache es hat, wie es lebt, welcher Religion es angehört. Ich glaube auch, dass eben bei der Elementarbildung ganz, ganz stark die Sprachförderung gefördert werden muss, damit eben diese Kinder, die von vornherein schon schwierigere Startbedingungen haben, besser in die Schule reinrutschen und um dann auch die Deutschförderklassen obsolet zu machen.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. – Frau Hamann, ich möchte nur dieses Thema Chancenindex aufgreifen, weil das jetzt schon mehrfach gekommen ist. Da gibt es jetzt dieses Projekt 100 Schulen: Ist das aus Ihrer Sicht ausreichend oder muss da noch mehr kommen? Und: Kommt da noch mehr?
HAMANN: Ja, selbstverständlich. 100 Schulen ist die eine Sache, die andere Sache sind die angesprochenen 200 Millionen Euro für zusätzliche Förderstunden. Die werden im Moment bevorzugt vergeben und sollen auch ausdrücklich an besonders benachteiligte Standorte gehen. 10 Prozent dieser Summe sind ausdrücklich für A.-O.-Kinder, also jene mit Deutschförderbedarf, reserviert. Da probieren wir eigentlich genau das schon aus: Wir wollen gezielt an die Standorte, die es am meisten brauchen, am meisten Ressourcen geben. Das wird jetzt bereits durchgeführt und soll natürlich auch im kommenden Wintersemester weitergehen.
GROẞ: Herr Taschner, das Klima in der Koalition war zuletzt ja rau, so wurde es zumindest immer wieder auch in unterschiedlichen Kommentaren beschrieben – ich weiß nicht, wie Sie selber es intern empfunden haben –: Ist das Thema Bildung davon auch betroffen oder glauben Sie, dass Sie alles, was Sie sich da vorgenommen haben, auch auf Schiene bringen werden?
TASCHNER: Ich glaube, im Bereich der Bildung sind wir ganz gut unterwegs und da fahren wir auf parallelen Schienen, die sich dann ja in einem fernen Punkt treffen werden. Ich glaube, das geht nicht schlecht. Ich möchte auch wirklich sagen: Das Entscheidende für die Schulen ist, dass sie Sicherheit geben, dass sie den Kindern, die dann dort hingehen, Sicherheit geben und dass die wissen: Da bin ich sicher, da werde ich weitergeführt!, und dass sie auch den Lehrpersonen, die dort unterrichten, die Sicherheit geben, sie sind ein Fels in der Brandung auch in der Gesellschaft. Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, den es zu erhalten gilt. Wir müssen auch wissen, dass die Gesellschaft die Schulen wertschätzen muss und sie als Zeichen der Hoffnung für eine bessere Zukunft wirklich unterstützen muss. All das, was hier gesagt worden ist, lässt sich sicherlich mehr oder weniger – wir werden es versuchen – gut unterbringen, aber das Wesentliche ist, dass wir wirklich wissen, dass Schule tatsächlich das Tor für eine gute Zukunft darstellt und Sicherheit und auch ein positives Image beinhalten muss. – Frau Bosek, Sie sind ja sozusagen gleichsam das Aushängeschild dafür: Ja, wir werden eine hoffnungsvolle und eine mit guten Karrieren bedachte Zukunft für unsere Kinder haben.
GROẞ: Vielen herzlichen Dank. Jetzt ist bei den zwei Parallelen, die sich in der Unendlichkeit treffen, doch noch der Mathematiker in Ihnen durchgekommen. Weil Sie Frau Bosek angesprochen haben und wir noch 1 Minute haben, möchte ich sie noch einmal hereinholen und fragen: Frau Bosek, haben Sie eigentlich schon eine Berufswahl getroffen beziehungsweise wissen Sie, in welche Richtung es denn bei Ihnen einmal gehen soll?
BOSEK: Es geht in zwei ganz krasse Richtungen: Ich versuche einmal den Med-AT. Ich werde also vielleicht in die Naturwissenschaft oder in Richtung Jus gehen. Ich interessiere mich zwar politisch, aber schauen wir einmal, ob ich überhaupt in der Politik sein möchte!
GROẞ: Das war der eigentliche Hintergrund meiner Frage, ob Politik eine Option ist, wenn man so engagiert ist, wenn man so redegewandt wie Sie ist.
BOSEK: Politik kann zwar manchmal undankbar sein, muss man sagen, aber grundsätzlich ist sie sehr interessant, vor allem im Bildungsbereich. Schauen wir also einmal, wohin es mich treiben wird!
GROẞ: Also noch einmal: Alles Gute! Wir sind jedenfalls gespannt, und ich glaube, mit Ihnen ist noch zu rechnen. Vielen herzlichen Dank, meine Damen und Herren hier an diesem Tisch, für Ihre Diskussion. – Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich wie immer fürs Dabeisein. Ich hoffe, wir sehen uns in einem Monat wieder – bis dahin alles Gute. Auf Wiedersehen!