Zum dritten Mal hat das Parlament 2022 eine Studie über Antisemitismus in Österreich beauftragt. Als wesentliche Einflussfaktoren auf Antisemitismus hat die Studie Verschwörungsmythen, Bildungsunterschiede und das Wissen über Jüdinnen und Juden identifiziert.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka betonte, dass es eine gute Datenbasis brauche, um geeignete Maßnahmen gegen Antisemitismus zu setzen. Die Antisemitismusstudie soll dazu einen Beitrag leisten. Die Forschung habe bisher klar gezeigt, dass Antisemitismus auch eine Gefahr für die Demokratie darstelle. Der Zugang des österreichischen Parlaments sei daher, antisemitische Einstellungen zu bekämpfen und so die Demokratie zu stärken, so Sobotka.
Je mehr die Befragten an Verschwörungsmythen glauben, desto stärker sind sie antisemitisch eingestellt, zeigte die Studie. Menschen mit höherem Bildungsgrad drücken deutlich weniger Zustimmung zu antisemitischen Aussagen aus, wobei häufig die Matura den entscheidenden Unterschied macht. Menschen mit Basiswissen über Jüdinnen und Juden bzw. jüdische religiöse Feste sind deutlich seltener antisemitisch eingestellt als jene, die nicht über dieses Wissen verfügen.
Antisemitismus tritt in fünf Erscheinungsformen auf: dem Verschwörungsantisemitismus, dem Schuldumkehr-Antisemitismus, dem rassistischen Antisemitismus, dem holocaustbezogenen Antisemitismus und dem israelbezogenen Antisemitismus. Am weitesten verbreitet ist aber eine unbefangene Einstellung gegenüber Jüdinnen und Juden.
Bei den Einstellungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ließ sich kein durchgängiges Muster erkennen. Sie zeigen sich manchmal stärker antisemitisch als die Über-25-Jährigen (etwa bei den Holocaust verharmlosenden Aussagen), manchmal aber auch gleich oder weniger stark. Eine wichtige Erkenntnis der Studie war, dass Bildungsinstitutionen, insbesondere durch die Thematisierung im Unterricht, dazu beitragen können, antisemitische Haltungen zu reduzieren.
Personen mit familiärer Migrationsgeschichte aus der Türkei oder aus einem arabischsprachigen Land legten durchgehend eine deutlich stärkere antisemitische Einstellung an den Tag als die österreichische Gesamtbevölkerung. Am deutlichsten wurde das beim israelbezogenen Antisemitismus.
Das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) hat gemeinsam mit Demox Research 2.974 Personen zu ihren Einstellungen gegenüber Jüdinnen und Juden befragt. Die Erhebung fand im Herbst 2022 statt und stellt eine Fortsetzung der Antisemitismusstudien 2018 und 2020 dar.