News 11.12.2025, 23:45

Nationalrat beschließt Kopftuchverbot für unter 14-jährige Schülerinnen

Mit den Stimmen von FPÖ, ÖVP, SPÖ und NEOS wurde ein Kopftuchverbot in Schulen für Schülerinnen bis zum 14. Lebensjahr beschlossen. Die Grünen würden zwar Handlungsbedarf sehen, betonte Sigrid Maurer in ihrer Rede, sie hielten die Gesetzesnovelle jedoch für nicht verfassungskonform und stimmten dagegen. Für die FPÖ ging das Kopftuchverbot nicht weit genug: Sie sprach sich für eine Ausweitung des Kopftuchverbots aus, etwa auch auf Lehrerinnen. Ein entsprechender Antrag fand keine Mehrheit.

Das beschlossene Schulrechtspaket sieht zudem eine Suspendierungsbegleitung für Schülerinnen und Schüler vor, die vorübergehend vom Unterricht ausgeschlossen sind. Außerdem sind künftig persönliche Perspektivengespräche bei einem Schulabbruch verpflichtend. Der Strafrahmen für ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht wird von 110 € bis 440 € auf 150 € bis 800 € angehoben.

Mietpreisbremse soll Mieterhöhungen bei hoher Inflation dämpfen

Fixiert wurde im Nationalrat in dieser Sitzung zudem ein Mietenpaket, das auf eine Entlastung von Mieterinnen und Mietern abzielt. Zustimmung gab es von ÖVP, SPÖ, NEOS und den Grünen.

Das Gesetz sieht vor, dass die Inflationsanpassung im regulierten Wohnungsmarkt – also für Altbau-, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen – im Jahr 2026 mit einem und im Jahr 2027 mit zwei Prozent gedeckelt wird. Ab 1. April 2028 soll eine Deckelung dann relevant werden, wenn eine Erhöhung über drei Prozent liegen würde. Zudem soll erstmals auch am freien Wohnungsmarkt eine Inflationsbremse greifen. Liegt die Inflation in einem Jahr über drei Prozent, soll der darüberliegende Wert nur zur Hälfte für die Valorisierung herangezogen werden dürfen.

Überdies wird die Mindestbefristung von Wohnungen grundsätzlich von drei auf fünf Jahre verlängert. Vermieterinnen und Vermietern kommt unter anderem zugute, dass Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen – und bei sonstigen längerfristigen Dauerschuldverhältnissen – nicht mehr unter eine Schutzklausel des Konsumentenschutzgesetzes fallen.

Mit der Mietpreisbremse will die Regierung Mieterhöhung bei hoher Inflation dämpfen.

Neuer Gesundheitsreformfonds mit 500 Mio. € jährlich

In den Gesundheitsreformfonds sollen bis zum Jahr 2030 rund 500 Mio. € jährlich fließen. Das Geld dafür soll aus der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge von Pensionistinnen und Pensionisten kommen, wobei nicht die Beiträge der Betroffenen selbst für den Fonds verwendet werden, sondern die gesetzlich verankerten Zuzahlungen der Pensionsversicherung.

Die zusätzlichen Mittel sollen unter anderem für die Prävention verwendet werden sowie für eine bessere ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich. Genaue Richtlinien und Zielvorgaben soll das Sozialministerium per Verordnung festlegen. ÖVP, SPÖ und die NEOS stimmten im Plenum zu. 

Der geplante Gesundheitsreformfonds soll in den Jahren 2026 bis 2030 mit rund 500 Mio. € jährlich dotiert werden.

Elektronischer Eltern-Kind-Pass ab Oktober 2026

Die Abgeordneten debattierten am Donnerstag auch über die Verzögerung des elektronischen Eltern-Kind-Passes. Die ursprünglich für Anfang 2026 geplante Ablöse des "gelben Papierheftes" ist nun ab dem 1. Oktober 2026 vorgesehen. Grund dafür sei die "Komplexität des Projekts", hieß es seitens der Regierungsfraktionen. ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne stimmten der Gesetzesänderung zu. 

Weitere Gesetzesvorhaben im Gesundheitsbereich betrafen die Ausweitung der Diagnosen- und Leistungscodierung auf den ambulanten Bereich ab Mitte 2026 und Regelungen zur Preisbildung von Medikamenten. Zudem soll nun die Speicherfrist für ELGA-Gesundheitsdaten von 10 auf 30 Jahre verlängert werden.

Maßnahmen gegen "Parkplatz-Abzocke"

Einstimmig sprachen sich die Fraktionen für eine Begrenzung von Gerichtsgebühren und Anwaltstarifen im Zuge von Besitzstörungsklagen aus. Hintergrund der Gesetzesänderung waren Besitzstörungsklagen bei kurzem Halten oder Wenden von Fahrzeugen auf Privatparkplätzen. Nunmehr soll der Weg vor Gericht für diese Fälle kostengünstiger werden, zudem werden Leitentscheidungen des Obersten Gerichtshofs ermöglicht. Diese Maßnahmen sind vorerst auf fünf Jahre befristet. Mit dem Beschluss beende man die Abzocke von Autofahrern, sorge dafür, dass der Missbrauch des legitimen Instruments der Besitzstörungsklage endet und entziehe diesem Geschäftsmodell die Grundlage, so Justizministerin Anna Sporrer.

Mit einer zusätzlichen Feststellung im Justizausschuss hatten ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ unterstrichen, dass aus ihrer Sicht geringfügige Eingriffe, wie etwa das einmalige kurzfristige Anhalten, Befahren oder Umdrehen auf einer befestigten Fläche, ohne dass dadurch jemand behindert worden oder ein Schaden entstanden ist, keine Störungshandlung darstellen würden.

Abgeordnete Alma Zadić (Grüne) hielt fest, dass sie der Änderung zustimmen werde, bemängelte aber, dass mit der Ausschussfeststellung eine materiellrechtliche "Handreiche" an den OGH geschickt werde. Genau diese "Handreichung" an die Gerichte verteidigte Klaus Fürlinger (ÖVP): Diese Feststellung – mit dem OGH als Background – sowie die Auslaufregel der gesetzlichen Änderungen nach fünf Jahren sollten aus seiner Sicht reichen, Missbrauch zu beschränken oder gar zu verhindern. 

Für Abgeordneten Markus Tschank (FPÖ) war die letztlich einstimmig beschlossene Lösung kein "Allheilmittel", es gelte, weiterhin wachsam zu bleiben. Die Einführung eines Schikaneverbots wäre aus seiner Sicht eine Möglichkeit zur Verschärfung.

Premiere für Einsatz von KI-Stimmavatar bei Rede

Für bewegende Minuten sorgte der Abgeordnete Klaus Fürlinger mit seiner Rede, als er sich zur Änderung des Gerichtsgebührengesetzes zu Wort meldete. Fürlinger ließ wegen einer stimmlichen Einschränkung seine selbst formulierte Rede von einem Stimmavatar sprechen. Die Stimme wurde auf Basis eines KI-generierten Stimmenmodells aus früheren Reden des ÖVP-Mandatars erzeugt. Hier können Sie die Rede nachschauen. Das Hohe Haus reagierte mit Standing Ovations. 

Unterstützt wurde der Abgeordnete vom Zero Project in Österreich der Essl Foundation. Sie setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein.

Der Abgeordnete Klaus Fürlinger hielt seine Rede mithilfe eines KI-Stimmavatars – eine Premiere im Hohen Haus. 

Einigung auf neues Stromgesetz

Spät am Abend stand schließlich das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz zur Debatte. Das Gesetz soll einen neuen Rechtsrahmen für den sich rasch verändernden Strommarkt fixieren. Erst wenige Stunden zuvor war die Einigung mit den Grünen bekannt gegeben worden, sie sorgten schließlich gemeinsam mit den Regierungsfraktionen für die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Geplant ist somit, dass Betreiber von Anlagen, wie Windkraft- oder Photovoltaikanlagen, künftig einen Beitrag dafür leisten sollen, dass sie Strom ins Netz einspeisen. Damit soll ein Teil der Kosten für den Ausbau der Stromnetze aufgebracht werden. Außerdem soll es möglich sein, dass diese Anlagen bei drohender Überlastung des Netzes zeitweise weniger Strom einspeisen dürfen, um die Netzstabilität zu sichern.

Die Rechte von Stromkundinnen und -kunden sollen durch mehr Transparenz und bessere Schutzmechanismen gestärkt werden, für einkommensschwache Haushalte bringt das sogenannte Günstiger-Strom-Gesetz außerdem einen Sozialtarif, damit sie ihren Strom günstiger beziehen können.

Die Zustimmung der Grünen sorgte für die notwendige Zweidrittelmehrheit beim neuen Stromgesetz.  

Zuverdienstverbot für Arbeitslose, Tourismusbeschäftigtenfonds

Schon vor dem Sommer beschloss der Nationalrat, die Zuverdienstmöglichkeit von Arbeitslosen deutlich einzuschränken. Nur einzelne Gruppen wie ältere Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behindertenstatus werden ab Jänner 2026 neben dem Bezug von AMS-Leistungen geringfügig dazuverdienen dürfen. Nun soll auch für Personen, die im Auftrag des Arbeitsmarktservices längere Schulungen absolvieren, eine entsprechende Ausnahmeregelung gelten. Damit können etwa Personen, die für eine Pflegeausbildung ein Pflegestipendium erhalten, Praxiserfahrungen sammeln. Für andere Gruppen wie Kunst- und Kulturschaffende oder Alleinerziehende, ist hingegen keine Ausnahme vorgesehen, wie sie die Grünen forderten. Die Gesetzesänderung wurde einstimmig beschlossen. 

In der gleichen Debatte wurde ein Unterstützungsfonds für Tourismusbeschäftigte beschlossen. Er ist mit 6,5 Mio. € dotiert und soll vor allem Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Tourismus fördern. Aber auch Sonderunterstützungen nach Arbeitsunfällen oder Jobverlust sollen möglich sein. ÖVP, SPÖ, NEOS und die Grünen stimmten zu.

Frage und Antwort mit dem Infrastrukturminister

Begonnen hatte die Sitzung Donnerstagmorgen mit einer Fragestunde an den Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur, Peter Hanke. Die Abgeordneten thematisierten Bahn- und Schnellstraßeninfrastrukturprojekte wie etwa die neue Koralm-Strecke sowie die Forschungsförderung und das Klimaticket. Die gesamte Berichterstattung zum Plenartag am 11. Dezember finden Sie in allen Details in den einzelnen Meldungen der Parlamentskorrespondenz.