News 16.10.2025, 10:05

Nationalrat beschließt Trinkgeld-Pauschalen und Weiterbildungsbeihilfe

Fragestunde mit Sozialministerin Korinna Schumann

Zu Beginn der Sitzung stellte sich Sozialministerin Korinna Schumann den Fragen der Abgeordneten. Sie wies darauf hin, dass das kostenlose Impfprogramm in Österreich auf Pneumokokken und Gürtelrose ausgeweitet worden sei. Diese beiden Impfungen würden für Personen ab 60 Jahren und Risikogruppen empfohlen. Anmeldungen seien ab November möglich. Patient:innen würden sich für beide Impfungen zusammen 600 € ersparen, so Schumann auch im Hinblick auf jene, die sich diese Kosten sonst nicht leisten könnten.

Als Erfolgsmodell bezeichnete die Ministerin in der Fragestunde zudem die Primärversorgungszentren. Es gebe bundesweit mittlerweile 106 dieser Einrichtungen zusätzlich zu den Einzelordinationen, was gerade im ländlichen Raum eine Möglichkeit sei, ein gutes Angebot zu garantieren. Zu den Plänen aus dem Regierungsprogramm für Therapie- und Pflegepraxen sei man derzeit in den ersten Schritten der Umsetzung.

Auch die aktuell behandelten Gesetze fallen in ihren Zuständigkeitsbereich: etwa die Pensionsanpassung 2026. Gesetzlich ist grundsätzlich vorgesehen, die Pensionen jährlich an die Inflation anzupassen. Aufgrund der schwierigen budgetären Lage soll das im Jahr 2026 aber nur für niedrige und mittlere Pensionen bis zu einer Höhe von 2.500 € gelten. Wer eine höhere Pension bezieht, wird einen Fixbetrag von 67,50 € erhalten.

Tag zwei im Oktoberplenum beginnt mit einer Fragestunde an Sozialministerin Korinna Schumann.

Österreichweit einheitliche Trinkgeldpauschale

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne hat der Nationalrat einheitliche Trinkgeld-Regelungen beschlossen. Trinkgeld ist in Österreich zwar steuerfrei, es sind aber Sozialversicherungsbeiträge zu leisten. Ab 2026 werden österreichweit einheitliche Pauschalregelungen eingeführt, auf deren Basis die Sozialversicherungsbeiträge auf Trinkgelder berechnet werden. Bisher gab es unterschiedlichste Regelungen nach Bundesländern und Branchen.

Neue Regeln für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer

Eine von der Sozialministerin vorgelegte und einstimmig angenommene Regierungsvorlage zielt auf eine bessere Absicherung freier Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer ab. Dabei geht es zum einen um die Festlegung von Kündigungsregeln, zum anderen um die Möglichkeit, auch für freie Dienstnehmer:innen Kollektivverträge abzuschließen.

Zudem sind freie Dienstnehmer:innen über die für sie geltenden Normen wie etwa einen Mindestlohntarif zu informieren. Die Regierung hofft, dass es mit den neuen Mindeststandards unattraktiver wird, arbeitsrechtliche Bestimmungen durch Abschluss freier Dienstverträge zu umgehen. Die Regelungen sollen ab 1. Jänner 2026 gelten. 

Weiterbildungsbeihilfe folgt auf Bildungskarenz

Die neue Weiterbildungsbeihilfe soll vor allem Menschen mit geringen formalen Bildungsabschlüssen zugutekommen. Der Mindestbetrag wurde auf 1.212 € monatlich angehoben, sodass der Lebensunterhalt während der Weiterbildungszeit gesichert sei. Eine Verlängerung der Babykarenz mit der Weiterbildungszeit ist nicht mehr möglich, betonte Sozialministerin Korinna Schumann in der Sitzung.

Für die neue Weiterbildungsbeihilfe stehen 150 Mio. € pro Jahr zur Verfügung. Die Auflagen für den Bezug wurden deutlich verschärft. So müssen im Zuge der Vereinbarung künftig der aktuelle Bildungsstand, die Bildungsmaßnahme und das Bildungsziel angegeben werden. Die neue Weiterbildungsbeihilfe soll mit Jänner 2026 in Kraft treten.

National­rat beschließt Pensionsanpassung

2026 werden nur Pensionen bis zu einer Höhe von 2.500 € voll an die Inflationsrate von 2,7 % angepasst. Alle übrigen Pensionsbezieher:innen werden einen Fixbetrag von 67,50 € im Monat erhalten. Begründet wird die vorgesehene Deckelung der Pensionserhöhung mit der notwendigen Budgetkonsolidierung.

Laut den Koalitionsfraktionen erhalten damit rund 71 % der Pensionist:innen die volle Inflationsabgeltung. Der Beschluss fiel mehrheitlich, nachdem anders als im Sozialausschuss, neben ÖVP, SPÖ und NEOS nun auch die Grünen ihre Zustimmung gaben. Die FPÖ hielt an ihrer grundsätzlichen Kritik fest und stimmte nicht zu.

Für Pensionistinnen und Pensionisten, die heuer ihre Pension angetreten haben bzw. noch antreten werden, wird es die halbe Pensionserhöhung geben.

Kurze Debatte: FPÖ für Neutralität in Gelöbnisformel von Regierungsmitgliedern

Die FPÖ hat in einer Anfrage an Bundeskanzler Christian Stocker unter dem Titel "Bekenntnis zur Neutralität: Fehlanzeige?" unter anderem angeregt, die Neutralität Österreichs explizit in das Gelöbnis von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern aufzunehmen. Die Neutralität sei über ihre bloße außenpolitische Funktion hinausgewachsen und zu einem identitätsstiftenden Element der politischen Kultur Österreichs geworden, so die Freiheitlichen.

Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, inwieweit dieses zentrale Staatsprinzip auch in den Verpflichtungsformeln jener Personen Ausdruck finden sollte, die höchste öffentliche Ämter übernehmen. Mit der Anfrage wollten sie unter anderem wissen, ob dazu legistische Vorbereitungen getroffen würden. Darüber hinaus geht es der FPÖ etwa darum, zu erfahren, durch welche Maßnahmen die Rolle der immerwährenden Neutralität im politischen Selbstverständnis der Republik Österreich gestärkt werde.

Rechtsgrundlagen für EU-Rezept und EU-Patientenakte

Mit einer Novellierung des Gesundheitstelematikgesetzes sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Teilnahme Österreichs am "Europäischen Raum für Gesundheitsdaten" (EHDS) geschaffen werden. Dabei geht es etwa um den vereinfachten Zugang zu Arzneimitteln in der EU (EU-Rezept) und den Abruf von Patientendaten (EU-Patientenkurzakte). Damit sollen grenzüberschreitende Gesundheitsbehandlungen erleichtert werden.

Weiters ist geplant, eine nationale Kontaktstelle für digitale Gesundheit einzurichten. Österreich muss entsprechende EU-Vorgaben zwar erst bis März 2029 verpflichtend umsetzen, mit der technischen Anbindung an die unionsweite Infrastruktur "MyHealth@EU" soll aber bereits jetzt begonnen werden, um eine Kofinanzierung aus dem EU-Förderprogramm "EU4Health" zu ermöglichen.

Neuer Aufenthaltstitel "Grenzgänger"

Mehrheitliche Zustimmung gab es für eine Gesetzesänderung zur Einführung eines neuen Aufenthaltstitels für Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Nicht-EU-Bürger:innen, die ihren Wohnsitz in einem Nachbarland Österreichs haben und dort über einen Daueraufenthaltstitel mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang verfügen, soll damit die Ausübung einer unselbständigen Erwerbsarbeit in Österreich ermöglicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass die freie Stelle anderweitig nicht besetzt werden kann.

FPÖ-Klubobmann Kickl und Abgeordneter Ranzmaier werden nicht ausgeliefert

Der Nationalrat hat heute Abend den Weg für behördliche Ermittlungen gegen FPÖ-Abgeordneten Gerhard Deimek geebnet. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit Deimeks, sind sich ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne einig. Damit kann die Staatsanwaltschaft Steyr der Frage nachgehen, ob Deimek gegen das NS-Verbotsgesetz verstoßen hat. Medienberichten zufolge soll der FPÖ-Abgeordnete im März 2022 ein Bild veröffentlicht haben, auf dem auch Männer mit Hitlergruß bzw. tätowiertem Hakenkreuz zu sehen sind, wobei es sich ihm zufolge um ein kritisches Posting handelt. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und sein Parteikollege Christofer Ranzmaier wurden hingegen nicht ausgeliefert.

Beendet wurde die Plenarwoche mit der Ersten Lesung eines Gesetzesantrags der FPÖ, der auf ein uneingeschränktes "Scharia-Verbot" in Österreich abzielt. Nach einer kurzen Debatte wurde der Antrag dem Verfassungsausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen.