News 17.06.2024, 15:26

Politik, Partizipation, Pionierinnen: Als Frauen ins Parlament einzogen

Es ist der 16. Februar 1919. Der Tag, an dem in Österreich die ersten Wahlen für alle stattfinden. Endlich dürfen auch Frauen wählen – und zwar unabhängig davon, wie vermögend oder gebildet sie sind.

Die Einführung des Frauenwahlrechts 1918 und die Abschaffung der Regelung, dass Frauen nicht Mitglied eines politischen Vereins sein dürfen, ermöglichte Frauen erstmals die Partizipation in der Politik. Dass es überhaupt dazu kam, ist jenen Vorreiterinnen zu verdanken, die schon lange zuvor für die Beteiligung der Frauen gekämpft hatten.

Der Wahltag am Sonntag, dem 16. Februar 1919 in Wien: Eine Frau gibt ihre Stimme in einem Wahllokal auf der Wieden ab.

Frauen forderten Jahrzehnte lang Wahlrecht

"Am Ende des 19. Jahrhunderts haben sich bereits viele verschiedene Frauenbewegungen für das Frauenwahlrecht eingesetzt", erklärt die Historikerin Gabriella Hauch. Sie ist Professorin für Geschichte der Neuzeit an der Universität Wien mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte. Obwohl sich die Sozialdemokratische Partei bereits länger für das Frauenwahlrecht ausgesprochen hatte, war es die Christlich-Soziale Partei, die am 16. Februar 1919 die meisten Frauen-Stimmen für sich gewinnen konnte, erklärt Hauch.

Professorin Gabriella Hauch: "Was die ersten Frauen im Parlament gemeinsam hatten, war ihre Erfahrung des Ausschlusses."

Was die ersten Frauen im Parlament gemeinsam hatten

Als die Konstituierende Nationalversammlung am 4. März 1919 zu ihrer ersten Sitzung zusammentrat, zogen auch die ersten acht weiblichen Abgeordneten ins Parlament ein: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch für die Sozialdemokratische Partei sowie Hildegard Burjan für die Christlich-Soziale Partei.

Sechs der weiblichen Abgeordneten der sozialdemokratischen Partei bei der ersten Sitzung der Konstituierenden Nationalversammlung. 

Sie alle teilten eine zentrale Erfahrung: "Das waren alles Frauen, die am eigenen Leib erfahren haben, dass sie per Geschlecht von ganz wichtigen Bereichen der Gesellschaft ausgeschlossen waren. Zum Beispiel von Gymnasien und Universitäten", so Gabriella Hauch über die ersten Frauen im Parlament. Die meisten von ihnen waren zudem nicht verheiratet, sondern etwa verwitwet. Sie konnten "ohne ihren Ehemann zu fragen, tun und lassen, was sie wollen. Nämlich auch in die Politik gehen."

Führung widmet sich feministischer Geschichte im Parlament

Wer waren die ersten Parlamentarierinnen? Was ist der "Wiener demokratische Frauenverein" und was hat er mit dem Internationalen Frauentag zu tun? All das erfahren Sie bei der Führung "Parlamentarismus und Frauen" durch das österreichische Parlament. Die Führung findet wöchentlich statt und widmet sich unter anderem der Frage, wie sich frauenrelevante Politik vom 19. bis ins 21. Jahrhundert entwickelt hat.