Wir schreiben das Jahr 1994 und am Stammtisch, in den Medien und auch im Parlament wird das Thema EU-Beitritt heiß diskutiert. Am 12. Juni 1994 wird schließlich ein entscheidender Schritt getan: Die österreichische Bevölkerung gibt in einer Volksabstimmung mit breiter Mehrheit grünes Licht für den EU-Beitritt. Am 1. Jänner 1995 heißt es dann offiziell: Österreich ist Mitglied der Europäischen Union. Welche Stolpersteine haben sich während des Verhandlungsprozesses aufgetan und wie wurden letztlich alle Hürden beseitigt? Die Parlamentskorrespondenz ist diesen Fragen nachgegangen.
Vor 30 Jahren: Österreichs Weg in die Europäische Union
Parlament beriet schon vor Abschluss der Beitrittsverhandlungen
Interessant ist zum Beispiel, dass die parlamentarischen Beratungen über das sogenannte EU-Beitritts-BVG noch vor dem endgültigen Abschluss der Beitrittsverhandlungen starteten. Das detaillierte Verhandlungsergebnis über einzelne noch offene Punkte wurde von der Regierung nachgereicht. Auch dass der Verfassungsausschuss und der Außenpolitische Ausschuss personenidente Unterausschüsse einsetzten, um gemeinsam mit Expert:innen in stundenlangen Sitzungen Kapitel für Kapitel über das Verhandlungsergebnis zu beraten, war eine Besonderheit. Aus verschiedenen Erwägungen heraus wurde darüber hinaus entschieden, das Volk nicht über den EU-Beitrittsvertrag selbst, sondern über das EU-Beitritts-BVG abstimmen zu lassen.
Mehrere Hürden im Jahr 1994
Dass dann zwischen der Volksabstimmung, bei der sich die Bevölkerung mit 66,6 % für einen EU-Beitritt Österreichs aussprach, und dem parlamentarischen Ratifizierungsprozess eine Nationalratswahl stattfand, war eine zusätzliche Herausforderung. Zumal die damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP bei der Wahl ihre Zweidrittelmehrheit verloren. Der Zeitdruck war groß, lagen doch zwischen der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrats am 7. November 1994 und dem anvisierten Beitrittsdatum nicht einmal zwei Monate. Zudem mussten rechtzeitig vor dem EU-Beitritt noch zahlreiche verfassungsgesetzliche Begleitbestimmungen beschlossen werden. Das betraf etwa Grundsatzbestimmungen zur Wahl der österreichischen Europaabgeordneten und die Mitwirkungsrechte des Parlaments und der Bundesländer in EU-Angelegenheiten.
Letztendlich ging sich aber alles rechtzeitig aus: So wurde der EU-Beitrittsvertrag sowohl vom Nationalrat als auch vom Bundesrat noch im November mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit genehmigt. Neben SPÖ, ÖVP und Liberalem Forum stimmten auch die meisten Abgeordneten der Grünen und einzelne FPÖ-Mandatar:innen für den EU-Beitrittsvertrag. Im Gegenzug wurden der Opposition weitreichende Mitwirkungsrechte des Parlaments in EU-Angelegenheiten zugesagt. Festgeschrieben wurden diese im sogenannten EU-Begleit-BVG, darum wird es dann aber erst im zweiten Beitrag der Serie gehen.
80 70 30: Drei Meilensteine der Demokratiegeschichte
Das Parlament beleuchtet 2025 drei Meilensteine der Demokratiegeschichte. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, vor 70 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet und vor 30 Jahren trat Österreich der EU bei. Mehr Informationen zu diesem Jahresschwerpunkt 2025 finden Sie auf der Parlamentswebsite.