Nationalrat komplettiert Homeoffice-Paket und fasst weitere Gesetzesbeschlüsse
Der erste coronabedingte Lockdown im März 2020 hat auch zu einem massiven Anstieg von Homeoffice geführt. Zigtausend Beschäftigte waren von einem Tag auf den anderen angehalten, ihren Arbeitsplatz in die eigenen vier Wänden zu verlegen. Ein gutes Jahr später hat der Nationalrat nun ein umfassendes Gesetzespaket beschlossen, das auf Basis einer Sozialpartnervereinbarung einige wesentliche Eckpunkte von Homeoffice regelt. Dabei geht es etwa um die Verankerung des Freiwilligkeitsprinzips, die Bereitstellung digitaler Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber und die Gewährung etwaiger Kostenpauschalen. Schon vorab wurden steuerrechtliche Fragen geklärt. Das Paket erhielt im Plenum breite Zustimmung, die NEOS sind allerdings unzufrieden.
Weitere Beschlüsse des Nationalrats haben die einjährige Verschiebung der Inflationsanpassung von Richtwertmieten, die Ausweitung der Stellungnahmemöglichkeit zu Gesetzentwürfen und eine Härtefallregelung für FamilienbeihilfebezieherInnen zum Inhalt. Zudem wurden gesetzliche Grundlagen für das österreichweite "Klimaticket", die zentrale Beschaffung von COVID-19-Arzneimitteln und für einen digitalen "Grünen Pass" geschaffen. In diesen sollen künftig sowohl Corona-Impfungen als auch Corona-Tests sowie Genesungsbescheinigungen eingetragen werden. Gleichzeitig soll ein "Green-Check"-System die rasche Überprüfung von Testnachweisen vor Ort, etwa bei größeren Veranstaltungen, erleichtern.
Auch die umstrittenen Änderungen im COVID-19-Maßnahmengesetz und im Epidemiegesetz haben den Nationalrat passiert. Damit ist es künftig leichter möglich, Ausgangsbeschränkungen zu verhängen und bestimmten Berufsgruppen Corona-Tests vorzuschreiben. Ebenso können regionale Epidemiegebiete mit besonders hohem Infektionsrisiko als solche ausgewiesen werden.
Zusätzliche Corona-Hilfen wird es für sozial schwache Familien geben. Außerdem wurde die Gutscheinregelung für entfallene Sport- und Kulturveranstaltungen verlängert, der Bezugskreis für Gratis-Antigentests ausgeweitet und die Einrichtung eines mit insgesamt 160 Mio. € dotierten Digitalisierungsfonds zur Anschubfinanzierung von Projekten in der öffentlichen Verwaltung auf den Weg gebracht. Kurzarbeit für Lehrlinge wird vorerst noch bis Ende Juni möglich sein.
Kurzfristig haben die Abgeordneten zudem den Beschluss gefasst, das COVID-19-Testangebot in Apotheken auszuweiten. Demnach können ab April auch HausärztInnen mit angeschlossener Hausapotheke kostenlose Antigentests anbieten, wobei die entsprechende ASVG-Änderung in den anderen Sozialversicherungsgesetzen noch nachvollzogen werden muss. Weiters wurden Erleichterungen für freiwillige HelferInnen in Teststraßen verankert, etwa was die Abgabenbefreiung von Aufwandsentschädigungen und deren Nichtanrechnung auf Ausgleichszulagen und Sozialhilfeleistungen betrifft.
Eine Novelle zum Universitätsgesetz sieht unter anderem die Einführung einer Mindeststudienleistung in den ersten beiden Studienjahren, strengere Plagiatsregeln und eine Begrenzung der Funktionsdauer von RektorInnen vor. Zudem wird es den Universitäten künftig möglich sein, negative Corona-Tests für die Teilnahme an Präsenzlehrveranstaltungen und an Aufnahmeprüfungen vorzuschreiben. Mit einem neuen Landarbeitsgesetz werden die arbeitsrechtlichen Bestimmungen für Land- und ForstarbeiterInnen bundesweit harmonisiert. Eine Novelle zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz bringt unter anderem Änderungen beim Überbrückungsgeld für BauarbeiterInnen und eine langfristige finanzielle Absicherung der Schlechtwetterentschädigung.
In Form von Entschließungen sprach sich der Nationalrat unter anderem dafür aus, einen Plan zur Unterstützung von Kunst und Kultur nach dem Pandemieende zu erstellen und eine gemeinsame Vertrauensstelle zur Verhinderung von Machtmissbrauch im Kultur- und Sportbereich einzurichten. Zudem mahnen die Abgeordneten Maßnahmen gegen weibliche Genitalverstümmelung in Österreich, die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung und den Ausbau psychosozialer Unterstützungssysteme im Schulbereich ein. Auch die Evaluierung der Asyl- und Fremdenrechtsstatistik, eine Verhinderung grenznaher Atommüllendlager, die Förderung von mobilen Schlachtanlagen, der Wiedereintritt der Türkei in die Istanbul-Konvention, die Einstellung des gewaltsamen Vorgehens des Militärs in Myanmar gegenüber friedlichen Protesten sowie die unverzügliche Freilassung des russischen Oppositionsaktivisten und Regimekritikers Alexei Nawalny sind den Abgeordneten ein Anliegen.
Auf Basis von zwei Dringlichen Anfragen der SPÖ bzw. der NEOS diskutierte der Nationalrat über die aktuelle Impflage in Österreich, etwaige Versäumnisse bei der Beschaffung von COVID-19-Impfstoffen und die Kritik von Bundeskanzler Sebastian Kurz an deren Verteilung innerhalb der EU. Die FPÖ wiederum nutzte die von ihr verlangte Aktuellen Stunde zum Thema "Maskenbetrug, Testzwang und Impfdesaster" dazu, um die Wirksamkeit von COVID-19-Impfungen in Frage zu stellen. Ein Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Blümel fand keine Mehrheit.
Auch zahlreiche Berichte des Rechnungshofs und der Regierung, zwei internationale Umweltverträge sowie verschiedene Bürgeranliegen standen im Plenum zur Diskussion. Überdies wurden die Beratungen über vier Volksbegehren abgeschlossen.
Thema der Fragestunde mit Vizekanzler Werner Kogler war unter anderem die aktuelle Situation im Kultur- und Sportbereich. Konkrete Angaben über weitere Öffnungsschritte machte Kogler nicht, man könne darüber erst entscheiden, wenn es etwas mehr Klarheit im Hinblick auf das Pandemie-Geschehen gebe. Auch Außerminister Alexander Schallenberg stand den Abgeordneten in einer Fragestunde Rede und Antwort.
Weitere Informationen finden Sie in den Meldungen der Parlamentskorrespondenz bzw. auf der Website des Parlaments:
- 89. Nationalratssitzung
- Novelle zum Universitätsgesetz, Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz
- Richtwertmieten, Bürgeranliegen
- Corona-Hilfen für Familien
- Digitalisierungsfonds, Ziviltechnikergesetz, Maß- und Eichgesetz
- Erweitertes Begutachtungsverfahren
- Psychosoziale Unterstützung im Schulbereich, weitere Schulfragen
- Aktuelle Stunde
- Dringliche Anfrage der NEOS an Gesundheitsminister Anschober
- 91. Nationalratssitzung
- Homeoffice-Paket
- Landarbeitsgesetz, BUAG, ärztliche Hausapotheken
- COVID-19-Maßnahmengesetz, Grüner Pass, Arzneimittelbeschaffung
- Österreichweites "Klimaticket" für den öffentlichen Verkehr, Lkw-Maut
- Gutscheinregelung für Veranstaltungen, Machtmissbrauch im Kulturbereich
- Veterinärrechtsnovelle, weibliche Genitalverstümmelung, Nationaler Aktionsplan Behinderung
- Umweltabkommen, Atomenergie, Rechnungshofberichte
- Fragestunde mit Kultur- und Sportminister Kogler
- 93. Nationalratssitzung
- Fragestunde mit Außenminister Schallenberg
- Beratungen über die Volksbegehren
- Außenpolitische Themen
- Dringliche Anfrage der SPÖ an Finanzminister Blümel