Nationalrat plant mehr als 40 Gesetzesbeschlüsse zum Tagungsfinale
Am 11. Juli geht die laufende Tagungsperiode des Nationalrats zu Ende. Davor treten die Abgeordneten am 6., 7. und 8. Juli allerdings noch zu drei Plenarsitzungen zusammen, um über mehr als 40 Gesetzesvorhaben zu beraten. Dazu kommen mehrere Bund-Länder-Vereinbarungen und internationale Abkommen sowie zahlreiche Oppositions- und Entschließungsanträge. Auch das Volksbegehren "Kauf Regional" und die Wahl eines Mitglieds der Volksanwaltschaft sind für die Tagesordnung in Aussicht genommen. Insgesamt könnten die Abgeordneten mehr als 100 Vorlagen in Verhandlung nehmen, wobei noch nicht alle Fachausschüsse die notwendigen Vorberatungen abgeschlossen haben.
Konkret liegen dem Nationalrat etwa vier Gesetzentwürfe zur Pflegereform vor, die unter anderem eine Erweiterung der Befugnisse von Pflegekräften, einen Pflegebonus für pflegende Angehörige und einen monatlichen Ausbildungszuschuss von 600 € für Erstausbildungen im Pflegebereich bringen. Zudem wollen die Koalitionsparteien die Impfpflicht endgültig aufheben und eine Novelle zum Tierschutzgesetz in Verhandlung nehmen. Auch ein erleichterter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für qualifizierte ausländische Arbeitskräfte mittels Rot-Weiß-Rot-Karte und eine Novellierung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes stehen zur Diskussion. Speziell ausgebildetes Gesundheitspersonal soll künftig Arbeitsmediziner:innen in Betrieben unterstützen.
Seitens des Budgetausschusses liegt unter anderem die Empfehlung vor, Unternehmen mit Energiekostenzuschüssen unter die Arme zu greifen, um ihre Liquidität abzusichern. Hierfür sollen 450 Mio. € bereitgestellt werden. Zudem ist geplant, den Haftungsrahmen der Austria Wirtschafts Service (aws) für kleine und mittlere Unternehmen auf 1 Mrd. € zu erhöhen und bei Bedarf weitere Förderungen für den Ausstieg aus russischem Gas bereitzustellen. Mit einem umfangreichen Abgabenänderungsgesetz sollen zahlreiche Änderungen im Steuerrecht vorgenommen werden, wobei es beispielsweise um die Einkommensteuerbefreiung kleiner Photovoltaikanlagen, die Steuerbefreiung internationaler Bahntickets sowie die Pauschalisierung von Öffi-Tickets als Betriebsausgaben geht.
Zur Abfederung pandemiebedingter Schäden in Wirtschaft und Gesellschaft beabsichtigt die Regierung den Bundesländern einen einmaligen Zweckzuschuss in der Höhe von 500 Mio. € zu überweisen. Zudem sollen Feuerwehren für den Einkauf von Einsatzfahrzeugen jährlich zusätzliche 20 Mio. € aus dem Katastrophenfonds erhalten. EU-Anpassungen im Wertpapieraufsichtsgesetz und im Investmentfondsgesetz haben eine höhere Nachhaltigkeit von Finanzprodukten zum Ziel. Im Budget 2022 und im Bundesfinanzrahmen sind unter anderem die jüngsten Entlastungsmaßnahmen für die Bevölkerung zu berücksichtigen.
Mit einem vom Verkehrsministerium vorgelegten Gesetzentwurf soll die Straßenverkehrsordnung rad- und fußgängerfreundlicher gemacht werden. Zudem spricht sich der Verkehrsausschuss für eine allgemeine Verfahrenskostenbefreiung bei der Verlängerung von Führerscheinen aus, die aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen befristet sind. Infolge eines EuGH-Urteils muss die unter der "türkis-blauen" Regierung beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe aufgehoben werden. Künftig werden damit wieder alle in Österreich arbeitenden EU-Bürger:innen die gleiche Familienbeihilfe bekommen, auch wenn ihre Kinder im Ausland leben. Eine Novellierung des Unterbringungsgesetzes und begleitende gesetzliche Maßnahmen haben eine Verbesserung der psychiatrischen Versorgung und eine Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung zum Ziel.
Der Verfassungsausschuss hat unter anderem ein kleines Wahlrechtspaket plenarreif gemacht. Damit wollen die Abgeordneten unter anderem Vorsorge dafür treffen, dass auch Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen bzw. dieses nicht angeben möchten, weiter an Wahlen teilnehmen können. Zudem plädiert der Ausschuss dafür, die Fördermittel für freie Radios und nichtkommerzielle TV-Sender von 3 Mio. € auf 5 Mio. € aufzustocken. Auch die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine umfangreiche Novelle zum Parteiengesetz mit begleitenden Verfassungsänderungen dürfte mittlerweile sichergestellt sein.
Der Umsetzung der sogenannten Modernisierungsrichtlinie der EU dienen zwei Gesetze, die im Wirtschaftsausschuss vorberaten worden waren. Ihr Ziel ist es, die Rechte der Konsument:innen vor allem im Online-Handel zu stärken. Auch über eine Aufstockung der österreichischen Beiträge für Entwicklungsbanken sowie Novellen zum E-Government-Gesetz, zum Informationsweiterverwendungsgesetz und zum Übernahmegesetz werden die Abgeordneten beraten. Zudem ist geplant, weitere coronaspezifische Sonderregelungen zu verlängern. Eine Dienstrechts-Novelle für öffentlich Bedienstete regelt unter anderem die Vergütung des Unterrichts an Sommerschulen und soll den Quereinstieg in den Lehrer:innenberuf erleichtern.
Darüber hinaus liegen dem Nationalrat einige internationale Abkommen sowie Bund-Länder-Vereinbarungen zur Genehmigung vor. Bei letzteren geht es etwa um die Finanzierung des Kindergartenausbaus, die Grundversorgung von Vertriebenen aus der Ukraine und Hochwasserschutzmaßnahmen. Außerdem hat der Wissenschaftsausschuss den Weg für die Einrichtung einer neuen technischen Universität in Linz geebnet, die unter dem Namen "Institute of Digital Sciences Austria" tätig werden soll.
Gegenstand von Entschließungsanträgen sind unter anderem der Völkermord in Srebrenica, der Ausbau der Beziehungen zu den USA im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich und Probleme für Grenzgänger:innen, die im Homeoffice arbeiten. Zudem spricht sich der Umweltausschuss vehement gegen den Ausbau des Atomkraftwerks Paks aus. Von Oppositionsseite liegen unter anderem Neuwahlanträge der SPÖ und der FPÖ zur Beratung vor.
Reparieren muss der Nationalrat schließlich auch eine Beschlusspanne rund um das Bundesministeriengesetz. Die Novelle, die die Zusammenlegung von Arbeits- und Wirtschaftsministerium und verschiedene Kompetenzverschiebungen in der Regierung vorsieht, soll neu eingebracht und am Freitag beschlossen werden.
Beginnen wird die Sitzungswoche mit einer Aktuellen Stunde. Am Donnerstag und Freitag stehen Fragestunden mit Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch bzw. Bundeskanzler Karl Nehammer am Programm.
Die interessierte Öffentlichkeit kann die Plenarsitzungen via Livestream oder als Video-on-Demand auf der Parlamentswebsite unter www.parlament.gv.at mitverfolgen. Auch die Besucher:innengalerie in der Hofburg ist wieder geöffnet.
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