Bericht über die Diskussion bei Politik am Ring zum Thema: Wie wird Österreich als Wirtschaftsland krisensicher?
Hintergrund zur Diskussion
Dinge, die wir zum täglichen Leben brauchen, kommen von überall auf der Welt her. So bekommen wir in Österreich zum Beispiel viel Gas aus Russland. Auch haben viele österreichische Firmen ihre Produktion ins Ausland verlegt. Somit sind wir von anderen Ländern abhängig. Diese Abhängigkeit macht das österreichische Wirtschaftssystem anfällig für Krisen.
Wie kann Österreich wirtschaftlich unabhängiger werden und wettbewerbsfähig bleiben? Darüber wurde bei Politik am Ring diskutiert, einer Internet-TV-Sendung des Parlaments. An der Diskussion haben Politikerinnen und Politiker von allen 5 Fraktionen des Parlaments teilgenommen. Auch dabei waren die Expertinnen und Experten Iris Frey von ATTAC und Michael Löwy von der Industriellenvereinigung.
Die Diskussion am 20. Juni:
Karin Doppelbauer ist Finanzsprecherin der NEOS. Sie sagte in der Diskussion: Österreichs Wirtschaft ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nur mehr mittelmäßig. Andere Volkswirtschaften wie Schweden, Dänemark oder Finnland liegen deutlich vorne. Das hat verschiedene Gründe. Wenn wir die Industrien der Zukunft umgestalten möchten, dann müssen wir vor allem bei diesen großen Themenblöcken etwas verändern:
- Weniger Bürokratie.
- Lohnnebenkosten. Das sind zum Beispiel die Kosten für die Sozialversicherung, die die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber für die Angestellten zahlen muss.
- Bildung.
Karin Doppelbauer ist auch der Meinung: In der österreichischen Wirtschaft fehlen neue Ideen und Erfindungen. Und es fehlt der Wettbewerb.
Walter Rauch ist Umweltsprecher der FPÖ. Er ist der Meinung: Für die wirtschaftlichen Mängel ist vor allem die verfehlte Corona-Politik verantwortlich und die Sanktionspolitik. Damit sind die Strafen gemeint, die Österreich gemeinsam mit anderen Ländern Russland wegen des Krieges auferlegt hat. Walter Rauch findet auch: In Österreich mangelt es an Führungskraft, an Planbarkeit und an Sicherheit für die Unternehmerinnen und Unternehmer. Er sagte: Wirtschaft ist Emotion, und diese ist im Moment nicht vorhanden.
Christoph Matznetter ist SPÖ-Wirtschaftssprecher. Er findet: Österreichs Wirtschaft war jahrzehntelang sehr gut und hat eine Erfolgsgeschichte hinter sich. Das liegt besonders an den vielen Geschäften, die Österreich mit dem Ausland gemacht hat. Daraus sind starke Verbindungen zu Menschen und Unternehmen im Ausland entstanden. Diese Verbindungen muss man berücksichtigen.
Die Krisenbewältigung der derzeitigen Bundesregierung findet Christoph Matznetter sehr schlecht.
Elisabeth Götze ist Wirtschaftssprecherin der Grünen. Sie sagte: Österreich ist von russischem Öl und Gas sehr abhängig. Und das ist ein Problem. Lange Zeit hat man von dem russischen Öl und Gas profitiert. Doch man hat darauf verzichtet, auch mehr auf andere Energiequellen zu setzen.
Jetzt ist eine Umgestaltung der Energiepolitik notwendig. Die ist aber sehr aufwendig und teuer. Es wird viel Geld in den Ausbau der erneuerbaren Energien gesteckt. Doch die erneuerbaren Energien sind eine Chance für die Industrie. Sie sind auch eine Chance dafür, dass Unternehmen ihre Standorte nach Österreich verlegen oder in Österreich beibehalten.
Maria Theresia Niss ist Forschungssprecherin der ÖVP. Sie ist der Meinung: Zurzeit kommen viele Krisen zusammen. Das ist eine einzigartige Situation. Doch die Industrie ist bisher sehr gut durch die Krise gekommen. Trotzdem ist es notwendig, sich mit vielen Themen genauer zu befassen. Vor allem mit den Themen: Energie, Fachkräfte und Besteuerung.
Iris Frey arbeitet beim Verein ATTAC. Das ist eine Nichtregierungsorganisation, die das Thema Globalisierung sehr kritisch sieht. Iris Frey sagte in der Diskussion: Die aktuellen Krisen zeigen nicht nur die Schattenseiten der Globalisierung. Die Krisen zeigen auch andere Fehler in unserem Wirtschaftssystem. Ständig ruft man nach mehr Standortwettbewerb. Aber genau das ist ein Teil des Problems. Standortwettbewerb ist ein Wettstreit zwischen Gemeinden, Regionen oder Staaten. Sie alle möchten Geschäftsleuten möglichst attraktive Rahmenbedingungen nennen, um sie in ihre Gegend zu locken. Denn durch die Ansiedlung von Unternehmen erhoffen sie sich für ihre Gegend Vorteile. Zum Beispiel Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Bei ihren Rahmenbedingungen versuchen sie oft, sich gegenseitig zu unterbieten. So machen manche Regionen oder Länder weniger strenge Gesetze als andere. Das betrifft zum Beispiel auch Umweltschutzbestimmungen oder Regelungen für die Mindesthöhe von Löhnen und andere Arbeitsbedingungen. Iris Frey ist der Meinung: Solch ein Wettkampf, führt oft dazu, dass Standards gesenkt werden. Sie findet: Ein kompletter Umbau der Wirtschaft ist notwendig. Denn die Wirtschaft soll sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und auf die Umwelt und das Klima Rücksicht nehmen.
Michael Löwy arbeitet bei der Industriellenvereinigung (IV). Das ist die Interessensvertretung der österreichischen Industrie. Er ist der Meinung: Etwa jeder zweite Euro hängt mit Auslandsgeschäften und mit der Globalisierung zusammen. Globalisierung bedeutet Zusammenarbeit zwischen Völkern, Tourismus, der Austausch von Waren, von Kultur, das Handeln mit Dienstleistungen und Investitionen. Michael Löwy findet: Die Globalisierung kann man nicht mehr umkehren. Sie ist die Zukunft.
Nächste Sendung von Politik am Ring
Die nächste Sendung von Politik am Ring findet am Montag, dem 19. September 2022 statt. Sie wird wieder live ab 21 Uhr in der Mediathek des Parlaments übertragen. Alle Folgen von Politik am Ring kann man sich dort dauerhaft ansehen.