Parlamentskorrespondenz Nr. 114 vom 10.03.2000

"DEMOKRATIEPAKET" UND WEITERE ANTRÄGE, REGIERUNGSVORLAGEN

ÖVP-FPÖ-DEMOKRATIEPAKET LIEGT DEM PARLAMENT VOR

Mittels eines gemeinsamen Initiativantrages wollen die Regierungsfraktionen von FPÖ und ÖVP ein - wie es in der Begründung heißt - "umfangreiches Demokratiepaket" umsetzen. (98/A )

Bei allen bundesweiten Wahlen, aber auch bei Landtags- und Gemeinderatswahlen soll es künftig die Möglichkeit der "brieflichen Stimmabgabe im Postweg" geben. Intention dieser Gesetzesinitiative ist es, auch jenen Wahlberechtigten, die auf Grund einer Krankheit, hohen Alters, eines körperlichen Gebrechens oder aus anderen wichtigen Gründen das Wahllokal nicht aufsuchen können, die Stimmabgabe zu ermöglichen. Die Neuregelung bewirkt eine Vereinfachung und Beschleunigung des gesamten Prozederes, da damit die bisherigen Bestimmungen über die Wahlkarten sowie das von vielen als zu kompliziert kritisierte Auslandsösterreicher-Wahlrecht ersetzt werden. Den immer wieder geäußerten Bedenken gegen die Briefwahl, diese verstoße gegen die Grundsätze des geheimen und persönlichen Wahlrechts, will man mit dem Erfordernis einer eidesstattlichen Erklärung des Briefwählers und der Briefwählerin begegnen, dass das Wahlrecht tatsächlich persönlich und unbeobachtet ausgeübt wurde. Die Antragsteller räumen jedoch ein, dass Missbrauchsmöglichkeiten nicht gänzlich auszuschließen sein werden, wie dies auch jetzt schon der Fall sei.

Volksbegehren, die von mehr als 15% aller Stimmberechtigten unterstützt wurden, sollen einer obligatorischen Volksabstimmung zugeführt werden, wenn Nationalrat und Bundesrat keine entsprechenden Beschlüsse zur Umsetzung des im Volksbegehren enthaltenen Antrags gefasst, bzw. wenn sie ihre Verhandlungen darüber nicht innerhalb von neun Monaten abgeschlossen haben. Ausgenommen davon sind jene Gegenstände der Gesetzgebung, welche nur verfassungsrechtlich geregelt werden können, weil sie Kompetenzen des Bundes überschreiten oder sonst gegen geltendes Bundesrecht verstoßen; weiters jene, die Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts widersprechen, die gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen oder die zu wesentlichen finanziellen Mehrbelastungen des Bundes, der Länder oder der Gemeinden führen. In einem Vorprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof festzustellen, ob alle Voraussetzungen zur Durchführung einer Volksabstimmung vorliegen. Volksabstimmungen sollen künftig entweder am zweiten Sonntag im März oder am zweiten Sonntag im Oktober, den so genannten "Bürgersonntagen", stattfinden.

Weiters sieht der Antrag die Möglichkeit der Gesetzesinitiative auch durch die Volksanwaltschaft vor, wenn dieser legistische Änderungen im Zuge ihrer Prüfungstätigkeit als wünschenswert und notwendig erscheinen. Bei Verfahrensverzögerung in gerichtlichen Verfahren ist vorgesehen, der Volksanwaltschaft auf Antrag die Möglichkeit der Überprüfung einzuräumen, ohne dass dadurch in die Rechtsprechung eingegriffen werden darf. Es sollen aber Disziplinarverfahren angeregt oder Anträge zur amtswegigen Fristsetzung gestellt werden können.

Petitionen und Bürgerinitiativen sollen bei Beginn einer neuen Gesetzgebungsperiode nicht mehr automatisch verfallen. Diejenigen, welche innerhalb von sechs Monaten vor Ablauf der letzten Gesetzgebungsperiode eingebracht wurden, sind, so der Antrag, im neu zusammengesetzten Nationalrat kontinuierlich weiterzuverhandeln.

Die Bestellung von Höchstrichtern wollen die Antragsteller objektiver und transparenter gestalten. Zu diesem Zweck soll eine Begutachtungskommission eingerichtet werden, die die eingelangten Bewerbungen zu prüfen und eine Stellungnahme darüber abzugeben hat. Die Entscheidungsträger sind jedoch nicht an die Ansicht der Kommission gebunden.

SPÖ: BESSERE KONTROLLE BEI DER ABFALLENTSORGUNG

Ihren Antrag zum Abfallwirtschaftsgesetz begründen SP-Abgeordnete mit unzureichenden Kontrollmaßnahmen sowie mit einem hohen administrativen Aufwand beim derzeitigen System der Abfallentsorgung. (97/A )

Vorgeschlagen wird die Erfassung aller Abfallströme nach einer einheitlichen Regelung. Damit werden erstmals auch die nicht gefährlichen Abfälle miteingeschlossen. Die Neuordnung des Abfallnachweises baut auf einer Meldepflicht auf, wodurch die Herkunft (Bundesland) und die Behandlungsart ersichtlich werden. Die Landesbehörde muss gleichzeitig prüfen, ob für die jeweilige Sammlung eine entsprechend genehmigte Betriebsanlage vorliegt. Darüber hinaus soll eine Abfallsammler- bzw. eine Abfallbehandlernummer für nicht gefährliche Abfälle eingeführt werden. Für den Schrotthandel sind bei der Meldepflicht Erleichterungen vorgesehen, um Klein- und Mittelbetriebe nicht unzumutbar bürokratisch zu belasten.

GRÜNE: QUALITÄTSSICHERUNG UND -KONTROLLE IN KRANKENANSTALTEN

Die Vorkommnisse im Spital Freistadt nehmen die Grünen zum Anlass, die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen aufzufordern, ein Modell einer zentralen Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle im Gesundheitswesen auszuarbeiten, wobei dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger eine tragende und verantwortliche Rolle zukommen soll. (92/A(E))

In einem weiteren Antrag kritisieren die Grünen, dass sich der Landesgesetzgeber nicht dazu durchgerungen hat, die Kontrolle der Qualitätssicherung in Spitälern gesetzlich vorzuschreiben. Sie verlangen daher eine Änderung des Krankenanstaltengesetzes, die eine wirksame Qualitätskontrolle in allen Krankenhäusern gewährleisten soll. Weiters schlagen sie die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Qualitätskontrolle vor. Eine österreichweit tätige Gruppe von Expertinnen und Experten soll die qualitätssichernden Maßnahmen auf ihre Effizienz hin prüfen. (94/A(E) )

Der Österreichische Krankenanstalten- und Großgeräteplan (ÖKAP/GGP) ist nach Ansicht der Grünen weiterzuentwickeln. Vor allem soll neben der Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten in Akutkrankenanstalten auch das dort angebotene medizinische Leistungsspektrum konkret dargestellt werden. Außerdem wollen die Grünen, dass der ÖKAP/GGP um den Bereich der ambulanten und teilstationären detaillierten Leistungsangebotsplanung erweitert wird. (93/A(E) )

GRÜNE FORDERN KLARE REGELN FÜR DIE ZULÄSSIGKEIT VON STERILISATION

In Österreich werden laut Expertinnen und Experten ca. 50% der geistig behinderten Frauen meist ohne deren Einverständnis sterilisiert. Als grausamen Nebeneffekt der derzeitigen Praxis, die in einer gesetzlichen Grauzone erfolgt, bezeichnen die Grünen die Tatsache, dass insbesondere behinderte Mädchen in hohem Ausmaß sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind. Zwei Drittel aller geistig behinderten Frauen werden, wie eine Studie des Frauenministeriums dokumentiert, sexuell missbraucht. Die Grünen beantragen daher die Vorlage eines Gesetzesentwurfes zur Neuregelung der Sterilisation von minderjährigen, geistig behinderten sowie psychisch kranken Frauen und fordern den Justizminister auf, dazu eine Arbeitsgruppe einzurichten. (95/A(E) )

SPÖ WILL MEHR PLANPOSTEN FÜR DIE SICHERHEITSEXEKUTIVE

1000 zusätzliche Planposten in den nächsten 4 Jahren für die Sicherheitsexekutive und die Sicherheitsverwaltung in den Bereichen der Verkehrssicherheit, der Bekämpfung der Schlepperei, der Meldestelle für Kinderpornografie im Internet, der Umweltkriminalität sowie für die Aufstockung der Polizei- und Gendarmerie-Wachstuben fordert die SPÖ. Die Abgeordneten begründen dies mit aufwendigeren und komplexeren Aufgaben der Exekutivorgane. Darüber hinaus soll durch verstärkte wahrnehmbare Präsenz in der Öffentlichkeit die präventive Arbeit gefördert werden. (96/A(E) )

SPÖ: BILATERALE ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT BUDGETÄR ABSICHERN

Die Leistungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 1998 sind mit einem Anteil von 0,22% des Bruttonationalprodukts auf den tiefsten Wert seit 1990 gesunken, kritisieren SPÖ-Abgeordnete in einem Entschließungsantrag. Sie verlangen daher, im Budget 2000 für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit jedenfalls die im Jahr 1998 erreichte Summe von 950 Millionen Schilling zur Verfügung zu stellen und einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, wodurch die Anhebung der Mittel für Entwicklungspolitik auf 0,7% des BNP erreicht wird. (99/A[E])

SPÖ FORDERT INITIATIVE DER BUNDESREGIERUNG GEGEN TODESSTRAFE

SP-Abgeordnete fordern die Bundesregierung auf, in bilateralen Gesprächen mit betreffenden Staaten die Aufhebung der Todesstrafe zu verlangen und insbesondere darauf hinzuwirken, dass Jugendliche in keinem Staat der Todesstrafe unterliegen dürfen. Organisationen und Kampagnen, die sich dem Kampf gegen die Todesstrafe widmen, sollen unterstützt werden. Die Antragsteller weisen vor allem darauf hin, dass die unterschiedlichsten Delikte, sogar Diebstahl, die Verhängung der Todesstrafe nach sich ziehen können, und auch rassische sowie soziale Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielen. (104/A[E])

GRÜNE WOLLEN GESETZ ZUM SCHUTZ VOR NICHT-IONISIERENDER STRAHLUNG

Obwohl das rasante Anwachsen des Telekommunikationsmarktes eine massive Erhöhung der elektromagnetischen Felder verursacht, entzieht sich dieser in einem weitgehend deregulierten Umfeld international wie national einer gesellschaftlichen Risikoabschätzung. Die Immissionen übersteigen jene der Fernseh- und Radiosender teilweise um mehr als das Hundertfache. Die Grünen nehmen diesen Umstand zum Anlass, die Vorlage eines Gesetzes zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung zu verlangen. (100/A[E])

GRÜNE: GARANTIE FÜR FRAUENBERATUNGSSTELLEN UND -PROJEKTE

Da es kein eigenes Frauenministerium mehr gibt, sehen die Grünen die Einhaltung der von der ehemaligen Ministerin abgeschlossenen Verträge und gemachten Finanzierungszusagen für Frauenberatungsstellen und -projekte gefährdet. Sie fordern daher die nun zuständige Ministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf, durch das Budget 2000 sicherzustellen, dass bereits zugesagte Gelder tatsächlich ausbezahlt werden, die Ko-Finanzierung von EU-Projekten garantiert wird und Ansuchen für das laufende Jahr positiv erledigt werden. Ein besonderes Anliegen des Entschließungsantrages stellt auch die längerfristige finanzielle Absicherung von Frauenberatungsstellen und -projekten dar. (101/A[E])

GRÜNE ATRÄGE ZU FP-ÄUSSERUNGEN UND FP-BESCHLÜSSEN

Unter Anführung von Zitaten verlangen die Grünen in einem Entschließungsantrag die Verurteilung aller rassistischen, ausländerfeindlichen und das NS-Regime verharmlosenden Äußerungen von FPÖ-Politikern sowohl durch den Nationalrat als auch durch die Bundesregierung in Form eines Ministerratsbeschlusses. (102/A[E])

 

In einem weiteren Entschließungsantrag fordern die Grünen unter Heranziehung alter FPÖ-Anträge zum Thema Politikerprivilegien und Politikerbezüge den Finanzminister auf, einen Bericht darüber zu erstatten, inwieweit sich die der FPÖ angehörenden Mitglieder der Bundesregierung an diese Anträge sowie an den FP-Beschluss betreffend Begrenzung der Politikerbezüge auf ATS 60.000.-- halten. Gleichzeitig wollen die Grünen eine Beurteilung des Finanzministers darüber, ob eine Umsetzung dieser Beschlüsse nicht zu Schwierigkeiten führt, geeignete Personen für wichtige Funktionen in Parlament und Regierung zu gewinnen. (103/A[E])

REGIERUNGSVORLAGEN

Ein internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge enthält im wesentlichen die Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Einführung eines deliktischen Tatbestandes der Vorbereitung und Durchführung von Bombenanschlägen und dient der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung bestimmter Formen des Terrorismus (47 d.B.).

Die Vereinfachung des Auslieferungsverkehrs ist Ziel eines bilateralen Vertrages mit Kanada. Den Justizministern beider Staaten soll nunmehr in Auslieferungssachen der direkte Behördenverkehr ermöglicht werden, eine Auslieferung wird in Hinkunft auch wegen fiskalisch strafbarer Handlungen zulässig sein (51 d.B.).

(Schluss)