Parlamentskorrespondenz Nr. 284 vom 22.05.2000
REGIERUNGSVORLAGE: NEUREGELUNG FÜR ZWANGSVERSTEIGERUNG
Wien (PK) - Die Regelungen der Exekutionsordnung über die Zwangsversteigerungen von Liegenschaften stammen aus dem 19. Jahrhundert. Sie bedürfen daher einer Anpassung an die Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens. Ziel der Novelle ist es, so die Erläuternden Bemerkungen, die Effektivität der Exekution - bei Beibehaltung des gebotenen Schuldnerschutzes - zu erhöhen.
Konkret soll die Amtswegigkeit weiter ausgebaut werden, indem nun etwa auch das Gericht von Amts wegen eine grundstücksweise Versteigerung bewilligen kann. Um Verfahrensverzögerungen hintan zu halten, wird die Zustimmungsfiktion auch auf diese Fälle ausgedehnt. Eine Vorlage von Versteigerungsbedingungen ist nicht mehr vorgesehen. Überholte Rechtsinstitute, etwa die vorläufige Feststellung des Lastenstands, sollen beseitigt werden. Im Interesse eines besseren Zugangs zum Recht will man - durch Berücksichtigung der betreffenden Art. 15a B-VG-Vereinbarung - den Zusammenhang der Exekutionsordnung mit den Grundverkehrsgesetzen der Länder herstellen.
Da derzeit nicht selten die Verkaufschancen vermindert oder sogar die Exekution verhindert wird, weil ein Exekutionsobjekt während des Verfahrens vermietet wird, soll in Hinkunft Vermietung nur mehr dann zulässig sein, wenn sie zum ordentlichen Geschäftsbetrieb gehört. Der Verpflichtete kann somit ab der Einleitung eines Exekutionsverfahrens über das so genannte Zubehör nicht mehr wirksam verfügen.
Die Neuerungen betreffen weiters den Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs, weil dieser zu einer wesentlichen Arbeitserleichterung und damit auch zu einer Verfahrensbeschleunigung führt. Zur Erhöhung der Verkaufschancen ist geplant, die über Internet abrufbare Ediktsdatei zu nützen, in der das Versteigerungsedikt bekannt gemacht wird.
Gänzlich neu gestaltet werden auch die Bestimmungen über die Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft, für die subsidiär nun die Regelungen über die Zwangsversteigerung herangezogen werden.
Straffen will man zukünftig auch die Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel, indem es nicht mehr zulässig sein soll, die Gründe für die Verweigerung der Vollstreckbarerklärung in erster Instanz zu prüfen. Gegen die Entscheidung über einen solchen Antrag soll nur mehr der Rekurs zulässig sein, in dem es dem Antragsteller jedoch möglich sein muss, auch jene Gründe geltend zu machen, die er in erster Instanz nicht vorbringen konnte. Die Rekursfrist wird im In- und im Ausland zwei Monate gelten.
Weitere Änderungen in der genannten Regierungsvorlage betreffen die Lohnpfändung, die Zulassung der einstweiligen Verfügung zur Hehreinbringung von Geldforderungen, die Geltendmachung von Kosten im Exekutionsantrag sowie die Erhöhung der Beugestrafen im Rahmen der Unterlassungsexekution. (93 d.B. )
RECHTSSCHUTZ FÜR DIENSTE DER INFORMATIONSGESELLSCHAFT
Das Recht auf Zugangskontrolle bei Rundfunkdiensten sowie bei Diensten der Informationsgesellschaft - elektronische Dienste, die im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers gegen Entgelt erbracht werden - soll ähnlich wie das Urheberrecht als absolut geschütztes Recht anerkannt werden. Damit wird für Anbieter solcher Dienste ein umfassender Rechtschutz geschaffen. Die Bundesregierung reagiert mit dieser Vorlage zu einem "Zugangskontrollgesetz" auf eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den "rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten".
Notwendig wurde ein derartiges Gesetz durch den vermehrten Vertrieb von Geräten, Computersystemen und -programmen, mit denen die geschützten Rundfunk- oder Internetdienste ohne Genehmigung des Dienstanbieters empfangen werden können. Diese neue Art der "Piraterie" verursacht für Anbieter kontrollierter Dienste beträchtliche Schäden. Die EU-Richtlinie und die nun geplante legistische Umsetzung im Inland haben daher zum Ziel, derartige Umgehungen von Zugangskontrollen wirksam hintan zu halten.
Die rechtlichen Vorkehrungen richten sich jedoch nur gegen gewerbliche Tätigkeiten, das heißt, gegen alle Formen des In-Verkehr-Bringens von Umgehungsvorrichtungen, um Serviceleistungen an diesen sowie um Werbe- und Marketingmaßnahmen zur Absatzförderung derartiger Geräte. Private Nutzer solcher Geräte sollen von den vorgesehenen Sanktionen und Rechtsbehelfen ausgenommen sein, da Privatpersonen häufig nicht erkennen können, ob es sich um eine Umgehungsvorrichtung oder um autorisierte Zugangskontrollvorrichtungen handelt.
Als Bediensteter, der widerrechtlich gehandelt hat, wird man nur dann nicht zur Verantwortung gezogen, wenn man sich gegen die Anordnung nicht wehren konnte. Der Entwurf stellt aber ausdrücklich die Verantwortlichkeit des Inhabers oder Leiters des Unternehmens klar, wenn er von der Handlung seines Bediensteten Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, weil - so die Erläuternden Bemerkungen - dem Unternehmer die Vorteile aus den betrieblichen Handlungen seiner Leute zugute kommen. Die Haftung des Unternehmens setzt kein Verschulden des Bediensteten voraus, es kommt nur darauf an, dass dieser einen Dritten durch unerlaubte Handlung schädigt.
Unerlaubte Handlungen werden mit strafrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen geahndet. Als zivilrechtliche Rechtsbehelfe für Anbieter sind Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche vorgesehen. Auch eine einstweilige Verfügung soll zulässig sein. All diese Rechtsinstrumente orientieren sich am Urheberrecht und sollen "wirksam, abschreckend und verhältnismäßig" sein.
Der gewerbsmäßige Vertrieb und Verkauf sowie die gewerbsmäßige Verpachtung, Vermietung, Herstellung oder Einführung von Umgehungsvorrichtungen soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagsätzen bedroht sein. (99 d.B. )
DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN MIT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird derzeit zwischen Österreich und der russischen Föderation das Abkommen mit der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom April 1981 angewendet. Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen macht jedoch den Abschluss eines eigenen Abkommens erforderlich.
Das nun vorliegende Abkommen folgt im größtmöglichen Umfang den Grundsätzen, wie sie vom Fiskalausschuss der OECD erarbeitet wurden und international Anerkennung gefunden haben. Unter das Abkommen fallen in Österreich die Einkommenssteuer, die Körperschaftssteuer, die Grundsteuer, die Abgaben von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und die Abgabe von Bodenwert bei unbebauten Grundstücken. In der Russischen Föderation sind davon die Steuer aus Gewinnen von Unternehmen und von Organisationen, die Steuer vom Einkommen natürlicher Personen sowie die Steuer vom Vermögen von Unternehmen und natürlichen Personen betroffen. (108 d.B. )
VERLÄNGERUNG DES INTERNATIONALEN KAFFEE-ÜBEREINKOMMENS
Der Internationale Kaffeerat hat am 21. Juli 1999 in London beschlossen, die Geltungsdauer des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994 um zwei Jahre zu verlängern. Da Österreich diesen Beschluss nicht rechtzeitig vor dem 30. September 1999 notifizieren konnte, ist es aus dem Übereinkommen ausgeschieden. Eine Regierungsvorlage beinhaltet nun die Formalitäten des neuerlichen Beitritts unter rückwirkender Übernahme der Verpflichtungen mit 1. Oktober 1999. Das Übereinkommen dient in erster Linie dazu, ein Forum für zwischenstaatliche Konsultationen zu schaffen, Studien zu erstellen, Verbrauchshindernisse zu beseitigen und einen vernünftigen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt zu erreichen (95.d.B.)
Die vollen Titel der Regierungsvorlagen lauten:
93 d.B.: Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 - EO-Nov.2000)
99 d.B.: Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz - ZuKG)
108 d.B.: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll
95.d.B.: Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994
(Schluss)