Parlamentskorrespondenz Nr. 295 vom 23.05.2000
UMWELTAUSSCHUSS VERTAGT BESCHLUSS DER UVP-NOVELLE AUF 28. JUNI
Wien (PK) - Im Mittelpunkt der heutigen Sitzung des Umweltausschusses stand die Generaldebatte über die von den Regierungsparteien geplante Neugestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Da im Vorfeld vereinbart wurde, erst bei der nächsten Ausschusssitzung am 28. Juni über die Novelle abzustimmen, wurden die entsprechenden Tagesordnungspunkte einstimmig vertagt.
Zur Diskussion standen ein Antrag der Abgeordneten Kopf (V) und Mag. Schweitzer (F) zur Änderung des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung (168/A) sowie ein F-V-Antrag zur Änderung des Abfallwirtschaftsgesetz es (167/A), der die Bestimmungen für Genehmigung, Betrieb und Auflassung von Abfall- und Altölbehandlungsanlagen an die EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-RL) anpassen soll.
Bei der Novellierung der Umweltverträglichkeitsprüfung geht es sowohl um EU-Anpassungen als auch um die Berücksichtigung innerstaatlicher Erfahrungen mit der Anwendung des UVP-Gesetzes. Die Antragsteller wollen eine rasche und kalkulierbare behördliche Abwicklung von Investitionsprojekten sicherstellen, wie dies im NAP vorgesehen ist. Die Genehmigungsverfahren für Großvorhaben sollen bei Wahrung der geltenden Umweltstandards wesentlich vereinfacht werden. Mit einer Verkürzung der Verfahrensdauer von 18 auf 9 bzw. 6 Monate im vereinfachten Verfahren trage die Novelle wesentlich zu einer Erhöhung der Attraktivität des Standortes Österreich bei. Die Hauptpunkte der Novelle lauten: Vorhaben mit weniger gravierenden Umweltauswirkungen sollen einem vereinfachten Verfahren mit sechs statt bisher neun Monaten unterworfen werden, wobei statt eines Umweltverträglichkeitsgutachtens eine nicht mehr öffentlich aufzulegende Bewertung der Umweltauswirkungen vorgesehen sein soll. Bürgerinitiativen haben Beteiligtenstellung, Abnahmeprüfung und Nachkontrolle entfallen.
Das Vorverfahren zur UVP soll fakultativ werden. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit, der mitwirkenden Behörden, der Gemeinden und des Umweltanwaltes sollen an die AVG-Novelle 1998 angepasst werden. Das Verfahren für die Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens soll einfacher und flexibler werden. Bei Kumulation von Vorhaben unterhalb der Schwellenwerte, die insgesamt negative Auswirkungen auf die Umwelt haben, soll künftig ein UVP-Verfahren durchführt werden. Spezialbestimmungen dienen dem Schutz des Wassers und bringen niedrigere Schwellenwerte für schutzwürdige Gebiete.
Einerseits werde mit dem Antrag eine EU-Richtlinie umgesetzt, erklärte Abgeordneter KOPF (V), andererseits solle - aufgrund der Erfahrungen in der Praxis - das Verfahren vereinfacht werden. Es sei ein Versuch, die Balance zu finden zwischen der Ausweitung des Anwendungsbereiches und der Praktikabilität in der Umsetzung.
Dieser Antrag gebe der Umwelt "eine Watsche", meinte Abgeordneter BRIX (S), denn es werde den Bürgern das Recht genommen, über ihre Umwelt zu bestimmen. Aus diesem Grund forderte er die Abhaltung eines Hearings. Auch Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) trat dafür ein, Experten zur nächsten Ausschusssitzung zu laden. Zumindest sollten die Umweltanwaltschaften, Vertreter von Natur- und Umweltschutzorganisationen sowie von Bürgerinitiativen angehört werden. Der Antrag der Regierungsparteien sei eine beispiellose Demontage der UVP, da damit ein Abbau der Öffentlichkeitsbeteiligung, eine mangelnde Publizität und ein Ausschluss der Bürgerinitiativen im vereinfachten Verfahren verbunden sei. Kritisch äußerte sich auch Abgeordnete Dr. SIMA (S), die darauf hinwies, dass alle gewerblichen Projekte nicht mehr UVP-pflichtig sind und die Bürgerinitiativen keine Parteistellung im vereinfachten Verfahren mehr einnehmen.
Die Vorschläge zur UVP seien nicht unpraktikabel, sagte Abgeordneter Ing. FALLENT (F), und ein Versuch, die Interessen von Umwelt, Wirtschaft und Bürgern unter einen Hut zu bringen. Positiv bewertete er u.a., dass die Verfahren - unter Beibehaltung der Qualität - vereinfacht werden sollen. Nicht jede Projektierung müsse ein Anschlag auf die Umwelt sein, gab Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) zu bedenken. Zudem werden die Verfahren, wie von allen Seiten gefordert wurde, effizienter gestaltet und auch den Anrainern bleibe ihre Rechte voll erhalten.
Ein einheitliches Anlagenrecht sei vorrangiges Ziel der Regierung, unterstrich Bundesminister Mag. MOLTERER, wobei die erste Etappe die Umsetzung der EU-Richtlinien darstelle. Als Zwischenschritt sei die verfahrensgesetzliche Konzentrationsregelung vorgesehen, um letztlich zur Vereinheitlichung im Materiengesetz zu kommen. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie werde eine Ausweitung der Verfahrenstypen vorgenommen, führte Molterer weiter aus, weshalb man damit rechne, dass es mehr Projekte geben wird. Es wurde auch die Kumulationsbestimmung übernommen, obwohl sie in der EU-Richtlinie nicht drinnen stehe. Er begrüßte die Vereinfachung der UVP-Verfahren und machte darauf aufmerksam, dass Bürgerinitiativen auch im vereinfachten Verfahren Recht auf Akteneinsicht haben.
Überdies befassten sich die Ausschussmitglieder mit einem umfassenden G-Entschließungsantrag betreffend ein Umweltanlagengesetz (149/A[E]), der ebenfalls vertagt wurde. Dieser legt fest, für welche Anlagen welche Genehmigungs-Verfahrenstypen zur Anwendung kommen, wie diese Verfahren ablaufen sollen und wie die Kontrolle auszusehen hat. Die Zuständigkeit für Genehmigung und Kontrolle soll bei einer einzigen Behörde liegen. Das Umweltanlagengesetz soll für alle Vorhaben mit Umweltauswirkungen gelten und sicher stellen, dass eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Bundesfachplanungen sowie Raumplanungen der Länder koordiniert erfolgen. Drei Verfahrenstypen sind vorgesehen: zunächst ein einfaches Anzeigeverfahren für Kleinstanlagen; weiters ein Ordentliches Verfahren, in dem all jene Parteistellung haben, die bisher nach den Materiengesetzen Parteistellung hatten, wie Nachbarn und Nachbarinnen, Bürgerinitiativen, Landesumweltanwaltschaften und das Arbeitsinspektorat; der dritte Typus stellt das Ordentliche Verfahren nach der UVP-RL (Richtlinie zur Umweltverträglichkeits-Prüfung) und der IPPC-RL (Richtlinie betreffend Integrate-Prevention-Pollution-Control) dar. Auch bei Unterschreitung eines Schwellenwertes soll auf Antrag eine Anlage für UVP-pflichtig erklärt werden können.
Angenommen wurde schließlich ein Antrag des Abgeordneten Mag. Schweitzer auf Ladung von Experten für die nächste Ausschusssitzung. Keine Zustimmung fanden ein G-Antrag auf Anhörung von Vertretern von Umweltorganisationen etc., ein G-Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses sowie ein S-Antrag auf Abhaltung eines Hearings.
BIOZID-PRODUKTE-GESETZ MIT F-V-MEHRHEIT BESCHLOSSEN
Ein weiterer Punkt auf der umfangreichen Tagesordnung des Ausschusses war der Regierungsentwurf für ein Biozid-Produkte-Gesetz (52 d.B), mit dem die diesbezügliche EU-Richtlinie zum Schutz von Menschen, Tieren und Umwelt umgesetzt werden soll. Es sieht für Biozidprodukte (Insektizide, Pestizide, Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel usw.) mit neuen Wirkstoffen ein Zulassungs- und Registrierungsverfahren vor. Die rund 15.000 Biozidprodukte, die derzeit auf dem Binnenmarkt gehandelt werden, sollen im Laufe von zehn Jahren einem behördlichen Überprüfungsverfahren unterworfen werden. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften sollen in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgen.
Es handelt sich dabei um eine Produktgruppe, die durch eine sehr große Vielfalt von unterschiedlichen Verwendungszwecken und Anwendungsgebieten gekennzeichnet ist. Das Spektrum reicht von Desinfektionsmitteln, Holzschutzmitteln, Antifouling-Produkten über Schädlingsbekämpfungsmittel bis hin zu Topfkonservierung und zur Mikroorganismen-Bekämpfung bei industriellen Fertigungsprozessen, z.B. bei der Papierherstellung.
Abgeordnete Mag. SIMA (S) begrüßte die Grundintention des Gesetzes, die jedoch durch den F-V-Abänderungsantrag konterkariert werde. Im Besonderen kritisierte sie, dass "alte Wirkstoffe" noch eineinhalb bis zwei Jahre länger - über das Jahr 2001 hinaus - in Verkehr gebracht werden können. Zudem bemängelte sie, dass es bei Verstößen gegen dieses Gesetz die Möglichkeit gebe, ein Gegengutachten zu erstellen, was einen unnotwendigen Zwischenschritt darstelle. Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) schloss sich ihrer Vorrednerin an und hegte den Verdacht, dass die Chemielobby massiv interveniert habe.
Abgeordneter KOPF (V), der den F-V-Abänderungsantrag einbrachte, stellte grundsätzlich fest, dass nunmehr ein neues Regime geschaffen werde, was Zulassung, Meldung und Verfahren betreffe. Es sei daher legitim, vernünftige Übergangszeiten für die Wirtschaft zu gewähren. Dieser Aussage schloss sich auch Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) an, der darauf hinwies, dass alle Änderungen auf stichhaltigen Argumenten beruhen. Durch das Biozidproduktegesetz könne in Zukunft eine noch höhere Sicherheit gewährleistet werden, betonte er, und überdies werde die EU-Richtlinie schneller als vorgesehen umgesetzt.
Bundesminister Mag. MOLTERER sprach von einem großen Vorhaben, dass verwirklicht werden konnte. Was den Abänderungsantrag anbelangte, so erachte er es aus Sicht des Verbraucherschutzes für vertretbar, Übergangsfristen vorzusehen. Für sinnvoll halte er auch, dass es ein Recht auf Gegenäußerung bei einem begründeten Verdacht gebe.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des F-V-Abänderungsantrages mit F-V-Mehrheit angenommen; die Zustimmung von FPÖ und ÖVP fand auch eine Ausschussfeststellung, in der die Antragsteller u.a. davon ausgingen, dass durch möglichst weitgehende Auslagerungen einzelner Tätigkeiten der Personalbedarf des Bundes für die Vollziehung des Biozid-Produkte-Gesetzes auf ein Minimum beschränkt werde.
INITIATIVEN DER GRÜNEN ZUM THEMA WALFANG
Die Grünen lehnten in einem Entschließungsantrag (74/A[E]) jede Aufweichung der bestehenden Fangverbote zum Schutz von Walen und Delfinen ab und verlangen darüber hinaus einen verbesserten Schutz des "Großen Tümmlers" im Schwarzen Meer.
Ein zweiter G-Entschließungsantrag (77/A[E]) zum Thema Walfang zielte auf die Beibehaltung des Moratoriums für den kommerziellen Walfang, für die Beendigung des so genannten wissenschaftlichen Walfangs und für eine Intensivierung von Forschungsprogrammen über die Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Lärm auf Wale und Delfine ab. Dafür sollte sich die Regierung auf der 52. Tagung der Internationalen Walfangkommission einsetzen.
Zu diesem Tagesordnungspunkt brachte Abgeordneter Kopf eine V-F-Entschließungsantrag ein, der von allen vier Fraktionen unterstützt wurde. Dieser wurde, nachdem er um den so genannten "wissenschaftlichen Walfang" ergänzt wurde, einstimmig verabschiedet. Damit galt auch der G-Entschließungsantrag betreffend die Position Österreichs bei der 52. Tagung der Internationalen Walfangkommission als miterledigt; der zweite G-Antrag verfiel der Ablehnung.
G-ANTRAG BETREFFEND VERKEHRSPROTOKOLL DER ALPENKONVENTION
Als Voraussetzung für eine österreichische Zustimmung zum Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention nannten die Grünen schließlich einen verbindlichen Stopp für Projekte, die zu hochrangigen Straßenverkehrsachsen führen sowie die Ablehnung von Pauschalausnahmen für bereits beschlossene Projekte und von Verwässerungen zentraler Inhalte des Protokollentwurfs. Da wesentliche Forderungen ihres Antrages (73/A[E]) bereits berücksichtigt wurden, brachte Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) einen Vertagungsantrag ein, der einstimmig angenommen wurde.
Bundesminister Mag. MOLTERER kam auf das Verkehrsprotokoll zu sprechen und meinte, dass unter den gegebenen Bedingungen ein optimales Ergebnis erzielt wurde, das nun umgesetzt werden müsse.
BERICHT ÜBER UMWELTFÖRDERUNGEN IM JAHR 1998 EINSTIMMIG ZUR KENNTNIS GENOMMEN
Dem von der Österreichischen Kommunalkredit AG erstellten Bericht (III-2 d.B.) entnahmen die Ausschussmitglieder, dass 1998 2.357 Ansuchen auf Umweltförderungen bearbeitet und 2.040 positiv abgeschlossen wurden. Für 2.046 Projekte mit einem Förderungsvolumen von rund 5,7 Mrd. S wurden Förderungsverträge ausgestellt. Das umweltrelevante Investitionsvolumen dieser Projekte lag bei insgesamt 16,9 Mrd. S. Dieser hohe Betrag resultiert vor allem aus einer Sondertranche für die Siedlungswasserwirtschaft, die mit knapp 5 Mrd. S den größten Anteil innerhalb der Umweltförderungen des Bundes einnimmt. Weiters informiert der Bericht darüber, dass 65 % der 400 Mill. S an Umweltförderung im In- und Ausland auf die Förderung klimarelevanter Aktionen entfällt, wobei das Hauptaugenmerk auf die Steigerung der Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energieträger gerichtet ist. Bei den 117 Förderungsprojekten im Ausland (Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien) lag die Luftreinhaltung mit 444 Mill. S (1991 bis 1998) an der Spitze.
Abgeordneter BRIX (S) lobte den hervorragenden Bericht. Im Besonderen hob er die Ausgaben für Altlastensanierung, die Projekte im Bereich der Wasserwirtschaft sowie die grenzüberschreitenden Investitionen positiv hervor. Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) erkundigte sich danach, ob künftig auch Müllverbrennungsanlagen gefördert werden sollen und befasste sich überdies mit den Windkraftanlagen. Abgeordneter Ing. GRAF (F) begrüßte es, dass nunmehr auch spezielle Projekte mit hoher Umweltrelevanz im Hinblick auf die Erreichung des Kyoto-Zieles für Förderungen vorgeschlagen werden können.
In Richtung der Abgeordneten Glawischnig führte Bundesminister Mag. MOLTERER aus, dass die "Kyoto-Relevanz" ein wesentliches Förderkriterium darstelle, weshalb dieses Thema diskutiert werde. Bezüglich der Windkraftanlagen merkte er an, dass ein Maßstab entwickelt werden solle, wonach Projekte mit höchster Energieeffizienz prioritär gefördert werden sollen.
Der Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 1998 wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Schluss)
Stichworte
Links
- III-2 d.B. - Umweltförderungen des Bundes, 1998 Finanzvorschau Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes
- 74/A(E) - Schutz der Wale und Delfine
- 167/A - Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (AWG-Novelle IPPC)
- 1/A-UM - Umweltausschuss
- 149/A(E) - Umweltanlagengesetz
- 73/A(E) - Österreichs Position zum Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention
- 168/A - Bundesgesetz Prüfung der Umweltverträglichkeit Bürgerbeteiligung geändert wird
- 52 d.B. - Biozid-Produkte-Gesetz Lebensmittelgesetz 1975 Chemikaliengesetz 1996
- 77/A(E) - die Position Österreichs bei der 52. Tagung der Internationalen Walfangkommission