GESUNDHEITSAUSSCHUSS: EINIGUNG IN DER HAUSAPOTHEKENFRAGE
Auch Rinderetikettierungsgesetz plenumsreif
Wien (PK) - Am Nachmittag nahm der Gesundheitsausschuss seine Beratungen wieder auf, die vor einer Woche unterbrochen worden waren. Als erster Punkt stand wieder der Antrag der Regierungsparteien auf Änderung des Apothekengesetzes auf der Tagesordnung, der in den letzten Wochen heftige Diskussionen zwischen den Kammervertretern ausgelöst hatte( 341/A). Da es in der Zwischenzeit zu einer Einigung zwischen Ärzte- und Apothekerkammer in der Frage der Hausapotheken gekommen ist, präsentierten die Regierungsparteien heute einen neuen Abänderungsantrag, der dieser Vereinbarung Rechnung trägt.
Gerungen wurde vor allem um folgende Regelung: "Die Versorgung mit Arzneimitteln bei einer Einwohnerzahl von weniger als 5.500 Personen im Umkreis von weniger als vier Kilometern wird durch die ärztliche Hausapotheke besorgt." Weiters wurde festgelegt, dass in größeren Gebieten (mehr als 5.500 Personen in einem Umkreis von 4 Kilometern) eine öffentliche Apotheke aufmachen kann; bestehende ärztliche Hausapotheken müssen dann innerhalb einer Übergangsfrist von drei Jahren zusperren.
Zusätzlich standen das Etikettierungsgesetz für Rindfleisch sowie eine Reihe von Anträgen der Opposition betreffend Erstellung eines speziellen Lebensmittelkodexes, die Kennzeichnung der Eier nach der Haltungsform, die Änderung des Lebensmittelgesetzes, Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Hormonen und Leistungsförderern, die Umsetzung des Gentechnik-Volksbegehrens sowie der Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung auf der Agenda des Gesundheitsausschusses.
EINSTIMMIGE VERABSCHIEDUNG DER APOTHEKENGESETZNOVELLE
Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) zeigte sich erfreut über die Einigung zwischen Ärzte- und Apothekerkammer. Dies sei auch ein Beweis dafür, dass es besser sei, zur Dialogpolitik zurückzukehren. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) kam auf das Stadt-Land-Gefälle bei der ärztlichen Versorgung zu sprechen und schlug vor, mehr Anreize zu schaffen, um die Niederlassungsbereitschaft in ländlichen Regionen zu fördern. Nach zähen Verhandlungen konnte nun ein Kompromiss erzielt werden, der die medizinische Versorgung von 2 Millionen Menschen im ländlichen Raum garantiere, hob Abgeordneter Alois Pumberger (F) positiv hervor.
Im Grunde habe es ja bereits eine Einigung gegeben, führte Staatssekretär Reinhart Waneck aus, es wurde aber "nachgebessert", um den beiden Berufsgruppen zu entsprechen. Er dankte in diesem Zusammenhang seinen Beamten, die insgesamt 78 Stunden über die strittigen Details des Entwurfes mitverhandelt haben. Waneck unterstrich nochmals, dass für ihn der Versorgungsauftrag aller Menschen in möglichst gleicher Weise im Vordergrund stehe und die Priorität bei den öffentlichen Apotheken liege. Es sei daher zu hoffen, dass mit der vorliegenden Novelle eine für einige Zeit haltbare rechtliche Lösung gefunden werden konnte.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des neuen V-F-Abänderungsantrages (der alte Antrag wurde zurückgezogen) einstimmig angenommen.
ETIKETTIERUNGSGESETZ FÜR RINDFLEISCH BESCHLOSSEN
Eine Änderung des Rindfleisch-Etikettierungsgesetzes dient der Umsetzung der entsprechenden EU-Verordnung. Für die freiwillige Rindfleisch-Etikettierung soll aber die AMA-Lösung fortgeführt werden, wobei die Überwachung von Marktteilnehmern, die nicht Mitglied eines freiwilligen Etikettierungssystems sind, nun durch die Lebensmittelaufsicht erfolgt. Weiters kann durch die Änderung der zuständige Bundesminister durch Verordnung Abwehrmaßnahmen gegen eine durch gesundheitsschädliche Lebensmittel möglicherweise verursachte Gemeingefahr treffen. Darüber hinaus soll auch die Möglichkeit zur Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen rechtlich abgesichert werden ( 388 d.B. ). Dazu brachte F-Mandatar Pumberger einen Paragraph-27-Antrag betreffend das Tiermehl-Gesetz ein, der das Verbot der Verfütterung von tierischem Protein vorsieht.
Abgeordnete Ulrike Sima (S) äußerte Bedauern darüber, dass einige Punkte aus dem ursprünglichen Ministerialentwurf herausgefallen seien. Als Beispiel nannte sie, dass nun nach wie vor nicht die leitenden Angestellten, sondern die kleinen Angestellten bei Verstößen zur Rechenschaft gezogen werden. Nicht aufgenommen wurde auch das Einspruchsrecht der Landeshauptleute bei UVS-Verfahren, beklagte sie. Weitere Kritikpunkte waren die geringen Strafen sowie die Nicht-Offenlegung der Lebensmittelsünder. Gerade letzteres wäre eine sehr effektive Maßnahme, um Wiederholungstaten zu vermeiden.
Als unhaltbar bezeichnete sie die Tatsache, dass zwar immer mehr gentechnisch veränderte Bestandteile in Lebensmitteln gefunden werden, aber vom Ressort nicht entsprechend reagiert werde.
Die Sozialdemokraten bekennen sich grundsätzlich zur obligatorischen Rindfleischkennzeichnung, meinte Abgeordneter Johann Maier (S). Aus aktuellem Anlass habe er jedoch bezüglich der zuständigen Behörde (AMA) Bedenken, weshalb er eine Ausschussfeststellung einbrachte: Der Ausschuss geht davon aus, dass die AMA eine lückenlose Kontrolle bei der Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und der Etikettierung von Rindfleisch sicherstellt. Kritik übte Maier am Antrag der Regierungsparteien zum Tiermehlgesetz, da zwar die Verfütterung von tierischen Proteinen an Tiere, nicht aber die Abgabe an Menschen (z.B. "Kraftfutter") verboten werden soll. Überdies gab er bekannt, dass die SPÖ den Änderungen im Lebensmittelbereich nicht zustimmen werde.
Abgeordneter Kurt Grünewald befasste sich mit den geplanten Änderungen im Lebensmittelrecht und bezeichnete es als skurril, dass der Kaufpreis mancher Lebensmittel die möglichen Strafen bei Verstößen übersteige. Bedauerlich sei zudem, dass die Namen der Wiederholungstäter nicht bekannt gemacht werden. Strenger handhaben sollte man seiner Meinung nach auch das Fischmehl, da BSE die Artengrenzen überschreiten könne, argumentierte er.
Waneck sprach sich gegen die Einführung von so genannten "schwarzen Listen" aus, da dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt gesetzeswidrig sei und eine Veröffentlichung erst nach einer Verurteilung möglich wäre. Er ist der Ansicht, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften sogar bessere Vorkehrungen treffen, da bei Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Gesundheit die Beanstandungen bekannt gegeben werden können. Kritisch stand er auch dem Vorschlag gegenüber, dem Landeshauptmann ein Einspruchsrecht zu gewähren, da dies eine zusätzliche Verbürokratisierung zur Folge hätte. Keinen Handlungsbedarf sah er auch in der Frage, warum nicht leitende Angestellte zur Rechenschaft gezogen werden, da dies im Widerspruch zum Betriebsalltag stehe. In Richtung des Abgeordneten Maier informierte ein Beamter des Ressorts darüber, dass kein Risikomaterial in derartigen Produkten verarbeitet werden dürfe.
Bei der getrennten Abstimmung wurde die Vorlage teils einstimmig, teils mit F-V-Mehrheit angenommen; der Paragraph-27-Antrag fand nur die Zustimmung der Regierungsparteien. Die Ausschussfeststellung wurde, nachdem das Wort "lückenlos" gegen "umfassend" ausgetauscht wurde, ebenfalls einstimmig verabschiedet.
G-ANTRAG BEZÜGLICH ERSTELLUNG EINES LEBENSMITTELVERZEICHNISSES
In einem G-Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, die Erstellung eines Verzeichnis für in Österreich erhältliche Lebensmittel zu veranlassen, die nicht dem Lebensmittelcodex entsprechen. Die Abgeordnete Eva Glawischnig hielt dies für sinnvoll, da seit dem Beitritt zur Europäischen Union der Grundsatz des freien Warenverkehrs gilt und dadurch - nach dem Cassis de Dijon-Prinzip - jedes in der EU verkehrsfähige Lebensmittel auch in Österreich verkauft werden kann, unabhängig davon, ob es den Bestimmungen des Codex gerecht wird oder nicht.( 184/A[E])
Abgeordnete Karin Hakl (V) konnte dieser Initiative nichts abgewinnen, da dadurch die Entwicklung neuer Produkte (z.B. Streichwurst mit weniger Fett) behindert werde. Auch Staatssekretär Reinhart Waneck lehnte den Vorschlag ab, weil die Erstellung eines derartigen Verzeichnisses einen unheimlichen bürokratischen Aufwand mit sich bringen würde.
SPÖ UND GRÜNE TRETEN FÜR BESSERE KENNZEICHNUNG VON EIERN EIN
Da die Kennzeichnung von lose verkauften Eiern weder durch die EU-Vermarktungsverordnungen für Eier noch durch die österreichische Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung geregelt ist, wird die Bundesregierung von den Grünen und der SPÖ ersucht, das Lebensmittelrecht dahin gehend zu erweitern, dass alle in unserem Land in Verkehr gebrachten Hühnereier obligatorisch nach der Haltungsform der Hühner zu kennzeichnen sind. ( 218/A[E])
Der Konsument müsse besser darüber informiert werden, ob die Eier im Wege einer artgerechten, einer Boden- oder Intensivhaltung erzeugt werden, betonte Abgeordnete Eva Glawischnig. Zudem könne sie sich auch die Angabe von weiteren Kriterien wie etwa Schlachtung und Fütterung sowie eine Negativkennzeichnung vorstellen. Auch die Abgeordnete Anna Huber war der Auffassung, dass die Konsumenten nicht ausreichend informiert sind. Derzeit stamme etwa die Hälfte der Eier aus Käfigbatterien, was aber kaum jemand wisse.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) wies auf eine entsprechende Verordnung des Rates bezüglich der Angabe der Haltungsformen sowie
darauf hin, dass eine Positiv-Kennzeichnung jetzt schon möglich sei. Zudem wurde ein Antrag zu dieser Thematik bereits dem Landwirtschaftsausschuss zugewiesen, erläuterte er.
Staatssekretär Waneck erklärte sich bereit, diese Anregung an den Landwirtschaftsminister zu übermitteln.
Nachdem der Antrag auf Zuweisung an den Landwirtschaftsausschuss abgelehnt wurde, erhielt auch der Entschließungsantrag nicht die nötige Mehrheit. (Fortsetzung)