Parlamentskorrespondenz Nr. 59 vom 31.01.2001
GRÜNE FÜR UMFASSENDES MEDIEN-GESETZESPAKET
Wien (PK) - Im Anschluss an die Aktuelle Stunde, mit der die Sitzung des Nationalrats eröffnet wurde, wollten die Grünen in einer Einwendungsdebatte die Absetzung jener Vorlagen erreichen, die sich auf Medien beziehen. Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) kritisierte, dass von Khol zwar ein umfassendes Medienpaket angekündigt wurde, aber im Ausschuss davon keine Rede mehr war. Vielmehr wurde der Eindruck vermittelt, es müsse alles schnell gehen, selbst kritische Äußerungen von Experten, die nicht der Opposition nahe stehen, blieben unberücksichtigt. Ihrer Meinung nach soll rasch vor der Wiener Gemeinderatswahl ein parteipolitischer Deal zwischen Blau und Schwarz über die Runde gebracht werden.
Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) machte darauf aufmerksam, dass alle auf der Tagesordnung stehenden Anträge im Ausschuss erledigt wurden und die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung von der Präsidialkonferenz festgelegt wurde. Daher gebe es keinen formalen Grund für diese Einwendungsdebatte. Mit dem vorgelegten Entwurf soll das Modell einer unabhängigen Behörde eingeführt werden. Somit sei die "Zeit des Packelns, des Postenschachers und des Junktimierens" vorbei.
Es geht nicht um eine unabhängige Medienbehörde, sagte S-Abgeordneter Dr. CAP, sondern ÖVP und FPÖ wollen die Besetzung verantwortlicher Posten dominieren. Ihm sei unverständlich, dass jetzt plötzlich so gehudelt werde, und er schloss daraus, dass man möglichst rasch Einfluss auf den ORF nehmen möchte, die Freiheit der Journalisten einengen und die neue Medienbehörde zu einer "Metternich'schen Zensurbehörde" machen will.
Abgeordneter Dr. KRÜGER (F) will in Zukunft das Stilmittel der SPÖ "Wehe dem, der sich rührt" nicht mehr verwirklicht sehen. Hinzu kommt, dass die Privatradiolizenzen auslaufen und die Privatradios von der Einstellung bedroht sind. Den Sozialdemokraten warf er vor, sich auch in den Parteienverhandlungen nur für Postenbesetzungen interessiert zu haben.
Für Abgeordnete Mag. STOISITS (G) geht es bei den Vorlagen nicht um Sachlichkeit und um Kompetenz, sondern lediglich darum, dass "Rot weg und Blau hinein" muss. Ihrer Ansicht nach kann auch eine Behörde, die aus 13 Mitgliedern besteht, von denen zehn von der Bundesregierung nominiert werden, nicht unabhängig genannt werden.
Abgeordneter SCHIEDER (S) räumte zwar Fehler der SPÖ in der Vergangenheit ein, sprach sich aber dagegen aus, "den unabhängigen objektiven Österreichischen Rundfunk der blau-schwarzen Regierung zu unterstellen". Auch erinnerte er daran, dass die Materie zur Beschlussfassung einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedarf. Stimme die SPÖ zu, dann habe die Regierung, was sie wolle, verweigere sie den Vorlagen die Zustimmung, dann werde die Regierung mit einfacher Mehrheit beim Bundeskanzleramt eine entsprechende Behörde ansiedeln, mutmaßte er.
Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) wies darauf hin, dass seit 17. Oktober 2000 die Regierungsvorlage bekannt sei, die SPÖ aber erst in der letzten Woche bereit war, darüber zu reden. Den Sozialdemokraten warf er zudem vor, es gehe ihnen ausschließlich um personelle Besetzungen.
Abgeordneter HAIGERMOSER (F) befasste sich in seiner Wortmeldung mit den von Schieder angedeuteten Fehlern und strich heraus, dass die SPÖ das Kuratorium parteipolitisch besetzt habe und Ministersekretäre Befehlsempfänger am Küniglberg waren. Die FPÖ hingegen habe unabhängige Experten in das Kuratorium entsendet. Die Einwendungsdebatte nannte er lächerlich. Die Regierung handle, um aus dem "Rotfunk" einen unabhängigen Rundfunk zu machen.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) sprach seine Vermutung aus, dass die FPÖ im Rahmen des ORF nicht so viele Posten erhalten werde wie die ÖVP, dafür werde sie aber sicher bei den Sozialversicherungsträgern und Krankenkassen "kräftig zulangen" dürfen. Jetzt werde nicht mehr gepackelt, sondern nur mehr abgefertigt, wie man im Fall Sallmutter sieht.
Laut Abgeordnetem Dr. KHOL (V) will die ÖVP seit Jahren eine unabhängige Behörde, die Streitigkeiten zwischen dem ORF, den Zuhörern und Privatradios unabhängig entscheidet. Dafür konnte man aber die Sozialdemokraten nicht gewinnen. Im Ausschuss habe die Vorlage die Mehrheit erhalten. Heute wolle man der Öffentlichkeit vorführen, ob die Sozialdemokraten zu einer unabhängigen Behörde stehen oder nicht.
Abgeordneter SCHIEDER (S) warf der Regierung in einer zweiten Wortmeldung schliesslich vor, den ORF gleichschalten und zerschlagen zu wollen.
Bei der Abstimmung wurden die Einwendungen mehrheitlich abgelehnt.
Präsident Dr. PRINZHORN (F) kündigte für 15 Uhr eine von den Grünen beantragte kurze Debatte über die Beantwortung (1420/AB ) einer Anfrage (1405/J ) der Verkehrsministerin betreffend Umgehung der Ökopunkteregelung an.
Weitere kurze Debatten werden über Fristsetzungsanträge betreffend Änderungen des B-VG und der Geschäftsordnung des Nationalrates (SP; 18/A ), Änderung der Wahlordnung (VP-FP; 98/A ) sowie Sicherung der demokratischen Grundrechte für nicht österreichische Staatsbürger (Grüne; 16/A ) abgehalten werden. Zuletzt wird ein Fristsetzungsantrag für die S-Anträge 67/A , 68/A , 81/A , 150/A , 169/A , 170/A , 329/A und 330/A abgestimmt.
(Schluss Einwendungsdebatte)
Stichworte
Links
- 329/A - Bundes-Verfassungsgesetz Bestimmungen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird
- 67/A - Begründung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes Tierschutzes geändert wird
- 81/A - über wirtschaftliche und soziale Rechte
- 98/A - Nationalratswahlordnung Bundespräsidentenwahlgesetz,
- 68/A - über den Schutz von Tieren (Tierschutzgesetz - TSchG
- 18/A - Bundes-Verfassungsgesetz, Geschäftsordnungsgesetz 1975, Änderung
- 170/A - Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO)
- 1405/J - Umgehung der Ökopunkteregelung im Straßengütertransit durch Österreich,
- 16/A - Arbeiterkammergesetz 1992, Arbeitsverfassungsgesetz u.a., Änderung
- 150/A - Bundes-Verfassungsgesetz
- 330/A(E) - BSE-Sofortmaßnahmen
- 55/NRSITZ - 55. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner sowie 1. Februar 2001
- 169/A - Bundes-Verfassungsgesetz zur Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit geändert wird
- 1420/AB - Umgehung der Ökopunkteregelung im Straßengütertransit durch Österreich,