Parlamentskorrespondenz Nr. 381 vom 25.05.2004

NEUES BUNDESTIERSCHUTZGESETZ PASSIERT VERFASSUNGSAUSSCHUSS

Tierschutz soll Staatszielbestimmung werden

Wien (PK) - Die langen und zähen Verhandlungen um ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz fanden heute im Verfassungsausschuss des Nationalrates ein erfolgreiches Ende. Der Einigung waren sieben Sitzungen des am 1. Juli des Vorjahres eingesetzten Unterausschusses vorausgegangen. Die vier Parlamentsparteien legten einen gesamtändernden Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage 446 d.B. vor, der einstimmig angenommen wurde.Dieser, so die Begründung,bringe gegenüber der Regierungsvorlage in zahlreichen Einzelbestimmungen weitere Verbesserungen aus der Sicht des Tierschutzes, aber auch mehr Rechtssicherheit für die Tierhalter.

Die Anträge 2/A (ÖVP), 5/A (SPÖ), 9/A (SPÖ), 12/A (Grüne) und 127/A[E] (SPÖ und Grüne), die ebenfalls ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz betreffen, wurden miterledigt.Der SPÖ-Antrag 184/A[E] betreffend ein Bundesrahmengesetz für die Fischerei wurde abgelehnt. Ein Antrag des Abgeordneten Günther Kräuter (S) auf Vertagung dieses Antrags fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Die vier Parlamentsparteien sind darüber hinaus übereingekommen, den Tierschutz als Staatszielbestimmung in der Verfassung zu verankern. Dem dient eine dem Ausschussbericht angeschlossene und einstimmig angenommene Entschließung, wonach die Bundesregierung ersucht wird, im Rahmen des Österreich-Konvents dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf als Staatszielbestimmung Eingang in den neuen Verfassungsentwurf findet.

Darüber hinaus nahmen die Mitglieder des Verfassungsausschusses einen weiteren Antrag an, in dem die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen ersucht wird, die unter den strengen Vorgaben des Bundestierschutzgesetzes normierte Vornahme von rituellen Schlachtungen im Lichte der voranschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu prüfen und gegebenenfalls neue Erkenntnisse, die ein erhöhtes Maß an Tiergerechtheit bewirken, in die einschlägigen Verordnungsbestimmungen einfließen zu lassen. 

Das neue Tierschutzgesetz, das die bisherigen Landestierschutzgesetze ersetzt und österreichweit einheitliche Standards festlegt, enthält neben allgemeinen Bestimmungen - Zielsetzung, Geltungsbereich, Begriffsdefinitionen etc. - Vorschriften über den Umgang mit und die Haltung von Tieren, etwa ein ausdrückliches Verbot von Tierquälerei. Außerdem werden die zuständigen Behörden und Strafbestimmungen normiert. Das Gesetz soll durch Verordnungen der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, des Bundesministers für Inneres sowie des Bundesministers für Landesverteidigung ergänzt und abgerundet werden.

In Kraft treten soll das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz mit 1. Jänner 2005, wobei es insbesondere für den Umbau von Anlagen Übergangsbestimmungen gibt. In einer von Abgeordnetem Heinz Gradwohl (S) angeregten Ausschussfeststellung, die ebenfalls einstimmig angenommen wurde, gehen die Mitglieder des Ausschusses davon aus, dass die betreffenden MinisterInnen die notwendigen Verordnungen rechtzeitig bis zum 1. Jänner 2005 erlassen.

Das Bundestierschutzgesetz kann auf Grund des § 33 Abs. 2 erst dann in Kraft treten, wenn die neun Bundesländer diesem zustimmen. Die Abgeordneten zeigten sich überzeugt davon, dass seitens der Landeshauptleute keine Einwände mehr erhoben werden.

Gleichzeitig mit der Verabschiedung eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes muss die Verfassung geändert und die Gesetzgebung im Bereich Tierschutz als Bundeskompetenz beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen verankert werden. Dementsprechend sind auch das Bundesministeriengesetz und die Gewerbeordnung zu adaptieren.

Landesbestimmungen über die Haltung gefährlicher Tiere und sonstige sicherheitspolizeiliche Regelungen im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei (z.B. Maulkorbzwang, Leinenzwang) sowie die Tierzuchtgesetze der Länder bleiben vom Bundestierschutzgesetz unberührt. Auch für die Jagd und die Fischerei gilt das Tierschutzgesetz nicht, beide Materien bleiben Landesangelegenheit. Nicht berührt vom vorliegenden Gesetz bleiben das Tierversuchsgesetz, das Tiertransportgesetz-Straße, das Tiertransportgesetz-Luft und das Tiertransportgesetz-Eisenbahn.

Die Förderung des Tierschutzes und tierfreundlicher Haltesysteme ist nach "Maßgabe budgetärer Möglichkeiten" verpflichtend. Sie soll jedoch nicht nur materiell sondern auch ideell erfolgen und das Verständnis der Öffentlichkeit und insbesondere der Jugend wecken und vertiefen.

Das Plenum desNationalrats wird die Materie am kommenden Donnerstag, dem 27. Mai, in Verhandlung nehmen, der Bundesrat wird diese bei seiner nächsten Sitzung am Mittwoch, dem 9. Juni diskutieren und verabschieden. Damit trägt das Parlament dem am 25. März 1996 von 459.096 Bürgerinnen und Bürgern unterschriebenen Tierschutz-Volksbegehren Rechnung.

Die VertreterInnen der einzelnen Parteien zeigten sich zufrieden über die vorliegende Einigung und hoben die konstruktive Zusammenarbeit und die Kompromissbereitschaft aller hervor. Wie die Vorsitzende des Unterauschusses Ulrike Sima (S) bemerkte, habe man es sich nicht leicht gemacht. Ulrike Baumgartner-Gabitzer räumte ein, dass es für die ÖVP nicht einfach gewesen sei zuzustimmen, dennoch werde diese wichtige Entscheidung von der Partei mitgetragen. Als wesentlichen Fortschritt bezeichnete es Brigid Weinzinger (G), ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz zustande gebracht zu haben, weshalb die Grünen zustimmten, wenn auch aus ihrer Sicht noch einiges zu bemängeln sei. Seitens der FPÖ begrüßte Klaus Wittauer (F) die Einigung. (Fortsetzung)