Parlamentskorrespondenz Nr. 508 vom 29.06.2004

VIEL ARBEIT UND HEFTIGE DEBATTE IM PETITIONSAUSSCHUSS

Opposition kritisiert Vertagungsbeschlüsse von ÖVP und FPÖ

Wien (PK) – Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen besprach eingangs seiner heutigen Sitzung unter dem Vorsitz von Obfrau Gisela Wurm zunächst seinen Einlauf. Vertagungen, die auf Antrag der Regierungsparteien und mit deren Mehrheit zustande kamen, stießen auf zum Teil heftigen Widerspruch der Oppositionsparteien SPÖ und Grüne. Zur "Verbesserung der Stellung von Behinderten‑ und Zentralbehinderten‑Vertrauenspersonen" (24/PET) wollten Oppositionsabgeordnete Stellungnahmen der zuständigen Ressorts (Soziales und Wirtschaft) einholen, was Sprecher von ÖVP und FPÖ mit dem Hinweis auf eine in Ausarbeitung befindlichen Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz ablehnten. Trotz inhaltlicher Übereinstimmungen in der Sache verlief auch die Debatte über die Verpflegungssituation von Zivildienern (25/PET) kontroversiell, weil die Regierungsfraktionen zwar der Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums zustimmten, eine Befassung des Innenausschusses aber ablehnten.

Die Vertagung der Petition zur Gebührenbefreiung gehörloser und gehörbeeinträchtigter Menschen (27/PET) durch ÖVP und FPÖ, von Abgeordnetem Klaus Wittauer (F) mit laufenden Gesprächen zwischen Bundeskanzleramt und Finanzressort begründet, rief die Kritik von Abgeordneter Theresia Haidlmayr (G) hervor. Sie erinnerte daran, dass nur 6 % des ORF‑Angebots für Gehörlose geeignet seien und wollte die diesbezügliche Petition Nr. 27 dem Verkehrsausschuss zuweisen.

In der Minderheit blieb auch der Antrag des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) auf Stellungnahmen des Umwelt‑ und des Wirtschaftsressorts zum Thema Senkung der UVP‑Schwellenwerte bei Windkraftprojekten (28/PET). Die Abgeordneten Klaus Wittauer(F) und Johann Kurzbauer (V) setzten ihren Vertagungsantrag mit dem Hinweis auf geplante Änderungen im Ökostromgesetz und im UVP‑Gesetz durch.

Zur Benachteiligung steirischer Kürbisbauern durch die GAP‑Reform der EU (30/PET) wollte G‑Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber Stellungnahmen des Landwirtschaftsressorts, der Steirischen Landesregierung und der Landwirtschaftskammern einzuholen. Während S‑Abgeordneter Rainer Wimmer diesen Antrag unterstützte, wiesen die Abgeordneten Klaus Wittauer (F) und Hannes Missethon (V) auf Bemühungen im Agrarressort hin, eine Lösung zu finden, die nicht nur für Kürbisbauern, sondern für alle betroffenen Bauern gelten soll. Auch hier erfolgte der Vertagungsbeschluss mit der Mehrheit der Regierungsparteien.

Einig waren sich die Mitglieder des Petitionsausschusses in dem Anliegen, für Berufsfeuerwehrleute im zweiten Bildungsweg ein eigenes Berufsbild zu schaffen (32/PET). Dazu werden Stellungnahmen des Sozial‑ und des Wirtschaftsressorts eingeholt.

Die laufenden Arbeiten des Österreich‑Konvents waren der Hauptgrund für ÖVP und Freiheitliche, dem Verfassungsausschuss die Verankerung der Sozialstaatlichkeit Österreichs in der Bundesverfassung nicht zu empfehlen, wie dies die Opposition anhand der Petition Nr. 33 vorschlug.  

Bürgerinitiative Nr. 15 "Aus für dreckige Kohle" wollte Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) für eine breite Diskussion über den Einsatz erneuerbarer Energien und die Umstellung von Wärmekraftwerken auf Biomasse/Biogas im Umweltausschuss nutzen. Abgeordneter Klaus Wittauer (F) bekannte sich zur Förderung der Ökoenergie und zum Ausbau des 380‑KV‑Netzes, um Versorgungsengpässe im Süden Österreichs zu überwinden und blieb mit seinem Vertagungsantrag gemeinsam mit der ÖVP erfolgreich.

Bei jenen Petitionen und Bürgerinitiativen, die an das Plenum verabschiedet wurden, konzentrierte sich die Kritik der Oppositionsparteien zunächst auf die von ÖVP und FPÖ vorgeschlagene Art der Erledigung von Petition Nr. 16 "Für den Erhalt der Mariazellerbahn". Während die Abgeordneten Roderich Regler und Johann Kurzbauer (beide V) die Erhaltungswürdigkeit der Bahn betonten und positiv auf ein Umspurungsprojekt, Qualitätsverbesserungen und die zunehmende Nutzung der Bahn für Tourismuszwecke verwiesen, vermisste Abgeordneter Anton Heinzl (S) Investitionen und wies darauf hin, dass die Bestandsgarantie nur bis 2008 reiche. Der Erledigung durch Kenntnisnahme des Ausschussberichtes stimmten nur die Koalitionsparteien zu, die Oppositionsparteien verlangten eine Zuweisung an den Verkehrsausschuss. 

Ebenso wenig stimmten SPÖ und Grüne der Erledigung der Petition Nr. 18 zu, die auf die Erhaltung des Personalstandes der Kripo St. Pölten gerichtet ist. Sie wollten die aus ihrer Sicht widersprüchlichen Zahlen zur Personaleinsparung, die das Ressort übermittelt habe, im Innenausschuss debattieren. Die Vertreter der Koalitionsparteien plädierten hingegen für die Kenntnisnahme des Ausschussberichts durch das Plenum.

ALLE BESCHLÜSSE DES PETITIONSAUSSCHUSSES IM ÜBERBLICK

Einlaufbesprechung:

Petition Nr. 23 gegen die Errichtung eines Erstaufnahmezentrums für Flüchtlinge in St. Georgen im Attergau - Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums (einstimmig).

Petition Nr. 24 betreffend Verbesserung der Stellung von Behinderten- und Zentral­behinderten-Vertrauenspersonen" - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 25 betreffend Konkretisierung der Verpflegung für Zivildienstleistende - Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums (einstimmig).

Petition Nr. 26 für mehr Sicherheit in der Gemeinde Absdorf - Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums (einstimmig).

Petition Nr. 27 für die Wiedereinführung der einkommens­unabhängigen Gebührenbefreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Menschen - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 28 für die Erweiterung der Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 29 betreffend Unterstützung der Mobilfunkpetition vom 7. Mai 2003 der WHO und der Europäischen Kommission - Zuweisung an Verkehrsausschuss (einstimmig).

Petition Nr. 30 gegen eine Benachteiligung der steirischen Kürbis­bäuerinnen und Kürbisbauern durch die geplante nationale Umsetzung der GAP-Reform - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 31 betreffend Unterstützung für die gemeinsamen Probleme in der Europa-Region-Tirol - Zuweisung an Außenpolitischen Ausschuss (einstimmig).

Petition Nr. 32 betreffend Schaffung eines eigenen Berufsbilds und sozialrechtliche Absicherung für Beschäftigte der Berufsfeuerwehren – Einholung von Stellungnahmen des Sozialministeriums und des Wirtschaftsressorts (einstimmig).

Petition Nr. 33 betreffend Verankerung des Sozialstaats in der Verfassung - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 34 für die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes - Zuweisung an Finanzausschuss (V‑F‑Mehrheit).

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend Stilllegung bzw. Umrüstung bestehender Kohlekraftwerke - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Bürgerinitiative Nr. 16 betreffend Berücksichtigung bäuerlicher Interessen im Bundes-Tierschutzgesetz - Erledigung durch Kenntnisnahme des Ausschussberichtes (einstimmig).

Bürgerinitiative Nr. 17 gegen den Ausbau der B 303 als Schnellstraße und in Folge als zukünftige Autobahn - Zuweisung an Verkehrsausschuss (einstimmig).

An das Plenum verabschiedete der Ausschuss folgende Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 10 gegen die Abschaffung der Notstandshilfe und deren Ersatz durch die "Sozialhilfe neu" - einstimmig vertagt.

Petition Nr. 15 gegen geplante Fahrplanänderungen für die Zugverbindung Marchegg-Wien-Südbahnhof im Bezirk Gänserndorf - Erledigung durch Kenntnisnahme des Ausschussberichts (einstimmig).

Petition Nr. 16 für den Erhalt der Mariazellerbahn - Erledigung durch Kenntnisnahme des Ausschussberichts (V‑F‑Mehrheit).

Petition Nr. 17 für eine gerechte Zuteilung von A-Quoten aus der nationalen Reserve an alle österreichischen Milchviehbetriebe - mit V‑F‑Mehrheit vertagt.

Petition Nr. 18 betreffend Erhaltung des Personalstandes der Kriminalpolizei St. Pölten - Erledigung durch Kenntnisnahme des Ausschussberichtes (V‑F‑Mehrheit).

Petition Nr. 19 betreffend Rettung der deutschen Mutter- und Staatssprache - einstimmig vertagt.

Bürgerinitiative Nr. 14 betreffend Rettung der deutschen Mutter- und öster­reichischen Staatssprache“ - einstimmig vertagt.

Petition Nr. 20 zur Verbesserung der Lebensqualität für ältere Menschen im Umgang mit täglichen Verrichtungen - einstimmig vertagt.

Petition Nr. 21 betreffend Streichung der embryopathischen (eugenischen) Indikation - einstimmig vertagt.

Bürgerinitiative Nr. 11 betreffend Streichung der embryopathischen (eugenischen) Indika­tion" - einstimmig vertagt.

Petition Nr. 22 betreffend Aufhebung rückwirkender Gerichtsgebührenforderungen gegen­über Wohnbauförderungsbeziehern - Zuweisung an Justizausschuss (einstimmig).

Bürgerinitiative Nr. 2 betreffend Pensionsreform Öffentlicher Dienst ­- einstimmig vertagt.

Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend Verbot von Tierversuchen an Großen Menschenaffen - einstimmig vertagt.

Bürgerinitiative Nr. 13 für die Rettung des Augebiets zwischen Krems, Grafenwörth und Traismauer und gegen die Errichtung einer Donaubrücke bei Traismauer samt zugehöriger Trassenführung - einstimmig vertagt. (Schluss)