Parlamentskorrespondenz Nr. 666 vom 05.10.2004

GENTECHNIKGESETZ IM GESUNDHEITSAUSSCHUSS BESCHLOSSEN

Weiters: Klarstellungen hinsichtlich der Väterkarenz

Wien (PK) - Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses befassten sich in der Folge mit einer Regierungsvorlage, die Änderungen beim Gentechnik- und beim Lebensmittelgesetz vornimmt. Während die Sprecher der Regierungsparteien von einem ausgewogenen und angemessenen Gesetz sprachen, meldeten die Abgeordneten der Opposition massive Kritik an.

Überdies standen noch vier Anträge der SPÖ auf der Tagesordnung, die eine Reform des Lebensmittelgesetzes, der Kennzeichnungsverordnung, die Einführung von effektiveren Kontrollen in diesem Bereich sowie die Einrichtung eines Internet-Kompetenzzentrums für Arzneimittel- und Lebensmittelsicherheit zum Inhalt hatten. - Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit V-F-Mehrheit angenommen; die SPÖ-Anträge wurden vertagt. Abgelehnt wurde ein vom Abgeordneten Johann Maier (S) eingebrachter Vertagungsantrag betreffend das Gentechnikgesetz.

Mit der Vorlage soll vor allem die neue EU-Freisetzungsrichtlinie umgesetzt werden. Bundesministerin Rauch-Kallat wies darauf hin, dass aufgrund der Richtlinie einheitliche Kriterien für die Risikobewertung bei Freisetzungen und beim Inverkehrbringen von GVO unter besonderer Berücksichtigung langfristiger und akkumulierter Umweltauswirkungen bestimmt werden. Freisetzungszulassungen werden auf längstens 10 Jahre befristet und konkrete Fristen für die einzelnen Verfahrensschritte im EU-weiten Zulassungsverfahren für das Inverkehrbringen von GVO festgelegt; auch bereits bestehende Zulassungen werden überprüft. Weiters enthält das Gesetz eindeutige Kennzeichnungen und Maßnahmen zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit sowie eine verpflichtende Überwachung von in Verkehr gebrachten Produkten, eine Registerführung über die Orte der Freisetzungen und des kommerziellen Anbaus von GVO-Pflanzen. (617 d.B.).

S-Abgeordneter Kai Jan Krainer meinte, beim Gentechnikgesetz gebe es Realität und Schein. So werden 550.000 t Soja, versetzt mit gentechnisch verändertem Soja, Schweinen und Kühen zum Fressen gegeben und das Fleisch und die Milch gelten dann trotzdem als gentechnikfrei. Seiner Meinung nach gebe es drei Möglichkeiten, um die Gentechnik bei uns zu verhindern. Es müsste die Frage der Koexistenz auf nationaler Ebene geregelt werden, es sei eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und jeder, der eine Umweltförderung für seine landwirtschaftliche Tätigkeit wolle, müsse sich verpflichten, keine Gentechnik zu verwenden. Auch äußerte er den Verdacht, dass man sich bewusst die Möglichkeit, GVO zu nutzen, offen halte.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hätte die letzten Tage vor der Beschlussfassung im Nationalrat gerne dazu genützt, einen Konsens über die Änderung des Gentechnikgesetzes herbeizuführen. Die Sicherstellung einer gentechnikfreien Landwirtschaft war für ihn eine Zielbestimmung, auch trat er für eine gesamtschuldnerische verschuldensunabhängige Haftung ein. Zudem habe man es verabsäumt, bundesgesetzliche Rahmenbedingungen zu beschließen.

Abgeordneter Johann Maier (S) hob u.a. hervor, dass die Erläuterungen zur Regierungsvorlage veraltert seien, da sie nichts über die reale Situation auf der Brüssler Ebene seit dem 18.4. dieses Jahres enthalte. Seine Fragen betrafen die vorübergehenden Verbote und Beschränkungen, die Verordnungsermächtigungen, das unbeabsichtigte Vorhandensein von GVO in anderen Produkten , die Kennzeichnung und Rückverfolgung von Lebens- bzw. Futtermitteln und den Ausnahmenkatalog. Außerdem brachte er den Antrag ein, die Verhandlungen über die Regierungsvorlage zu vertagen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) unterstrich, dass das Thema Gentechnik von den Regierungsfraktionen sehr ernst genommen werde. Bei der Vorlage handle es sich um ein sehr ausgewogenes, sachliches und angemessenes Gesetz, das lebbar gestaltet ist. Dadurch werde sowohl die gentechnikfreie landwirtschaftliche Produktion als auch der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Lebensmittel gesichert. Sodann brachte er noch einen Vertagungsantrag hinsichtlich der SPÖ-Anträge ein.

DIE ANTRÄGE DER SOZIALDEMOKRATEN ZUM THEMA LEBENSMITTELRECHT

Die SPÖ sprach sich zunächst für eine umfassende Änderung des Lebensmittelgesetzes aus, um die ihrer Ansicht nach bestehenden zahlreichen Defizite im Gesetz zu beseitigen (111/A[E]). Außerdem soll durch eine Novelle zum Lebensmittelgesetz und zur Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung sichergestellt werden, dass die Verpacker die Haltbarkeitsfristen zwingend unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Bedingungen für Lagerung und Distribution bemessen, und in der Hygieneverordnung ist klarzustellen, dass die Lagertemperaturen als maximale Produkttemperaturen zu verstehen sind. Ferner fordern sie vermehrte und effektivere Kontrollen. Vor allem soll das Unternehmen und nicht die DienstnehmerInnen für Verstöße gerade stehen. (246/A[E])

In einem weiteren Entschließungsantrag wird eine Änderung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, in der Mindestschriftgrößen für Etiketten festgelegt werden und eine konsumentenfreundliche Anbringung der Etiketten auf der Vorderseite des Produkts vorgeschrieben wird, gefordert. Ebenso halten die Antragstellerinnen und -steller mehr Kontrollen durch die Lebensmittelaufsichtsorgane in den Bundesländern und wirksamere Verwaltungsstrafen für erforderlich. (363/A[E]) Schließlich wünschen sich die SPÖ-Mandatare die Einrichtung eines Internet-Kompetenzzentrum für Arzneimittel- und Lebensmittelsicherheit. Diesem Zentrum sollte die Aufgabe zukommen, Angebote im globalen Netz (Webseiten) zu beobachten, zu analysieren und auszuwerten (370/A[E]).

VERBOT VON TIERVERSUCHEN IM KOSMETIKABEREICH

Das Inverkehrbringen von Kosmetika, die im Tierversuch überprüft wurden, soll schrittweise verboten werden. Dies ist der Inhalt eines Bundesgesetzes, dessen Entwurf dem Nationalrat kürzlich vorgelegt wurde. Den Zeitplan für das Inkrafttreten des Verbots wird die Gesundheitsministerin nach der Veröffentlichung entsprechender Termine durch die EU mit Verordnung festlegen (614 d.B.). G-Abgeordnete Brigid Weinzinger brachte dazu einen Abänderungsantrag ein, da ihrer Meinung nach Detailfragen unzureichend geregelt wurden. Außerdem forderte sie, dass bei Übertretungen eine Mindeststrafe vorgesehen wird.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat zeigte - mit Ausnahme der Festlegung einer Mindeststrafe - Verständnis für die Forderungen der Grünen und kündigte einen entsprechenden Abänderungsantrag ein, der im Plenum eingebracht werden soll.

Die Vorlage wurde mit V-F-Mehrheit angenommen; in der Minderheit blieb der Abänderungsantrag der Grünen.

STRENGERE ARBEITNEHMERSCHUTZVORSCHRIFTEN SOWIE KLARSTELLUNGEN HINSICHTLICH DER VÄTERKARENZ

Ein Vertragsverletzungsverfahren der EU zwingt Österreich zu Änderungen im Bundesgesetz über den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei Arbeiten in Druckluft sowie bei Taucherarbeiten und im Mutterschutzgesetz. Das bisher in Österreich geltende Verbot, Frauen mit Druckluft- und Taucherarbeiten zu beschäftigen, soll nun durch eine Novelle zur Druckluft- und Taucherarbeitenverordnung aufgehoben werden (504 d.B.). In diesem Zusammenhang brachten ÖVP und FPÖ einen Paragraph 27-Antrag ein, der eine Änderung des Väterkarenzgesetzes vorsieht.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) begründete den Antrag damit, dass derzeit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren laufe. Sollte es keine Einigung zwischen Vater und Mutter geben, wann der Karenzurlaub in Anspruch genommen wird, so werde nun klargestellt, dass die Mutter darüber entscheiden könne.

Die Abgeordneten Renate Csörgits (S) und Brigid Weinzinger (G) bemängelten, dass der Gesetzestext nicht durchgehend geschlechtsneutral formuliert worden sei. Weinzinger hätte sich auch gewünscht, dass den Eltern grundsätzlich mehr Wahlmöglichkeiten zugestanden werden. Sie könnte sich auch vorstellen, dass im ersten Monat beide Elternteile zu Hause bleiben und sich um die Betreuung des Kindes kümmern. Nicht nachvollziehen könne sie auch, warum ein gemeinsamer Haushalt bestehen müsse.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages ebenso wie der Antrag betreffend die Änderung des Väterkarenzgesetzes mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Teilen der SPÖ angenommen.

Die drei Entschließungsanträge der Opposition am Schluss der Tagesordnung wurden mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt. Die Regierungsparteien begründeten dies damit, dass derzeit eine umfassende Gesundheitsreform diskutiert werde und all die in den vorliegenden Anträgen angesprochenen Themen und Ziele Teil der Gesundheitsreform seien. Bundesministerin Maria Rauch-Kallat lud in diesem Zusammenhang die Abgeordneten von SPÖ und Grünen ein, daran mitzuarbeiten.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) begründeten seinen Antrag betreffend Einführung eines gesamtösterreichischen Qualitätssicherungsplanes sowie Schaffung einer bundesweiten Qualitätskontrolle (178/A[E]) mit dem Hinweis auf die extremen Unterschiede bei der Qualitätskontrolle in den Ländern. Er trat in diesem Zusammenhang für verbindliche Mindeststandards ein. Darin wurde er von Abgeordnetem Erwin Kaipel (S) unterstützt, der kein Verständnis für den Vertagungsantrag zeigte.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) versicherte, das Ziel sei unbestritten und ein erster Schritt zur verpflichtenden Qualitätskontrolle sei bereits im niedergelassenen Bereich gesetzt worden. Bundesministerin Maria Rauch-Kallat unterstützte die Intentionen des Antrags grundsätzlich und bemerkte, dass erst unter ihrer Amtszeit erste Maßnahmen zur Qualitätssicherung in Angriff genommen worden seien. Sie wies auch auf den Entwurf zu einem Qualitätssicherungsgesetz hin, das Teil der umfassenden Gesundheitsreform sein soll.

Ähnlich argumentierte sie bezüglich des Antrages der Grünen betreffend Verbesserung der medizinischen Datenlage (237/A[E]). Es sei sowohl ein Dokumentationsgesetz in Planung als auch ein 15a-Vertrag mit den Ländern im Hinblick auf eine einheitliche Datenerhebung. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sowie Abgeordnete Erika Scharer (S) hatten zuvor auf die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit der Daten auf nationaler und EU-Ebene hingewiesen. Derzeit lasse aber diese Vergleichbarkeit zu wünschen übrig, was der Qualitätssicherung abträglich sei.

Abgeordneter Manfred Lackner (S) kritisierte schließlich auch die Vertagung des Entschließungsantrages der SPÖ betreffend Verbesserung der PatientInnen- und Serviceorientierung im Bereich des Gesundheitswesens (265/A[E]). Es sei ihm unverständlich, dass die ÖVP, die so viel von BürgerInnennähe spreche, gerade diesem nicht zustimmen wolle. (Schluss)