Parlamentskorrespondenz Nr. 750 vom 21.09.2006

Ö-Konvent: konstruktive Verhandlungen, kein konkretes Ergebnis

Bericht des Besonderen Ausschusses wurde einstimmig angenommen

Wien (PK) - Nach der Aktuellen Stunde zum Thema Frauenpolitik ging der Nationalrat unter dem Vorsitz von Nationalratspräsident Dr. Kohl in die Tagesordnung seiner 163. Plenarsitzung ein, in deren Mittelpunkt der Bericht die Ergebnisse des Österreich-Konvents zur Verfassungsreform standen. Für 15 Uhr kündigte Präsident Kohl den Aufruf einer Dringlichen Anfrage an den Finanzminister zum Thema "Entlastung der Bürger und Unternehmer" (4728/J) an. Die Anfrage hatte die ÖVP eingebracht. Danach wird eine Kurzdebatte mit der Besprechung einer Anfragebeantwortung (4483/AB) des Verkehrsministers zum Thema Verkehrssicherheit in Österreich stattfinden.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) würdigte in der Debatte über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Ö-Konvents die wertvolle Arbeit, die der Österreich-Konvent für die geplante Verfassungsreform geleistet habe, und sprach den Experten ausdrücklich Dank aus. Ziel der Volkspartei bei der geplanten Verfassungsreform sei es, die österreichische Bundesverfassung schlanker, klarer, übersichtlicher und verständlicher zu machen. Dazu soll ein Grundrechtskatalog, die Erhaltung von Bewährtem in der Verwaltung bei gleichzeitiger Beseitigung von Doppelgleisigkeiten sowie Verbesserungen im Rechtsschutz kommen. Weitere Themen seien die Kompetenzbestimmungen und die stärkere Einbeziehung des Bundesrates in die Bundesgesetzgebung.

Während man sich mit der SPÖ in der Frage der neuen Verfassungsurkunde und bei der neuen Verwaltungsstruktur nahe gekommen sei, lehnten die Sozialdemokraten wie die Grünen die von der ÖVP vorgeschlagene Präambel über die Verfassungsgrundsätze und die Briefwahl unverständlicherweise ab. Die ÖVP wiederum sei gegen die von der SPÖ kreierten Staatsaufgaben, weil die Finanzierungsfrage offen sei und der Staat sich nicht überall einmischen solle. Beim Grundrechtskatalog samt sozialen Rechten, wie Recht auf Bildung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf, hoffe sie auf eine Annäherung in der kommenden Gesetzgebungsperiode, sagte Baumgartner-Gabitzer.

Abschließend legte Baumgartner-Gabitzer einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion vor, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Bemühungen um ein modernes Bundes-Verfassungsgesetz fortzusetzen. Konkret gehe es um Verwaltungsgerichte in den Bundesländern, eine zeitgemäße Aufgabenverteilung, die Arbeitsteilung der Gesetzgebungsorgane, die Briefwahl und die Einführung einer umfassenden Sicherheitsvorsorge.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) schloss sich den Ausführungen seiner Vorrednerin teilweise an. Der Österreich-Konvent sei wichtig gewesen, um zu erfahren, was jeder in der Verfassungsreform wolle. Auch er hoffe auf weitere Fortschritte in der kommenden Gesetzgebungsperiode. Bisher sei man beim Haushaltsrecht, bei den Landesverwaltungsgerichtshöfen, bei den Grundrechten und bei der Rechtsbereinigung schon weit gekommen.

Probleme ortete der Abgeordnete bei der Stimmung. Die ÖVP wolle nur gelten lassen, was sie selbst wünsche. Wittmann begrüßte, dass für die ÖVP die Neutralität wieder ein Thema sei, und erinnerte BZÖ und Freiheitliche daran, dass sie immer für den NATO-Beitritt votiert haben. Die Haltung des Kärntner Landeshauptmanns in der Ortstafelfrage werfe laut Wittmann die Frage auf, wie man von der Bundesverfassung sprechen könne, während man gleichzeitig persönliche Interessen über den Rechtsstaat stelle. Damit schade der Kärntner Landeshauptmann dem Ansehen Österreichs im Ausland. Dasselbe gelte für Staatssekretär Mainoni, der gemeint habe, man habe sich mit dem Restitutionsfonds Ruhe bei jüdischen Organisationen gekauft. Diese Aussage, mit der NS-Opfer beleidigt und die Seriosität der österreichischen Restitutionspolitik in Frage gestellt werde, sei zurückzuweisen, sagte Abgeordneter Wittmann. Ebenso scharf kritisierte er Versuche der Bundesregierung, die Staatsanwaltschaft im Wahlkampf politisch zu instrumentalisieren. Wittmann lehnte den Allmachtsanspruch der ÖVP ab und legte einen Entschließungsantrag für die Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts ein.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) verteidigte die Justiz und die Justizministerin gegen die Vorwürfe von Abgeordnetem Jarolim. Jetzt plötzlich, wo es der SPÖ "an den Kragen gehe" und die Justiz handle, so Scheibner, greife man die unabhängige Justiz und die Ministerin an, die keinerlei Weisungen erteilt habe. Scheibner nahm auch Stellung zum Entschließungsantrag der SPÖ und lehnte einen, wie er sagte, politisch gewählten Bundesstaatsanwalt ab. Die Forderung, den Staatsanwalt durch den Nationalrat wählen zu lassen, zeige die wahren Absichten der SPÖ. Scheibner warf der SPÖ auch vor, sie habe aus parteipolitischen Erwägungen dem historischen Kompromiss zu einer dauerhaften Regelung der Ortstafelfrage in Kärnten scheitern lassen. Ähnlich habe die SPÖ beim Verfassungskonvent agiert, wo sie Parteipolitik statt Staatspolitik betrieben habe, sagte Scheibner. Man wollte offensichtlich der Regierung keinen Erfolg gönnen, weshalb nach 19 Monaten intensiver Verhandlungen das Nein der SPÖ gestanden sei. Auch der Besondere Ausschuss  war nach Ansicht Scheibners eine Farce, denn nicht einmal eine Teilnovelle oder eine Rechtsbereinigung, über die man bereits Einigung erzielt hatte, sei möglich gewesen. Eine moderne Kompetenzregelung sei an den Landeshauptleuten gescheitert, kritisierte Scheibner und bemerkte, dass er sich auch im Bereich der Sicherheitspolitik mehr Mut erwartet hätte.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) bedauerte eingangs das "unpompöse Begräbnis des Konvents", wie sich ausdrückte. Für sie stellten die Landeshauptleute und Bundesländer das größte Problem dar, denn diese hätten die Modernisierung des Bundesstaates verhindert. Die Grün-Abgeordnete bemängelte auch, dass man sich nicht über die Grundrechte und deren Durchsetzbarkeit habe einigen können. Als drittes gravierendes Problem der Verfassungsdebatte bezeichnete sie die Frage der politischen Kontrolle. Um diesem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen, brachte sie drei Entschließungsanträge ein, in denen die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht, die Ausweitung der Kontrollbefugnisse des Rechnungshofes und Transparenz der Parteienfinanzierung unter dem Motto "gläserne Parteikassen" gefordert wird. Schließlich unterzog sie den Kärntner Landeshauptmann einer harten Kritik, da dieser in der Frage der Rechte der Minderheiten die Ortstafelfrage parteipolitisch instrumentalisiere.

Staatssekretär MORAK ließ in seiner Stellungnahme den Besonderen Ausschuss Revue passieren. Dort habe man versucht, weitere Übereinstimmungen zu finden und die verschiedenen Standpunkte offen zu legen. Als einen der strittigsten Punkte sah auch Morak die Frage der Kompetenzverteilung, die noch intensive Gespräche erforderlich mache. Der Ausschuss habe aber eine breite Grundlage für die Verhandlungen zu einer modernen Bundesverfassung im neu gewählten Nationalrat und in der künftigen Regierung gelegt. Damit sei ein wichtiger Zwischenschritt erfolgt. Als unstrittig nannte Morak die Einrichtung der Landesverwaltungsgerichte, die Beibehaltung des Neutralitätsgesetzes und eine Verfassungsbereinigung. Als Ziele für die zukünftige Bundesverfassung skizzierte der Staatssekretär eine übersichtlichere und besser verständliche Verfassung, einen zeitgemäßen Grundrechtskatalog, die Einrichtung von Verwaltungsgerichtshöfen in den Ländern sowie eine zeitgemäße und an die Fähigkeiten der Länder anknüpfende Aufgabenverteilung. Es gelte eine Balance zu finden, wo diejenige Ebene, die die Aufgaben übernimmt, auch Verantwortung trage, betonte Morak. Die Verwaltung sollte serviceorientiert sein, sagte er und trat auch für eine zeitgemäße Ausgestaltung des Wahlrechts ein.

Für Abgeordneten Dr. LOPATKA (V) hat die SPÖ nicht nur ein Glaubwürdigkeitsproblem, sondern auch ein Problem, Verantwortung zu übernehmen. Er sah vor allem eine Diskrepanz darin, dass der ehemalige ÖGB-Präsident Verzetnitsch einen Katalog sozialer Grundrechte mit der Forderung nach Einklagbarkeit eingebracht und gleichzeitig im ÖGB die Pensionen drastisch gekürzt hatte. Lopatka fand auch kritische Worte zum ehemaligen Bundeskanzler Vranitzky im Zusammenhang mit den Zahlungen, die dieser vom Banker Flöttl erhalten hatte. Arbeitsplätze garantieren und schaffen könne nur jemand, der auch wirtschaften könne, so das Credo Lopatkas, die SPÖ könne das aber nicht. Denn den Konsum-MitarbeiterInnen hätten die einklagbaren Grundrechte auch nichts genützt. Im Zusammenhang mit der Frage der Parteienfinanzierung brachte er einen Entschließungsantrag betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems ein.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) bezeichnete es als größte Leistung des Konvents, eine umfassende Bestandsaufnahme des österreichischen Verfassungslebens vorgenommen zu haben. Den Widerbelegungsversuch durch den Besonderen Ausschuss habe sie von Anfang an als nicht aussichtsreich erachtet. Dies lag ihrer Ansicht daran, dass man die Debatte nicht im Verfassungsausschuss geführt hat, sondern eine Parallelstruktur durch den Besonderen Ausschuss geschaffen hat, um einen SPÖ-Ausschussvorsitzenden zu verhindern. Für die ÖVP habe ein Kompromiss immer bedeutet, dass sich nur die anderen bewegen müssten, so ihr Vorwurf. Grossmann brach eine Lanze für die Herabsetzung des aktiven Wahlalters bei Nationalratswahlen auf 16 Jahre und brachte auch einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein. Die Regierung wolle die jungen Menschen vom aktiven Wahlalter fernhalten, vermutete sie, weil sie sich vor den jungen Menschen zu Recht fürchte. Denn die Regierung habe einen Kahlschlag im Bildungswesen und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit zu verantworten und habe damit auch den Jugendlichen die Zukunftschancen genommen. Ein weiterer Entschließungsantrag, den Grossmann vorlegte, betraf die Forderung nach einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Jugendschutz.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) wies die Kritik ihrer Vorrednerin zurück und erinnerte an die Maßnahmen für die Jugendlichen, unter anderem an die Lehrlingsprogramme. Auch die Pensionsreform diene dazu, den Jungen die Chance auf eine eigene Pension zu sichern, sagte sie. Recht gab sie Grossmann bei der Forderung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetzes. Im Hinblick auf die Verfassungsreform, die Partik-Pable als dringend notwendig erachtet, gab sie allein der SPÖ Schuld am Scheitern. Je länger der Konvent gedauert hätte, desto mehr sei erkennbar gewesen, dass die Opposition nicht bereit gewesen sei, Kompromisse zu machen. Die Mitglieder seien vor allem von der SPÖ-Parteizentrale angewiesen worden, der Regierung keine Erfolg zu bescheren, und das sei ein kleinlicher Standpunkt. Im Gegensatz dazu seien beispielsweise die Regierungsparteien auf die Forderungen im Zusammenhang mit dem Grundrechtskatalog eingegangen. Es habe im Ausschuss sogar Einigung über die Verwaltungsgerichte der Länder gegeben, dennoch habe die SPÖ ihre Zustimmung verweigert, weil sie die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde einbauen wollte, obwohl alle Experten dagegen gewesen seien. Aus ähnlichen Gründen habe es keine Einigung beim Asylgerichtshof und in Bezug auf die Behinderten gegeben, unterstrich Partik-Pable.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) hielt fest, der Besondere Ausschuss habe oft das Gegenteil dessen bewirkt, was der Konvent versucht habe. Man sei sogar in jenen Punkten wieder auseinander gedriftet, wo man sich im Konvent angenähert hatte. Stoisits setzte sich mit dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen kritisch auseinander und betonte, dass darin die Durchsetzbarkeit der sozialen Grundrechte fehle. Sie hielt es auch für inkonsequent, die Briefwahl zu fordern, auf der anderen Seite aber gegen das kommunale Wahlrecht von AusländerInnen zu sein. Im Antrag fehle auch die Verfassungsbereinigung, obwohl es dazu ein konkretes Ergebnis gegeben habe, sagte Stoisits. Ebenso wenig konnte sie sich mit dem SPÖ-Antrag zu einem weisungsfreien Bundesstaatsanwalt anfreunden. Die Sache sei zu wichtig, als dass man dazu die Causa BAWAG benütze und damit Tagespolitik betreibe. Viele Punkte, die der Antrag enthalte, seien nicht entscheidungsreif, meinte Stoisits. Einzig und allein die Verankerung der StaatsanwältInnen als Organe in der Bundesverfassung sei aus ihrer Sicht unstrittig.

Als ein durchsichtiges Manöver bezeichnete Abgeordnete Dr. FEKTER (V) den Versuch der SPÖ, aus dem ÖGB-BAWAG-Skandal einen Justizskandal zu machen. Jedes Mal, wenn die SPÖ nicht mehr weiter wisse, greife sie die Unabhängigkeit der Justiz an. Fekter verwehrte sich strikt gegen den Vorschlag, einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt, der vom Nationalrat gewählt wird, zu schaffen, denn dieser würde eher ein Vertuschungsinstrument darstellen. Die ÖVP wolle eine weisungsgebundene Staatsanwaltschaft mit Verantwortung der jeweiligen MinisterInnen, denn dort sei ein transparentes Weisungsrecht am besten aufgehoben.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) konterte, auch die Justiz müsse kritisiert werden können. Sie verteidigte den Vorschlag einer weisungsunabhängigen Staatsanwaltschaft, die mit Zweidrittelmehrheit vom Nationalrat bestellt wird, denn der Staatsanwalt in der Causa BAWAG habe sich instrumentalisieren lassen. Die Schuld am Scheitern der Verfassungsreform sah Hlavac wiederum bei den Regierungsfraktionen, die nicht bereit gewesen seien, von ihren Standpunkten abzurücken. Sie trat für soziale Grundrechte ein, die auch einklagbar sind, um die Menschen in Würde abzusichern. Das sei in den letzten Jahren sträflichst vernachlässigt worden, sagte sie. Dem Vorwurf Scheibners, die SPÖ habe eine Lösung des Ortstafelkonflikts verhindert, hielt sie entgegen, dass im vorgelegten Entwurf eine Rechtsdurchsetzungsgarantie gefehlt habe.

Abgeordneter WALCH (F) konzentrierte sich in seinem Redebeitrag auf das Thema Pflege. Die Bundesregierung habe für Menschen mit Behinderung und für pflegebedürftige Menschen viel geleistet und derzeit bezögen 320.000 Menschen Pflegegeld. Er brachte in diesem Zusammenhang einen umfassenden Entschließungsantrag der Regierungsparteien ein, in dem zahlreiche Vorschläge zu weiteren Verbesserungen im Bereich Pflege aufgelistet sind.

Das nahm Abgeordneter ÖLLINGER (G) zum Anlass die Frage zu stellen, was der BZÖ-Staatssekretär Dolinschek in den letzten Monaten gemacht habe, wenn man nun so einen umfassenden Entschließungsantrag brauche. Im Mittelpunkt des Debattenbeitrags Öllingers standen jedoch die parlamentarischen Kontrollrechte, wobei er der Regierung, insbesondere den BZÖ-Ministerien, Kontrollverweigerung vorwarf. Als Beispiel nannte er die Weigerung, Personen in den Rechnungshofausschuss zu laden, als es um die Ministerbüros ging. Die Regierungsfraktionen seien auch nicht bereit gewesen, die Förderfälle des AMS zu prüfen, sie hätten lediglich einen Feldzug gegen Frauenvereine gestartet. Auch im Fall BAWAG habe man lange Zeit die Ladung von Taus verhindert. Die Regierung habe in erster Linie versucht, zuzudecken und zu vertuschen, so das Resümee Öllingers.

Abgeordneter Mag. REGLER (V) bedauerte es, dass man in der Verfassungsreform noch zu keiner Einigung gekommen ist. Aus seiner Sicht umschrieb er wesentliche Ziele der Reform: Die Erhaltung des föderalistischen Prinzips, die Aufwertung des Bundesrats durch die Teilnahme von Bundesratsmitgliedern in Ausschüssen des Nationalrats und die Beibehaltung der jetzigen Verwaltungsstrukturen, vor allem der Bezirkshauptmannschaften. Ein besonderes Anliegen sind ihm die Landesverwaltungsgerichtshöfe, doch hier sollte man auch meritorisch und nicht nur kassatorisch entscheiden können. Zu wenig habe man bisher seiner Ansicht nach die Frage des Legalitätsprinzips diskutiert. Derzeit werde zu kasuistisch ausgelegt, weshalb er die Festlegung von Zielen für überlegenswert hielt. Offen geblieben sei die Frage der kooperativen Gesetzgebung, aber diese müsse auch praktikabel sein, forderte Regler. Abschließend verabschiedete sich Regler mit persönlichen Worten des Dankes, da er dem nächsten Nationalrat nicht mehr angehören wird.

Abgeordneter Dr. NIEDERWIESER (S) befasste sich mit dem Bereich Bildung und hielt fest, dieser Bereich sei prädestiniert, in einer neuen Verfassung neu geregelt zu werden. Unter anderem sprach er sich für die Einrichtung größerer Bildungsregionen, eine bessere Koordination in der Schulverwaltung und eine verstärkte vorschulische Förderung aus. Der ÖVP warf Niederwieser parteipolitische Einflussnahme bei Postenbesetzungen im Bildungsbereich vor.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) wies darauf hin, dass im Österreich-Konvent sehr konstruktive Verhandlungen über eine Reform der österreichischen Verfassung geführt worden seien. In vielen Bereichen habe es auch gemeinsame Lösungen gegeben, betonte er, etwa bei der Rechtsbereinigung, bei den Landesverwaltungsgerichten und beim Haushaltsrecht. Dennoch könne man am Ende der Legislaturperiode nicht auf konkrete Ergebnisse zurückblicken, bedauerte er. Donnerbauer machte dafür die SPÖ verantwortlich, die seiner Meinung nach aus wahl- und parteitaktischen Gründen eine Einigung verhindert habe.

Dem gegenüber gab Abgeordneter PRÄHAUSER (S) der ÖVP die Schuld am fehlenden Konsens. Die ÖVP spreche sich etwa gegen eine Senkung des Wahlalters aus und lehne es ab, das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als parlamentarisches Minderheitsrecht zu verankern, kritisierte er.

In Bezug auf die von der SPÖ geforderte Offenlegung von Parteispenden brachte Prähauser einen Entschließungsantrag ein. Demnach sollen Spenden ab einer Höhe von 7.000 € offen gelegt werden müssen. Verstoße eine Partei gegen die Offenlegungspflichten, will die SPÖ die Parteiförderung um das Doppelte der betreffenden Spende gekürzt wissen. Den Entschließungsantrag der Koalitionsparteien betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform wird die SPÖ Prähauser zufolge ablehnen, wobei er sich insbesondere hinsichtlich der geforderten Briefwahl skeptisch zeigte.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) erinnerte daran, dass ÖVP und Freiheitliche gegen den Willen der SPÖ einen eigenen Ausschuss zur Vorberatung der Verfassungsreform eingesetzt hätten, obwohl der Nationalrat einen Verfassungsausschuss habe. "Das war ein unsinniges und unnötiges Manöver am Beginn", meinte er. Für ihn sei schon damals klar gewesen, dass ein Konsens nicht möglich sein werde. Generell sprach Kräuter von einem "Kontrollnotstand" in Österreich und warf den Regierungsfraktionen Kontrollverweigerung vor.

Abgeordnete ROSSMANN (F) trat für eine umfassende Verwaltungsreform im Bildungsbereich ein und wies auf Vorschläge hin, die Bezirksschulräte und Landesschulräte abzuschaffen und stattdessen Bildungsdirektionen der Länder zu verankern. Ihrer Meinung nach haben Rot und Schwarz allerdings kein wirkliches Interesse, die Schule zu entpolitisieren.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) nahm zum Ortstafelkonflikt in Kärnten Stellung und erklärte, ohne die "Verhinderungspolitik" der SPÖ auf Bundesebene gebe es schon längst "einen historischen Kompromiss" in der Ortstafelfrage. Zur Anbringung kleiner slowenischer Zusatztafeln an den Ortstafeln merkte er an, eine solche Vorgangsweise sei bei einer Sitzung der Kärntner Landesregierung am 4. September 2001 einstimmig gebilligt worden. Damals habe auch die jetzige Kärntner SPÖ-Chefin Schaunig-Kanduth zugestimmt.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) machte in einer tatsächlichen Berichtigung geltend, dass der von Scheuch zitierte Beschluss auf Grund eines späteren VfGH-Urteils hinfällig sei.

Abgeordneter Dr. LEUTNER (S) trat für die Verankerung von sozialen Grundrechten in der Verfassung ein. Solche sozialen Grundrechte sind seiner Meinung nach aber nur dann sinnvoll, wenn es individuelle Durchsetzungschancen dieser Rechte seitens der Bürgerinnen und Bürger gebe. Verankert wissen will Leutner das Recht auf Arbeit, das Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und das Recht auf soziale Sicherheit.

Zum Thema Pflege brachte Leutner namens seiner Fraktion einen Entschließungsantrag ein. Die SPÖ fordert unter anderem einen Ausbau des Pflegeangebots, die Einrichtung eines Pflegefonds mit einer Dotierung von 200 Mill. €, mehr Unterstützung für die Angehörigen und eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) sprach sich für eine Offenlegung der Parteifinanzen aus. Es wäre schon ein Fortschritt, gäbe es in Österreich nur 10 % der Transparenz in Großbritannien oder 50 % der Transparenz in Deutschland, meinte er. Konkrete Kritik übte Kogler etwa an der Industriellenvereinigung, die seiner Auffassung nach "als ganz große Spendenwaschanlage" dient. Für aufklärungsbedürftig hält er aber auch die Finanzflüsse zwischen der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter im ÖGB und der SPÖ. Es wäre für die Öffentlichkeit wichtig zu wissen, wer von wem abhängig sei, sagte Kogler.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht des Besonderen Ausschusses vom Nationalrat einstimmig zur Kenntnis genommen. Die Abstimmung über insgesamt elf Entschließungsanträge brachte folgende Ergebnisse:

V-F-Entschließungsantrag betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform: mit V-F-Mehrheit angenommen;

S-Entschließungsantrag betreffend die Einführung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwalts: gegen die Stimmen der SPÖ abgelehnt;

G-Entschließungsantrag betreffend "gläserne Parteikassen": gegen die Stimmen der Grünen und der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz abgelehnt;

G-Entschließungsantrag betreffend Verankerung eines Minderheitsrechtes zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: gegen die Stimmen der Opposition und der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz abgelehnt;

G-Entschließungsantrag betreffend Erweiterung der Zuständigkeit des Rechnungshofes: gegen die Stimmen der Opposition und der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz abgelehnt;

V-F-Entschließungsantrag betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems: mit V-F-Mehrheit, jedoch ohne die Stimmen der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz, angenommen;

S-Entschließungsantrag betreffend Senkung des Wahlalters: gegen die Stimmen der Opposition und der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz abgelehnt;

S-Entschließungsantrag betreffend bundeseinheitlichen Jugendschutz: gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt;

V-F-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Pflegesituation der pflegebedürftigen Menschen in Österreich: mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Grünen angenommen;

S-Entschließungsantrag betreffend Veröffentlichung von Parteispenden: gegen die Stimmen der Opposition und der FPÖ-Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch und Barbara Rosenkranz abgelehnt;

S-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende: gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt. (Forts.)