Parlamentskorrespondenz Nr. 790 vom 06.10.2008

Ausstellung zeigt Projektentwürfe für Umbau des NR-Sitzungssaals

Wien (PK) – Wer sich für Architektur interessiert und wissen will, wie der Sitzungssaal des Nationalrats künftig aussehen wird, kann in den nächsten Wochen eine Ausstellung im Palais Epstein besuchen. Dort werden vom 7. bis 24. Oktober jene 21 Projekte präsentiert, die im Rahmen eines internationalen Architektur-Wettbewerbs zur Neugestaltung des Sitzungssaals eingereicht worden waren. Im Mittelpunkt steht dabei das Projekt des Wettbewerbssiegers. Der Entwurf des Linzer Architekturbüros Heidl wurde von einer renommierten Jury einstimmig ausgewählt und soll nun bis zum Jahr 2012 realisiert werden.

Bei der Eröffnung der Ausstellung ließ Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Vorgeschichte des Wettbewerbs noch einmal Revue passieren und wies darauf hin, dass der nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete Sitzungssaal des Nationalrats mittlerweile in die Jahre gekommen sei. Nicht nur bauliche Abnutzungserscheinungen machten den Abgeordneten zu schaffen, auch die Arbeitsweise des Nationalrats habe sich im Laufe der Zeit geändert und erfordere neue Rahmenbedingungen, erklärte sie. Zudem sei es notwendig, für BesucherInnen angemessene Möglichkeiten zu schaffen. Mit dem Siegerprojekt habe man sich, so Prammer, für einen "ruhigen Übergang" entschieden. Der Entwurf gebe eine zeitgemäße Antwort auf die gestellten Anforderungen.

Jury-Vorsitzender Boris Podrecca sprach von einem "sehr eleganten" Entwurf, der zurückhaltend sei, ohne sich jedoch der bestehenden Bausubstanz zu unterwerfen. Damit erfülle er die gestellten Kriterien. Es sei, so Podrecca, darum gegangen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der "Autonomie des Implantats" einerseits und der Berücksichtigung des Hansen'schen Rahmens zu finden. Ein wenig Bedauern äußerte Podrecca darüber, dass sich nicht mehr als 21 Architektenteams der sensiblen Aufgabe gestellt haben.

Mit ihrem Entwurf greifen Heidl und sein Team nur behutsam in die bestehende Saalstruktur ein. Der Sitzungssaal erhält durch gezielte Interventionen wie zurückgenommene Galeriebrüstungen, fließende Raumübergänge, geänderte Blickbeziehungen und eine hochtransparente Glasdecke über dem Präsidium jedoch einen weitaus großzügigeren Charakter. Gleichzeitig wird durch ein zurückhaltendes Farbkonzept die Nüchternheit des Saales unterstrichen – die historischen Holzverkleidungen sollen weiß lasiert und durch weiße Marmorverkleidungen ergänzt werden. "Sensibel, stimmig, signifikant" lautet das Resümee der Jury, lediglich die Position von Rednerpult und Regierungsbank in ihrer Lage zueinander wurde als noch "optimierbar" gewertet.

Der ausgewählte Entwurf zeichnet sich aber nicht nur durch den sensiblen Umgang mit der historischen Bausubstanz, sondern auch durch die optimale Nutzung des vorhandenen Raumes aus. So ist direkt unter dem Sitzungssaal die Einrichtung eines Besucherfoyers geplant, von dem aus man mit Liften barrierefrei auf die Besuchergalerie und in ein im Dachgeschoß angesiedeltes Informationszentrum gelangen soll. Das Couloir ist als offene Kommunikationszone mit einer transparenten Wand zum Sitzungssaal und einer Sichtverbindung zum Schmerlingplatz konzipiert.

Von Seiten des Denkmalschutzes gibt es grundsätzlich Grünes Licht für eine Neugestaltung des Sitzungssaals. Allerdings hat das Bundesdenkmalamt im Vorfeld des Architektur-Wettbewerbs gewisse Vorgaben erarbeitet, insbesondere was "die Optik der Vertikale" betrifft. So wurden etwa Material und Form der Stirnwand hinter dem Präsidium, die geschwungene Rückwand im Bereich der Sitzungsebene und des Balkons sowie die raumbildenden Brüstungen beim Balkon und bei der Galerie als schützenswert eingestuft.

Dem Bundesdenkmalamt gehe es nicht darum, "jeden Sessel zu erhalten", betonte die Leiterin des Bundesdenkmalamtes Barbara Neubauer bei der heutigen Ausstellungseröffnung, der Saal sei jedoch ein wichtiges Zeugnis der Kultur und der Architektur der 50-er Jahre. Vor allem das Raumkonzept mit den zwei Galerien und der großzügigen Foyergestaltung sei nicht hoch genug einzuschätzen. Dieses Konzept gelte es ins 21. Jahrhundert überzuführen. Mit dem Ergebnis des Architektur-Wettbewerbs zeigte sich Neubauer durchaus zufrieden.

Bis zum Beginn der Umbauarbeiten wird es dennoch eine Weile dauern. Zunächst müssen Verhandlungen mit dem Wettbewerbssieger und Detailplanungen durchgeführt sowie budgetäre Fragen geklärt werden. Mit dem Start der Umbauarbeiten selbst ist daher nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2010 zu rechnen. Der Bezug des neuen Saales könnte Anfang 2012 erfolgen. Während der rund eineinhalbjährigen Umbauarbeiten wird der Nationalrat im historischen Sitzungssaal des Parlaments tagen.

Insgesamt haben sich 21 ArchitektInnen bzw. Architekturbüros am Wettbewerb beteiligt, sieben davon haben es in die zweite Stufe des Auswahlverfahrens geschafft. Die Lösungen, die für die Neugestaltung des Sitzungssaals angeboten werden, unterscheiden sich dabei zum Teil erheblich voneinander. Die Palette der Vorschläge reicht von kühnen Dachkonstruktionen über eine völlige Neugestaltung der Sitzplatzanordnung bis hin zur Einrichtung eines Dachterrassencafes.

Die Ausstellung im Palais Epstein ist zwischen 7. und 24. Oktober jeweils von Montag bis Freitag in der Zeit von 10.00 bis 17.00 für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Der Eintritt ist frei. Begleitend zur Ausstellung sind eine umfangreiche Informationsbroschüre mit allen Entwürfen und ein Video erschienen. Beide können über die Homepage des Parlaments (www.parlament.gv.at) abgerufen werden. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von der Ausstellungseröffnung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at.