Parlamentskorrespondenz Nr. 931 vom 10.12.2008
Großes Silbernes Ehrenzeichen für Moshe Hans Jahoda
Wien (PK) – In der Person von Moshe Hans Jahoda werde "eine ganz besondere Persönlichkeit" geehrt, sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute bei einer Feier im Empfangsalon des Parlaments, in deren Rahmen sie Jahoda das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich überreichte. Zu der Feier waren u.a. der frühere Bundeskanzler Wolfang Schüssel, die frühere Außenministerin Ursula Plassnik, der Präsident der Kultusgemeinde Ariel Muzicant, VwGh-Präsident Clemens Jabloner, Volksanwältin Terezija Stojsits und viele Mitglieder der Familie und Freunde des Geehrten gekommen.
Präsidentin Prammer nannte Moshe Hans Jahoda in ihrer Laudatio "einen Zeugen der Geschichte Österreichs und Europas im 20. Jahrhundert". Am 11. Mai 1926 in Wien geboren, sei Jahoda Zeuge des "Anschlusses" und der Reichspogromnacht 1938 gewesen, ehe er mit einem Kindertransport nach Palästina ins Exil gegangen sei. Seine Eltern und seine Schwester mussten in Wien zurück bleiben; sie wurden später nach Theresienstadt verschleppt und in Auschwitz ermordet. Ausführlich ging Prammer auf die weiteren Stationen Jahodas in Palästina bzw. Israel sowie bei der Arbeit für die Opfer der Shoa ein. Jahoda sei sowohl österreichischer als auch israelischer Staatsbürger, stellte Prammer fest und äußerte die Hoffnung, dass auch den Nachfahren israelisch-österreichischer DoppelstaatsbürgerInnen die Doppelstaatsbürgerschaft ermöglicht werden könne. Insgesamt sah Prammer Österreich mit Hinweis auf das Regierungsprogramm auf einem guten Weg: Sozial benachteiligte Opfer würden weiter unterstützt, der Nationalfonds werde fortgeführt, ebenso der Österreich-Pavillion in Auschwitz, und auch bezüglich der jüdischen Friedhöfe sei sie zuversichtlich.
Einen hohen Stellenwert räumte die Nationalratspräsidentin den Erinnerungsprojekten ein. So könne heute niemand mehr den Friedhof in Leonding betreten – wo sich das Grab der Familie Hitlers befindet -, ohne an die Opfer der Shoa erinnert zu werden. Es gebe noch Zeitzeugen, und sie müssten in die Vorbereitung einer Erinnerungs- und Gedenkkultur ohne Zeitzeugen einbezogen werden, forderte Prammer.
In seiner Dankansprache ging Moshe Hans Jahoda auf zwei Höhepunkte seines Abschieds von Österreich ein. Der erste sei der Abschied von seiner Mutter gewesen, im März 1939 auf dem Wiener Südbahnhof; er und seine Mutter hätten damals geahnt, dass sie sich nicht wiedersehen würden. Der zweite sei ein Brief von einer Freundin seiner Mutter nach dem Krieg gewesen, der ihn in Palästina erreicht habe. Der Brief, in dem Maria Hausner den jungen Moshe Jahoda mitteilte, dass Nachforschungen nach seiner Familie ohne Ergebnis geblieben waren, wurde bei der Feierstunde verlesen. Jahoda würdigte in seiner Dankansprache die gute Zusammenarbeit mit Wolfgang Schüssel, Ursula Plassnik und Barbara Prammer in der Erarbeitung von Hilfsmaßnahmen und Einrichtungen.
Für ihn habe Österreich "zwei Antlitze", schloss Jahoda seine Dankansprache: Eines sei nicht willig, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten und sich der Frage zu stellen, warum die Vernichtung von 65.000 österreichischen Juden so viele willige Helfer gefunden habe. Das zweite Antlitz sei das von reinen und mutigen Menschen, die sich diesen Fragen stellten – und sie seien keine schwache Minderheit.
Die Feierstunde wurde musikalisch gestaltet von Paul Gulda am Klavier; Cantor Shmuel Barzilai sang aus Nabucco (Chor der Gefangenen) und jüdische Lieder ("Mi Haish" und "Sog nischt kejnmol").
HINWEIS: Fotos von dieser Feier finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at
(Schluss)