Parlamentskorrespondenz Nr. 39 vom 27.01.2009

Bundesministeriengesetz passiert den Bundesrat

Auch Novellen zu Passgesetz und Zivildienstgesetz unbeeinsprucht

Wien (PK) – In der Sitzung der Länderkammer wurde vorerst Christoph Kainz (VP) aus Niederösterreich als neuer Bundesrat angelobt. Er folgt auf Walter Mayr, der zum Jahreswechsel in den Ruhestand getreten ist.

Bundesrat SCHENNACH (G/W) wies in einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung darauf hin, dass die BundesrätInnen, die nicht in der Präsidiale vertreten sind, zur Kenntnis nehmen mussten, dass – zusätzlich zur Novelle des Bundesministeriengesetzes - weitere Materien auf die Tagesordnung gesetzt wurden; ferner hätte man Einvernehmen bezüglich der Abstandnahme von der 24-Stunden-Frist erzielen können. Außerdem sprach Schennach die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Staatssekretär in der Dezember-Sitzung des Bundesrats an und plädierte dafür, dass die Mehrheitsfraktionen mit jenen Bundesräten, die einer Minderheit angehören, in einen Dialog eintreten. - Bundesrätin Mühlwerth (F/W) ersuchte gleichfalls, auch mit jenen BundesrätInnen, die keine Fraktion bilden, respektvoll umzugehen. "So viele Fraktionslose verschiedener Parteien gab es noch nie", betonte sie.

Zur Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 meinte Bundesrat SCHNENNACH (G/W), die Grünen wollten ein eigenes Frauenministerium, denn Frauenpolitik sei eine "Politik der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Frauen"; angesichts der weiter auseinanderklaffenden Einkommensschere zwischen Mann und Frau hätte man ein klares Signal für die Frauen setzen müssen. Unverständlich war dem Redner, dass man im Finanzressort zwei Staatssekretäre installiert habe; viel notwendiger wäre ein Staatssekretariat für die Bereiche Integration und europäische Integration. Er bemängelte auch, dass die Energie von der Umwelt getrennt geführt werde. Dass der Sport nun bei der Landesverteidigung ressortiere, ist aus Sicht des Redners eine "Geschmacksfrage".

Bundesrat KONECNY (S/W) erklärte, das Gesetz sei Ausfluss konkreter Parteienverhandlungen am Beginn einer Legislaturperiode, auch seien praktische Erfahrungen der Regierungsarbeit eingeflossen. Es werde versucht, den politischen Gewichten Rechnung zu tragen. Nach seiner Meinung sei es ein richtiger Schritt, dass das Segment Arbeit wieder in das Sozialministerium zurückkehrt, weil es um arbeitsmarktpolitische Aspekte gehe. Dass der Sport ins Landesverteidigungsministerium wandere, begründete der Redner damit, ein Minister, der selbst in diesem Bereich engagiert sei, biete eine Garantie dafür, dass diese Thematik nicht zu kurz komme. Besonders unterstrich der Bundesrat, dass es in den letzten eineinhalb Monaten eine "andere Form der Regierungsarbeit" gebe.

Bundesrätin MÜHLWERTH (F/W) stellte die Frage, wozu man ein Frauenministerium brauche, sei doch die Einkommensschere zwischen den Männern und Frauen nicht kleiner geworden und die Gleichberechtigung der Frauen bei qualifizierten Leitungsfunktionen nicht gegeben. Was erreicht wurde, sei "kaum nennenswert". Die jetzige Ministeriumsaufteilung sei nicht von sachpolitischen Zwängen getragen, sondern parteipolitisch motiviert, erklärte sie. Warum die Arbeit von der Wirtschaft wegkommen musste, sei jedem Kenner der Situation vor allem der Sozialdemokratie klar. Angesichts der ungelösten Probleme, hätten Wirtschaft und arbeitsmarktpolitische Fragen gebündelt und eine familienfreundliche Arbeitspolitik geschaffen werden müssen. Der Sport hätte ihrer Meinung nach aufgrund der Haltungsschäden der Jugendlichen und der hohen Zahl an übergewichtigen Kindern bei der Familie eingegliedert werden sollen.

Mit welcher Ressortverteilung die Bundesregierung ihre Zuständigkeiten wahrnimmt, sei eine von den Ländern respektierte autonome Entscheidung des Bundes, erklärte Bundesrat WEISS (V/V). Es sei daher eine vernünftige Tradition, der nach jeder Regierungsumbildung üblichen Änderung des Bundesministeriengesetzes keine Hindernisse in den Weg zu legen, wozu auch gehöre, ihr ein rasches Inkrafttreten zu ermöglichen. Bemerkenswert fand er u.a., dass das Gesetz im Rang eines einfachen Bundesgesetzes steht, während die Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen in einem sehr alten eigenen Bundesverfassungsgesetz geregelt sind. Die Tatsache, dass die Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt angesiedelt sind, lassen sich nach Meinung von Weiss auch positiv sehen: als ein Signal, dass es sich um eine Chefsache handelt.

Bundesrat KAMPL (B/K) kritisierte, es seien keine Positionen eingespart worden, sondern neue seien hinzugekommen, so gebe es eine neue Stabsstelle, neue Gruppen, Abteilungen und Referate wurden geschaffen und zahlreiche Umbesetzungen in den Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten vorgenommen. Außerdem wies der Redner auf allgemeine Schlagworte in der Vorlage hin, wichtiger wäre eine neue Politik etwa für ältere Arbeitnehmer und für armutsgefährdete Menschen; viele Fragen seien offen, strich er heraus.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) begründete die Ablehnung der Änderung des Bundesministeriengesetzes mit der aus ihrer Sicht ungenügenden Kompetenzlage für das Umweltministerium, insbesondere bei den Themen Energieversorgung, Energieeffizienz und Mobilität. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Konflikte zwischen landwirtschaftlichen und Umweltinteressen allzu oft zugunsten der Landwirtschaft entschieden werden, etwa im Wasserrecht und beim Schutz des Grundwassers.
Außerdem hätten sich die Grünen eine Staatssekretariat für Integration gewünscht, das für Migrationspolitik, Asylanten und für das Fremdenrecht zuständig sein sollte. Schließlich bemängelte die Rednerin noch den zu geringen Anteil von Frauen auf der Regierungsbank.

Staatssekretär Mag. SCHIEDER stellte vorweg fest, die neue Bundesregierung sei kleiner als vorige Bundesregierungen. Es sei wichtig, ein Frauenministerium zu haben, das zweckmäßigerweise im Bundeskanzleramt angesiedelt sei, weil Frauenthemen vielfach Querschnittsmaterien seien. Die Zuordnung der Arbeits-Agenden an das Sozialministerium sei richtig, weil dies optimale Synergien ermögliche. Als sinnvoll stellte der Staatssekretär auch die Einrichtung eines Staatssekretariats im Wirtschaftsministerium für die Familien- und Jugendagenden dar. Bei der Übertragung der Zuständigkeit für den Sport in das Verteidigungsressort erinnerte Schieder daran, dass der Verteidigungsminister schon in der Vergangenheit wichtige Aufgaben bei der Förderung des Spitzensports hatte, zumal das Bundesheer vielen Spitzensportlern die Möglichkeit bietet, ihren Sport auszuüben.

Eine Bundesregierung sei nicht an der internen Verteilung der Aufgaben zu messen, sondern an der Qualität ihrer Entscheidungen. Die Mitglieder der neuen Bundesregierung haben sich vorgenommen, ihre Aufgaben nicht als Einzelkämpfer zu lösen, sondern die gemeinsamen Ziele in der Zusammenarbeit zu erreichen.

Bundesrätin BLATNIK (S) reagierte auf die Ausführungen des Bundesrates Kampl und kritisierte die Blockade der Mindestsicherung durch das BZÖ in Kärnten. Blatnik brach eine Lanze für eine gesetzliche Mindestsicherung, "damit sich die Menschen nicht um Hilfe anstellen und darum betteln müssen".

Kein Einspruch.

Änderung des Zivildienstgesetzes

Bundesrat KALINA (S) begrüßte die Zivildiensgesetz-Novelle, mit der die Voraussetzungen zur Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener geschaffen werden. Der ehemalige Zivildiener zeigte sich  erfreut über die gesellschaftliche Anerkennung, die diese wichtige Gruppe junger Menschen nun für die gute Arbeit erhalte, die sie für das Land leisten. Kalina machte auf den fundamentalen Einstellungswandel aufmerksam, den die Gesellschaft zugunsten der Zivildiener im Laufe der Jahre mitgemacht hat. Hatte man sie anfangs als "Drückeberger" abqualifiziert, sei nun allen Menschen bewusst, dass Blaulichtorganisationen und Einrichtungen zur Pflege alter Menschen sowie zur Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Behinderten ihre Arbeit ohne Zivildiener schon längst nicht mehr erfüllen könnten. Aus diesem Grund hielt Bundesrat Kalina die längere Dauer des Zivildienstes gegenüber dem Präsenzdienst für nicht gerechtfertigt.

Bundesrätin RAUSCH (V) zeigte sich einer Meinung mit ihrem Vorredner und gab ihrerseits der Freude über die Anhebung des Verpflegungsbeitrages für die Zivildiener Ausdruck. Sie sah darin auch ein wichtiges Signal an diese jungen Menschen, die längst nicht mehr als zweitklassige Ersatzdienstleister betrachtet werden. Über die Dauer des Zivildienstes könne man diskutieren, sollte dabei aber nicht vergessen, die sozialen Leistungen für jene Menschen aufrechtzuerhalten, die diese brauchten.

Innenministerin Dr. FEKTER bezeichnete die vorliegende Novelle als notwendig und kündigte an, die Erhöhung des Verpflegungsgeldes der Zivildiener zugleich mit ihrem Inkrafttreten per Verordnung zu regeln. An die Mitglieder der Länderkammer richtete die Ministerin den Appell, bei den Zivildienstträgerorganisationen in den Ländern für die Teilnahme am "Zivildienst-Award" zu werben, denn man sollte hervorragende Leistungen der Zivildiener mindestens einmal im Jahr vor den Vorhang bitten, sie ehren und Anlass für mediale Berichterstattung geben.

Bundesrat SCHENNACH (G) zeigte sich erfreut darüber, dass sich die Innenministerin ebenso entschlossen hinter ihre Zivildiener stelle, wie der Verteidigungsminister hinter seine Soldaten und Soldatinnen. Die Anhebung des Verpflegungsbeitrags sei zu begrüßen, nicht zuletzt auch wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise, sagte Schennach und trat dafür ein, in Zukunft eine automatische Valorisierung einzuführen. Außerdem schlug der Redner vor, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen und einen einjährigen Zivildienst auch für Frauen zu öffnen. Die Ungleichbehandlung der Zivildiener bei der Dienstdauer gegenüber den Soldaten lehnte Schennach ab. Endlich lösen sollte man auch das Problem von Zivildienern, die in Wohngemeinschaften wohnen und deshalb keine Wohnbeihilfe erhalten. Als problematisch für das Ansehen des Rechtsstaates bei jungen Menschen bezeichnete der Bundesrat die lange Verfahrensdauer bei jenen vielen ungelösten Fällen, in denen Zivildiener Verpflegskosten nachgefordert haben. In diesem Zusammenhang erinnerte der Bundesrat an kritische Stellungnahmen der Volksanwaltschaft.

Bundesrat ERTL (F) räumte als ein ehemaliger Skeptiker gegenüber dem Zivildienst ein, seine Meinung grundlegend geändert zu haben, und sagte in Anerkennung für die Zivildiener, dass kaum eine Blaulichtorganisation ohne Zivildiener funktionieren könnte; ähnliches gelte für Einrichtungen der Altenpflege. Außerdem bewähre sich die Möglichkeit, Zivildiener zu Rettungssanitätern auszubilden, und ihnen so den Weg einer beruflichen Laufbahn bei einer Rettungsorganisation zu eröffnen. Würde man die allgemeine Wehrpflicht abschaffen, gäbe es auch keinen Zivildienst mehr, meinte Ertl und schlug vor, den Zivildienst auch für Frauen zu öffnen. Schließlich plädierte der Bundesrat für die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden und für die Möglichkeit der Zivildienstorganisationen, das Spendengütesiegel zu bekommen.

Kein Einspruch.

Änderung des Passgesetzes

Bundesrat DÖNMEZ (G) begründete die Ablehnung der Novelle des Passgesetzes durch die Grünen mit der Kritik des Datenschutzrates an der langen Speicherung der Daten sowie mit fehlenden Datenschutzstandards bei der Weitergabe der Daten an Drittstaaten, was befürchten lasse, dass sensible persönliche Daten auf den Schwarzmarkt gelangen könnten. Für unzweckmäßig hielt Dönmez auch die je nach Alter unterschiedliche Farbe der neuen Personalausweise, man müsse ja doch auf das Geburtsdatum achten, wenn ein vordem Fünfzehnjähriger seinen Ausweis nach seinem sechzehnten Geburtstag benützt.

Bundesrat SODL (S) bezeichnete es als vorteilhaft, wenn in Umsetzung einer EU-Richtlinie das Passdokument durch Aufnahme der Fingerabdrücke noch sicherer werde. Es liege im Interesse der Menschen, vor Betrügereien geschützt zu werden, sagte der Bundesrat, und drängte darauf, auch die Passdokumente anderer Länder fälschungssicherer zu machen. Aus Gründen des Datenschutzes werden biometrische Daten nicht gespeichert, sondern nach zwei Monaten gelöscht. Außerdem hat das EU-Parlament festgestellt, dass biometrische Daten nur zur Sicherung der EU-Außengrenze verwendet werden dürfen. Für andere Zwecke bedarf ihre Verwendung spezieller nationaler Gesetze. Kritisch sah der Bundesrat, dass die Mehrkosten für die Ausstellung der neuen Dokumente den Ländern und Gemeinden aufgebürdet würden. 

Bundesrat MAYER (V/V) erwartete sich von der Erfassung der Fingerabdrücke in den Reisedokumenten eine wesentliche Erhöhung des Sicherheitsstandards, verwies aber auf zusätzliche Mehrkosten, die durch die neuen Reisepässe nun den Bundesländern entstehen, und drängte auf eine entsprechende Änderung des Gebührengesetzes.

Bundesministerin Dr. FEKTER wertete das Gesetz vor allem unter dem Aspekt des Zusammenwirkens von Dokumentensicherheit und Missbrauchsverhinderung. Sie versicherte, dass die Auslese der Daten innerhalb der Schranken des Sicherheitspolizeigesetzes erfolge und eine allgemeine Verwendung nicht gestattet sei. So könne der Chip nur von jenen ausgelesen werden, die über eine entsprechende Zertifizierung verfügen, präzisierte Fekter.

Bundesrat ERTL (F/N) sah durch das Passgesetz eine langjährige Forderung der Exekutive verwirklicht und gab zu bedenken, die bisherigen Reisedokumente seien immer wieder von Neu-Österreichern missbraucht worden, zumal gerade Personen aus dem afrikanischen Raum durch Fotos nur sehr schwer zu identifizieren seien. Vor dem Hintergrund dieser Motivlage gehe es nun, wie Ertl betonte, auch darum, die richtigen Schlüsse für die Migrations- und Asylpolitik zu ziehen.

Bei der Abstimmung wurde gegen den Beschluss mehrheitlich kein Einspruch erhoben. (Schluss)


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