Parlamentskorrespondenz Nr. 837 vom 08.10.2009

Familienausschuss stimmt einkommensabhängigem Kindergeld zu

Opposition lehnt Gesetzentwurf geschlossen ab

Wien (PK) – Der Gesetzentwurf zur Einführung eines einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes hat die erste parlamentarische Hürde genommen. Der Familienausschuss des Nationalrats stimmte mehrheitlich dem von der Regierung vorgelegten Vorschlag zu. Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf wurden keine mehr vorgenommen.

Neben der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds werden mit dem Gesetzentwurf auch Adaptierungen bei der Zuverdienstgrenze vorgenommen und Sonderregelungen für Alleinerziehende geschaffen. Zudem werden der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld neu gestaltet sowie die Mindestbezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld und die Mindestdauer der arbeitsrechtlichen Karenz von drei auf zwei Monate gesenkt. Auch Mehrlingsgeburten werden künftig stärker berücksichtigt.

Während sich SPÖ- und ÖVP-Abgeordnete mit dem Gesetzentwurf durchwegs zufrieden zeigten und den in der Regierung erzielten Kompromiss ausdrücklich begrüßten, lehnte die Opposition die neuen Bestimmungen geschlossen als zu kompliziert ab. FPÖ und BZÖ monierten zudem, dass man mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld vom Grundsatz abgehe, wonach jedes Kind gleich viel Wert sei. Viel Kritik an Detailpunkten kam auch von den Grünen. Staatssekretärin Christine Marek betonte hingegen, im Gesetz seien bewusst zwei verschiedene Philosophien kombiniert. Damit komme man der unterschiedlichen Lebensrealität von Familien entgegen und biete größtmögliche Wahlfreiheit.

Im Konkreten ist vorgesehen, zusätzlich zu den bisherigen drei Bezugsvarianten von Kinderbetreuungsgeld (30+6 Monate 436 €, 20+4 Monate 624 € und 15+3 Monate 800 €) eine vierte bzw. fünfte Variante einzuführen, die auf das Einkommen der Kindergeld-BezieherInnen abstellt. Wer die neue Variante wählt, bekommt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes 80 % des letzten Nettoeinkommens ausbezahlt, wobei der Maximalbetrag 2.000 € beträgt und der Bezugsanspruch je Elternteil auf 12 Monate begrenzt ist. Für Personen mit keinem bzw. geringem Einkommen ist in der neuen 12+2-Variante alternativ ein Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 1.000 € in Aussicht genommen. Beantragt werden kann die einkommensabhängige Variante für Geburten ab 1. Oktober 2009, eine Auszahlung ist allerdings erst ab 1. Jänner 2010 vorgesehen.

Die von vielen Seiten als kompliziert kritisierten Bestimmungen betreffend die Zuverdienstgrenze werden flexibilisiert. Demnach dürfen Kindergeld-BezieherInnen künftig 60 % ihres Letzteinkommens dazuzuverdienen, wobei als Berechnungsgrundlage die Einkünfte im letzten Kalenderjahr vor der Geburt herangezogen werden. Alternativ bleibt der Pauschalbetrag von 16.200 € pro Jahr. Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte wie Funktionsgebühren werden beim Zuverdienst nicht mehr berücksichtigt. Wer sich für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entscheidet, für die/den gilt allerdings eine Sonderregelung: in diesen Fällen ist der Zuverdienst auf 5.800 € jährlich beschränkt.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, der ausschließlich in sozialen Härtefällen gewährt wird und rund 180 € im Monat beträgt, soll ab 1. Jänner 2010 umgestaltet werden. Er ist nunmehr als nicht rückzahlbare Beihilfe und nicht mehr als Kredit konzipiert und kann maximal für ein Jahr bezogen werden. Voraussetzung für den Bezug ist, dass das eigene Zusatzeinkommen 5.800 € pro Jahr und das jährliche Einkommen des Partners 16.200 € nicht überschreitet. Neu ist auch die Anpassung des Zuschusses für Zwillinge und andere Mehrlinge an die gewählte Pauschalvariante: statt zusätzlich einheitlich 7,27 € täglich stehen in Hinkunft 50 % des jeweiligen Tagesbetrages zu.

AlleinerzieherInnen können in Hinkunft in Härtefällen in allen Bezugsvarianten um bis zu zwei Monate länger Kinderbetreuungsgeld beziehen als bisher. Dieses verlängerte Kinderbetreuungsgeld wird etwa dann gewährt, wenn der Partner verstorben, schwer erkrankt oder in Haft ist. Ebenso kann es von einkommensschwachen AlleinerzieherInnen beantragt werden, wenn ihr Partner keinen Unterhalt zahlt, aber bereits ein entsprechendes Unterhaltsverfahren läuft.

Ziel der Gesetzesnovelle ist es den Erläuterungen zufolge, erwerbsorientierten Frauen die Verwirklichung eines Kinderwunsches zu erleichtern und die Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung zu erhöhen. Außerdem erwartet sich die Regierung eine Kaufkraftstärkung für Familien und rechnet generell mit positiven Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich.

Mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurden drei Entschließungsanträge der FPÖ (224/A[E], 258/A[E] und 268/A[E]) und ein Entschließungsantrag des BZÖ. Die FPÖ verlangt in ihren Anträgen unter anderem, den Karenzanspruch von Müttern und Vätern auf drei Jahre zu verlängern, Kinderbetreuungsgeld unabhängig von der Höhe des Zuverdienstes zu gewähren und bei schneller Geburtenfolge einen Geschwisterbonus auszuzahlen. Außerdem soll Abgeordneter Anneliese Kitzmüller und ihren FraktionskollegInnen zufolge Kinderbetreuungsgeld auch dann die volle Zeitspanne bezogen werden können, wenn sich die Eltern in der Betreuung nicht abwechseln. Die Abschaffung der Zuverdienstgrenze ist auch eine Forderung des BZÖ.

Von Seiten der SPÖ zeigten sich die Abgeordneten Franz Riepl, Gabriele Binder-Maier, Renate Csörgits, Gisela Wurm und Andrea Kuntzl mit dem Gesetzentwurf zufrieden. Riepl und Kuntzl erinnerten daran, dass das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld eine jahrelange Forderung der SPÖ sei, und zeigten sich erfreut, dass es nun eingeführt werde. Sie erkenne an, dass Staatssekretärin Marek hier als "Eisbrecherin" fungiert habe, sagte Kuntzl und äußerte die Hoffnung, dass sich die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung künftig erhöhen werde. Eine komplette Systemumstellung ist Kuntzl und Binder-Maier zufolge nicht möglich gewesen, es wäre, so Kuntzl, auch nicht sinnvoll, das System alle paar Jahre zu ändern.

Eine Verlängerung der Karenz auf drei Jahre, wie von der FPÖ gefordert, lehnten die SPÖ-VertreterInnen geschlossen ab. Ein solcher Schritt wäre kontraproduktiv, meinte etwa Abgeordnete Binder-Maier, und würde den Wiedereinstieg ins Berufsleben erschweren. Abgeordnete Csörgits gab zu bedenken, dass langjährige Kinderpausen mit ein Grund für die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen seien.

Abgeordnete Wurm verwies auf die Bedeutung des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen. In allen Ländern, in denen es ein gutes Angebot an Kinderbetreuung gebe, gebe es eine höhere Geburtenrate, konstatierte sie.

Die ÖVP zeigte wenig Verständnis für die "geballte Ablehnung" des Gesetzentwurfs durch die Opposition. Sowohl Ausschussvorsitzende Ridi Maria Steibl (V) als auch ihre FraktionskollegInnen Anna Höllerer, August Wöginger und Gabriele Tamandl hoben die zusätzlichen Wahlmöglichkeiten für Eltern hervor. Einen verstärkten Anreiz für die Inanspruchnahme der Kurzvarianten könne er nicht erkennen, sagte Wöginger, schließlich sei die Gesamtsumme bei den Langzeitvarianten nach wie vor höher.

Wöginger äußerte sich auch zuversichtlich, dass das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld zu einer Erhöhung der Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung führen werde. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Väterbeteiligung bei den Kurzzeitvarianten bereits jetzt größer sei als bei den Langzeitvarianten. Konkret beträgt sie ihm zufolge bei der Variante 15+3 10 % und bei der Variante 30+6 4 %.

Abgeordnete Tamandl erwartet sich, wie sie ausführte, durch die neue individuelle Zuverdienstgrenze von 60 % des Letzteinkommens eine wesentliche Erleichterung für die Betroffenen. Abgeordnete Höllerer erklärte, es sei wichtig, dass sich Frauen, die länger zuhause bei ihren Kindern bleiben, sich rechtzeitig mit ihrer Berufssituation auseinandersetzen und die Zeit etwa für Weiterbildung nützen.

Enttäuscht vom Gesetzentwurf zeigten sich die Grünen. Es handle sich weder um einen großen Wurf, noch um einen kleinen Schritt, formulierte Abgeordnete Daniela Musiol (G). Die Regierung sei zwar in die richtige Richtung gestartet, aber schließlich falsch abgebogen. Die Chance, das gesamte System "zu entrümpeln", sei nicht genutzt worden. Statt einer Vereinfachung der Bestimmungen stünden künftig fünf verschiedene Varianten zur Verfügung.

Musiol übte auch an zahlreichen Detailpunkten des Gesetzes Kritik. So bemängelte sie fehlende Übergangsregelungen und wertete die Härtefallregelung für AlleinerzieherInnen als nicht nachvollziehbar. Sie verstehe nicht, warum die längere Bezugsdauer nicht allen AlleinerzieherInnen zugute komme, sagte Musiol und ortet ideologische Gründe. Zudem glaubt sie, dass durch die unterschiedliche Gesamtsumme lange Bezugsvarianten forciert werden sollen. Dass nach wie vor rund zwei Drittel der Frauen die Langzeitvariante beim Kindergeld wählen, könnte ihr zufolge auch am geringen Angebot an Kindergartenplätzen für Ein- bis Dreijährige liegen.

Positiv wertete Musiol die Umgestaltung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in eine echte Beihilfe und die Neuregelung des Zuschusses für Mehrlingsgeburten.

Musiols Fraktionskollegin Judith Schwentner sprach von vielen Ungereimtheiten im Gesetz und qualifizierte u.a. die 60%-Regelung bei der Zuverdienstgrenze als problematisch. Ebenso kritisierte sie die Herausnahme der Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Zuverdienstgrenze. Zustimmung signalisierten die Grünen zum FPÖ-Antrag nach Ausweitung der Karenz auf drei Jahre.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) bemängelte, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehe man von der bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes eingeschlagenen Linie ab, das Kinderbetreuungsgeld als Familienleistung und nicht als Versicherungsleistung zu sehen. Die einkommensabhängige Variante widerspreche außerdem dem Grundsatz, dass alle Kinder gleich viel wert seien.

Darüber hinaus kritisierten Haubner und ihr Fraktionskollege Sigisbert Dolinschek den hohen Verwaltungsaufwand. Die Neuregelung sei, so Haubner, an Kompliziertheit nicht zu überbieten. Positiv beurteilte sie die Umgestaltung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld, kritisierte aber gleichzeitig, dass dieser nur für maximal ein Jahr gewährt werde.

Haubner und Dolinschek schlugen vor, anstelle der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes die Zuverdienstgrenze zu streichen. Damit würde ihrer Meinung nach nicht nur der Verwaltungsaufwand gesenkt, sondern auch die Väterbeteiligung erhöht.

Seitens der FPÖ äußerte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein den Verdacht, dass die Gesetzesvorlage ausschließlich auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnitten sei und nicht auf jene von Familien. Statt das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen, gehe es den Regierungsparteien darum, Frauen so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern, kritisierte sie. Auch eine höhere Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung ist für sie kein notwendiges Ziel, die Entscheidung solle man, so die Abgeordnete, lieber den Familien selbst überlassen.

Ähnlich argumentierten auch Belakowitschs FraktionskollegInnen Norbert Hofer und Edith Mühlberghuber (F). Hofer meinte, er verstehe nicht, warum die SPÖ einem Gesetz zustimme, das festschreibe, dass das Kind eines Bankdirektors mehr wert sei als jenes eines Facharbeiters. Abgeordnete Anneliese Kitzmüller hob die Notwendigkeit hervor, den Eltern Wahlfreiheit zu lassen, ob sie ihre Kinder selbst betreuen oder so schnell wie möglich wieder in den Beruf einsteigen wollen. Sie sieht auch jene benachteiligt, die knapp nach der Geburt eines Kindes ein weiteres Kind bekommen.

Staatssekretärin Christine Marek hielt der Opposition entgegen, die Komplexität des Gesetzes sei durch die Breite der Wahlmöglichkeiten für Eltern bedingt. Man könnte auch ein einfaches System verankern, meinte sie, das würde aber die individuellen Wahlmöglichkeiten einschränken. Man habe sich bewusst dafür entschieden, im Gesetz zwei verschiedene Philosophien zu kombinieren, um der Lebensrealität von Familien gerecht zu werden.

Eine Übergangsregelung für Personen, die bereits Kinderbetreuungsgeld beziehen, ist nach Darstellung Mareks aus Verwaltungsgründen nicht möglich. Sie versicherte jedoch, dass ein durchgehender Versicherungsschutz auch für all jene gewährleistet sei, die bereits im Oktober ihr Kind bekommen und sich für das ab Jänner ausgezahlte einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entscheiden.

Die kürzere Bezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld durch AlleinerzieherInnen gegenüber Paaren begründete Marek damit, dass es um ein Anreizsystem für Väter gehe und nicht um eine Bestrafung von Alleinerziehenden. Zudem erachtet sie für AlleinerzieherInnen nicht die Verlängerung des Bezugs vom Kinderbetreuungsgeld als vordringlich, sondern die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sei eigentlich eine Sozialleistung und keine Familienleistung, sagte Marek, trotzdem habe sich die Regierung entschlossen, ihn weiterzuführen.

In Richtung BZÖ und FPÖ merkte Marek an, man könne nicht für Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung sein, gleichzeitig aber die im Gesetz vorgesehenen Wahlmöglichkeiten ablehnen. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld solle besser qualifizierten und besser verdienenden Eltern einen Anreiz bieten, ihren Kinderwunsch zu realisieren. Schließlich zeigten Daten, dass gerade diese Gruppe wenig Kinder bekomme. In diesem Zusammenhang verwies Marek auch darauf, dass in den Ländern, in denen es eine hohe Geburtenrate gebe, auch die Frauenerwerbsquote hoch sei. Dass die Familie von der Wirtschaft "unterjocht" werde, nannte sie ein "widersinniges Argument".

Die Forderung der FPÖ, die Karenz auf drei Jahre zu verlängern, lehnte Marek ab. Damit würde den Frauen nur "Sand in die Augen" gestreut, warnte sie, und der Wiedereinstieg ins Berufsleben nicht erleichtert. Vielmehr sei es wichtig, schon beim Ausstieg aus dem Berufsleben an den Wiedereinstieg zu denken und wenn möglich mit einem Fuß im Unternehmen zu bleiben.

Die Zuverdienstgrenze qualifizierte Marek als wichtig, um Väter stärker in die Kinderbetreuung zu bringen. Eine völlige Abschaffung würde dieses Ziel konterkarieren, skizzierte sie. Zudem würde es Mehrkosten in der Höhe von 300 Mio. € verursachen, was ein knappes Drittel der Gesamtkosten des Kinderbetreuungsgelds in der Höhe von einer Mrd. € wäre.

Auch von der Verkürzung der Mindestkarenzdauer und der Mindestbezugszeit von Kinderbetreuungsgeld auf zwei Monate erwartet sie sich eine stärkere Väterbeteiligung. Zwei Monate Auszeit für Väter seien leichter zu realisieren als drei Monate, argumentierte sie. Insgesamt erhofft sich Marek bei der einkommensabhängigen Variante eine Väterbeteiligung im Ausmaß von 20 %.

Zur besseren Information der Betroffenen stellte Marek eine eigene Homepage mit Informationen über das Kinderbetreuungsgeld in Aussicht. Sie sagte auch eine Evaluierung des Systems zu, wobei besonderes Augenmerk auf den Faktor der Väterbeteiligung und auf die Komplexität der Regelungen gelegt werden solle.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit S-V-Mehrheit angenommen.

Die Anträge 258/A(E) und 268/A(E) gelten als miterledigt. Mehrheitlich abgelehnt wurden der Antrag 224/A(E) und der Entschließungsantrag des BZÖ.

Kindergartenpflicht: Grüne gegen Ausnahmen für behinderte Kinder

Vom Familienausschuss vertagt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen, der darauf abzielt, die zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossene Vereinbarung über die Einführung eines verpflichtenden Kindergartenjahrs zu ändern. Abgeordnete Helene Jarmer und ihre FraktionskollegInnen pochten darauf, dass die Kindergartenpflicht im letzten Jahr vor Schuleintritt auch für Kinder mit Behinderungen gelten müsse, und fordern die Schaffung der erforderlichen räumlichen, personellen und kommunikativen Voraussetzungen. Die bestehende Ausnahmeregelung beruht ihrer Ansicht nach auf einem falsch verstandenen Fürsorgegedanken, der die "Aussonderung" von Kindern mit Behinderungen zu verfestigen drohe.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) erklärte für seine Fraktion, sie lehne die Kindergartenpflicht als Widerspruch zur Wahlfreiheit der Eltern aus prinzipiellen Erwägungen ab, weshalb sie konsequenterweise auch diesem Antrag die Zustimmung verweigern müsse. Dessen ungeachtet sei natürlich auch der FPÖ die Ungleichbehandlung der betroffenen Kinder bewusst, hier bestehe Handlungsbedarf. Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) erinnerte an die vielen Mittel und Ressourcen, die zur Integration aufgewendet würden. Ziel müsse es sein, allen Kindern möglichst bald völlige Integration zu garantieren.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) plädierte im Sinne von Barrierefreiheit und Integration dafür, die Betroffenen entsprechend einzubinden. Immerhin gebe es gesetzliche Grundlagen, die immer und überall einzuhalten seien. Abgeordnete Anna Höllinger (V) sprach von einem großen Erfolg der eingeführten Regelung, da durch sie alle Fünfjährigen einen Rechtsanspruch hätten. Ausnahmen gebe es nur auf der Basis eines Antrags der Eltern. Da aber gerade auf dem in Rede stehenden Gebiet eine eigene Arbeitsgruppe mit der Thematik befasst sei, solle man die Ergebnisse dieser Arbeit abwarten, so Höllerer, die einen Antrag auf Vertagung stellte.

Nachdem Staatssekretärin Christine Marek grundsätzliche Anmerkungen zur Thematik gemacht und über die bisherige Tätigkeit der erwähnten Arbeitsgruppe berichtet hatte, meinte Abgeordnete Helene Jarmer (G), die Existenz einer Arbeitsgruppe sei gut, es brauche aber auch die Beteiligung der Betroffenen, denn in der Praxis seien konkrete Fortschritte gefragt.

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. (Schluss)