Parlamentskorrespondenz Nr. 1034 vom 25.11.2009

Vorlagen: Verfassung

SPÖ und ÖVP wollen Kinderrechte in Verfassung verankern

SPÖ und ÖVP haben gemeinsam ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern vorgelegt (859/A). Es besteht aus insgesamt 9 Artikeln und sieht unter anderem einen Rechtsanspruch von Kindern auf Schutz und Fürsorge, ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, altersgerechte Mitspracherechte und ein Verbot von Kinderarbeit vor. Außerdem sollen Kinder grundsätzlich Anspruch auf regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Laut Antrag ist allerdings eine gesetzliche Beschränkung von Kinderrechten aus bestimmten Gründen möglich, wobei in den Erläuterungen konkret z.B. straf- und fremdenrechtliche Maßnahmen und berücksichtigungswürdige Elterninteressen genannt werden. Allgemein weisen SPÖ und ÖVP darauf hin, dass seit der Ratifikation der UN-Kinderrechtskonvention vor 20 Jahren über eine Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung diskutiert wird.

Koalitionsparteien drängen auf Richtlinien für Regierungswerbung

Ein gemeinsamer Entschließungsantrag der Koalitionsparteien zielt auf die Erarbeitung von Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen gemäß den Empfehlungen des Rechnungshofs ab (860/A[E]). Geht es nach den Abgeordneten Günther Kräuter (S) und Hermann Gahr (V), soll etwa bei Inseraten von Ministerien und anderen Informations- und Werbemaßnahmen der Regierung der Sachinhalt eindeutig im Vordergrund stehen und parteipolitische Wahlwerbung vermieden werden. Außerdem urgieren sie die Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

BZÖ fordert Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung

Das BZÖ spricht sich in einem Entschließungsantrag für die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung aus (861/A[E]). Abgeordneter Wolfgang Spadiut und seine FraktionskollegInnen weisen darauf hin, dass es in Deutschland und der Schweiz bereits diesbezügliche Verfassungsbestimmungen gebe und auch der österreichische Nationalrat im Mai 2004 eine entsprechende Entschließung gefasst hat. Im Wortlaut schlägt das BZÖ folgende Formulierung vor: "Der Staat schützt das Leben und das Wohlbefinden der Tiere aus der Gewissheit der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf."

Wahlrecht: Koalition schlägt eine Reihe von Detailänderungen vor

Ein von den beiden Koalitionsparteien gemeinsam vorgelegter Entwurf für ein Wahlrechtsänderungsgesetz 2010 hat zahlreiche Detailänderungen in der Nationalrats-Wahlordnung, der Europawahlordnung, im Wählerevidenzgesetz und in anderen Wahlrechtsgesetzen zum Inhalt (866/A). Unter anderem wollen SPÖ und ÖVP die Wahlkarte neu gestalten, die Bestimmungen über die Briefwahl vereinheitlichen, behinderten Menschen ein "Wahlkarten-Abonnement" ermöglichen und die bisher in der Wiener Zeitung erfolgte Veröffentlichung von Wahlvorschlägen und Wahlergebnissen durch Verlautbarungen im Internet ersetzen. Außerdem sind verschiedene Präzisierungen und Klarstellungen geplant.

Mit der Neugestaltung der für eine Briefwahl benötigte Wahlkarte reagiert die Koalition auf ein Ersuchen des Datenschutzrats. Die Karte soll künftig eine verschließbare Lasche erhalten, damit persönliche Daten der WählerInnen nicht mehr von außen ersichtlich sind. Gleichzeitig werden die Bestimmungen für die Briefwahl bei Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen an jene bei Europawahlen angepasst. Demnach müssen der Wahltag und die Uhrzeit der Stimmabgabe künftig nicht mehr auf der Wahlkarte angegeben werden, auch die zwingende Übermittlung auf dem Postweg entfällt. Etwaige Portokosten übernimmt in Hinkunft der Staat.

Personen, die wegen eines körperlichen Gebrechens nicht in der Lage sind, ein Wahllokal zu besuchen, können künftig die automatische Zusendung einer Wahlkarte beantragen ("Wahlkarten-Abonnement"). Außerdem haben sie künftig einen Anspruch darauf, von einer "fliegenden Eintragungsbehörde" besucht zu werden, wollen sie ein Volksbegehren unterschreiben. Weiters neu sind eine 24-stündige Fristerstreckung für das Einlangen von Wahlkarten, sollte der achte Tag nach dem Wahltag auf einen Feiertag fallen, eine Kollisionsnorm für den Fall, dass eine Person auf Wahlvorschlägen verschiedener Parteien kandidiert, und der generelle Wegfall der Verpflichtung, das Wählerevidenzverzeichnis im Vorfeld von Wahlen auch an Sonntagen aufzulegen. Um Informationsbedürfnissen der WählerInnen gerecht zu werden, ist vorgesehen, die Wahlvorschläge nicht nur wie bisher in der Wahlzelle anzuschlagen, sondern vor jedem Wahllokal zu veröffentlichen.

BZÖ beantragt Änderung des Parteiengesetzes

Das BZÖ beantragt eine Änderung des Parteiengesetzes (867/A). Abgeordneter Stefan Petzner und seine FraktionskollegInnen wollen damit eine teilweise Rückzahlung des nach den letzten EU-Wahlen an die anderen Parteien ausgezahlten Wahlwerbungskosten-Beitrags an die öffentliche Hand erreichen. Begründet wird die Forderung damit, dass aufgrund der im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Aufstockung der österreichischen EP-Mandate von 17 auf 19 nun auch das BZÖ in das EU-Parlament nachrückt und der damit verbundene Anspruch auf einen nachträglichen Wahlwerbungskosten-Beitrag nicht dazu führen soll, dass die gesetzliche Gesamtbegrenzung der Wahlkampfkostenrückerstattung überschritten wird.

Grüne: Gesetzesvorhaben auf Kinder- und Jugendverträglichkeit prüfen

Die Grünen sprechen sich in einem Entschließungsantrag dafür aus, Gesetzesvorhaben künftig auf ihre Kinder- und Jugendverträglichkeit zu prüfen und einen entsprechenden Leitfaden für LegistInnen zu entwickeln (874/A[E]). Sie wollen damit sicherstellen, dass Kinderrechte bei politischen Vorhaben berücksichtigt werden. In der Begründung verweist Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill auch auf einen entsprechenden Passus im Regierungsprogramm.

FPÖ will Regierungswerbung einschränken

Auch die FPÖ hat zur Frage der Regierungswerbung einen Entschließungsantrag eingebracht (883/A[E]). Abgeordneter Werner Neubauer und seine FraktionskollegInnen drängen darauf, bei der Ausarbeitung der geplanten Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen auf wirtschaftliche Ausnahmesituationen Bedacht zu nehmen und in Krisenzeiten nur unbedingt erforderliche Informationsmaßnahmen zuzulassen.

Datenschutz soll zur Gänze Bundeskompetenz werden

Um verschiedene Probleme zu beseitigen, die in den vergangenen Jahren bei der Vollziehung datenschutzrechtlicher Bestimmungen aufgetreten sind, will die Regierung das seit dem Jahr 2000 geltende Datenschutzgesetz umfassend novellieren (472 d.B.). Unter anderem sieht der Gesetzentwurf vor, die Zuständigkeit zur Gesetzgebung und zur Vollziehung des Datenschutzes zur Gänze dem Bund zu übertragen, das Grundrecht auf Datenschutz in eine sprachlich verbesserte Form zu fassen, das Datenschutzgesetz um detaillierte Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Videoüberwachungen durch Private zu ergänzen, den Rechtsschutz durch eine präzisere Regelung des Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzkommission zu verbessern, das Registrierungsverfahren für Datenanwendungen zu vereinfachen und Unternehmen die Möglichkeit verbindlicher einseitiger Erklärungen einzuräumen. Gleichzeitig sind verschärfte Sanktionen bei der Vernachlässigung von Meldepflichten in Aussicht genommen.

Für Videoüberwachungen gilt laut Gesetzentwurf, dass sie grundsätzlich einer Meldepflicht und einer Vorabkontrolle unterliegen und zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müssen. Außerdem sind Anlagen zur Videoüberwachung entsprechend zu kennzeichnen und aufgezeichnete Daten, sofern sie nicht für Beweis- bzw. Schutzzwecke benötigt werden, innerhalb von 48 Stunden zu löschen. Jeder Verwendungsvorgang ist zu protokollieren. Ausdrücklich untersagt ist die Videoüberwachung an Orten, die zum "höchstpersönlichen Lebensbereich" eines Betroffenen zählen, z.B. in WCs und in Umkleidekabinen, sowie zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten. Weitergegeben werden können aufgezeichnete Daten, wenn der Verdacht auf eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung besteht.

Für den Beschluss der Datenschutzgesetznovelle 2010 ist eine Zweidrittelmehrheit sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat erforderlich. Die Regierung strebt ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2010 an.

Dienstrechts-Novelle bringt Mobbing-Verbot im öffentlichen Dienst

Ein ganzes Bündel unterschiedlichster Gesetzesadaptierungen im Bereich des öffentlichen Dienstes bringt die 2. Dienstrechts-Novelle 2009 (488 d.B.). Unter anderem ist vorgesehen, die Dienstpflichten von Beamten und Vertragsbediensteten zu vereinheitlichen, ein Mobbingverbot im öffentlichen Dienst festzuschreiben, Frauen bei der Aufnahme in den Bundesdienst und bei der Besetzung von Führungspositionen im Falle einer Unterrepräsentation weiter zu bevorzugen, teilzeitbeschäftigte Exekutivbeamte, die einen zweiten Job haben, vermehrt zu Überstundenleistungen zu verpflichten, die vorübergehende Anhebung des "Kilometergeldes" um ein Jahr zu verlängern, die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen sexueller Belästigung von einem Jahr auf drei Jahre auszudehnen und die Erenennungserfordernisse für Vertragslehrer an Landwirtschaftsschulen zu adaptieren. Außerdem wird in Anlehnung an eine 2008 verabschiedete Verfassungsänderung geregelt, dass die jeweils oberste Dienstbehörde Auskunftsrechte gegenüber weisungsfreien Organen – z.B. der Bundes-Gleichbehandlungskommission, Disziplinar-, Berufungs- und Prüfungskommissionen – hat und dass deren Mitglieder aus bestimmten Gründen, z.B. grober Pflichtverletzung, abberufen werden können.

Unter dem Titel "Mobbingverbot" werden öffentlich Bedienstete künftig ausdrücklich zu einem achtungsvollen Umgang miteinander und zur gut funktionierenden Zusammenarbeit angehalten. So sind Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die die menschliche Würde verletzen oder sonst diskriminierend sind. Im Falle des Zuwiderhandelns droht ein Disziplinarverfahren.

Um die bundesinterne Mobilität zu stärken, werden die Dienststellen verpflichtet, bundesinterne Stellenausschreibungen auch der Jobbörse zu melden. Außerdem soll es mehr Transparenz bei der Aufnahme von Karenzvertretungen und der Übernahme von VerwaltungspraktikantInnen und Lehrlingen in ein Dienstverhältnis geben. Die Bestimmung, wonach in jeder Ausschreibung offen zu legen ist, mit welcher Gewichtung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Beurteilung von BewerberInnen berücksichtigt werden, wird unbefristet verlängert. Bei der Aufnahme und bei der Besetzung von Führungspositionen müssen gleich qualifizierte Frauen männlichen Bewerbern künftig so lange vorgezogen werden, bis eine Frauenquote im entsprechenden Verwendungsbereich bzw. auf der entsprechenden Führungsebene von zumindest 45 % (bisher 40 %) erreicht ist.

Die finanziell größten Auswirkungen hat die neue Bestimmung, dass auch Exekutivbeamte in Städten eine Pauschalvergütung gemäß Reisegebührenvorschrift erhalten, wenn sie überwiegend im Außendienst beschäftigt sind. Die jährlichen Mehrkosten von 5,3 Mio. € werden vom Innenministerium im Rahmen seines Budgets getragen.

Neu ist weiters, dass das jeweils zuständige Regierungsmitglied mittels Verordnung regeln kann, welche konkreten Nebenbeschäftigungen für BeamtInnen in jedem Fall unzulässig sind. Vertragsbedienstete werden bei so genannten "Wegunfällen" besser gestellt. SoldatInnen, die sich für einen Auslandseinsatz bereit halten, erhalten die Bereitstellungsprämie und Bereitstellungsvergütung in Hinkunft auch bei Übungen im Ausland.

Regierung legt flankierende Maßnahmen zur Haushaltsrechtsreform vor

Eine weitere Gesetzesvorlage der Regierung, die den öffentlichen Dienst betrifft, hat flankierende Maßnahmen zur zweiten Etappe der Haushaltrechtsreform zum Inhalt (489 d.B.). Zum einen geht es um Fragen der Koordination dienstbehördlicher Strukturen, zum anderen um die Schaffung einer materiell-rechtlichen Grundlage für die Verrechnung des vom Dienstgeber zu tragenden Pensionsbeitrags für BeamtInnen an die zuständige Dienstbehörde. Insbesondere durch die geplante Zusammenführung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung könnten sich Auswirkungen auf die Dienstbehördenstruktur ergeben, heißt es in den Erläuterungen. (Schluss)