Parlamentskorrespondenz Nr. 1057 vom 01.12.2009

Parlamentarische Fraueninitiative: NEIN zu Gewalt an Frauen

Wien (PK) – Unter dem Motto "NEIN zu Gewalt an Frauen – parlamentarische Frauenallianz als starkes Signal gegen Gewalt" stand heute eine Pressekonferenz im Parlament. Gemeinsam mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer stellten die Frauensprecherinnen aller Fraktionen des Nationalrats - die Abgeordneten Gisela Wurm (S), Dorothea Schittenhelm (V), Carmen Gartelgruber (F), Martina Schenk (B) und Judith Schwentner (G)  - ihre Initiative vor.

Es gelte, im Kampf gegen Gewalt an Frauen – die sehr oft auch Kinder betreffe – eine klare Grenze zu ziehen, eröffnete Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Pressekonferenz. Österreich sei bei diesem Thema führend, wie sie bei internationalen Kontakten immer wieder feststellen könne. Prammer erinnerte an zahlreiche einschlägige Initiativen im Parlament und kündigte deren Weiterführung an, etwa im Zusammenhang mit der Checklist von UNIFEM, des United Nations Development Fund for Women. Prammer gab auch der Hoffnung Ausdruck, männliche Parlamentarier ins Boot holen zu können, die diese Anliegen unterstützen; denn es gebe nicht nur Opfer, sondern auch Täter. Zufrieden zeigte sich Prammer damit, dass es in den letzten Jahren gelungen sei, ein früher vielfach tabuisiertes Thema zu enttabuisieren.

Der Europarat habe seine Kampagne im Kampf gegen Gewalt an Frauen in Wien abgeschlossen, weil Österreich zu den Ländern mit "best practise" auf diesem Gebiet zähle, erklärte SP-Frauensprecherin Gisela Wurm. Der Wert körperlicher Unversehrtheit sei – nicht zuletzt im Hinblick auf die Tatsache, dass 90 % der Opfer weiblich seien - sehr hoch zu veranschlagen, und das Opfer müsse stets im Mittelpunkt stehen. Das Gewaltschutzgesetz dürfe nicht statisch gesehen werden, Änderungen seien eine ständige Notwendigkeit, sagte Wurm und forderte eine ausreichende finanzielle Dotierung für Gewaltschutzzentren.

Gewalt an Frauen und Gewalt innerhalb der "eigenen vier Wände" seien keine Privatsache, sondern eine "öffentliche Angelegenheit", der sich die Politik stellen müsse, konstatierte VP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm. Fast die Hälfte der Opfer seien betroffene bzw. mit betroffene Kinder. Bei 11.879 registrierten Fällen von Gewalt im Jahr 2008 habe es 6.566 Wegweisungen zum Schutz von Frauen gegeben, informierte Schittenhelm und verwies auch auf die Fälle psychischer Gewalt. Auch sie sprach sich für den weiteren Ausbau des Opferschutzes bzw. der entsprechenden Einrichtungen aus. "Die Erziehung gegen Gewalt muss aber schon im Kindergarten beginnen", stellte die Abgeordnete fest, zumal Kinder, die mit Gewalt aufwüchsen, selbst oft später zur Gewalttätigkeit neigten.

FP-Frauensprecherin Carmen Gartelgruber kam in ihrem Statement auf Gewaltdelikte im Zusammenhang mit der Migration zu sprechen und ging auf die Themen Zwangsehen, Ehrenmorde und Genitalverstümmelung ein. Genitalverstümmelung müssten juristisch als schwere Körperverletzung geahndet werden, sagte Gartelgruber. Das Problem der Zwangsverheiratung gebe es auch in Österreich; es sei daher eine Beratung für junge Musliminnen erforderlich, in die auch islamische Geistliche einbezogen werden sollten. Bei den Frauenhäusern gebe es ein deutliches Ost-West-Gefälle, insgesamt gebe es viel zu wenige Plätze. Die Abgeordnete trat daher für die gesetzliche und finanzielle Absicherung und den Ausbau dieser Einrichtungen ein.

Die Frauensprecherin des BZÖ, Martina Schenk, zeigte sich zufrieden mit der Tatsache, dass innerhalb kurzer Zeit bereits die zweite fraktionenübergreifende Initiative von Frauen laufe. Schenk erinnerte an die besondere Verantwortung, die Medien beim Thema Gewalt an Frauen hätten, zumal sie "Identifikationsfiguren" anböten. Mit deutlicher Kritik wandte sich die Abgeordnete gegen die Praxis einer großen Tageszeitung, auf den Seiten der Innenpolitik die Zwangprostitution zu verurteilen, im Anzeigenteil aber Prostitution in Wort und Bild zu haben. Hier gebe es Handlungsbedarf, betonte Schenk; die Medien sollten sich fragen, welches Bild sie verbreiten wollten.

Die Frauensprecherin der Grünen, Abgeordnete Judith Schwentner, stellte fest, dass gemäß einem in NÖ verteilten Leitfaden rund 25 % der Opfer von Gewalt ein Krankenhaus aufsuchten. Sie forderte daher eine entsprechende Ausbildung, die in die Curricula von Ärzten und anderem medizinischen und pflegendem Personal eingebaut werden müsse. Als positives Beispiel nannte sie in diesem Zusammenhang die klinisch forensische Ambulanz in Graz, auf deren Daten Gewaltopfer auch später noch zurück greifen könnten. Schwentner kritisierte, dass TARA in Graz, die in der Begleitung von Opfern in einschlägigen Prozessen tätig sei, keine Unterstützung mehr bekäme und das Haus Mirjam in Salzburg vom Zusperren bedroht sei. Die Wirtschaftkrise sei auch Auslöser von Gewalt gegen Frauen, stellte Schwentner fest, und forderte einen nationalen Aktionsplan. Innenministerin Maria Fekter und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sollten endlich zu einer Vereinbarung bezüglich einer Notwohnung für Opfer von Zwangsverheiratung gelangen, forderte die Abgeordnete.

HINWEIS: Fotos von dieser Pressekonferenz finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at

(Schluss)

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