Parlamentskorrespondenz Nr. 185 vom 22.03.2010

Viele Übereinstimmungen zwischen Österreich und Kroatien

Wien (PK) – Der Präsident des Sabors der Republik Kroatien, Luka Bebic, der gestern zu einem offiziellen Besuch in Österreich eingetroffen ist, wurde heute Mittag von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Hohen Haus begrüßt und zu einem Gedankenaustausch gebeten. Im Mittelpunkt des einstündigen Gesprächs standen die Themen EU-Beitritt Kroatiens, die Rolle der nationalen Parlamente bei der Umsetzung des Lissabon-Vertrags, Minderheiten- und Volksgruppenpolitik in Kroatien und Österreich und das Projekt einer gentechnikfreien Alpen-Adria-Region.

Barbara Prammer und Luka Bebic bezeichneten die österreichisch-kroatischen Beziehungen übereinstimmend als hervorragend, erinnerten an weit in die Geschichte zurückreichende Gemeinsamkeiten der beiden Länder und äußerten beiderseits den Wunsch, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Parlamenten weiter zu vertiefen. In diesem Zusammenhang zeigte sich Präsidentin Prammer einmal mehr überzeugt, dass die nationalen Parlamente bei der Umsetzung des Lissabon-Vertrags vor großen Herausforderungen stehen. Von der Umsetzung des Lissaboner Vertrags und der neuen Rolle der nationalen Parlamente in der EU, auf die sich der kroatische Sabor intensiv vorbereite, erwartet sich Präsident Bebic eine deutliche Verringerung des demokratischen Defizits in der EU.

Für die Anstrengung Kroatiens und seines Parlaments, die EU-Beitrittsverhandlungen voran zu treiben, zeigte Prammer große Anerkennung und äußerte große Freude über den Beschluss des kroatischen Umweltausschusses für eine gentechnikfreie Zone in der Alpen-Adria-Region. Prammer gab ihrer Freude darüber Ausdruck, Kroatien schon bald als 28. Mitgliedstaat in der EU begrüßen zu können. Für sie sei die europäische Integration "ein Weg ohne Alternative", sagte die Nationalratspräsidentin, auch für die anderen Länder auf dem Westbalkan, in denen die Zustimmung der Bevölkerung zur europäischen Integration erfreulicherweise zunehme.

Der kroatische Parlamentspräsident berichtete seiner Gastgeberin von den intensiven Anstrengungen des Sabors, den kroatischen Rechtsbestand an jenen der Europäischen Union anzupassen. 220 Gesetze habe das kroatische Parlament bereits beschlossen, eine Verfassungsänderung und weitere 10 neue Gesetze stünden noch aus, aber auch diese Arbeit werde in den kommenden Monaten abgeschlossen werden können, sagte Bebic mit Zuversicht.

Kroatien sei vollkommen offen für den Beitritt der anderen Westbalkanländer zur EU, versicherte Bebic, mehr noch, er zeigte sich überzeugt, dass Wohlstand und Stabilität auf dem Westbalkan nur im Rahmen der Europäischen Union erhalten und gesichert werden könnten.

Nationale Minderheiten genießen in Kroatien besonderen rechtlichen Schutz sowie politische Mitbestimmungsmöglichkeiten und seien im Sabor durch acht Abgeordnete vertreten, informierte Bebic. Als ein besonderes Anliegen nannte der kroatische Parlamentspräsident den ökologischen Schutz der Adria, die er wieder als ein europäisches Meer sehe. Der Fischfang sei einzuschränken, um die Bestände zu schützen. Kroatien sei bereit, die Fischerei in Küstengebieten mit wichtigen Laichgründen zu verbieten. Vor großen Aufgaben stehe Kroatien noch beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität und gegen die Korruption. Sein Land werde aber auch dieses Problem lösen, sagte Bebic, der über die Einrichtung von vier Sondergerichtshöfen für den Kampf gegen das organisierte Verbrechen berichtete.

Präsidentin Prammer unterstrich das besondere Interesse Österreichs an der Zusammenarbeit mit Kroatien und den anderen Ländern des Westbalkans, begrüßte das Interesse ihres Gastes an einer Vertiefung der parlamentarischen Zusammenarbeit und informierte den kroatischen Parlamentspräsidenten über die österreichische Volksgruppenpolitik, wobei sie das hervorragend gute Klima zwischen den Volksgruppen im Burgenland, namentlich auch mit der kroatischen Volksgruppe, besonders hervorhob. Fortschritte habe Österreich in den vergangenen Jahrzehnten auch bei der Integration der Roma und Sinti erreicht, berichtete Prammer, die sich für europäische Lösungen bei den Problemen von Roma und Sinti in der EU aussprach.

Der Prozess der europäischen Integration setze die Zustimmung der Bürgernnen und einen intensiven Dialog zwischen Politik und Bürgerinnen voraus, sagte Prammer und meinte, für diesen Dialog sei keine Institution besser geeignet als die nationalen Parlamente. Ressourcen, die in den nationalen Parlamenten nach der Umsetzung des Lissabon-Vertrags frei werden, sollten daher verstärkt für gemeinsame Projekte zur Information der BürgerInnen eingesetzt werden.

Der Präsident des Sabors der Republik Kroatien wird seinen Gesprächsreigen im Parlament heute Nachmittag mit Mitgliedern der parlamentarischen Gruppe Österreich-Kroatien unter der Leitung des Obmanns der Gruppe, Abgeordnetem Oswald Klikovits, fortsetzen. Im Anschluss an dieses Gespräch wird Präsident Bebic auch mit dem Obmann des EU-Unterausschusses, dem Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer, zusammentreffen.

Morgen Vormittag wird Bebic das Parlament neuerlich besuchen und eine Unterredung mit dem Präsidenten des Bundesrats, Peter Mitterer, führen. Am Nachmittag wird der kroatische Parlamentspräsident das Burgenland besuchen. Morgen Abend wird Präsident Bebic seinen Österreich-Aufenthalt beenden und in seine kroatische Heimat zurückkehren. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von diesem Besuch finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at