Parlamentskorrespondenz Nr. 588 vom 08.07.2010

Bundespräsident Heinz Fischer angelobt

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer leitete 17. Bundesversammlung

Wien (PK) – Der wieder gewählte Bundespräsident Heinz Fischer ist heute in der 17. Bundesversammlung im historischen Sitzungssaal des Parlaments für seine zweite Amtsperiode angelobt worden. Als Präsidentin der Bundesversammlung verlas Barbara Prammer die Gelöbnisformel, die der Bundespräsident wiederholte: "Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde."

An der feierlichen Bundesversammlung – die aus den beiden Kammern des Parlaments, Nationalrat und Bundesrat, gebildet wird – nahmen zahlreiche hochrangige Gäste aus dem In- und Ausland teil. Präsidentin Prammer begrüßte neben der Familie des Bundespräsidenten die Mitglieder der Bundesregierung und die früheren "First Ladies" Elisabeth Waldheim, Margot Klestil-Löffler und Martha Kyrle. Stellvertretend für die VertreterInnen von Kirchen und Religionsgemeinschaften begrüßte Prammer den Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn. Mit besonderer Freude hieß die Präsidentin der Versammlung den luxemburgischen Außenminister, Jean Asselborn, EU-Kommissar Johannes Hahn und den früheren und designierten tschechischen Außenminister Karl Schwarzenberg willkommen. An der Spitze der zahlreichen Mitglieder des Diplomatischen Corps begrüßte Prammer den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Peter Zurbriggen. Zahlreiche VertreterInnen der Länder, Städte, Gemeinden, der staatlichen Behörden und Institutionen sowie Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur nahmen im Halbrund des Saales und auf dem Balkon an der feierlichen Angelobung teil, die vom Fernsehen live übertragen wurde.

Präsidentin Barbara Prammer ging in ihrer Ansprache zunächst auf das große Vertrauen ein, das im Ergebnis der Wahl zum Bundespräsidenten zum Ausdruck gekommen sei, um sich dann mit Aufgaben des Bundespräsidenten und den Erwartungen an Amt und Person des Bundespräsidenten zu befassen. Der Bundespräsident solle Orientierung, Wegweiser, Streitschlichter, moralische Instanz in einem sein. Das seien hohe Ansprüche an das Amt und dessen Inhaber, die einen Wunsch nach Autorität im besten Sinn ausdrückten. Dieser Wunsch könne sich aber auch in überzogene, nicht erfüllbare Hoffnungen steigern: "Unrealistische Ansprüche an das Staatsoberhaupt können auch Ausdruck eines Delegierens von politischer wie moralischer Verantwortung nach oben sein", stellte Prammer fest – "als könnte der Bundespräsident allein dafür sorgen, dass im Staat alles mit rechten Dingen zugeht und jedes Problem gelöst wird."

Schließlich kam Prammer auf die Reform des Bundesstaats zu sprechen und betonte: "Debatten über eine Reform des Bundesstaats, der Verwaltung oder der Verfassungsorgane werden nur zum Erfolg führen, wenn sie nicht mit parteipolitischem Kalkül und aus Eigennutz oder einem eingeschränkten regionalen Blickwinkel geführt werden." (Wortlaut der Ansprache von Präsidentin Prammer siehe PK Nr. 589/2010!)

Bundespräsident Heinz Fischer sprach von einem "bewegenden Moment", der ihm in den nächsten Jahren "Maßstab und Verpflichtung" sein werde. Kurz sein Amtsverständnis skizzierend, sagte Fischer: "Der Bundespräsident muss nicht der Lauteste im Stimmengewirr der Politik sein und auch nicht auf jeden Zuruf reagieren. Er muss verlässlich sein und sich glaubwürdig auf jene Werte stützen, die Fundamente unserer Gesellschaft sind." Der Bundespräsident äußerte dann aber auch Sorge um die Demokratie, nämlich darüber "wie leichtfertig oft mit unserer parlamentarischen Demokratie und auch mit dem mühsam erkämpften Wahlrecht umgegangen wird". Demokratie brauche Pflege, Respekt und sorgsamen Umgang, sagte Fischer, und er fügte hinzu: "Dabei haben jene, die im öffentlichen Leben stehen, eine ganz besondere Verantwortung für die Fairness im öffentlichen Diskurs und für die politische Kultur."

Der Bundespräsident appellierte, die Reste oder gar eine Wiederbelebung nationaler und nationalistischer Polarisierung zu überwinden. Auf die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise eingehend, vertrat Fischer "das Primat der Politik in Fragen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung". Ein Wort des Dankes richtete er an die MitbürgerInnen in sozialen und caritativen Organisationen, kam dann auf Europa zu sprechen und wandte sich dagegen, an die EU insgesamt einen strengeren Maßstab anzulegen als an die einzelnen Mitgliedstaaten.

Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden 90. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung ging der Bundespräsident dann auch auf die Ortstafelfrage ein. Diese Frage zu lösen, könne bei guten Willen keine unlösbare Aufgabe sein: "Ich appelliere daher nachdrücklich an den Herrn Landeshauptmann von Kärnten sowie an die Mitglieder der Kärntner Landesregierung und des Kärntner Landtags in Zusammenarbeit mit Organen des Bundes, das teilweise noch ungelöste Problem der Kärntner Ortstafeln ohne Zeitverzug in rechtsstaatlicher und vernünftiger Weise zu lösen." Auf Deutsch und auf Slowenisch rief der Bundespräsident unter dem Applaus der Mitglieder der Bundesversammlung und der Gäste: "Die Zeit ist reif!" (Wortlaut der Rede des Bundespräsidenten siehe PK Nr. 590/2010!)

Eröffnet wurde die Sitzung der Bundesversammlung mit einer Festfanfare, die von Leon Bolton speziell für diese Angelobung komponiert und dem Bundespräsidenten gewidmet worden war. Zwischen den Reden der Präsidentin der Versammlung und des Bundespräsidenten spielten Mitglieder des Collegium musicum der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien das 2. Streichquintett von Johanna Doderer. Die Bundesversammlung schloss mit der Bundeshymne.

HINWEIS: Fotos von der 17. Bundesversammlung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at

(Schluss)