Parlamentskorrespondenz Nr. 851 vom 28.09.2011
Podiumsdiskussion im Parlament zum Auftakt der "Pink Ribbon Night"
Wien (PK) – Mit der Anbringung einer riesigen rosaroten Schleife am Haupteingang des Hohen Hauses hat das Parlament schon vor Tagen ein sichtbares Zeichen gesetzt. Heute Abend folgten 5.000 rosarote Luftballons, die auf gemeinsame Initiative von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und der Österreichischen Krebshilfe vom Vorplatz des Hohen Hauses steigen gelassen wurden. PolitikerInnen, MedizinerInnen und prominente Persönlichkeiten nahmen den bevorstehenden Internationalen Brustkrebstag zum Anlass, um auf die hohe Zahl von Brustkrebserkrankungen in Österreich aufmerksam zu machen. Mit einer "Pink Ribbon Night" und zahlreichen weiteren Aktionen will man Solidarität mit den betroffenen Frauen zeigen und für Brustkrebsvorsorge werben.
Jede achte Frau in Österreich erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Jedes Jahr werden fast 5.000 neue Fälle diagnostiziert. Rund 1.700 dieser 5.000 Frauen verlieren den Kampf gegen die Krankheit. Das sind die Zahlen und Fakten, die den Hintergrund für die jährlichen Aktionstage der Österreichischen Krebshilfe rund um den internationalen Brustkrebstag am 1. Oktober bilden. Zur heutigen "Pink Ribbon Night", in deren Mittelpunkt ein Charity-Galadinner im Magna Racino in Ebreichsdorf steht, wurde zahlreiche Prominenz erwartet. Davor gab es im und um das Parlament ein umfangreiches Programm, zu dem neben der Luftballon-Aktion unter anderem auch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Brustkrebsvorsorge in Österreich" und ein getanzter "Flash Mob" in Form eines Pink Ribbon gehörten.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer wertete es eingangs der Podiumsdiskussion als wichtige Aufgabe der Politik, das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Bedeutung der Brustkrebsvorsorge zu schärfen. In diesem Sinn zeigte sie sich stolz darüber, dass das Parlament heuer rund um den 1. Oktober erstmals eine rosarote Schleife trägt. Die Aktion soll ihr zufolge auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden. Zu ihrer persönlichen Situation merkte Prammer an, auch wenn in ihrer Familie keine Brustkrebserkrankung zu verzeichnen sei, mache sie regelmäßig eine Vorsorgeuntersuchung.
Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, sprach von einem großen Tag für die Österreichische Krebshilfe und erinnerte daran, dass die Organisation bereits seit 1988 das Ziel der Früherkennung von Brustkrebs verfolge. In diesem Sinn zeigte er sich über die diesjährige Unterstützung von Seiten des Parlaments erfreut. Mit dem Aktionstag und der rosaroten Schleife am Parlamentsgebäude würden wichtige Signale ausgesendet, bekräftigte er. "Wir sind noch nicht am Ziel", hielt Sevelda zusammenfassend fest, aber auf einem guten Weg dorthin.
Abgeordnete heben Bedeutung der Brustkrebsvorsorge hervor
Zur Podiumsdiskussion in das Palais Epstein hatte Prammer gemeinsam mit den Frauensprecherinnen der Parlamentsfraktionen, der Österreichischen Krebshilfe und der österreichischen Gesellschaft für geschlechtsspezifische Medizin eingeladen. Dabei wurde unter anderem über das geplante nationale Screening-Programm zur besseren Früherkennung von Brustkrebs diskutiert. Das Programm soll, wie die Moderatorin der Podiumsdiskussion, ORF-Journalistin Ricarda Reinisch, festhielt, flächendeckend eingeführt werden und strengen Qualitätsvorgaben unterliegen. Ziel ist es, mehr Frauen als bisher zur Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen zu motivieren. Gerade ältere Frauen würden vielfach die derzeitigen Angebote negieren, hielt Reinisch fest.
Die Impulsreferate für die Diskussion hielten die Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien Beate Wimmer-Puchinger und der Mediziner Michael Gnant, Leiter der Brustambulanz im AKH Wien, die beide für das geplante neue Screening-Programm warben. Es sieht, wie ein Vertreter der Ärztekammer erläuterte, vor, alle Frauen zwischen 45 und 70 persönlich zu einer Vorsorgeuntersuchung einzuladen, wobei für jüngere Frauen ab 40 und für ältere Frauen bis 75 die Möglichkeit geschaffen werden solle, sich selbst einzuklinken. Großen Wert will man dabei vor allem auch auf die Frage der Qualitätssicherung der Untersuchungen legen.
Beate Wimmer-Puchinger verwies in diesem Zusammenhang auf ein erfolgreiches Modellprojekt in Wien, bei dem es gelungen sei, vor allem auch Frauen aus sozial schwachen Schichten und Frauen mit Migrationshintergrund zur Vorsorgeuntersuchung zu bewegen. Gerade diese Bevölkerungsgruppen würden bestehende Angebote sonst nur sehr zögerlich wahrnehmen, machte sie geltend. Das Projekt sei auch bei einem überwiegenden Teil der persönlich angeschriebenen Frauen auf positive Resonanz gestoßen, schilderte die Wiener Frauengesundheitsbeauftragte. Große Bedeutung beim geplanten nationalen Screening-Programm wies Wimmer-Puchinger der Qualitätssicherung zu.
Michael Gnant hob hervor, dass ein Programm zur besseren Früherkennung von Brustkrebs nur Sinn mache, wenn ein gutes Behandlungsangebot für die betroffenen Frauen zur Verfügung gestellt werden könne. Österreich sei in diesem Bereich "Europameister", zeigte er sich mit Hinweis auf statistische Daten überzeugt. Wenn die Krankheit rechtzeitig erkannt werde, müsse man heute nicht mehr sterben. Insgesamt ist die Sterblichkeitsrate bei Brustkrebs Gnant zufolge gegenüber 1991 um 20 % bis 25 % zurückgegangen. Je früher die Krankheit diagnostiziert werde, desto größer sei zudem die Chance einer Brust erhaltenden Operation. Allgemein plädierte Gnant dafür, stets eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.
Seitens der Abgeordneten bekannte SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm, selbst erst sehr spät zu einer Mammografieuntersuchung gegangen zu sein. Sie begrüßte in diesem Sinn das geplante nationale Screening-Programm, das ihr zufolge 2013 eingeführt werden soll. Wurm hofft, dass damit die Zahl der Frauen, die eine Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen, steigen wird. Wichtig sei allerdings die Qualität der Diagnosezentren und eine adäquate anschließende Behandlung.
Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) machte sich dafür stark, die Vorsorgeuntersuchungen vor Ort und unter Einbindung des Arztes des Vertrauens durchzuführen. Sie wolle ein nationales Screening-Programm nicht grundsätzlich ablehnen, bekräftigte sie, ihrer Meinung nach sind aber noch viele Fragen offen. Als Beispiel nannte Schittenhelm etwa die Zahl der vorgesehenen Brustkrebszentren, die Art der Abwicklung der persönlichen Einladungen und die Formulierung der Einladungsschreiben. Ihrer Meinung nach wird man Frauen im ländlichen Raum nicht dazu bewegen können, Dutzende Kilometer zu einer Vorsorgeuntersuchung zu fahren.
Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) wies darauf hin, dass Brustkrebs nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen sei. Sie sprach sich daher für mehr Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsarbeit aus, um auch sozial schwache Schichten und Migrantinnen zu erreichen. Was das geplante nationale Screening-Programm betrifft, bedauerte Gartelgruber, dass es auf Frauen unter 70 Jahre begrenzt sein solle. Sie befürchtet zudem ein deutliches Stadt-Land-Gefälle bei der Inanspruchnahme der Untersuchungen.
Abgeordnete Judith Schwentner (G) unterstrich, die Grünen würden ein flächendeckendes Screening begrüßen. Wichtig sei aber, die Qualität des Screenings sicherzustellen und die persönlichen Einladungsschreiben so zu formulieren, dass sich alle Frauen angesprochen fühlten. Man dürfe außerdem die psychologische und psychische Dimension nicht außer Acht lassen, warnte Schwentner und verwies in diesem Zusammenhang auf den Fall einer persönlichen Freundin, die sich nach der Diagnose Brustkrebs durch den Arzt so allein gelassen fühlte, dass sie ein halbes Jahr nichts unternommen habe. Generell hielt Schwentner fest, dass es Hinweise darauf gebe, dass gewisse Umwelteinflüsse die Entstehung von Brustkrebs begünstigten.
Abgeordnete Martina Schenk (B) setzte sich mit der Frage der Prävention auseinander und verwies darauf, dass mangelnde Bewegung einer der Risikofaktoren für Brustkrebs sei. Man müsse sich genug Zeit nehmen, um auf den eigenen Körper und die eigene Gesundheit zu schauen, betonte sie, räumte gleichzeitig aber ein, dass auch sie hier nachlässig sei. Allgemein machte Schenk auf die vielfache Doppel- und Dreifachbelastung von Frauen aufmerksam und zeigte sich überzeugt, dass auch psychischer Stress Ursache für spätere Krebserkrankungen sein könne. Die Politik hat ihrer Ansicht nach die Aufgabe, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen und für Aufklärung zu sorgen.
Post unterstützt Österreichische Krebshilfe mit Spezialbriefmarke
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion lud Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zu einem Empfang im Parlament, in deren Rahmen die Österreichische Post auch eine spezielle Briefmarke präsentierte. Sie zeigt eine Zeichnung der amerikanischen Künstlerin Whitney Sherman und wurde von Michael Rosenfeld gestaltet. Das Besondere an dieser nach internationalem Vorbild kreierten Marke ist, dass beim Verkauf zusätzlich zum Nennwert von 90 Cent ein Zuschlag von 10 Cent eingehoben wird, der direkt an die Österreichische Krebshilfe geht. Die Idee zu dieser "Breast Cancer Stamp" hatte der internationale Brustkrebsexperte Ernie Bodai 1996, seither wurde diese Idee in vielen Ländern aufgegriffen. (Schluss)
HINWEIS: Fotos von der Podiumsdiskussion und vom weiteren Programm im Parlament finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum.