Parlamentskorrespondenz Nr. 193 vom 15.03.2012

Mitterlehner informiert über aktuelle Projekte im Familienbereich

Entwurf für ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

Wien (PK) – Die heutige Sitzung des Familienausschusses begann zunächst mit einer aktuellen Aussprache, in der der zuständige Bundesminister Reinhold Mitterlehner den MandatarInnen Rede und Antwort stand sowie über aktuelle Vorhaben und Pläne seines Ressorts sprach. Die Abgeordneten interessierten sich vor allem für folgende Themen: die finanzielle Situation des FLAF, die Einführung von einheitlichen Jugendschutzbestimmungen, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Weiterentwicklung des Papa-Monats und das neue Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz. Auf der Tagesordnung standen auch noch eine Reihe von Entschließungsanträgen der Opposition, die teils abgelehnt, teils vertagt wurden.

Abgeordnete Christine Marek (V) erkundigte sich nach den Maßnahmen bezüglich bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und nach dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz. Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) wollte wissen, wie der Zeitplan für das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz aussieht und welche inhaltlichen Änderungen im neuen Entwurf enthalten sind. Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) wiederholte die Forderung ihrer Fraktion nach einem Familien-Steuersplitting und wünschte sich die Einführung eines Betriebskindergartens im Parlament. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) regte eine Ausweitung der Pflegefreistellung an, da vor allem kleinere Kinder sehr oft krank sind. Abgeordnete Gisela Wurm (S) drängte auf eine bessere Akzeptanz des Papa-Monats, der erst von 211 Männern in Anspruch genommen wurde. Sie habe nicht das Gefühl, dass es in diesem Bereich flott voran gehe, vielmehr befinde sich Österreich auf der Kriechspur.

Die weiteren Fragen bezogen sich vor allem auf folgende Themenbereiche: Elternbildung und Hotline für vermisste Kinder (Abgeordnete Ursula Haubner, B), Vereinheitlich der Qualitätsstandards im Bereich Kinderbetreuung (Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill, G), die neue Jugendstrategie (Abgeordnete Angela Lueger, S), bessere Informationen bezüglich der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (Abgeordnete Carmen Gartelgruber, F), Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen (Abgeordnete Daniela Musiol, G) sowie der Wildwuchs bei den Familienförderungen (Abgeordnete Martina Schenk, B).

Bundesminister Reinhold Mitterlehner, wies einleitend darauf hin, dass der Bereich Familie vom Konsolidierungspaket nicht betroffen sei und die Mittel nicht gekürzt werden mussten. Aufgrund der im Jahr 2008 eingeleiteten Gegenmaßnahmen habe sich auch der Familienlastenausgleichsfonds gut entwickelt; er werde 2012 wahrscheinlich positiv bilanzieren. Einen günstigen Verlauf gebe es auch bei der Schuldenentwicklung erklärte Mitterlehner, man rechne damit, dass der Fonds 2018 schuldenfrei sein wird. Was die Reformideen zum FLAF angeht, so unterstütze er Vereinfachungen im Bereich der Administration, sowohl im Bund als auch in den Ländern. Nicht zustimmen könne er jedoch Vorschlägen, die zu einer Schlechterstellung von Mehrkindfamilien und älteren Kindern führen.

Der Familienminister informierte zudem die Abgeordneten darüber, dass im Juni eine Jugendstrategie vorgelegt werden soll. Eine Vereinbarung gebe es bereits hinsichtlich einer gemeinsamen Lehrlings- und Schülerfahrkarte mit dem Verkehrsverbund Ost, was in einem Pilotprojekt erprobt werden soll, führte Mitterlehner weiter aus. Bezüglich des Kinder- und Jugendhilfegesetzes gab der Minister bekannt, dass ein Entwurf bereits an die Länder versandt wurde und nun breit diskutiert werden soll. Zwei Bundesländer hätten ihre Einwendungen zwar noch nicht zurückgezogen, aber er hoffe, dass es bald eine gute Lösung geben wird. Schwieriger sei wahrscheinlich eine Einigung beim Jugendschutz, wo bundeseinheitliche Bestimmungen angestrebt werden.

Zum Themenbereich Vereinbarkeit Beruf und Familie merkte Mitterlehner an, dass sein Ressort zahlreiche Aktivitäten gesetzt habe, wie etwa die Einrichtung einer Strategiegruppe, an der u.a. die Sozialpartner, Unternehmen, das Institut für Familienforschung etc. teilnehmen. Bereits seit dem Vorjahr gibt es eine Roadshow durch alle Bundesländer, in der entsprechende Best-Practice-Beispiele präsentiert werden, um anderen Unternehmen zu zeigen, was möglich ist. Die Abschlussveranstaltung wird am 21. Mai stattfinden. Auch durch das Audit "berufundfamilie" sollen die Betriebe unterstützt werden, zunächst den Bedarf an mehr Vereinbarkeit zu ermitteln und in der Folge effiziente Lösungen zu erarbeiten. Zusätzlich sollen heuer noch ein "Berufundfamilie-Index" sowie ein Online-Tool vorgestellt werden, durch das sich potentielle ArbeitnehmerInnen einen Überblick über die familienfreundlichen Maßnahmen eines Unternehmens verschaffen können. Außerdem ist eine Datenbank geplant, in der alle Familienleistungen zusammengefasst sind.

Was den so genannten Papa-Monat betrifft, so gebe es derzeit Verhandlungen mit den Sozialpartnern. Eine Lösung werde angestrebt, aber man müsse noch genau darüber diskutieren, auf welche Weise er finanziert werden soll. Er trete jedenfalls für ein freiwilliges Modell ein, da niemand zwangsbeglückt werden soll. Sein Ressort nehme gerade auch eine Evaluierung der Kinderbetreuungsgeld-Modelle vor; der Bericht soll in den nächsten Wochen fertiggestellt werden. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch die Elternbildung, insgesamt sind dafür 1,4 Mio. € für das Jahr 2012 budgetiert.

Auf eine Frage hinsichtlich der Unterhaltsvorschüsse hin erklärte der Minister, dass 117,3 Mio. € dafür aufgewendet werden, wobei 55 % davon zurückfließen. Er glaube, dass das System im Grunde gut aufgestellt sei, aber man könne gerne über Verbesserungen diskutieren. Voraussichtlich ab Sommer dieses Jahres wird das Familienressort in Kooperation mit dem Bundesministerium für Inneres und dem ORF "147 - Rat auf Draht" die von der Europäischen Kommission angestoßene "Hotline 116 000 für vermisste Kinder" in Betrieb nehmen; sie wird rund um die Uhr erreichbar sein, informierte Mitterlehner.

Oppositionsanträge zum freiwilligen Sozialjahr

Mehrheitlich abgelehnt wurden sodann drei Entschließungsanträge der Opposition, die sich alle mit dem vor kurzem im Nationalrat beschlossenen Freiwilligegesetz befassten. Während die Freiheitlichen sich dafür aussprachen, allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Freiwilligen Sozialen Jahr Familienbeihilfe zuzuerkennen, wünschte sich das BZÖ, dass die Absolvierung eines solchen Dienstes für zukünftige Berufsausbildungen im Gesundheits- und Sozialbereich angerechnet wird. Die Grünen wiederum gaben in ihrem Antrag zu bedenken, dass ein abgeleisteter Freiwilligendienst sich nachteilig auf Ausbildung und Erwerbsbiografie junger Menschen auswirken könnte, wenn die Gewährung der Familienbeihilfe nicht bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ausgedehnt wird.

Die VertreterInnen der Regierungsparteien, allen voran Abgeordneter Franz Riepl (S) und Anna Höllerer (V), waren der Ansicht, dass das Freiwilligengesetz bereits wesentliche Verbesserungen enthalte, die den Anträgen der Opposition entgegen kommen. Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) sprach von einem Meilenstein, weil dadurch das freiwillige Engagement der Menschen gewürdigt werde.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner war ebenfalls der Ansicht, dass mit dem Freiwilligengesetz ein ganz wichtiger Schritt gesetzt wurde und man zunächst schauen sollte, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt. Dann könne man gerne über Änderungen oder Verbesserungen diskutieren, schlug er vor. Hinsichtlich der Anrechnung für bestimmte Berufsausbildungen zeigte er sich jedoch eher skeptisch. Er war überzeugt davon, dass sich der Wert eines solchen Freiwilligendienstes automatisch entwickeln und in Hinkunft von den Personalchefs der Betriebe auch anerkannt wird.

Grüne drängen auf Grundsatzkompetenz des Bundes für Kindergärten

Die Grünen drängen in einem Entschließungsantrag darauf, dem Bund die Grundsatzkompetenz für Kindergärten, aber auch für andere Formen der Tagesbetreuung von Kindern wie Kinderkrippen, Horte und Tageseltern zu übertragen. So seien ihrer Ansicht nach etwa ein bundeseinheitlicher Bildungsplan, pädagogische Mindeststandards sowie einheitliche Kriterien für den Betreuungsschlüssel, die Gruppengröße und die Ausstattung von Einrichtungen erforderlich. Überdies urgieren Abgeordnete Daniela Musiol und ihre FraktionskollegInnen einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr des Kindes und die Bedachtnahme auf eine etwaige ganztägige Berufstätigkeit beider Elternteile bei der Festlegung der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner gab zu bedenken, dass ein derartiger Antrag wenig Sinn mache, da zunächst das Einverständnis der Länder gesucht werden müsse. Eine Annahme dieses Antrags würde eine gemeinsame Lösung nur noch erschweren. – Der Antrag wurde vertagt.

Grüne für bundeseinheitliche Jugendschutzbestimmungen

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, werden in einem E ntschließungsantrag der Grünen ersucht, dem Nationalrat gesetzliche Rahmenbedingungen vorzulegen, die eine Harmonisierung der Jugendschutzbestimmungen bewirken. Es könne nicht sein, dass Ausgehzeiten und Regelungen für Alkoholkonsum von Bundesland zu Bundesland noch immer unterschiedlich geregelt werden, gibt G-Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill zu bedenken.

Auch in dieser Frage gebe es ähnliche Probleme wie beim vorhergehenden Antrag, konstatierte Bundesminister Reinhold Mitterlehner. Er setze sich jedenfalls intensiv in dieser Angelegenheit ein und man sei einmal auch schon fast vor einer Einigung gestanden; diese sei letztlich aber dann vom Vorarlberger Landeshauptmann verhindert worden, berichtete er. – Der Antrag wurde vertagt.

Weitere Oppositionsanträge mit S-V-Mehrheit vertagt

Mit S-V-Mehrheit vertagt wurde sodann ein F-Entschließungsantrag betreffend die Evaluierung der Familien-Leistungen des Bundes. Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F) wies in diesem Zusammenhang vor allem auf die Benachteiligung von Alleinerziehenden beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes hin, da diese aufgrund eines fehlenden Partners keine Verlängerungsmöglichkeit haben.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) hielt es nicht für zielführend, wenn Alleinerziehende auch noch die Partnermonate anhängen können, da dies ihrer Ansicht nach zu weiteren Benachteiligungen von Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg führen würde. Die Grünen schlagen aber vor, dass andere Personen, die vielleicht bisher schon bei der Kinderbetreuung mitgeholfen haben, diese Monate in Anspruch nehmen können. Abgeordnete Gisela Wurm (S) verwies auf die hohen Geburtenraten in Skandinavien und Frankreich, wo den Frauen bessere Rahmenbedingungen geboten werden, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Generell unterstütze sie die Empfehlungen der OECD, wonach weniger direkte Familienförderungen, aber mehr Sachleistungen gewährt werden sollten. Abgeordnete Christine Marek (V) machte darauf aufmerksam, dass in besonderen Härtefällen Alleinerziehende bereits jetzt die Möglichkeit haben, für einen längeren Zeitraum Kinderbetreuungsgeld zu beziehen.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner informierte darüber, dass die einzelnen Kinderbetreuungsgeld-Modelle gerade evaluiert werden; ein Abschlussbericht wird bald vorliegen.

Für die bessere Vernetzung von Frauen- und Familienberatungseinrichtungen in Form von Kompetenzzentren plädierten B-Abgeordnete Ursula Haubner und ihre Fraktionskollegin Martina Schenk. Einerseits sollten durch die Verwaltungsvereinfachung Kosten eingespart, andererseits soll Hilfesuchenden ein rascher und unkomplizierter Zugangs zu den Beratungsangeboten ermöglicht werden. Die Abgeordneten Daniela Musiol (G), Christine Marek (V) und Gabriele Binder-Maier (S) konnten einer Vermischung von Frauen- und Familienagenden wenig abgewinnen, begrüßten jedoch das Nutzen von Synergieeffekten, dort wo es möglich ist. Bundesminister Reinhold Mitterlehner gab bekannt, dass es insgesamt 326 finanzierte Beratungsstandorte bzw. 401 Beratungsstellenstandorte gibt. Da es in 80 % der Fälle eine Vernetzung der Angelegenheiten gibt, sehe er wenig Optimierungsspielraum.  – Der Antrag wurde ebenfalls mit S-V-Mehrheit vertagt.

Auf Antrag von Abgeordneter Ursula Haubner (B) wurde schließlich der Antrag des BZÖ betreffend die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes" zu einem "Mutter-Kind-Jugend-Pass " von der Tagesordnung abgesetzt. (Schluss)