Parlamentskorrespondenz Nr. 693 vom 19.09.2012

Kritische Situation des U-Ausschusses und mögliche Fortsetzung

Dringliche Anfrage der Grünen zur Inseratenvergabe

Wien (PK) – Nachdem es den parlamentarischen Fraktionen bis zur heutigen Sitzung des Nationalrats nicht gelungen ist, Übereinstimmung darüber zu erzielen, ob Bundeskanzler Werner Faymann vor dem Untersuchungsausschuss aussagen soll oder nicht, haben die Grünen eine Dringliche Anfrage unter dem Titel "Inseraten-Affäre Faymann" eingebracht, in der sie in diesem Zusammenhang 46 detaillierte Fragen an den Regierungschef richten.

Während der Debatte einigten sich aber die Fraktionen darauf, die noch offenen Themen – Vergabe von Inseraten, Staatsbürgerschaft, Telekom-Ostgeschäfte – bis 16. Oktober weiter zu behandeln. Die Plenarsitzung wurde daher nach Beendigung der Dringlichen Anfrage unterbrochen und noch vor der geplanten Behandlung des eingebrachten Fristsetzungsantrags (siehe PK-Meldung Nr. 690/2012) eine Geschäftsordnungssitzung des Untersuchungsausschusses einberufen. Der Vorsitz führende Zweite Präsident des Nationalrats Fritz Neugebauer gab schließlich bekannt, dass der Fristsetzungsantrag zurückgezogen wurde, womit sich auch die Debatte darüber erübrigte.

Pilz: Faymann hat sich wohlwollende Berichterstattung erkauft

Begründet wurde die Dringliche Anfrage von Abgeordnetem Peter PILZ (G). Er stellte eingangs seiner Rede fest, dass es zwar gut sei, wenn man Bundeskanzler Faymann heute im Parlament begrüßen könne, doch ersetze das nicht die Aussage im Untersuchungsausschuss. Es gebe klare Beweise, wonach Faymann als Verkehrsminister hinter dem Rücken der Aufsichtsräte von ÖBB und ASFINAG rechtsgültige Inseratenaufträge mit den großen Tageszeitungen "Kronenzeitung" und "Österreich" abgeschlossen habe. Er habe dazu die Unwahrheit gesagt, meinte Pilz.

Faymann habe sich als Verkehrsminister durch Inseratenschaltungen in großen Tageszeitungen eine wohlwollende Berichterstattung über den Weg der Boulevardmedien zu kaufen versucht. Das sei etwas gewesen, was vor ihm im Verkehrsressort nicht üblich war, sagte Abgeordneter Pilz. Der Herausgeber der Zeitung "Österreich", Wolfgang Fellner, spiele dabei eine Schlüsselrolle. Dieser Umgang mit Steuergeldern werfe die Frage der politischen Verantwortung auf, die im Untersuchungsausschuss behandelt werden müsse. Es zeige sich aber, dass dort bisher nur Ex-Abgeordnete und Ex-Regierungsmitglieder befragt werden durften. Man wolle offenbar mit allen Mitteln verhindern, dass noch aktive Abgeordnete und der derzeitige Bundeskanzler dort unter Wahrheitspflicht befragt werden können. Vom erst vor drei Monaten angekündigten Neuanfang in der Korruptionsbekämpfung sei nichts geblieben, man sei nun bei einem Fristsetzungsantrag angelangt, mit dem der Untersuchungsausschuss abgedreht werden solle.

Der Ausschuss habe trotz allem bisher Erstaunliches erreicht, meinte Pilz. Eine Folge sei, dass sich die Bevölkerung eine saubere Politik und andere PolitikerInnen wünsche. Es werde daher nicht funktionieren, den Untersuchungsausschuss abzudrehen und einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. Der Bundeskanzler müsse sich den Fragen des Hohen Hauses stellen und die Koalitionsparteien müssten sicherstellen, dass der Ausschuss weiterarbeiten könne, verlangte Pilz. Es müsse ihm möglich sein, auch Vorgänge im Zentrum der Macht in dieser Republik aufklären zu können.

Faymann: Es geht um legitime Vermittlung wichtiger Inhalte

Bundeskanzler Werner FAYMANN widersprach den Anschuldigungen, welche in der Dringlichen Anfrage von Abgeordnetem Pilz formuliert wurden, rundweg. Es werde dort der Eindruck erweckt, dass jede Inseratenschaltung auf die Käuflichkeit des betreffenden Mediums spekuliere. Es gehe aber um die legitime Vermittlung wichtiger Informationen an die Öffentlichkeit, sagte Faymann. Das Medientransparenzgesetz, das man gemeinsam beschlossen habe, biete die Möglichkeit, alle Entscheidungen, die im Bereich von Inseraten der öffentlichen Hand getroffen werden, nachzuvollziehen.

Die angesprochene Inseratenkampagne für die ÖBB habe den Interessen des Unternehmens und der Stärkung von dessen damals stark angeschlagenen Image gedient, nicht der Hebung des Profils seiner Person, bekräftigte Faymann. Niemand sei dafür unter Druck gesetzt worden und es habe keine Entscheidungen hinter dem Rücken des Unternehmens gegeben. Auch die Werbung für die ASFINAG sei gerechtfertigt gewesen. Das Mittel der Inseratenkampagnen, welche von Privaten gerne genützt werden, um sinnvolle Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen, dürfe auch die öffentliche Hand benützen. Das gesamte Inseratenvolumen in Österreich betrage insgesamt mehrere Milliarden Euro, die öffentliche Hand trage dazu nur wenige Millionen bei.

Faymann ging dann auf die 46 Detailfragen der Dringlichen Anfrage ein und bekräftigte, bei Vernehmungen alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet zu haben. Er habe volles Vertrauen in die Ermittlungsbehörden, unterstrich er. Die Frage nach einem Rücktritt stelle sich daher für ihn vor diesem Hintergrund nicht.

Lackmustest für das Transparenzpaket?

Abgeordneter Werner KOGLER (G) zog aus den Vorgängen der letzten Zeit den Schluss, dass der Untersuchungsausschuss Minderheitenrecht werden müsse. Außerdem sei es geboten, dass der Bundeskanzler vor dem Ausschuss Stellung nehme. Das wäre auch für ihn selbst die bessere Option, da er selbst früher erklärt habe, im Falle einer Einladung gerne Auskunft zu geben. Es stelle sich daher die Frage, wer ihn daran hindere, denn die Abgeordneten des Nationalrats würden es wohl nicht sein.

Der Prüfauftrag des Ausschusses sei einvernehmlich beschlossen worden und umfasse auch die Frage der Inserate. Dieser Auftrag sei daher auch abzuarbeiten, argumentierte Kogler. Immerhin gehe es um den Verdacht des Missbrauchs von Steuergeldern, stellte er fest, es sei hier eindeutig gegen Empfehlungen des Rechnungshofes gehandelt worden. In Deutschland sei es selbstverständlich, dass in einem solchen Fall die Regierungsverantwortung vor einem Untersuchungsausschuss wahrgenommen werde. Mit dem derzeitigen Vorgehen mache man die Ansätze des Transparenzpakets sofort wieder zunichte.

Ein Tiefpunkt im Untersuchungsausschuss sei gewesen, als man versucht habe, seiner Vorsitzenden Moser Fehlverhalten zu unterstellen. Kogler sah darin dasselbe Vorgehen wie beim Banken-Untersuchungsausschuss. Auch dort habe man, als brisante Themen auf die Tagesordnung kamen, beschlossen, den Ausschuss zu beenden. Dabei hätte man sich vieles, was später im Bankenbereich geschehen sei, damals schon ersparen können. Auch jetzt gehe es um sehr bedenkliche Fragen, etwa in Zusammenhang mit dem Agieren der Telekom am Balkan. Für ihre Arbeitsverweigerung würden die Regierungsparteien aber die Rechnung präsentiert bekommen, schloss Kogler.

Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) meinte, es herrsche Konsens, dass der Untersuchungsausschuss viel zur Aufdeckung systematischer Korruption beigetragen habe. Es gebe aber noch reichlich Themen, die von ihm nicht erfasst wurden. Auch hier müsse es Aufklärung geben. Es liege jetzt ein Zeitplan für die Arbeit des Untersuchungsausschusses vor, sagte Kräuter, er appelliere daher an die Konsensbereitschaft der Opposition, diesem zuzustimmen und so die Weiterarbeit des Ausschusses zu ermöglichen.

Er sei auch der Meinung, dass der Untersuchungsausschuss Minderheitenrecht werden solle. Dafür müsse aber sichergestellt sein, dass er nicht den Charakter eines Tribunals annehme, sondern fair und sachlich arbeite. Das sei die Voraussetzung für den Untersuchungsausschuss nach deutschem Vorbild. Was die Inseratenfrage betreffe, so habe der Bundeskanzler in seiner Antwort die Relationen bereits zurechtgerückt. Der Bund habe insgesamt nur einen minimalen Anteil am Inseratenvolumen. Wenn der Verkehrsminister sich hinter das Unternehmen ÖBB, dessen Image damals schwer angeschlagen war, gestellt habe, so sei das klar im Interesse der Bahn, nicht in jenem Faymanns gewesen. Auch die Abberufung von drei ASFINAG-Managern habe mit deren mangelnden Fähigkeiten und nichts mit mangelnder politischer Willfährigkeit zu tun gehabt. Abschließend hoffte Kräuter, dass es gelingen werde, das Instrument Untersuchungsausschuss zu einem gemeinsamen Projekt zu machen.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) hielt einleitend fest, der U-Ausschuss habe seinen Auftrag großteils erfolgreich erledigt. Offen seien noch die Themen Staatsbürgerschaften, Telekomgeschäfte im Ausland und die Inserate von Mitgliedern der Bundesregierung und staatsnaher Unternehmen. Für unproblematisch hielt der VP-Klubobmann die allgemeine Inseratentätigkeit der Bundesregierung, anders seien die Inserate von ÖBB und ASFINAG zu beurteilen, wo die Frage offen sei, wer den Auftrag zu diesen Inseraten gegeben habe – "hier ist Aufklärung wichtig", sagte Kopf. Die von den Regierungsparteien beantragte Fristsetzung müsse nicht das Ende des U-Ausschusses bedeuten, führte Kopf aus und machte darauf aufmerksam, dass der Nationalrat eine Verlängerung des U-Ausschusses beschließen könne, eventuell in einer Sondersitzung. "Wir sollten uns sehr rasch auf diese Sondersitzung einigen und damit die Untersuchung der noch offenen Punkte ermöglichen", schloss Abgeordneter Karl-Heinz Kopf.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) erinnerte an die Erwartung der BürgerInnen, dass der Untersuchungsausschuss seinen Auftrag zur Aufklärung politischer Verantwortung im Bereich von Korruptionsvorwürfen aufklärt. Er gebe die Hoffnung nicht auf, dass es gelinge, die Arbeit des Ausschusses fortzusetzen und die noch offenen sieben Punkte zu klären. Im Vordergrund stehe dabei für ihn die Frage, ob ein Bundesminister Aufträge im eigenen Interesse an eine Zeitung geben könne, wobei für die Kosten ein Dritter, nämlich der Steuerzahler, aufkommen müsse. "Medien sind in Österreich nicht käuflich", hielt Rosenkranz fest, es sei aber dringend aufklärungsbedürftig, ob ein Bundesminister sich etwas bestellen könne und jene, die nicht mitspielen wollen, mit Jobverlust bedrohen könne. In diesem Zusammenhang hielt es Rosenkranz für wichtig, auch den Gutachter zu befragen, der den Werbewert der Inseratenkampagne für ÖBB und ASFINAG zu beurteilen hatte.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) reagierte zunächst auf die Rede des Abgeordneten Kräuter und stellte fest, die SPÖ bringe immer dann, wenn sie einen ihr unangenehmen U-Ausschuss abdrehen wolle, Vorschläge zur Änderung des Verfahrensrechts in U-Ausschüssen ein. Bucher hielt dies für ein leicht durschaubares Ablenkungsmanöver und fügte hinzu, die SPÖ habe offenbar von Anfang an vorgehabt, den U-Ausschuss "abzudrehen", wenn es um die Befragung von Werner Faymann gehe. Der ÖVP empfahl Bucher, sich angesichts des Falles "Strasser" um ihre europäische Reputation Gedanken zu machen und sich zu fragen, was EU-Parlamentarier sagen werden, wenn sie jetzt den U-Ausschuss abdreht. Bucher appellierte an alle Fraktionen, dafür zu sorgen, dass die Aufklärungsarbeit des U-Ausschusses fortgesetzt werden kann. Bucher warnte vor einer Fristsetzung, weil dies erfahrungsgemäß zu einem "Zeugenschwund" führen würde.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) hielt es für dringend geboten, den Bundeskanzler in den U-Ausschuss zu laden, um aufzuklären, welche Rolle er und Staatssekretär Ostermayer in der ÖBB-Inseratenaffäre gespielt haben. Es gelte, die politische Verantwortung zu klären. Der SPÖ warf Brosz vor, die Debatte über das schon lange versprochene Minderheitenrecht bei der Einrichtung von U-Ausschüssen "zugedreht" zu haben und appellierte an die Sozialdemokraten, weitere Sitzungstage des Untersuchungsausschusses zuzulassen.

Abgeordnete Christine LAPP (S) erinnerte daran, dass Verkehrsminister Faymann der erste Verkehrsminister sei, der sich aktiv um die ÖBB gekümmert und dafür gesorgt hat, dass dieses Unternehmen heute in der Öffentlichkeit wieder besser dastehe. Demgegenüber hätten sich Faymanns Vorgänger ausschließlich mit der Frage befasst, wie man die ÖBB filetieren könne. Kritik übte Lapp an der Obfrau des Untersuchungsausschusses, Gabriela Moser, die einen Vierparteienantrag nicht zugelassen und die Ausschussmitglieder durch das Verlesen einer Erklärung, die sie zuvor bereits an die APA geschickt hatte, desavouiert habe. Alle Fraktionen bemühen sich um einen Kompromiss für die weitere Arbeit des U-Ausschusses, versicherte die Abgeordnete. "Wir lassen uns aber nicht am Nasenring des Abgeordneten Pilz herumführen."

Abgeordnete Adelheid FÜRNTRATH-MORETTI (V) schloss sich der Kritik ihrer Vorrednerin an der Obfrau des Untersuchungsausschusses an und hielt fest, es sei für Regierungsmitglieder legitim, Inserate in Medien zu schalten. Nicht in Ordnung sei es aber, Inserate immer im selben Medium zu schalten und sich eine "Hofberichterstattung" auf dem Boulevard zu sichern. Es gehe auch nicht an, dass solche Inserate mehr der Person des Ministers nützen als dem Unternehmen, das beworben werden soll. Die Abgeordnete unterstrich die Notwendigkeit, offene Fragen zu klären, verlangte seriöse Aufklärung und schlug vor, gemeinsam eine Vorgangsweise für die weitere Arbeit des U-Ausschusses auszuarbeiten.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) hielt es für unverständlich, dass die ÖVP der SPÖ die Mauer mache und damit verhindere, dass Bundeskanzler Faymann im U-Ausschuss aussage. Auch er, Vilimsky, unterstelle nicht, dass sich Medien in Österreich kaufen ließen. Das gigantische Volumen an Zeitungsinseraten des ehemaligen Wohnbaustadtrates und Verkehrsministers Faymann sei aber aufklärungsbedürftig, sagte Vilimsky. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs und Untreue stehe im Raum, weil es nicht angehe, dass Inserate auf Kosten der Bahnkunden und der Erwerber von Autobahnvignetten bezahlt werden, ohne dass die Vorstände der betroffenen Unternehmen mit solchen Medienaufträgen befasst werden. Die Auffassung, Faymann habe bereits im ORF zu diesen Fragen Auskunft gegeben und brauche daher nicht im U-Ausschuss aussagen, bezeichnete Vilimsky als "burlesk".

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) konfrontierte die SPÖ mit dem Vorwurf, im Untersuchungsausschuss nur solange an Aufklärung interessiert gewesen zu sein, als dies die anderen Parteien betroffen habe. Demgegenüber habe sich das BZÖ offensiv zum gesamten Untersuchungsauftrag des Ausschusses bekannt. Die Opposition sei nun auch bereit, über die Fortsetzung der Arbeit im U-Ausschuss auf der Grundlage des S-V-Antrages zu verhandeln, müsse nun aber registrieren, dass die SPÖ Zeugen zur Inseratenaffäre im U-Ausschuss nicht befragen wolle. Der Appell des Abgeordneten lautete, eine Lösung zu finden, die die Fortsetzung des U-Ausschusses sicherstellt.

Mit "skurrilen Begründungen" hätten die Regierungsparteien versucht, während der heutigen Debatte den "demokratiepolitischen Wahnsinn" des Fristsetzungsantrages für den Korruptionsuntersuchungsausschuss zu erklären, fasste Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) ihre Eindrücke der laufenden Sitzung zusammen. Gabriela Moser habe über Monate hinweg hervorragende Arbeit als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses geleistet, betonte Musiol. Außerdem wertete sie die Unterstellung von Ausschussmitgliedern, Moser habe am "Gängelband" ihres Parteikollegen Peter Pilz agiert, als "subtilen Sexismus". Durch häufige Konfrontationen mit Pilz habe Moser ihre Unabhängigkeit bewiesen.

Bezeichnend fand es die Rednerin, dass die großen Parteien, von denen häufig über Demokratiereform und direkte Demokratie gesprochen werde, nun den Untersuchungsausschuss blockierten. Musiol rief dazu auf, diesen Ausschuss im Sinne der Demokratie weiterarbeiten zu lassen.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) stellte die Frage in den Raum, weswegen die SPÖ den Auftritt Werner Faymanns im Untersuchungsausschuss bekämpfe, und gab gleich selbst die Antwort darauf: Im Inseratenskandal stecke wohl so ungeheuerlich Großes, dass der Parteizwang die Ladung nicht zulasse. Im Flashmob von BürgerInnen und JournalistInnen heute ab 18.00 vor dem Parlament drücke die Bevölkerung ihren Zorn über die permanente Vermischung von Wahrheiten, Halbwahrheiten und Unwahrheiten aus. Als "ungeheuerlich" bezeichnete Deimek auch den Vergleich von Image-Inseraten für die ÖBB mit jenen für die Rettungsgasse, habe doch ein dazu beigezogener Gutachter befunden, dass ein Imagegewinn der ÖBB durch die Inseratenkampagne nicht erkennbar sei. Bundeskanzler Faymann forderte der F-Mandatar dazu auf, durch seine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss politische Verantwortung zu übernehmen, ansonsten sehe er schon die Kanzlerschaft Heinz-Christian Straches voraus.

Eine Einigung in der Frage zur Fortsetzung des Untersuchungsausschusses zeichne sich ab, verkündete Abgeordneter Gerhard GROSZ (B) und meinte, nun plötzlich sei wohl auch den Regierungsparteien Aufklärung wichtig. Grosz zeigte sich allerdings "verwundert" über das Treffen von G-Klubobfrau Glawischnig-Pisczek und Kanzler Werner Faymann diesen Sommer, da die Grünen derzeit doch massive Kritik am Kanzler übten. Im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre erwähnte der Redner die von ihm deswegen bereits im August 2008 eingebrachte Anzeige. Die Untersuchungen dazu waren jedoch kurz vor dem Amtsantritts Faymanns durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft eingestellt worden. Die Justiz garantiere keine ordnungsgemäßen Ermittlungen, folgerte der B-Mandatar, und genau aus diesem Grund sei der Untersuchungsausschuss zur Klärung politischer Verantwortung wichtig.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) sah den ihm zufolge bis dato erfolgreichsten Untersuchungsausschuss Österreichs an einem "Scheideweg" angelangt, drohe dem Ausschuss doch wegen eines rot-schwarzen Systems aus Privilegien und Vetternwirtschaft ein vorzeitiges Ende. Er beschrieb es als eine "Verhöhnung" des Parlaments und der Bevölkerung, auch nur an die Beendigung des Ausschusses zu denken, ehe alle vereinbarten Punkte abgearbeitet worden sind. Nach dem Rücktritt Gabriela Mosers als Ausschussvorsitzende gebe es keinen Grund mehr für die Regierungsparteien, weiter zu "taktieren". Die Inseratenkampagne der ÖBB unter dem ehemaligen Verkehrsminister Faymann habe dem Unternehmen keine Vorteile gebracht, den SteuerzahlerInnen dagegen jedoch 500.000 Euro gekostet, kritisierte Höbart und meinte, diesen Skandal gelte es endlich aufzuklären.

Der ganze Sitzungstag sei von der Frage über ein höchst brisantes Thema geprägt gewesen, rekapitulierte Abgeordnete Gabriela MOSER (G) die bisherigen Diskussionen. Wird der Korruptionsuntersuchungsausschuss am 21. September "abgedreht" oder gewährt man eine "Gnadenfrist" bis zum 16. Oktober, fragte sie. In letzterem Fall stünden noch 8 Verhandlungstage am Programm, analysierte Moser weiter, wodurch die Befragung von Auskunftspersonen nicht unbedingt möglich sein werde, da viele fern bleiben würden. Das nähmen die Regierungsparteien aber mit der Terminisierung bewusst in Kauf. Begründet sah die Rednerin dies darin, dass die politische Verantwortung bei den Inseratenschaltungen von ÖBB und ASFINAG nicht festgestellt werden solle. Konkret auf die Werbeschaltungen der ASFINAG Bezug nehmend, ortete Moser dabei keinen Gewinn für das Unternehmen, weder aus verkehrspolitischer Sicht noch in Hinblick auf die de facto nicht vorhandene Konkurrenz der ASFINAG. Dennoch sei Druck auf das Management der Infrastrukturgesellschaft ausgeübt worden, die Inserate zu ermöglichen. Die Mail einer entrüsteten Bürgerin zitierend, befand die G-Mandatarin, das Volk wolle Aufklärung und durch ein Abdrehen des Untersuchungsausschusses würde nur die Politikverdrossenheit gestärkt.

Die laufende Diskussion sei nicht im Interesse des Untersuchungsausschusses, erwiderte Abgeordneter Otto PENDL (S) auf die Ausführungen seiner Vorrednerin. Immerhin habe der Ausschuss bis zum Sommer erstklassige Arbeit geleistet. Pendl zeigte sich allerdings besorgt, dass das "elementare" Recht der Abgeordneten, Anträge zu stellen, durch die Entscheidung der damaligen Ausschussvorsitzenden Moser, einen Antrag nicht zuzulassen, Schule machen könnte. Sogar der Verfahrensanwalt habe sich diesbezüglich für eine Abstimmung ausgesprochen. Es ginge nicht an, meinte Pendl, dass in einem sachlich arbeitenden Ausschuss eine einzige Person meine, Recht zu haben. Daher schlage er vor, nach der Dringlichen Anfrage, wie mit den anderen Fraktionsvorsitzenden des Ausschusses abgesprochen, eine Geschäftsordnungssitzung einzuberufen, um die Thematik des Fristsetzungsantrages zu klären.

Abgeordneter Werner AMON (V) bestätigte, dass ein 5-Parteien-Antrag auf Basis der bereits im August vorgelegten Terminvorschläge für den Untersuchungsausschuss unterzeichnet worden war. Damit könnten eine Fortsetzung des Ausschusses ermöglicht und noch offene Themen – die Vergabe von Inseraten und Staatsbürgerschaften sowie Telekom Ostgeschäfte – in zumutbaren Rahmen abgewickelt werden. Allerdings bemerkte Amon, dass Paralleluntersuchungen von Justiz und Parlament, wie es im konkreten Untersuchungsausschuss oftmals der Fall sei, häufig zu Schwierigkeiten hinsichtlich Zeugenladungen führten. Schärfstens wies der V-Mandatar die Aussage Musiols, Kritik an der Ausschussvorsitzenden Moser sei sexistisch gewesen, zurück. Jeder geäußerte Vorwurf wäre sachlich fundiert erfolgt. Nun sei es geboten, in der Geschäftsordnungssitzung Einigkeit über den Verlauf des Untersuchungsausschusses herzustellen, damit dieser seine Aufgaben in Ruhe erledigen könne.

Im Anschluss an die nach dem letzten Redner zur Dringlichen Anfrage erfolgte Sitzungsunterbrechung gab Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER bekannt, dass der Antrag der Koalitionsparteien, dem Untersuchungsausschuss eine Frist bis zum 21. September zu setzen, zurückgezogen wurde. Überdies teilte er mit, dass ein ausreichend unterstütztes Verlangen vorliegt, den Rechnungshof mit der Prüfung von Inseratenschaltungen im Auftrag bzw. im Interesse von Bundesministerien zu betrauen.

Eine weitere (170.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen.

Der Rechnungshofausschuss trat heute nach Schluss der Plenarberatungen ebenfalls zusammen. Dies diente nur der Wahrung von Fristen zur Behandlung von Berichten. (Schluss Nationalrat)