Parlamentskorrespondenz Nr. 54 vom 30.01.2013

Österreichs Interessen in kritischen Versorgungsbereichen schützen

Energielenkungsgesetz passiert Nationalrat

Wien (PK) – Wirtschafts- und Energiepolitische Themen beherrschten die weitere Diskussion der heutigen Plenarsitzung des Nationalrats.

Zunächst stand die Regierungsvorlage zum Sicherheitskontrollgesetz für Kernmaterial zur Debatte. Damit wird die inländische Rechtslage an die neuen völkerrechtlichen und EU-rechtlichen Bestimmungen angepasst und in erster Linie das Zusatzprotokoll zum Sicherheitskontrollabkommen mit der Internationalen Atomenergieorganisation umgesetzt, das vor allem erweiterte Meldepflichten und Überwachungsmechanismen enthält. Das Gesetz wurde mehrheitlich beschlossen.

Mit Mehrheit angenommen wurde der Antrag der Abgeordneten Konrad Steindl (V) und Christoph Matznetter (S) zum Außenwirtschaftsgesetz, der darauf abzielt sicherzustellen, dass keine vollständige und unbemerkte Übernahme von Unternehmen, die in einer für die Versorgung der Bevölkerung kritischen Bereichen tätig sind, durch ausländische Großunternehmen erfolgen kann.

Soll Österreich Güter für AKWs liefern dürfen?

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) erläuterte, das Sicherheitskontrollgesetz betreffe Güter mit doppeltem Verwendungszweck, also solche, die in Atomkraftwerke wie auch in Atomwaffen verwendet werden können. Eine Ausfuhr sei nur für so genannte friedliche Zwecke der Atomindustrie erlaubt. Sie wundere sich über die breite Zustimmung zu diesem Gesetz, da sie bisher von einem breiten Anti-Atom-Konsens in Österreich ausgegangen sei. Es sei inkonsequent, wenn man von den Nachbarstaaten verlange, AKW abzuschalten, es aber österreichischen Firmen erlaube, weiterhin Güter für den Bau von AKWs zu liefern. In fast allen Neubauten von AKWs weltweit kämen solche Güter österreichischer Firmen zum Einsatz, kritisierte Brunner und brachte einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage ein. Die Grünen fordern darin eine Bestimmung mit dem Ziel ein, dass die Lieferung von Gütern, die beim Bau von AKW zum Einsatz kommen, unterbunden werden kann.  

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) wies in Richtung seiner Vorrednerin darauf hin, dass das österreichische Sicherheitskontrollgesetz in Einklang mit EU-Bestimmungen stehen müsse. Seiner Ansicht nach enthält es ausreichende Sicherheitsbestimmungen. Zum Außenwirtschaftsgesetz merkte Steindl an, es sei wichtig, dass Österreich in kritischen Versorgungsbereichen wie der Energie- und der Wasserversorgung oder der Verkehrsinfrastruktur geplante Unternehmensübernahmen bzw. maßgebliche Einstiege in Unternehmen überwachen und gegebenenfalls unterbinden könne.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ zum Sicherheitskontrollgesetz an. Die Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes werde seine Fraktion allerdings ablehnen, sagte er. Windholz kritisierte insbesondere, dass die vorgesehenen Änderungen, die aufgrund von EU-Kritik am Gesetz vorgenommen werden, keinem Begutachtungsverfahren unterzogen wurden.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) betonte, es sei wichtig zu verhindern, dass Österreich in kritischen Versorgungsbereichen zum Spielball von Unternehmensinteressen werde, die ganz anders gelagert seien als Staatsinteressen. Er glaube etwa nicht, dass vorrangig auf Geschäftsinteressen ausgerichtete private Unternehmen für Krisenfälle ausreichend Vorsorge treffen würden. Matznetter begrüßte daher die im Gesetz vorgesehenen Genehmigungspflichten für bestimmte Unternehmensübernahmen. Mit der EU konnte ihm zufolge ein Kompromiss erzielt werden, den er als österreichischen Verhandlungserfolg wertete.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) hielt fest, die Grünen würden der Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes zustimmen. Skeptisch äußerte sie sich hingegen zum Sicherheitskontrollgesetz. Wenn man eine ehrliche und aufrichtige Anti-Atom-Politik verfolge, müsse man auch dafür sorgen, dass Güter, die zum Bau von Atomkraftwerken eingesetzt werden, nicht erzeugt und exportiert werden, sagte sie. Sie warf der Regierung außerdem vor, zu wenig zu tun, um den Ausbau des Kernkraftwerkes Temelin zu stoppen. 

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER machte geltend, Österreich setze mit dem Sicherheitskontrollgesetz den Atomsperrvertrag um. Es gehe um Meldepflichten, Objektschutz und Ausfuhrkontrollen, skizzierte er. Die Ausfuhr von Gütern zu unterbinden, die in Atomkraftwerken eingesetzt werden können, erachtet Mitterlehner für nicht sinnvoll, damit würde man Österreich in der Praxis nichts Gutes tun. Zum AKW Temelin hielt er fest, die Erzeugung von Energie sei nach wie vor nationale Angelegenheit.

Mit der Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes reagiert Österreich Mitterlehner zufolge auf Einwände der EU. Seiner Ansicht nach geht Österreich eine Gratwanderung, um österreichische Interessen in kritischen Versorgungsbereichen zu schützen.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) kündigte die Zustimmung zu beiden Tagesordnungspunkten durch die FPÖ an. Zum Abänderungsantrag der Grünen zum Sicherheitskontrollgesetz merkte er an, es sei ihm lieber, wenn schon ein AKW in Grenznähe zu Österreich gebaut wird, dass hochqualitative österreichische Produkte statt Billigkomponenten aus irgendeinem Land verwendet werden.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) wies darauf hin, dass sich die Genehmigungspflicht für Unternehmensübernahmen und -einstiege auf wichtige Bereiche wie die öffentliche Sicherheit und die Daseinsvorsorge beschränke. Durch die Novelle werden ihrer Darstellung nach Lücken geschlossen und das Verfahren transparenter gestaltet.

Das Sicherheitskontrollgesetz wurde vom Nationalrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Der Zusatzantrag der Grünen blieb in der Minderheit. Ebenfalls mehrheitlich stimmte der Nationalrat der Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes zu.

Vorkehrungen für Energieengpässe

Das Energielenkungsgesetz dient der Sicherstellung der Energieversorgung in Krisenfällen. Auch dieses passierte das Plenum mit Mehrheit.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) wertete die Intention des neuen Energielenkungsgesetzes, die Sicherstellung der Strom- und Gasversorgung in Krisenfällen, als gut. Seiner Meinung nach erfolgt die Umsetzung des Vorhabens aber mangelhaft. Widmann kritisierte vor allem, dass der Wirtschaftsminister im Bedarfsfall sieben Verordnungen des Bundes und neun Verordnungen der Bundesländer brauche. Generell kritisiert er die zuletzt wieder steigenden Strom- und Gaspreise.

Dritter Nationalratspräsident Martin GRAF erteilte ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF für den Ausdruck "Lüge" in Richtung Abgeordnetem Widmann in einem Zwischenruf einen Ordnungsruf.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) hielt fest, Österreich sei ein Land mit hoher Versorgungssicherheit und beispielsweise absolute Europaspitze, was die niedrige Zahl von Stromausfällen betrifft. Man müsse aber für Krisen vorsorgen, bekräftigte er, schließlich sei Österreich maßgeblich von Energieimporten abhängig. Das Energielenkungsgesetz ermöglicht es laut Haubner, im Krisenfall rasch einzugreifen und etwa direkte Anweisungen an die Energieversorgungsunternehmen zu geben.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF reagierte auf den zuvor erhaltenen Ordnungsruf mit einer Tatsächlichen Berichtigung, in deren Rahmen er Ausführungen von Abgeordnetem Widmann zum Thema EU-Konzessionsrichtlinie widersprach.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) unterstrich, es mache viel Sinn, dass die EU-Staaten gemeinsame Vorkehrungen für einen Energieengpass im Krisenfall treffen. Österreich sei durch das Energielenkungsgesetz gut gerüstet, meinte er. Insbesondere begrüßte Katzian, dass die Versorgung von Haushaltskunden mit Wärme und Energie absoluten Vorrang habe.

In einer zweiten Wortmeldung bekräftigte Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) seinen Vorwurf, das Bundeskanzleramt habe im Zusammenhang mit der geplanten EU-Richtlinie für Konzessionsvergaben widersprüchlich agiert.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) brachte einen gemeinsamen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien und der FPÖ zum Energielenkungsgesetz ein, der unter anderem kompetenzrechtliche Klarstellungen enthält. Zudem ist vorgesehen, dass künftig auch VertreterInnen der Parlamentsparteien im Energiebeirat sitzen, ein Umstand, den Hofer besonders begrüßte.

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER verwies darauf, dass es bereits seit 1982 Bestimmungen zur Sicherstellung der Energieversorgung in Krisenfällen gibt. Mit dem neuen Energielenkungsgesetz wird ihm zufolge nun auch die Fernwärme miteinbezogen, zudem werden der E-Control Monitoringaufgaben übertragen. Die von Abgeordnetem Widmann kritisierte Zahl der Verordnungen hängt laut Mitterlehner davon ab, dass es verschiedene Energieträger gibt und auch die Länder Kompetenzen in Energiefragen haben. Er sieht darin allerdings kein Problem in der Praxis.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) betonte, die Grünen würden dem Energielenkungsgesetz zustimmen, weil es auch ihrer Fraktion wichtig sei, die Energieversorgung in Krisenfällen sicherzustellen. Generell erachtet es die Abgeordnete für notwendig, die Unabhängigkeit Österreichs im Bereich der Energieversorgung zu forcieren. Sie hofft in diesem Zusammenhang auf ein gutes Energieeffizienzgesetz und drängte massiv auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger.

Auch das Team Stronach wird dem Energielenkungsgesetz zustimmen, wie Abgeordneter Robert LUGAR (T) signalisierte. Ein Notprogramm sei wichtig, argumentierte er, schließlich könnte es jederzeit wieder passieren, dass die Ukraine, wie schon einmal in der Vergangenheit, den Gashahn zudreht. Generell kritisierte Lugar allerdings, dass Österreich viel zu stark von Gasimporten abhängig sei und wenig tue, um diesen Umstand zu ändern. Statt sich um Energieautarkie zu bemühen und in diesem Zusammenhang stärker auf Wasserkraft zu setzen, das große Potenzial von Kleinwasserkraftwerken auszuschöpfen und den Wald besser zu nutzen, baue der Verbund ein neues großes Gaskraftwerk, bemängelte er.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) wies auf die Bedeutung einer gut funktionierenden und leistbaren Energieversorgung für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes hin und begrüßte überdies die Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energieträger. Er sprach in diesem Zusammenhang auch das Problem der Kosten an und stellte fest, die Schmerzgrenze bei den Belastungen sei bereits erreicht.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) unterstützte den Ausbau der alternativen Energien, gab aber zu bedenken, die Energiewende werde man nur in Verbindung mit den notwendigen Leitungs- und Speichersystemen umsetzten können. 

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) sprach sich für eine Reduktion des Energieverbrauchs und für einen konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien aus. Wichtig seien dabei Transparenz und Bürgerbeteiligung, aber auch entsprechende Förderungen und eine offene Diskussion über die Kosten, betonte sie.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) sah die traditionellen Energieerzeuger durch die erwartete Energiewende vor große Herausforderungen gestellt. Er begrüßte das vorliegende Gesetz und meinte überdies, Gas werde man auch in Zukunft brauchen.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage in dritter Lesung in Fassung des S-V-F-Abänderungsantrages mit 2/3 Mehrheit angenommen.

Freiheitliche Anträge werden abgelehnt

Abgelehnt wurde jedoch der Entschließungsantrag der FPÖ, in dem sich diese für die Übernahme der Kosten der Facharbeiterprüfung ("Gesellenprüfung") durch die öffentliche Hand ausspricht.

Ebenfalls keine Mehrheit fand eine weitere FPÖ-Initiative, in dem bemängelt wird, die Preisauszeichnung von ausländischen Zeitschriften und Magazinen sei zu wenig konsumentenfreundlich.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) forderte in seiner Rede nochmals die Übernahme der Kosten für die Facharbeiterprüfung durch die öffentliche Hand und argumentierte, es gehe nicht an, dass StudentInnen und SchülerInnen sämtliche Prüfungstaxen ersetzt werden, Lehrlinge hingegen diese Kosten selbst vorstrecken müssen.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) hielt seinem Vorredner entgegen, die Kosten für die Prüfungen würden dem Lehrling vom Betrieb ersetzt. Was den Antrag betreffend Preisauszeichnung von Zeitschriften betrifft, plädierte Obernosterer für eine gesamteuropäische Lösung und meinte, eine Preisauszeichnung nur für Österreich wäre in der Praxis nicht möglich.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) warnte, die hohen Kosten der Meisterprüfung würden zahlreiche junge Menschen von einer höheren Qualifizierung abschrecken, und ortete diesbezüglich dringenden Handlungsbedarf.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) erwiderte, die Prüfungsgebühren würden ohnehin von den Betrieben übernommen. In der Praxis gebe es dabei keine Probleme, die Firmen würden ihren Lehrlingen oft sogar beim Bestehen der Prüfung noch zusätzlich eine Prämie zahlen.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) bemerkte, beide Anträge würden zwar gewisse Unschärfen aufweisen, ihre Grundtendenz sei aber in Ordnung, Lehrlingsförderung und Konsumentenschutz verdienten Unterstützung.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) nahm die Debatte über die Lehrlinge zum Anlass, auf die Bedeutung des Faches Berufsorientierung an den Neuen Mittelschulen und Hauptschulen hinzuweisen, und rief die Wirtschaft auf, zukunftsorientierte Berufe noch besser zu bewerben.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER wertete den Antrag betreffend Prüfungsgebühren als inkonsequent und erinnerte an die zahlreichen Förderungen der Lehre durch die Sozialpartner. Zur Forderung nach Preisauszeichnung bei ausländischen Zeitungen und Magazinen meinte er, die Preise könne man ja jederzeit beim Verkäufer erfragen, das Problem werde vom Markt geregelt, es bestehe kein Handlungsbedarf.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T) unterstütze die FPÖ-Initiative hinsichtlich der Gebühren bei der Meisterprüfung und gab zu bedenken, die hohen Kosten würden sich viele nicht leisten können.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) lehnte den Antrag bezüglich Preisauszeichnung ab und argumentierte, diese Initiative würde in der Praxis bloß auf staatliche Eingriffe und mehr Bürokratie hinauslaufen.

Abgeordneter Mathias VENIER (F) blieb bei seiner Forderung nach einer konsumentenfreundlichen Preisauszeichnung und warf Mitterlehner vor, KonsumentInnen und EinzelhändlerInnen im Regen stehen zu lassen.  (Fortsetzung Nationalrat) jan


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