Parlamentskorrespondenz Nr. 62 vom 31.01.2013

Nationalrat nimmt Demokratiepaket in Erste Lesung

Opposition ist skeptisch

Das von den Abgeordneten Josef Cap (S) und Karlheinz Kopf (V) vorgelegte Demokratiepaket, mit dem vor allem die Instrumente der direkte Demokratie gestärkt werden sollen machten den Abschluss der Plenardebatte heute. Das betrifft etwa die Einführung von Bürger-Fragestunden im Nationalrat sowie die Aufwertung der parlamentarischen Behandlung von Volksbegehren. Der Antrag wurde schließlich dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Abgeordneter Josef CAP (S) erläuterte die Initiative der Regierungsparteien für eine bessere Beteiligung der Bevölkerung an der politischen Entscheidungsfindung. Dazu gehöre die Einrichtung eines eigenen öffentlichen Ausschusses für Volksbegehren. Politische  Partizipation soll zudem durch die Nutzung elektronischer Möglichkeiten erweitert und erleichtert werden. Verbesserungen sind auch beim Persönlichkeitswahlrecht durch eine bessere Bewertung von Vorzugsstimmen vorgesehen. Cap sprach von einem ersten Schritt in Richtung mehr direkte Demokratie, dem in der nächsten Gesetzgebungsperiode ein weiterer und größerer folgen soll.

Wolfgang GERSTL (V) schloss sich dem Vorredner an und erinnerte an die Vorstellung eines großen Demokratiepakets durch Staatssekretär Sebastian Kurz. Es sei wichtig, die Kluft zwischen den BürgerInnen und ihren politischen VertreterInnen zu verringern. Die politische Teilhabe der Menschen an politischen Entscheidungen per Internet soll ermöglicht und erleichtert werden. Auch die zentrale Wählerevidenz soll für Zwecke der direkten Demokratie genutzt werden, sagte Gerstl, der sich bereit erklärte, auch über Argumente der Opposition zu diskutieren und die eine oder andere Abänderung am Antrag der Koalitionsparteien vorzunehmen.

Harald STEFAN (F) konnte in dem Antrag von SPÖ und ÖVP kein "Demokratiepaket" erkennen, eher ein "Kosmetiktascherl, wie er sich ausdrückte. Von einem großen Schritt in Richtung direkte Demokratie könne keine Rede sein. Stefan begrüßte die geplante "Bürgeranfrage", die der Minister im Nationalratsplenum wie die Anfrage eines Abgeordneten beantworten solle. Die FPÖ wolle aber große Schritte in Richtung Gesetzesinitiativen aus der Bevölkerung heraus setzen und auch eine Vetostimme des Volkes gegen bereits beschlossene Gesetze zulassen. Dass statt eines gemeinsamen Vorschlags aller Fraktionen nur ein "kleiner Vorschlag" der Regierungsparteien vorliege, führte der Redner auf die "kalten Füße" zurück, die eine Regierungspartei angesichts der Ergebnisse der letzten Volksbefragung beim Thema direkte Demokratie bekommen haben. Stefan bezweifelt, dass die Regierungsparteien die direkte Demokratie tatsächlich weiterentwickeln wollten. Seiner Fraktion gehe es jedenfalls um eine tatsächliche Einbindung der Bevölkerung in die politische Willensbildung.

Daniela MUSIOL (G) konnte keine Demokratiereform nach Vorstellung der Grünen erkennen. Die Rednerin erinnerte an das Schicksals des Bildungsvolksbegehren, bei dem letztlich ebenso wenig herausgekommen sei wie bei vielen Volksbegehren davor. Die Rednerin lobte die Vorschläge vom Staatssekretär Kurz, mit denen die Vorschläge, die nun vorgelegt wurden, nichts mehr zu tun haben. Es könne nicht nur um das Recht der BürgerInnen gehen, Fragen zu stellen – es gehe um tatsächliche Mitentscheidung. Auch die neue "Bürgeranfrage" sei nicht befriedigend ausgestaltet, weil keinerlei Nachfragemöglichkeiten vorgesehen seien, kritisieren die Grünen. Man müsse auch darüber reden, wo über die Formulierung der Fragen bei Volksbefragungen entschieden werde. "Das vorgelegte "Demokratiepaket" bringe keine Demokratiereform und finde nicht die Zustimmung der Grünen, schloss die Abgeordnete.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) vermisste beim aktuellen Entwurf zum Demokratiepaket die gemeinsame Lösung aller Fraktionen, wie sie etwa zur Einsetzung der gestern beschlossenen Verwaltungsgerichte gefunden worden war. Die Regierungsparteien hätten über die Köpfe der Opposition hinweg ein direktdemokratisch unzureichendes Konzept vorgelegt. Auch wenn einige BZÖ-Anregungen, beispielsweise die erhöhte Wertigkeit von Vorzugsstimmen, im Demokratiepaket von SPÖ und ÖVP enthalten seien, mangle es an vielen Ansätzen zur verstärkten BürgerInnenbeteiligung bei Gesetzesinitiativen und Beschlussfassungen, obwohl sich die Opposition intensiv in die Verhandlungen darüber eingebracht hätte, so Scheibners Kritik. Auch sei die Verkleinerung des Nationalrats im Sinne der Verwaltungseinsparung kein Thema mehr im vorliegenden Papier. Der BZÖ-Politiker forderte speziell die VertreterInnen der SPÖ auf, zumindest bei Änderungen der Geschäftsordnung des Nationalrates ihr freies Mandat ernst zu nehmen und damit auch gegen mögliche Widerstände der ÖVP zu entscheiden.

Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER wies in Folge den Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats für das Demokratiepaket zur weiteren Behandlung dem Verfassungsausschuss zu und gab die im Sitzungsverlauf eingebrachten selbständigen Anträge sowie Anfragen bekannt, bevor sie die Sitzung für geschlossen erklärte.

Eine weitere Sitzung des Nationalrats diente geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen durch die Präsidentin. (Schluss Nationalrat) hlf