Parlamentskorrespondenz Nr. 498 vom 27.05.2014

Bundesrat: Absage an EU-Vorschlag zu Einpersonen-GmbH mit einem Euro

EU-Ausschuss beschließt einstimmig Subsidiaritätsrüge

Wien (PK) – Auf massive Kritik und Ablehnung stieß heute im EU-Ausschuss des Bundesrats der Richtlinien-Vorschlag der Kommission, in Hinkunft die Gründung von Einpersonen–GmbH mit nur einem Euro Stammkapital zu ermöglichen. Dieses Modell der Einpersonengesellschaft würde zu Missbrauch und Umgehung nationaler Standards einladen sowie die grenzüberschreitende Scheinselbständigkeit fördern, so der einhellige Tenor der Bundesrätinnen und Bundesräte. Darüber hinaus zieht man in Zweifel, ob die EU aufgrund der Verträge überhaupt berechtigt ist, eine neue supranationale Gesellschaftsform zu schaffen, die in jedem Mitgliedstaat neben die nationalen Rechtsformen tritt. Auch die Sozialpartner Arbeiterkammer, ÖGB und Wirtschaftskammer teilten die massiven Bedenken vollinhaltlich.

Angesichts dieser breiten Front an Ablehnung und der Sorge um den Weiterbestand der österreichischen Form der GmbH griff der Ausschuss einmal mehr zum Instrument der Subsidiaritätsrüge, die von Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W), Monika Mühlwerth (F/W) und Heidelinde Reiter (G/S) vorgelegt und von allen Ausschussmitgliedern mitgetragen wurde.

Der Kommissionsvorschlag schieße weit über das verfolgte Ziel hinaus, heißt es darin. Die Bundesrätinnen und Bundesräte äußern zudem erhebliche Bedenken, ob die Europäische Union überhaupt berechtigt ist, den Mitgliedstaaten vorzuschreiben, eine neue einzelstaatliche Kapitalgesellschaftsform einzuführen. Dabei liegt ihrer Meinung nach ein unzulässiger Eingriff in die nationale Regelungshoheit vor. Der Vorschlag berücksichtige auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zumal die genannten Ziele auch durch innerstaatliche Regelungen erreicht werden können, argumentieren sie. Sie berufen sich mit ihren Einwänden auf ein Erkenntnis des EuGH, der festgestellt hat, dass sich die Einführung neuer einheitlicher Rechtsformen nicht auf Artikel 50 AEUV stützen könne, wie dies die Kommission nun tut. Die Aufhebung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit in Bezug auf die Errichtung von Tochtergesellschaften bedürfe keineswegs einer derart weitgehenden inhaltlichen Harmonisierung der nationalen GmbH-Rechte, so die Meinung des Ausschusses.

EU-Kommission will Einpersonen-GmbH mit nur 1 € Stammkapital zulassen

Laut Kommissionsvorschlag sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in ihren jeweiligen nationalen Gesellschaftsrechten eine Sonderform der Einpersonen-GmbH vorzusehen, die EU-weit dieselbe Bezeichnung ("Societas Unius Personae - SUP") trägt und auch inhaltlich weitestgehend harmonisiert ist. Als Gründer kommen laut Entwurf natürliche oder juristische Personen in Betracht, die eine SUP mittels eines EU-weit einheitlichen Formulars auch rein online gründen können. Der satzungsmäßige Sitz und der Ort der hauptsächlichen Geschäftstätigkeit müssen nicht in demselben EU-Mitgliedstaat liegen.

Einhellige Ablehnung seitens des Justizministeriums und der Sozialpatrtner

Wie der Vertreter des Justizministeriums unterstrich, meldet auch das Ressort selbst gröbere Bedenken zu diesem Vorhaben an. Nachdem der Vorstoß der Kommission, eine Europäische Privatgesellschaft zu gründen, gescheitert ist, versuche die Kommission nun offenbar mit diesem Vorschlag, ihr Anliegen auf eine andere Weise durchzubringen. Das vorgesehene Mindeststammkapital von einem Euro findet seitens des Justizressorts ebenfalls keine Unterstützung. Es würde unseriösen Gründungen Tür und Tor öffnen, ist man überzeugt. Überdies könne in einem rein elektronischen Eintragungsverfahren die Identität der Gesellschafter nicht mehr hinreichend überprüft werden, wodurch Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und generell die missbräuchliche Verwendung der Rechtsform erleichtert würden. Durch die Möglichkeit der GründerInnen, den Satzungssitz und damit das anzuwendende nationale Gesellschaftsrecht unabhängig vom Ort der hauptsächlichen Geschäftstätigkeit zu wählen, sei davon auszugehen, dass sich die GründerInnen häufig jene Rechtsordnungen aussuchen werden, die die geringsten Anforderungen stellen.

Auch die anwesenden Vertreter der Sozialpartner kamen zu einer übereinstimmend negativen Beurteilung des Kommissionsentwurfs. So würden die geplanten Gesellschaften mit Stammkapital von einem Euro eine Haftungsbefreiung zum Nulltarif erhalten, qualifizierte der ÖGB den Vorschlag als unseriös. Er sprach sich strikt gegen die Trennung von Verwaltungssitz und Registrierungsort aus, denn das würde nur Briefkastenfirmen und Scheinselbstständigkeit fördern. Die Gewerkschaft warnte überdies vor der Gefahr der Aushöhlung der Arbeitnehmermitbestimmung.

Die österreichische GmbH wäre tot, waren sich Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer einig. Seitens der Arbeiterkammer kamen auch warnende Stimmen hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf Steuern und Abgaben. Die Firmen hätten die Möglichkeit, das bestehende Geld bis zu einem Euro aus dem Unternehmen herauszunehmen, was einen enormen Steuerausfall nach sich ziehen und auch Krankenkassen und Pensionsversicherungen Beiträge vorenthalten würde. Als ein gefährliches Instrument hält die Arbeiterkammer die Online-Gründung und sah sich damit auch eines Sinnes mit dem Justizministerium. Die EU wolle einerseits Geldwäsche bekämpfen und andererseits öffne man mit der Online-Gründung einer solchen Tür und Tor, formulierte der Arbeiterkammerexperte. Er bestand auf die Beibehaltung eines substantiellen Mindestkapitals und der Gewährleistung der Arbeitnehmermitbestimmung.

Grundsätzlich begrüße man die Erleichterung grenzüberschreitender Tätigkeit, meinte der Vertreter der Wirtschaftskammer, der Weg der Kommission sei jedoch verfehlt und das vorliegende Papier stelle lediglich einen Abklatsch zur missglückten Verordnung zu einer Europäischen Privatgesellschaft dar. Auch er trat vehement für die Beibehaltung eines substantiellen Mindestkapitals ein und gab zu bedenken, dass mit dem Vorschlag 28 verschiedene Gesellschaftsformen innerhalb der EU geschaffen würden. Hinsichtlich der elektronischen Beantragung äußerte sich der Wirtschaftskammer-Experte weniger negativ, gleichzeitig stellte er jedoch außer Streit, dass die dahinterstehenden Personen eindeutig identifizierbar sein müssen.

Den Bedenken schlossen sich in der Diskussion die BundesrätInnen Edgar Mayer (V/V), Sonja Zwazl (V/N), Stefan Schennach (S/W), Franz Perhab (V/St) und Cornelia Michalke (F/V) vollinhaltlich an. Die Kommission versuche nun mit der Brechstange das durchzusetzen, was mit der Europäischen Privatgesellschaft nicht geglückt sei, meinte etwa Stefan Schennach. Die EU greife unberechtigt in nationales Recht ein, so Ausschussvorsitzender Edgar Mayer. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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