Parlamentskorrespondenz Nr. 1027 vom 06.11.2014

Kampf gegen Lohndumping: Sozialausschuss stimmt Gesetzespaket zu

Bürokratie für Betriebe wird reduziert, leichterer Zugang bestimmter Gruppen zu Arbeitslosengeld

Wien (PK) – Im Vorfeld der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für acht ost- und südosteuropäische EU-Staaten im Mai 2011 hat das Parlament ein Maßnahmenbündel zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping verabschiedet, um gesetzeskonform agierende Betriebe vor unlauterer Konkurrenz durch Billigstarbeiter zu schützen. In der Praxis haben sich allerdings einige Schlupflöcher gezeigt. Diese sollen nun geschlossen werden. Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute grünes Licht für einen von Sozialminister Rudolf Hundstorfer vorgelegten Gesetzentwurf gegeben. Er sieht unter anderem vor, die Lohnkontrolle auf alle Entgeltbestandteile auszudehnen und die Nichtvorlage von Unterlagen schärfer zu sanktionieren. Zudem sollen ArbeitnehmerInnen künftig über verhängte Strafbescheide wegen Unterentlohnung informiert werden.

Grundsätzlich begrüßten alle Fraktionen den forcierten Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Sowohl die FPÖ als auch die Grünen halten die gesetzten Maßnahmen allerdings für nicht ausreichend, auch die NEOS übten in Detailbereichen Kritik. Wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Abgeordneten informierte, wurden bislang 21 Mio. € aus Strafbescheiden wegen Unterentlohnung eingenommen, besonders betroffen sind der Hochbau, das Baunebengewerbe und die Gastronomie.

Mit dem Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 2014 (ASRÄG 2014) wird allerdings nicht nur der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping forciert, sondern auch der bürokratische Aufwand von Unternehmen, etwa durch eine Lockerung bestimmter Aufzeichnungspflichten, reduziert und das Arbeitszeitgesetz an eine neue EU-Verordnung über den Einsatz von Fahrtenschreibern im Straßenverkehr angepasst. NebenerwerbslandwirtInnen und KinderbetreuungsgeldbezieherInnen erhalten einen leichteren Zugang zum Arbeitslosengeldbezug.

Ergänzend zum Gesetzespaket beschloss der Ausschuss auf Basis eines kurzfristig von den Koalitionsparteien eingebrachten Antrags darüber hinaus, auch im kommenden Jahr Mittel der Arbeitslosenversicherung für Kurzarbeit bereitzustellen. Kurzarbeit habe sich als eines der besten Instrumente zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit erwiesen, heißt es dazu in der Begründung des Antrags. Laut Hundstorfer befinden sich aktuell 3.500 Personen in Kurzarbeit, 2.000 davon betreffen ein einziges Unternehmen.

Grüne üben Kritik an Aufweichung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen

Im Rahmen der Debatte kritisierten die Grünen vor allem die Aufweichung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch das vorliegende Gesetzespaket. So wandte sich Abgeordnete Birgit Schatz gegen die Reduzierung der verpflichtenden Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses auf einen pro Jahr und die mögliche Funktionsüberschneidung von Sicherheitsvertrauenspersonen und Präventivfachkräften.

Was die verschärften Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping betrifft, sprach sich Schatz dafür aus, die von einer Unterentlohnung betroffenen Beschäftigten bereits bei Vorliegen einer Anzeige wegen Lohn- und Sozialdumpings und nicht erst bei Vorliegen eines Strafbescheids zu informieren, um der Gefahr zu begegnen, dass Ansprüche aufgrund von Verfallsfristen zu spät geltend gemacht werden. Sinnvoll wäre ihrer Ansicht nach außerdem die Verankerung der Möglichkeit, Verbandsklagen einzubringen. Für einzelne ArbeitnehmerInnen sei es oft schwierig, vorenthaltenen Lohn einzuklagen. Generell hielt Schatz fest, viele der nunmehr vorgesehenen Gesetzesverschärfungen hätten die Grünen bereits 2011 beantragt.

Ihre Fraktionskollegin Judith Schwentner zeigte sich darüber erfreut, dass eine Lösung in Bezug auf den Zugang zu Arbeitslosengeld für KinderbetreuungsgeldbezieherInnen gefunden wurde.

FPÖ fordert öffentlich einsehbares Strafregister

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl wertete das vorliegende Gesetzespaket als Eingeständnis der Regierung, dass es derzeit bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping erhebliche Defizite gibt, etwa was die Lohnkontrolle und die Sanktionierung der Nichtbereitstellung von Lohnunterlagen betrifft. Auch die künftig geltenden Bestimmungen werden seiner Einschätzung nach nicht ausreichen, um Lohn- und Sozialdumping wirksam zu bekämpfen.

Kickl forderte in diesem Sinn weitergehende Schritte und nannte als Beispiele die Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Registers für Verwaltungsstrafen wegen Lohn- und Sozialdumpings, die Möglichkeit der Einbringung von Verbandsklagen und die Sanktionierung von Arbeitnehmern, die immer wieder für dubiose Firmen arbeiten, etwa in Form einer Streichung des Arbeitslosengeldes. Zudem drängt die FPÖ darauf, Verstöße gegen die einschlägigen Gesetzesbestimmungen verstärkt durch den dauerhaften oder zeitweisen Entzug der Gewerbeberechtigung und durch den dauerhaften oder zeitweisen Ausschluss von der Teilnahme an Ausschreibungen und Wettbewerben der öffentlichen Hand zu ahnden. Ein "Kuddelmuddel" ortet Kickl beim Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping.

Auch Kickls Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein sprach sich dafür aus, Arbeitnehmer, etwa von Scheinfirmen, genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese seien nicht immer nur Opfer, betonte sie. Ausdrücklich begrüßt wurden von der FPÖ die neuen Bestimmungen für NebenerwerbslandwirtInnen betreffend Arbeitslosengeldbezug.

NEOS: Regierungsvorlage geht in die richtige Richtung

Seitens der NEOS äußerte sich Abgeordneter Gerald Loacker positiv zur Regierungsvorlage, die seiner Meinung nach in die richtige Richtung geht. Es würden einige wesentliche Nachbesserungen bei den geltenden Bestimmungen vorgenommen, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, betonte er. Im Detail sieht Loacker aber einige problematische Punkte, man dürfe Unternehmer nicht unter Generalverdacht stellen und sie mit Bürokratie überlasten.

Im Konkreten wertete Loacker die Verpflichtung, Lohnunterlagen am Arbeitsort bereitzuhalten, als nicht praxistauglich und forderte, auf diese Verpflichtung zu verzichten, wenn die steuerliche Vertretung des Unternehmens durch einen befugten Dritten wahrgenommen wird. Zudem machte er sich dafür stark, ArbeitnehmerInnen erst dann über eine Unterentlohnung zu informieren, wenn ein rechtskräftiger Strafbescheid vorliegt, um Rechtsunsicherheit und Misstrauen zu vermeiden. Zwei weitere von ihm eingebrachte Abänderungsanträge betrafen die Zustellung von Strafbescheiden an ausländische Unternehmen sowie die Bestimmungen über Entsendungen.

Grundsätzliche Zustimmung signalisierte Loacker auch zum Gesetzesantrag betreffend Kurzarbeit, er hinterfragte aber die Höhe der Summe, die dafür in die Hand genommen wird.

SPÖ und ÖVP begrüßen Gesetzesentwurf ausdrücklich

Ausdrücklich begrüßt wurde der Gesetzentwurf von den Abgeordneten Johann Hechtl (S) und August Wöginger (V) sowie Ausschussvorsitzendem Josef Muchitsch (S). Es komme zu wesentlichen Verbesserungen im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping, hielt Hechtl fest. Wöginger wies darauf hin, dass der Strafrahmen für gezieltes Lohn- und Sozialdumping verschärft werde, während man im Falle von unbeabsichtigten geringfügigen Vergehen mehr Nachsicht walten lassen könne. Er wertete es außerdem als positiv, dass die Arbeitsaufzeichnungspflichten gelockert werden und ArbeitnehmerInnen im Gegenzug das Recht auf Aushändigung von Arbeitszeitaufzeichnungen einmal im Monat erhalten.

In Richtung Abgeordneter Schatz hielt Wöginger fest, dass ein Drittel der Mitglieder des Arbeitsschutzausschusses jederzeit die Einberufung einer Sitzung verlangen könne. Damit würden die Rechte der ArbeitnehmerInnen gewahrt. Zur Forderung der FPÖ nach einem  öffentlichen Register für verurteilte Unternehmen, merkte Muchitsch an, ihm sei das bereits bestehende, EU-konforme, "weiße Register" für vertrauenswürdige Unternehmen lieber als ein "schwarzes Register".

Sozialminister Rudolf Hundstorfer wies in Reaktion auf die Bedenken der Opposition darauf hin, dass, wenn es in einem Betrieb mindestens zwei Betroffene gibt, der Betriebsrat zur Einbringung einer Klage legitimiert sei. Ebenso hätten die Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen eine Möglichkeit zur Verbandsklage wegen unlauteren Wettbewerbs. Eine Strafnachsicht bei geringfügigen Vergehen ist Hundstorfer zufolge nur möglich, wenn der ausstehende Lohn nachgezahlt wird.

Allgemein verwies Hundstorfer auf die gute Zusammenarbeit der Behörden. Die eingerichtete Task Force prüfe auch, wenn eine bestimmte Person in Konkursverfahren mehrfach auftauche, skizzierte er. Auch die Entziehung einer Gewerbeberechtigungen sei nach der geltenden Gesetzeslage möglich und werde auch durchgeführt. Wenig hält Hundstorfer davon, unterbezahlte ArbeitnehmerInnen zu bestrafen, schließlich handle es sich hierbei meist um Menschen, die außer bei dubiosen Firmen kaum eine Chance am Arbeitsmarkt haben, argumentierte er. Es sei aber sichergestellt, dass Sanktionen greifen, wenn sich jemand mit einer Scheinfirmenkonstruktion AMS-Leistungen erkaufe.

In Richtung Abgeordnetem Loacker betonte Hundstorfer, die Möglichkeit zur Einschau in Lohnunterlagen beim Steuerberater gebe es schon jetzt.

Bei der Abstimmung wurde das Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 2014 unter Berücksichtigung eines vorwiegend technischen Abänderungsantrags zum Einsatz von Fahrtenschreibern im Straßenverkehr in weiten Teilen mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Team Stronach angenommen. Lediglich die in das Gesetzespaket eingebauten Deregulierungsmaßnahmen wurden von den Grünen abgelehnt. Dem erleichterten Zugang von NebenerwerbslandwirtInnen und KinderbetreuungsgeldbezieherInnen zum Arbeitslosengeld stimmten auch FPÖ und NEOS zu. Lediglich vom Team Stronach mitgetragen wurden die von NEOS-Abgeordnetem Loacker eingebrachten Abänderungsanträge, sie blieben damit in der Minderheit.

Der Gesetzesantrag zur Kurzarbeit passierte den Ausschuss einstimmig, einem mit dem ASRÄG in Zusammenhang stehenden Gesetzesantrag zum Arbeitsruhegesetz stimmten SPÖ, ÖVP und Team Stronach zu.

Strafrahmen für Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen wird erhöht

Im Konkreten sieht das beschlossene Gesetzespaket die Befugnis der zuständigen Behörden vor, nicht nur die ordnungsgemäße Bezahlung des Grundlohns (Stundenlohn plus Überstunden), sondern sämtlicher den ArbeitnehmerInnen zustehenden Entgelte zu kontrollieren. Zudem wird der Strafrahmen für die Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen an jenen für Lohndumping angeglichen und klargestellt, dass die Strafe nicht pauschal sondern pro ArbeitnehmerIn zu bezahlen ist. Auch die Nichtübermittlung von Entsendemeldungen wird schärfer sanktioniert.

Das Kompetenzzentrum gegen Lohn- und Sozialdumping (LSDB) erhält die Aufgabe, betroffene ArbeitnehmerInnen über verhängte Strafbescheide wegen Lohndumping zu informieren. Besteht der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung, ist es künftig außerdem einfacher, eine Sicherheitsleistung vorzuschreiben bzw. einen Zahlungsstopp zu verhängen. Das so genannte "Montageprivileg" für die Montage, Inbetriebnahme und Reparatur von Anlagen wird auf klassische Anlagen eingeschränkt, einzelne Maschinen sind nicht mehr umfasst.

Ergänzt werden die verschärften Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz durch Änderungen im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz. Auch hier kommt es zur Anpassung von Strafbestimmungen und zu einer Klarstellung des Entsendebegriffs.

Deregulierung soll Unternehmen erhebliche Kosteneinsparungen bringen

Von der Lockerung der Aufzeichnungspflichten sind Arbeitsaufzeichnungen für Teleheimarbeit, Ruhepausen-Aufzeichnungen sowie Arbeitsaufzeichnungen bei fixer Arbeitseinteilung betroffen. Zudem wird im Sinne der von der Regierung angestrebten Deregulierungsoffensive die Zahl der verpflichtenden Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses auf eine pro Jahr reduziert und klargestellt, dass die Funktion einer Sicherheitsvertrauensperson mit der Funktion einer Präventivfachkraft vereinbar ist. Die Vorschreibung von Brandschutzgruppen nach den Arbeitnehmerschutzvorschriften entfällt. Das Sozialministerium hat errechnet, dass die vorgesehene Reduzierung des bürokratischen Aufwands den Unternehmen Einsparungen von insgesamt rund 37 Mio. € im Jahr bringt.

In Zusammenhang mit dem Wegfall von Arbeitsaufzeichnungspflichten ist auch eine Änderung des Arbeitsruhegesetzes erforderlich – in einem von SPÖ und ÖVP heute eigens eingebrachten Gesetzesantrag wird festgehalten, dass Störungen der Wochenendruhe, Wochenruhe, Feiertagsruhe und Ersatzruhe jedenfalls aufzuzeichnen sind.

Leichterer Zugang zum Arbeitslosengeld für bestimmte Personengruppen

Integriert in das ASRÄG ist darüber hinaus eine Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Zum einen soll rückwirkend verhindert werden, dass NebenerwerbslandwirtInnen den Anspruch auf Arbeitslosengeld verlieren, wenn der landwirtschaftliche Betrieb einen Einheitswert von 1.500 € übersteigt. Vielmehr bleibt der Anspruch solange bestehen, solange aus dem landwirtschaftlichen Betrieb kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze zu erwarten ist.

Zum anderen werden künftig auch Zeiten des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld bei der Berechnung der Anwartschaft auf Arbeitslosengeld mitberücksichtigt. Voraussetzung ist, dass mindestens 14 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten vorliegen. Das gleiche Erfordernis gilt künftig für Präsenz- und Zivildiener. Finanzielle Auswirkungen haben beide Gesetzesänderungen laut Sozialministerium nicht, da im Falle der NebenerwerbslandwirtInnen – in Reaktion auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs – lediglich die ursprüngliche Gesetzeslage wieder hergestellt wird. Der Mehraufwand für BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld wird durch einen Minderaufwand für Präsenz- und Zivildiener kompensiert, diese mussten in der Vergangenheit nur 13 Wochen sonstiger Anwartschaftszeit vorweisen.

Arbeitszeitgesetz wird an neue EU-Verordnung über Fahrtenschreiber angepasst

Mittels eines Abänderungsantrags der Koalitionsparteien wurden schließlich auch eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an eine neue EU-Verordnung über den Einsatz von Fahrtenschreibern im Straßenverkehr in das Gesetzespaket eingebaut und entsprechende Übergangsregelungen verankert. Oberleitungsbusse unterliegen auch künftig grundsätzlich den Vorschriften für Straßenbahnen, zwei Bestimmungen der Lenker-Arbeitszeit-Richtlinie der EU, betreffend Ruhepausen und Nachtarbeit, werden aber auch für O-Bus-LenkerInnen gelten.

Mehrere Oppositionsanträge miterledigt

Mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurden zahlreiche Oppositionsanträge, wobei einige Initiativen der Grünen und der FPÖ mit dem Beschluss des Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetzes 2014 als miterledigt gelten. Konkret handelt es sich dabei um Entschließungsanträge der FPÖ zum Arbeitslosenbezug für NebenerwerbslandwirtInnen (650/A(E)) und zum Thema Lohn- und Sozialdumping (678/A(E)) sowie ein Entschließungsantrag der Grünen zur Anrechnung von Zeiten des Kinderbetreuungsgeldbezugs für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (610/A(E)).

Vertagt wurden hingegen ein weitergehender Gesetzesantrag der Grünen zur Eindämmung von Lohn- und Sozialdumping (343/A), der unter anderem die Forderung nach der Verankerung einer Verbandsklage enthält, ein Entschließungsantrag der Grünen zur verpflichtenden Information für geschädigte ArbeitnehmerInnen unmittelbar bei der Einleitung eines Verfahrens wegen Unterentlohnung (320/A(E)) sowie ein Entschließungsantrag des Team Stronach (487/A(E)), in dem sich Abgeordnete Waltraud Dietrich dafür ausspricht, bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand mehr Augenmerk auf regionale Wertschöpfung zu legen, um heimische KMUs gegenüber ausländischen Firmen mit Billigarbeitskräften nicht zu benachteiligen.

Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (S) und ÖVP-Abgeordneter August Wöginger (V) wiesen in diesem Zusammenhang auf eine in der kommenden Woche stattfindende Diskussionsveranstaltung der Sozialpartner im Parlament hin. Eine stärkere Berücksichtigung des Bestbieterprinzips im Vergabegesetz und anderen gesetzlichen Vorschriften sei auch ein Anliegen der Regierungsfraktionen, versicherten sie.

FPÖ drängt auf Maßnahmenbündel gegen Armut, Team Stronach will Existenzminimum erhöhen

Keine Mehrheit im Sozialausschuss fand ein von der FPÖ gefordertes Maßnahmenpaket zur Eindämmung von Armut (696/A(E)). Unter anderem urgieren die Freiheitlichen einen Mindestlohn von 1.600 €, eine Mindestpension von 1.200 €, die automatische jährliche Wertanpassung des Pflegegelds, einen rückwirkenden Inflationsausgleich für die Pensionen der Jahre 2013 und 2014 sowie höhere Steuerfreibeträge für behinderte Menschen. Gerechte Löhne und Pensionen sowie mehr Fairness in der Arbeitswelt seien schließlich auch Forderungen der SPÖ, hob Abgeordneter Kickl im Rahmen der Begründung des Antrags hervor.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer gab zu bedenken, dass die Umsetzung des Forderungspakets der FPÖ 10 bis 12 Mrd. € kosten würde. Der Antrag enthalte nicht einmal ansatzweise eine Erklärung, wie dieser Betrag finanziert werden solle, kritisierte er. Hundstorfer sprach sich außerdem dafür aus, die Frage des Mindestlohns in Kollektivverträgen und nicht gesetzlich zu regeln. Ablehnend äußerte er sich auch zu einem eigenen Pensionistenpreisindex, man könne nicht für jede Generation bzw. jede Familiensituation einen eigenen Index schaffen.

Als nicht seriös werteten auch die Abgeordneten Gerald Loacker (N), Markus Vogl (S), Ulrike Königsberger-Ludwig (S) und Gertrude Aubauer (V) den Antrag der FPÖ. Man solle als Oppositionspartei nur Dinge beantragen, die man auch umsetzen würde, wenn man Regierungsverantwortung hätte, führte Loacker aus. Abgeordnete Königsberger-Ludwig wies im Hinblick auf die notwendige Finanzierung von Sozialleistungen darauf hin, dass die FPÖ strikt gegen Vermögensteuern sei. Zum Thema Mindestlohn merkte Abgeordneter Vogl an, Mindestlöhne neigten in Krisenzeiten dazu, gekürzt zu werden, wie in einigen europäischen Ländern zu sehen sei. Er hält wie Hundstorfer das System der Kollektivverträge für besser.

Abgeordnete Aubauer rechnete vor, dass allein die Forderung nach einer Mindestpension von 1.200 € mehr als 9 Mrd. € pro Jahr kosten würde. Woher solle das Geld kommen, fragte sie. Der ÖVP gehe es demgegenüber darum, die Pensionen zu sichern und ein stabiles System zu haben.

Vertagt wurde ein vom Team Stronach eingebrachter Antrag (488/A(E)) betreffend Erhöhung des nicht pfändbaren Grundbetrags von derzeit 857 €. SPÖ-Abgeordnete Königsberger-Ludwig sprach sich dafür aus, diese Frage bei der geplanten Novellierung des Privatkonkursrechts mitzudiskutieren. Inhaltlich äußerte sie im Gegensatz zu NEOS-Abgeordnetem Gerald Loacker Verständnis für das Anliegen.

NEOS für Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten

Auf Basis eines Antrags der NEOS (713/A(E)) diskutierte der Sozialausschuss über nach wie vor bestehende Unterschiede in der Rechtsstellung von ArbeiterInnen und Angestellten. Nach Meinung von Abgeordnetem Gerald Loacker ist die Schlechterstellung von ArbeiterInnen im Hinblick auf Kündigungsfristen, Entlassungsgründe, Sonderzahlungen im Falle von Entlassungen und Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall historisch bedingt und sachlich nicht mehr gerechtfertigt.

Dieser Einschätzung stimmten auch Grün-Abgeordnete Birgit Schatz, FPÖ-Abgeordneter Herbert Kickl und SPÖ-Abgeordneter Erwin Spindelberger zu. Spindelberger sprach sich allerdings dafür aus, die Verhandlungen über die seiner Meinung nach schwierige Materie den Sozialpartnern zu überlassen. Schließlich hätte ein einheitlicher ArbeitnehmerInnenbegriff Auswirkungen auf hunderte Kollektivverträge. Spindelberger zufolge laufen bereits Gespräche.

Der Antrag wurde schließlich ebenso vertagt wie ein weiterer Antrag der NEOS zum Thema Arbeitsrecht. Konkret gefordert wird, die Probezeit bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen von einem Monat auf drei Monate auszuweiten, die Aliquotierung von Urlaubsansprüchen bei unterjährigen Aus- und Eintritten einheitlich zu regeln und die Arbeitszeitregelungen zu flexibilisieren (575/A(E)). So regt Abgeordneter Gerald Loacker etwa an, zwölfstündige Arbeitstage ohne Überstundenzuschläge zu erlauben, wenn die Gleitzeitvereinbarung die Möglichkeit vorsieht, Zeitguthaben ganztägig zu verbrauchen.

Kritik an diesem Antrag kam sowohl von den Grünen als auch von der SPÖ. Zwölfstündige Arbeitstage seien mit der Betreuung eines Kindes nicht vereinbar, machte Abgeordnete Birgit Schatz (G) geltend. Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) gab zu bedenken, dass es angesichts der hohen Arbeitslosigkeit kontraproduktiv wäre, wenn jene, die eine Beschäftigung haben, noch mehr arbeiten würden. ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer wies darauf hin, dass derzeit Sozialpartner-Verhandlungen über eine Flexibilisierung der Arbeitszeit laufen.

Grüne: Auch Arbeitslose sollen über verpflichtungsfreie Tage verfügen

Schließlich lehnte der Sozialausschuss einen Antrag der Grünen (694/A) auf Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ab. Die Grünen sehen es als ein Problem, dass Arbeitslose die ständige Verpflichtung haben, der Jobvermittlung zur Verfügung zu stehen und sich im Inland aufzuhalten. Ähnlich wie in der Schweiz und in Deutschland sollen Betroffene ihrer Vorstellung nach die Möglichkeit erhalten, während des Arbeitslosenbezugs einige Tage "frei zu nehmen", wobei Abgeordnete Judith Schwentner konkret einen Anspruch auf 5 verpflichtungsfreie Werktage nach jeweils 90 Tagen Leistungsbezug – insgesamt 20 Tage im Jahr – vorschlägt.

Die anderen Fraktionen zeigten für den Vorschlag allerdings wenig Verständnis. Einzig Abgeordneter Gerald Loacker (N) konnte sich vorstellen, der Idee näher zu treten, wenn der Antrag praxistauglicher umformuliert würde. Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) zeigte sich hingegen überzeugt, dass man den Arbeitslosen in Anbetracht der zu erwartenden öffentlichen Debatte nichts Gutes täte, würde man den Antrag beschließen. Obernosterer zufolge ist es derzeit außerdem ohnehin kein Problem, zu einem wichtigen Ereignis wie einer Hochzeit oder einem Begräbnis ins Ausland zu fahren. Auch einem gemeinsamen Urlaub mit der Familie stehe nichts im Weg, wenn man sich in dieser Zeit von der Arbeitslosenversicherung abmelde. Sozialminister Rudolf Hundstorfer machte auf die Möglichkeit der Pflegekarenz aufmerksam, die auch von Arbeitslosen in Anspruch genommen werden kann. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs