Parlamentskorrespondenz Nr. 61 vom 27.01.2015

Petitionsausschuss: Einig über Verbesserung der Lehrlingsausbildung

Gedenkminute anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des KZ Ausschwitz-Birkenau

Wien (PK) – Die erste Sitzung des Petitionsausschusses im heurigen Jahr war einem Pilotversuch gewidmet. Erstmals standen nämlich nur sechs Initiativen auf der Tagesordnung, zu denen die jeweiligen ErstunterzeichnerInnen bzw. Auskunftspersonen eingeladen waren. Die von den einzelnen Fraktionen ausgewählte Themenpalette war breit gefächert, sie reichte von der Lehrlingsausbildung, der Sterbehilfe, den Regelungen für den Flugsport, der Liberalisierung von Cannabis, dem Waffenrecht bis hin zur Umsetzung einer Staats- und Verwaltungsreform.

Ausschussvorsitzender Michael Pock war überzeugt davon, dass mit dieser Vorgangsweise ein Zeichen in Richtung mehr direkter Demokratie und einer Öffnung der Politik gesetzt werde. Natürlich sei jede Bürgerinitiative gleich wichtig, unterstrich Pock, die vorliegenden sechs Ansinnen sollen nur als Beispiele dienen. Man wolle klar zum Ausdruck bringen, dass alle Anliegen der BürgerInnen ernst und wahr genommen und als Impulse für die parlamentarische Arbeit angesehen werden.

Schweigeminute im Gedenken an die Befreiung des KZ Auschwitz vor 70 Jahren

Vor Eingang in die Tagesordnung erinnerte Ausschussvorsitzender Michael Pock daran, dass vor 70 Jahren das Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau, in dem über 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden, befreit wurde. 2015 werde vermutlich das letzte runde Gedenkjahr sein, im dem ZeitzeugInnen persönlich von den Gräueltaten des Hitler-Regimes berichten können. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass auch im 21. Jahrhundert die Werte der Demokratie und der Freiheit immer wieder in Frage gestellt werden, sollte den Opfern in würdiger Weise gedacht werden. Die Mitglieder des Ausschusses hielten sodann eine Schweigeminute ab.

Professionalisierung der Lehrlingsausbildung und Qualitätskontrolle durch unabhängiges Institut  

Bereits über 20.000 Menschen haben sich im Rahmen einer Bürgerinitiative für eine umfassende Verbesserung der Lehrlingsausbildung in Österreich eingesetzt (51/BI ). Ihr Initiator, der 24-jährige Kevin Granegger, trug mit großem Engagement die wichtigsten Forderungen vor, die von den SprecherInnen der einzelnen Fraktionen zum Großteil unterstützt wurden. Da er selbst aus dem Gastronomiebereich komme und sehr viele Gespräche mit Lehrlingen geführt habe, wisse er, dass es eine Reihe von Missständen in der Praxis gibt, erklärte Granegger. Grundsätzlich befürworte er das duale Ausbildungssystem, aufgrund der steigenden Anforderungen müsste jedoch mehr Zeit in den Berufsschulen verbracht werden. Außerdem klagen zahlreiche Jugendliche über eine schlechte Ausbildung in den Betrieben und viele fallen bei den Lehrabschlussprüfungen durch. Die Qualität der Ausbildung müsste daher besser kontrolliert werden, verlangte Granegger, allerdings nicht von der Wirtschaftskammer, sondern von einem unabhängigen Institut.

Der konkrete Forderungskatalog der Bürgerinitiative enthält u.a. die Modernisierung der Berufsfelder (z.B. Zusatzkenntnisse für angehende KöchInnen aus den Lehrberufen Konditor, Bäcker und Fleischer), die Ausweitung der Berufsschulzeit von acht auf zwölf Wochen (maximal 7 Unterrichtsstunden pro Tag), sowie die (freiwillige) Möglichkeit, im dritten Lehrjahr drei bis sechs Monate in einem qualifizierten Betrieb eines EU-Mitgliedslands zu arbeiten. Für besonders wichtig wird auch erachtet, dass nur jene Unternehmen Lehrlinge ausbilden sollen, die alle Bedingungen erfüllen und wo jedem Lehrling eine verantwortliche Person zur Seite gestellt wird.

SPÖ-Vertreter Johann Hechtl (S) wies darauf hin, dass die Verbesserung der Lehrlingsausbildung, insbesondere die Ausweitung der Berufsschulzeiten auf 1.260 Stunden, im aktuellen Regierungsprogramm enthalten ist. Katharina Kucharowits (S) trat dafür ein, dass die Prüfinstanz für die Ausbildung nicht mehr in der Wirtschaftskammer angesiedelt ist, sondern einer unabhängigen Organisation übertragen werden soll. FPÖ-Mandatar Bernhard Themessl sprach von einer sehr lobenswerten Initiative. Im siebten Jahr der Wirtschaftskrise sollte man sich endlich etwas überlegen, wie z.B. die Wiedereinführung des Blum-Bonus, der u.a. auf Qualitätssicherung gesetzt habe. Außerdem forderte er mehr Anreize für die Betriebe in diesem Bereich sowie eine Entrümpelung des Gewerberechts, das noch immer Hürden im Bereich der grenzüberschreitenden Berufsausbildung enthalte. Die G-Mandatare Wolfgang Pirklhuber und Julian Schmid hielten eine Aufwertung und Attraktivierung des Lehrberufs für dringend notwendig. Die Qualität der Ausbildung sei in der Praxis sehr unterschiedlich, gab Schmid zu bedenken, in einzelnen Sektoren werden Lehrlinge leider immer noch als Hilfsarbeiter angesehen. Großen Handlungsbedarf sah auch Martina Schenk vom Team Stronach, zumal es einen eklatanten Facharbeitermangel gibt. – NEOS-Vertreter Michael Pock gab vor allem zu bedenken, dass das Thema Mobilität noch in den Kinderschuhen stecke – von 125.000 Lehrlingen nehmen nur 350 an einem Austauschprogramm teil.

Verbot der aktiven Sterbehilfe und flächendeckender Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung

In einer weiteren Bürgerinitiative wird auf die zunehmende Tendenz in Europa hingewiesen, die aktive Sterbehilfe zu liberalisieren (48/BI ). In Belgien wurde sogar vor kurzem die Euthanasie von Kindern erlaubt, heißt es in der Begründung. Auch in Österreich wurden bereits derartige von wirtschaftlichen Überlegungen getragene Vorschläge gemacht, die die Würde von alten, kranken und behinderten Menschen in Gefahr bringen, warnte die Erstunterzeichnerin Gudrun Kugler-Lang. Sie wies darauf hin, dass mittlerweile über 23.000 Menschen die Forderungen der Bürgerinitiative unterstützen, wobei es vor allem um die Umsetzung einer flächendeckenden und angemessenen Hospiz- und Palliativversorgung, die weitere Erforschung und Entwicklung der Palliativmedizin, die Sicherstellung der Finanzierung und Machbarkeit der häuslichen Pflege sowie um ein verfassungsrechtliches Verbot der aktiven Sterbehilfe geht. Kugler-Lang stellte weiters klar, dass es ihr vor allem um eine Absicherung der österreichischen Rechtslage gehe. Sie befürworte die Anwendung von lebensverkürzender Schmerzbehandlung und sei für den Schutz der Autonomie eines jeden Menschen. Strikt ablehnend stehe sie jedoch einer Tötung auf Verlangen oder einem assistierten Suizid gegenüber; so etwas dürfe es in Österreich nicht geben.

Die SprecherInnen der einzelnen Fraktionen wiederholten ihre Positionen zu diesem Thema, die auch bereits im Rahmen der Enquete-Kommission zum Ausdruck gekommen sind. Während SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS gegen die Verankerung des Verbots der aktiven Sterbehilfe in der Verfassung waren und die strafrechtlichen Bestimmungen für ausreichend erachteten, wurde dies von Seiten der ÖVP eindringlich gefordert. Zustimmend äußerte sich der Ausschuss jedoch zu einer flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung, zu einem Ausbau der Kinder- und Jugendhospiz, der Sicherstellung der häuslichen Pflege und einem niederschwelligen Zugang zu PatientInnenverfügungen.

Wolfgang Gerstl (V) gab zu bedenken, dass durch eine entsprechende Staatszielbestimmung der Bund und die Länder gefordert wären, überall eine adäquate Hospiz- und Palliativversorgung anzubieten. Außerdem müsse gewährleistet werden, dass alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen, Zugang zu einer Familienhospizkarenz erhalten. Sein Fraktionskollege Franz-Joseph Huainigg unterstützte diese Forderungen mit Nachdruck und erinnerte daran, dass sehr viele pflegebedürftige Menschen in der NS-Zeit getötet wurden. Jede Tendenz in Richtung aktiver Sterbehilfe sei abzulehnen, da ein enormer gesellschaftlicher Druck für die Betroffenen entstehen würde, solche Möglichkeiten auch zu nutzen. Die Bürgerinitiative enthalte einige sehr gute Ansätze, meinte FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter, sei aber auch widersprüchlich. Rechtlich geklärt werden müsste auch noch die Frage, ob durch eine Verfassungsbestimmung die Patientenverfügungen ausgehebelt werden.

Petition gegen weitere Einschränkungen des Flugsports

Kritik an der Neustrukturierung des österreichischen Luftraums üben die Einbringer einer Petition (25/PET ), die von FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker unterstützt wird. Damit verbunden sei nämlich eine massive Einschränkung des Flugsports, bemängelte er, für Hänge- und Paragleiter sowie Drachenflieger drohe in vielen Regionen das völlige Aus, da diesen die Mitführung von Funkgeräten bzw. Transpondern nicht möglich ist. Darüber hinaus führe die Reduzierung des freien Luftraums unweigerlich zu einer Überlastung der Fluglotsen sowie zu einer Gefährdung der Sicherheit der Flugsportler, argumentieren die Petenten. Negative Folgen werden auch für die heimische Wirtschaft, speziell für den Tourismus, erwartet. Auskunftsperson Peter Platzer erläuterte die komplizierte Rechtslage und sprach von massiven Verschlechterungen für den Flugsport. Neben der unübersichtlichen Gesetzgebung und der Schaffung von rechtsfreiem Raum beklagte er die erforderliche Umrüstung von Flugzeugen mit neuen Transpondern, die zu hohen Kosten (mindestens 3.000 €) für die Besitzer führen, was oft den Wert des Flugzeugs übersteige. Außerdem werde der Luftraum komplexer und es stehe auch weniger Platz für Segelflieger und Paragleiter zur Verfügung.

G-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) war der Auffassung, dass die Kritik an der Luftraumnovelle ernst genommen und ein Nachdenkprozess eingeleitet werden sollte. SPÖ-Vertreter Erwin Preiner konnte sich den kritischen Ausführungen von Platzer nicht ganz anschließen, da es durch die neuen Luftverkehrsregelungen auch zu Verbesserungen gekommen sei. Im Jahr 2015 werde jedoch ein Monitoring- und Evaluierungsprozess gestartet, um die praktische Umsetzung der Bestimmungen besser beurteilen zu können.

Alle drei Bürgeranliegen wurden einstimmig vertagt und stehen somit weiter in Verhandlung. (Fortsetzung Petitionsausschuss) sue