Parlamentskorrespondenz Nr. 475 vom 06.05.2015

Bundesrat: EU-Ausschuss für Erleichterungen bei EU-Bürgerinitiative

BürgerInnen haben das Recht, gehört und ernst genommen zu werden

Wien (PK) – Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist ein Mittel der direkten Demokratie innerhalb der EU und kann aufgrund des Vertrags von Lissabon seit 1. April 2012 angewendet werden. Ziel der Bürgerinitiative ist es, die BürgerInnen stärker in den politischen Willensprozess der EU einzubinden. Mit einer EBI kann man die Europäische Kommission veranlassen, sich mit einem bestimmten Thema zu befassen, das in den Kompetenzbereich der Europäischen Union fällt. Der EU-Ausschuss des Bundesrats trat heute dafür ein, bestehende administrative Hürden für InitiatorInnen und bei der Unterstützung, die sich in den ersten drei Jahren herauskristallisiert haben, abzubauen.

Die Hürden der Europäischen Bürgerinitiative

Die diesbezügliche Kritik richtet sich vor allem gegen die hohen formalen Anforderungen und das komplizierte Online-Tool zur Registrierung einer Initiative. So gibt es in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche formale Anforderungen, um eine Petition zu organisieren bzw. zu unterstützen. Dies erschwert den BürgerInnen die Koordination ihrer Anliegen und die erfolgreiche Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative. Die entsprechende Analyse hat nun die Kommission vorgelegt.

Grundsätzlich können alle EU-BürgerInnen, die das erforderliche Mindestalter für EU-Wahlen erreicht haben - in Österreich liegt das Wahlalter bei 16 Jahren, in den anderen EU-Staaten bei 18 - eine Europäische Bürgerinitiative organisieren oder unterstützen. Eine Europäische Bürgerinitiative ist dann erfolgreich, wenn sie eine Million UnterstützerInnen hat, wobei in mindestens sieben Mitgliedstaaten eine Mindestanzahl von Unterstützungsbekundungen erreicht werden muss (die Mindestanzahl in Österreich beträgt 14.250).

Die Organisation einer Europäischen Bürgerinitiative hat durch einen Bürgerausschuss, bestehend aus mindestens sieben UnionsbürgerInnen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten, zu erfolgen. Der Bürgerausschuss muss die Bürgerinitiative in einem von der Kommission in allen Amtssprachen der EU zur Verfügung gestellten Online-Register registrieren lassen. Dann hat er ein Jahr Zeit, um die erforderlichen Unterstützungsbekundungen zu sammeln.

Die Kommission muss dann in einem Zeitrahmen von drei Monaten die Initiative prüfen und in einer Mitteilung ihre Schlussfolgerungen und ihr weiteres Vorgehen darlegen.

Verbesserungsvorschläge

Zu den nun vom Europäischen Ombudsmann angeregten Verbesserungen zählen unter anderem Erleichterungen bei der Unterstützung von Proponentinnen und Proponenten zukünftiger Initiativen, vor allem im Vorfeld der Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative. Auch Verbesserungen beim Online-Sammelsystem ließen sich ohne eine Anpassung der geltenden Verordnung bewerkstelligen. Das derzeitige Online-Sammelsystem funktioniere nicht gut und sei überdies kostspielig, informierte Robert Stein vom Innenministerium die Ausschussmitglieder.

Ein von vielen NGOs erhobener Forderungspunkt ist der Wunsch nach mehr Transparenz bei der Begründung für eine Registrierung oder Nicht-Registrierung der Verordnung. Wesentlichste Forderung ist jene nach einer Änderung der für eine Weiterbehandlung einer Europäischen Bürgerinitiative geforderten Quoten.

Laut Auffassung des Innenministeriums sollten Änderungen in der Verordnung vorgenommen werden. Skeptisch betrachtet wird beispielsweise die Bestimmung, wonach es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, bei der Zulässigkeit einer Unterstützungsbekundung entweder auf den Wohnsitz oder auf die Staatsangehörigkeit abzustellen. Das führt dazu, dass manche UnionsbürgerInnen, wenn auch rechtswidrig, eine Europäische Bürgerinitiative doppelt unterstützen können, währenddessen anderen die Möglichkeit der Abgabe einer Unterstützungsbekundung gänzlich versagt ist, erklärte Stein. Um die Abgabe einer Unterstützungsbekundung so einfach wie möglich zu machen, plädiert das Innenressort auch für die Abgabe einer Unterstützungsbekundung mittels einer digitalen Signatur. Schließlich sollten einzelne Fristen klarer formuliert werden, um unterschiedliche Interpretationen zu vermeiden.

Stein hält es auch für notwendig, auf EU-Ebene den Initiativen bessere Informationen durch eine Ansprechstelle zur Verfügung zu stellen. Sie müssten von vornherein wissen, was möglich sei und was nicht, und worauf bei einer solchen Bürgerinitiative zu achten sei.

All diese Punkte habe man bereits gemeinsam mit KollegInnen des Außenresorts in der Sitzung der Rats-Arbeitsgruppe "Allgemeine Angelegenheiten" am 24. April 2015 entsprechend deponiert, merkte Stein an. Ob in der Rats-Arbeitsgruppe eine formale Schlussfolgerung zu dem Thema angenommen wird, ist ebenso noch offen wie eine mögliche Revision der Verordnung, erfuhren die Ausschussmitglieder aus dem Außenministerium. 

Dass es zu administrativen Verbesserungen und Erleichterungen für die Initiierung von Europäischen Bürgerinitiativen kommen muss, unterstrichen in der Diskussion sowohl Edgar Mayer (V/V) als auch Stefan Schennach (S/W), Ana Blatnik (S/K) und Marco Schreuder (G/W). Die BürgerInnen hätten ein Recht darauf, ernst genommen zu werden, sagte Blatnik und ließ wie ihr Fraktionskollege Schennach Kritik an der Kommission laut werden, die auf die Bürgerinitiativen derzeit wenig offen und flexibel reagiere. Schennach trat sogar für ein noch großzügigeres Vorgehen, als es angedacht ist, ein, indem man etwa Initiativen dann eine Zusatzfrist einräumt, wenn das Unterstützungserfordernis innerhalb der Frist knapp verpasst wurde.

Für Schreuder ist der Rückgang der eingereichten Bürgerinitiativen von 23 im Jahr 2012 auf 10 im Jahr 2014 ein bedenkliches Indiz dafür, dass es zu hohe Barrieren gibt. Er kritisierte auch, dass die Bürgerinitiative zu TTIP zurückgewiesen wurde, denn das widerspreche der eigentlichen Absicht, den BürgerInnen ein Mitspracherecht einzuräumen. Seinen Bedenken hinsichtlich des Erfordernisses, in Österreich die ID-Nummer angeben zu müssen, entgegnete Robert Stein vom Innenministerium mit dem Hinweis auf die Rechtssicherheit. Durch die Angabe der ID-Nummer könnten Doppel- oder Scheineintragungen verhindert werden, erklärte er. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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