Parlamentskorrespondenz Nr. 197 vom 02.03.2016

Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz: Parteien wollen noch weitere Gespräche führen

Keine Zwei-Drittel-Mehrheit im Wirtschaftsausschuss, zahlreiche Oppositionsanträge werden vertagt

Wien (PK) – Eine unabhängige weisungsfreie Behörde soll in Zukunft mit der Aufsicht über die Abschlussprüfer betraut werden. Ein so genanntes Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das die Vorgaben der Richtlinie der Europäischen Union über die Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen umsetzt, wurde in der heutigen Sitzung des Wirtschaftsausschusses mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen, verfehlte aber die für die darin enthaltenen Verfassungsbestimmungen erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. SPÖ und ÖVP kündigten nun weitere Verhandlungen mit der Opposition an, wobei vor allem die Finanzierung der Behörde, aber auch die Berücksichtigung der Sozialpartner bei der Prüfung noch offen sind.

Auf der Tagesordnung der Sitzung stand auch eine Reihe von Entschließungsanträgen der Oppositionsparteien, die ein breites Themenspektrum – von der Gewerbeordnung über die Wirtschaftskammern bis hin zum Ökostrom – abdeckten, von der Ausschussmehrheit aber jeweils vertagt wurden.

Abschlussprüferaufsichtsbehörde als weisungsfreie Organisationseinheit

Das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (APAG) (1012 d.B.) schafft für den Bereich der Abschlussprüferaufsicht eine eigene, letztverantwortliche und unabhängige Behörde und führt zusätzlich zu den für alle Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften geltenden Qualitätssicherungsprüfungen auch Inspektionen für Unternehmen von öffentlichem Interesse ein. Die als weisungsfreie Organisationseinheit eingerichtete Behörde übernimmt dabei die Funktionen des Arbeitsausschusses für Qualitätsprüfungen und der Qualitätskontrollbehörde, die bisher auf diesem Gebiet tätig waren.

Die Vorlage erhielt im Ausschuss die Stimmen von SPÖ und ÖVP. Um die für die Verfassungsbestimmungen erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit  im Plenum zu erzielen, sind nun noch weitere Verhandlungen der Koalition mit den Oppositionsparteien notwendig. Strittig blieb bislang vor allem die Frage einer allfälligen Berücksichtigung der Sozialpartner bei der Aufsichtsprüfung. ÖVP-Abgeordneter Werner Groiß sprach sich etwa dafür aus, die diesbezüglichen VertreterInnen nicht in der vom Gesetz als Beirat vorgesehenen Qualitätsprüfungskommission, sondern vielmehr im Aufsichtsrat anzusiedeln. Dem gegenüber lehnten die Abgeordneten Josef Schellhorn (N), Hubert Fuchs (F) und Leopold Steinbichler (T) jegliche "Aufblähung" der Kommission kategorisch ab und argumentierten, bei der Zusammensetzung des Beirats sollte allein auf die Fachkompetenz der Mitglieder abgestellt werden. Auch Ruperta Lichtenecker (G) trat dafür ein, die Kommission möglichst schlank zu halten.

Groiß schlug auch vor, den Anwendungsbereich der Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer auf das von der EU-Richtlinie als notwendig bezeichnete Ausmaß zu reduzieren und etwa Stiftungen und Vereine auszuklammern. Die Finanzierung wiederum sollte seiner Meinung nach durch den Berufsstand selbst erfolgen, was Fuchs hingegen ablehnte.

Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurde überdies auch eine Ausschussfeststellung beschlossen, in der die Abgeordneten davon ausgehen, dass durch die Aufsichtsbehörde jedenfalls die Stellungnahme der Qualitätsprüfungskommission eingeholt wird.

Betriebsanlagengenehmigungen, Gewerbeordnung: Opposition fordert Vereinfachungen und Deregulierungen

Die Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) und Josef Schellhorn (N) eröffneten den Reigen von Oppositionsanträgen mit ihren Forderungen nach einem One-Stop Shop für Betriebsanlagengenehmigungen (1567/A(E) bzw. 1510/A(E)), wobei sie sich von dem Motto "Eine Betriebsablage – eine einzige Anlaufstelle" wesentliche Erleichterungen für Unternehmer erwarteten.

Einen neuen Anlauf zur Neugestaltung und Modernisierung der Gewerbeordnung unternahmen die NEOS zudem in einem weiteren Entschließungsantrag (613/A(E)), während die Grünen dieses Anliegen mit ihrem Vorstoß (1552/A(E)) auf gänzliche Freigabe der Teilgewerbe im Bereich Mode konkretisierten. Matthias Köchl hatte dabei vor allem die bisher von der Gewerbeordnung geregelten Tätigkeit "Änderungsschneiderei", "Gürtel- und Riemenerzeugung sowie Reparatur von Lederwaren und Schuhen" und "Instandsetzen von Schuhen"  im Visier.

Bei der Gewerbeordnung hakte auch Team Stronach-Mandatar Leopold Steinbichler ein, der in seiner Initiative (1430/A(E)) die Forderung erhob, bei der Pferdeeinstellung von der Unterscheidung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben abzugehen und für eine allfällige Anwendung der Gewerbeordnung allein auf die Relation zwischen Pferdebestand und Betriebsgröße abzustellen.   

Sämtliche Initiativen wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, wobei ÖVP-Mandatarin Brigitte Jank auf einen bereits weit gediehenen Gesetzesentwurf zur Verwaltungsvereinfachung für Unternehmen hinwies und versicherte, dass es dabei auch zum One-Stop Shop kommen werde. Walter Bacher (S) kündigte zudem eine Gesamtreform der Gewerbeordnung an.

Schloss Schönbrunn, Hofburg & Co: Grüne für einheitliche Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts

Den Grünen geht es in einem von Georg Willi präsentierten Antrag (1564/A(E)) darum, bei touristisch bedeutsamen Objekten wie dem Schloss Schönbrunn oder den Hofburgen in Wien und Innsbruck die Verwaltung einheitlich beim Wirtschaftsressort anzusiedeln. Derzeit fallen die jeweiligen Gartenanlagen in die Kompetenz des Landwirtschaftsministeriums, während die Gebäude dem Wirtschaftsminister unterstehen. Willi erwartet sich von einer Bündelung der Kompetenzen Einsparungen und bessere Vermarktungschancen und verwies in diesem Zusammenhang auf deutsche Beispiele.

Auch für diesen Antrag heißt es "Bitte warten". Hannes Weninger (S) begründete die mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossene Vertagung mit dem Argument, man wolle zunächst die Auswirkungen der Zusammenlegung der Gartenbauschule Schönbrunn mit den Bundesgärten – ein erster Schritt – abwarten.

FPÖ und NEOS mahnen Reformen bei der Wirtschaftskammer ein

Ihren Unmut über die derzeitige Regelung der Wirtschaftskammer brachten FPÖ und NEOS in Entschließungsanaträgen zum Ausdruck, die bei der Abstimmung allerdings vertagt wurden. So forderte Axel Kassegger von den Freiheitlichen die Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften in den Wirtschaftskammern (966/A(E)), während Josef Schellhorn (N) für ein "Opt-Out" von Ein-Personen-Unternehmen aus der Wirtschaftskammer plädierte (756/A(E)). Eine Demokratisierung der Wirtschaftskammer verlangte der NEOS-Wirtschaftssprecher in einem weitern Antrag, und zwar in dem Sinn, dass eine Direktwahl der Wirtschaftsparlamente durch alle Wahlberechtigten und die Zuteilung der Mandate nach dem Verhältnis der auf die jeweiligen Wählergruppen entfallenen Stimmen erfolgt (1022/A(E)).

Die von SPÖ und ÖVP unterstützte Vertagung der drei Anträge stieß auf Unverständnis bei den Antragstellern. "Sie haben den Sprung ins 21. Jahrhundert nicht geschafft", brachte Josef Schellhorn seine Irritation über die Koalitionsparteien auf den Punkt.  

Wirtschaft im ländlichen Raum und Russland-Sanktionen im Fokus von Team Stronach und FPÖ

Von der Sorge um die Zukunft des ländlichen Raums angesichts der massiven Abwanderung in die Städte war ein bei der Abstimmung ebenfalls vertagter Vorstoß des Team Stronach getragen, in dem Leopold Steinbichler Steuererleichterungen für Unternehmensgründungen auf dem Land einmahnte (961/A(E)). Cornelia Ecker (S) erinnerte in diesem Zusammenhang an das Programm Ländliche Entwicklung.

Die Freiheitlichen wiederum warnten vor negativen Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland auf die heimische Wirtschaft. Die Forderung Axel Kasseggers nach Aufhebung der Sanktionen (1277/A(E)) wurde allerdings mehrheitlich vertagt, zumal die Regierungsparteien die internationale Entwicklung abwarten wollen. Dezidiert für eine Beibehaltung der Sanktionen sprach sich hingegen Tanja Windbüchler-Souschill von den Grünen aus.

Grüne und NEOS wollen Ökostrom forcieren

Im Gefolge der Pariser Klimakonferenz brachten Grüne und NEOS das Thema Ökostrom aufs Tapet. Christiane Brunner (G) verlieh in ihrer Initiative (1493/A(E)) der Forderung nach 100% Ökostrom bis 2030 Nachdruck und verlangte vor allem eine ökostromfreundliche Anpassung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen. Darüber hinaus forderte die Umweltsprecherin der Grünen eine Strategie zur Dekarbonisierung, um die Treibhausemissionen bis 2050 auf Null zu senken (1497/A(E)). Für eine Reform der Ökostromförderung in Richtung Marktintegration der erneuerbaren Energien plädierte hingegen Josef Schellhorn (N)(1260/A(E)). So sollten etwa die Netzbetreiber verpflichtet werden, innerhalb einer einheitlichen und angemessenen Frist einen Netzzugangsvertrag für Ökostromanlagen auszustellen. Handlungsbedarf besteht nach Ansicht der NEOS auch bei gesetzlichen Anpassungen, um eine Direktlieferung im Nahbereich von Ökostromanlagen zwischen Privatpersonen zu ermöglichen.

Auch in diesen Punkten lautete der Beschluss der Regierungsparteien auf Vertagung. Johann Lettenbichler (V) verwies auf die geplante Novelle des Ökostromgesetzes, während Wolfgang Katzian (S) in der Frage der Umsetzung der Pariser Klimaziele für weitere Prüfungen und einen umfassenden politischen Diskurs plädierte. (Fortsetzung) hof


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