Parlamentskorrespondenz Nr. 1111 vom 19.10.2016

Justizausschuss verabschiedet Novellen zur Exekutionsordnung und zum Rechtspflegergesetz

Jeweils einstimmige Beschlüsse der Abgeordneten

Wien (PK) – Erleichterungen für Gläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen stehen im Mittelpunkt einer Novelle zur Exekutionsordnung, die heute vom Justizausschuss einstimmig beschlossen wurde, wobei der Gesetzgeber vor allem bei der Kontenpfändung innerhalb der EU und bei der Lohnpfändung ansetzt. Auf den Weg ins Plenum schickten die Abgeordneten auch Änderungen des Rechtspflegergesetzes, die im Wesentlichen eine Anpassung der für die Zuständigkeitsverteilung zwischen RichterInnen und RechtspflegerInnen relevanten Wertgrenzen vorsehen.

Exekutionsordnungsnovelle im Zeichen von Erleichterungen für die Gläubiger

Im Einzelnen bringt die einstimmig beschlossene Novelle (1294 d.B.) zunächst Begleitregelungen zur EU-Verordnung betreffend die vorläufige Kontenpfändung mit dem Ziel, die grenzüberschreitende Eintreibung von Forderungen zu erleichtern. So soll etwa verhindert werden, dass Schuldner durch Abheben oder Überweisen von Geldern auf einem Bankkonto innerhalb der EU die Vollstreckung eines Exekutionstitels gefährden. Bei der Lohnpfändung wiederum wird die Zusammenrechnung von mehreren Bezügen vereinfacht. Schließlich enthält die Vorlage auch eine Präzisierung der Bestimmungen für Internetversteigerungen auf der justizeigenen Plattform www.justiz-auktion.at

Die ÖVP-Mandatare Georg Vetter und Werner Groiß begrüßten die Änderungen ebenso wie Hermann Brückl (F) aus Sicht der Praxis, wobei Letzterer allerdings Bedenken in Bezug auf die Internet-Versteigerung durch die Justiz anmeldete. Die Plattform sei weitgehend unbekannt, auch würden die Interessen der Justiz und der Bieter über jene der Schuldner gestellt werden. Bei der Kontenpfändung sieht Brückl Gefahren für Schuldner, so etwa durch die Verpflichtung der Kündigung von Daueraufträgen. Aygül Berivan Aslan von den Grünen wiederum verband ihre Zustimmung mit dem Ruf nach einer Reform des Privatkonkurses.

Der Internetauftritt der Justizauktionen sei dringend ausbaufähig, meinte Elisabeth Grossmann (S), was auch Justizminister Wolfgang Brandstetter grundsätzlich bestätigte, der nun Maßnahmen zur Attraktivierung ankündigte. Das Justizministerium verfüge aber als einziges Ressort über kein Inseratenbudget, "und dies wird auch so bleiben".   

Zum Thema Exekutionsordnung steuerten die Freiheitlichen einen Entschließungsantrag (1396/A(E)) bei, in dem Harald Stefan die Forderung nach Sicherung des Existenzminimums auch bei Unterhaltspfändungen erhebt. Die derzeitigen Gesetzesbestimmungen würden bei Exekutionen gegen Unterhaltsschuldner eine Unterschreitung des unpfändbaren Existenzminimums um 25% zulassen, gab der Justizsprecher der FPÖ zu bedenken. Betroffen seien davon vor allem getrennt lebende Kindeseltern und Geschiedene, die als Unterhaltsschuldner einen zweiten Haushalt mitfinanzieren müssen.

Diese Initiative, die ausdrücklich auch von Christoph Hagen (T) unterstützt wurde, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Neue Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen RichterInnen und RechtspflegerInnen

Geändert wird auch die im Rechtspflegergesetz geregelte Verteilung der Zuständigkeiten zwischen RichterInnen und RechtspflegerInnen (1295 d.B.). Die für diese Zuständigkeitsverteilung maßgeblichen Wertgrenzen entsprechen aufgrund der Geldentwertung nicht mehr der Ausgangslage und sollen nun angepasst werden. Darüber hinaus bringt die ebenfalls einstimmig verabschiedete Novelle aber auch eine Verschiebung von Zuständigkeiten auf Basis von Erfahrungen aus der Praxis, wobei es im Wesentlichen darum geht, Mehrfachzuständigkeiten für ein und denselben Akt zu vermeiden und Sachthemen zu bündeln.

Michaela Steinacker (V) und Klaus Uwe Feichtinger (S) sprachen unter Hinweis auf die Verfahrensökonomie von einer sinnvollen und von der Praxis schon lange gewünschten Novelle. Harald Stefan (F) und Albert Steinhauser (G) interpretierten die Änderungen als Aufwertung der Rechtspfleger und mahnten, nun sei auch auf eine entsprechende personelle Ausstattung zu achten. Der Justizsprecher der Grünen plädierte zudem für die Anhebung der Rechtspflegerausbildung auf FH-Niveau, was auch Johannes Jarolim (S) unterstützte. Vorstellbar ist für Steinhauser – nicht aber für Nikolaus Scherak (N) – auch eine Übertragung von Kompetenzen an die Rechtspfleger im Bereich des Strafrechts.

Auch Justizminister Brandstetter bekannte sich zur Aufwertung des Rechtspflegerberufs und steht einem Einsatz in bestimmten Bereichen des Strafrechts grundsätzlich nicht negativ gegenüber. Aus dem vorliegenden Gesetz werden sich seiner Einschätzung nach keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Planstellen ergeben. Langfristig werde man aber die Auslastung im Auge behalten müssen.

FPÖ will elterliche Entfremdung unter Strafe stellen

Die sogenannte Elternentfremdung, bei der ein Elternteil das Kind als Besitz erklärt und die meist tief emotionale Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil durch psychische Gewalt zu zerstören versucht, sei eine Art von Kindesraub und sollte unter Strafe gestellt werden, argumentiert Harald Stefan in einem Entschließungsantrag der FPÖ (572/A(E)). Es handle sich dabei nicht um einen Elternstreit oder einen Rosenkrieg, sondern um eine Form des Kindesmissbrauchs mit schwerwiegenden Folgen für das Kind, betont der freiheitliche Justizsprecher und beruft sich dabei auf die Medizin, die im Zusammenhang mit den seelischen Auswirkungen von Parental Alienation Syndrome spricht. 

Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt, zumal die Regierungsparteien noch die für das erste Quartal 2017 geplante Evaluierung des Kindschafts- und Namensrechtsänderungsgesetzes abwarten wollen. Beatrix Karl (V) meinte zudem, das Instrument des Besuchsmittlers oder Maßnahmen im Bereich der Familiengerichtshilfe seien bessere Lösungen als eine Anzeige. (Schluss) hof