Parlamentskorrespondenz Nr. 1173 vom 08.11.2016

Bundesdienst: Bei Besoldungsreform wird neuerlich nachgebessert

SPÖ-ÖVP-Mehrheit im Verfassungsausschuss für Gesetzesnovelle

Wien (PK) – Anfang 2015 hat das Parlament ein neues Besoldungsschema für den Bundesdienst beschlossen. In Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde das System der Gehaltseinstufung auf neue Beine gestellt, um drohende Mehrkosten in Milliardenhöhe für den Staatshaushalt zu vermeiden. Die EU-RichterInnen hatten die Nicht-Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr als Altersdiskriminierung gewertet. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen wurden seither mehrfach nachgebessert, nun werden das Gehaltsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz infolge eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) neuerlich novelliert. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat das von der Regierung vorgelegte "Besoldungsrechtsanpassungsgesetz" heute mit den Stimmen der Koalitionsparteien gebilligt. Gleichzeitig wurde mit einer Entschließung der Wunsch nach einer umfassenden Reform des Dienst- und Besoldungsrechts für den Öffentlichen Dienst bekräftigt.

Massive Kritik an der Vorgangsweise kommt von der Opposition. Ein gemeinsamer Antrag von FPÖ, NEOS und Team Stronach, die neuerliche Gesetzesreparatur einer mehrwöchigen Begutachtung zu unterziehen, wurde allerdings nur von den Oppositionsfraktionen unterstützt und fand damit keine Mehrheit.

Ziel des Besoldungsrechtsanpassungsgesetzes (1296 d.B.) ist eine Präzisierung der Übergangsbestimmungen. Es wird klargestellt, dass die neuen Einstufungsregelungen ausnahmslos anzuwenden sind. Und zwar auch in jenen Verfahren, die zum Zeitpunkt der Kundmachung der Besoldungsreform Mitte Februar 2015 bereits gerichtlich anhängig waren. Als Basis für die Überleitung der Bediensteten in das neue Gehaltsschema sind demnach stets die tatsächlichen Bezüge zum Überleitungszeitpunkt heranzuziehen. Lediglich die Berücksichtigung bloßer Eingabe- und Rechenfehler ist möglich. Der früher geltende "Vorrückungsstichtag" wird rückwirkend aus dem Rechtsbestand entfernt.

In den Erläuterungen macht die Regierung geltend, dass eine pauschale Überleitung in das neue Besoldungsschema auf Grundlage der bisherigen Gehälter, also ohne individuelle Berücksichtigung von Vordienstzeiten, erforderlich ist, um drohende Gehaltseinbußen für zahlreiche Bedienstete zu vermeiden. In diesem Sinn ist sie auch zuversichtlich, dass die gewählte Vorgangsweise EU-rechtlich halten wird.

Opposition fordert Begutachtungsverfahren

Genau das wird von der Opposition allerdings bezweifelt. Christian Lausch (F), Christoph Hagen (T) und Gerald Loacker (N) sind überzeugt, dass auch die neue Regelung von den Höchstgerichten gekippt wird. Man gehe das Hauptproblem, die Anrechnung der Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr, wieder nicht an, sondern versuche lediglich, Zeit zu gewinnen, kritisierte Lausch. Die Regierungsparteien seien offenbar an einer ordentlichen Lösung des Problems nicht interessiert. Ein von ihm gemeinsam mit Loacker und Hagen eingebrachter Antrag, Stellungnahmen von ExpertInnen zum Gesetzentwurf mit Frist 15. Dezember einzuholen, wurde von SPÖ und ÖVP jedoch abgelehnt. Insgesamt sprach Lausch angesichts der neuerlich notwendig gewordenen Gesetzesreparatur von einer peinlichen Sache.

Ähnlich argumentierten die Abgeordneten Hagen und Loacker. Er habe schon bei der letzten Reparatur prophezeit, dass diese nicht halten werde, sagte Hagen. Das werde dieses Mal nicht anders sein. Loacker hält es für "hanebüchen und superpeinlich", den Vorrückungsstichtag rückwirkend mit 1956 aus dem Rechtsbestand zu streichen und davon auszugehen, dass dieser damit verschwunden sei. Seiner Meinung nach ist die Bundesregierung nur deshalb in das nunmehrige "Desaster" gelaufen, weil sie den Forderungen der Beamtengewerkschaft nachgegeben habe, statt dieser "erhobenen Hauptes und mit straffen Schultern entgegenzutreten."  

Der Forderung nach einer Begutachtung des Gesetzentwurfs schloss sich auch Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser an. Man brauche eine Lösung, die rechtlich halte, sagte er. Es sei extrem schwierig, den Gesetzentwurf ohne die Zuziehung von ExpertInnen zu beurteilen. Einhellige Kritik äußerte die Opposition überdies am Entschließungsantrag, damit werde lediglich eine bereits gefasste Entschließung bekräftigt.

Koalition hält rasche Gesetzesreparatur für notwendig

Verteidigt wurde die gewählte Vorgangsweise von SPÖ-Abgeordnetem Otto Pendl. Er hält eine unverzügliche Gesetzesreparatur für notwendig, da jedes Zuwarten zusätzliche Arbeit und zusätzliche Kosten verursachen würde. Reagiere man nicht rasch, könne es sein, dass zigtausende Bescheide neu ausgestellt werden müssten. Zudem würde es zu weiteren Ungerechtigkeiten bei den Gehaltseinstufungen kommen.

Auch generell stellte sich Pendl hinter das neue Besoldungsschema. Hätte der Gesetzgeber in der Vergangenheit nicht reagiert, hätten vor allem Hochlohngruppen profitiert und die Einkommen innerhalb des öffentlichen Dienstes wären weiter auseinandergegangen, gab er zu bedenken. Auch mit der von Loacker geäußerten Kritik an der Beamtengewerkschaft kann er wenig anfangen. Die Alternative wären 100.000 Einzelverträge mit allen öffentlich Bediensteten und damit verbunden drohende Individualklagen.

Seitens der ÖVP wies Beatrix Karl darauf hin, dass eine umfassende Reform des Dienst- und Besoldungsrechts im Öffentlichen Dienst im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Sie hält es in diesem Sinn für zielführend, den Wunsch zu bekräftigen, entsprechende Verhandlungen mit der Beamtengewerkschaft ehestmöglich abzuschließen.

Staatssekretärin Muna Duzdar machte geltend, dass es notwendig sei, eine Regelungslücke zu schließen, die der Verwaltungsgerichtshof sehe. Mit der Gesetzesnovelle werde dafür gesorgt, dass es keinen Interpretationsspielraum mehr gebe. Es sei tatsächlich so gemeint gewesen, dass das alte Recht außer Kraft sei. Ohne Reparatur drohen Duzdar zufolge starke finanzielle Belastungen. (Schluss) gs