Parlamentskorrespondenz Nr. 1229 vom 16.11.2016

EU-Rechnungshof: Fehlerquote bei Verwendung der EU-Mittel noch immer zu hoch

Jahresbericht des Kontrollorgans der Union im EU-Ausschuss des Bundesrats

Wien (PK) – Die Fehlerquote bei der Verwendung der EU Mittel ist weiterhin hoch. Das zeigt einmal mehr der Europäische Rechnungshof (ERH) auf, dessen Jahresbericht 2015 von Oskar Herics, Österreichs Vertreter im ERH, gemeinsam mit Margit Spindelegger im EU-Ausschuss des Bundesrats präsentierte wurde. So fällt der ERH bei den Ausgaben von EU-Mitteln ein negatives Urteil: Die Fehlerquote lag mit 3,8% deutlich über der Toleranzgrenze von 2%. Die Erhebung zu den EU-Einnahmen wies dagegen keine Fehler auf. Herics machte auch deutlich, dass sich der Rechnungshof in Zukunft mehr den Fragen der Wirtschaftlichkeit widmen sollte, die Zuverlässigkeitsprüfung sollte einer generellen Reform unterzogen werden.

Fehlerquote von 3,8% liegt noch über Toleranzgrenze von 2% - aber positive Tendenz

In seinem Bericht führt der EU-Rechnungshof aus, die fehlerhaften Ausgaben seien nicht auf Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung zurückzuführen. Vielmehr handle es sich dabei um eine Schätzung der Mittel, die nicht hätten ausgezahlt werden dürfen, weil sie nicht vollständig im Einklang mit den EU-Vorschriften verwendet wurden. Grundsätzlich ist dem ERH zufolge die Fehlerquote bei Förderregelungen, die auf der Erstattung von Kosten der Begünstigten basieren, tendenziell höher als bei Regelungen, die auf Zahlungsansprüchen beruhen. Außerdem wird im Bericht auf die Risiken für das Finanzmanagement hingewiesen, die sich daraus ergeben, dass Darlehen, Garantien und Beteiligungsinvestitionen direkt oder indirekt aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden.

Trotz der noch immer zu hohen Fehlerquote von 3,8% sei aber ein positiver Trend zu bemerken, betonte Herics gegenüber den Ausschussmitgliedern. So lag die Fehlerquote im Jahr 2006 noch bei 7,3%, eine Entwicklung, die er nicht zuletzt auf die Berichte des ERH zurückführte. Auch seien die Bestimmungen in der Zwischenzeit vereinfacht worden, sagte Herics. Innerhalb der Politikbereiche seien die Fehlerquoten unterschiedlich, so liegen diese etwa im Kohäsionsbereich bei 5,2% (2010: 7,7%) und beim Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) war eine Fehlerquote von 5,3% zu verzeichnen (2012: 7,9%). Herics ortete noch großes Potential bei der Verbesserung nicht nur innerhalb der Mitgliedstaaten sondern auch bei der Kommission. So gebe es zum Beispiel noch immer hohe Fehlerquoten beim Ausgabenbereich natürliche Ressourcen sowie im Bereich wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt. Auch sei die Leistungsberichtserstattung weiterhin unzulänglich, kritisierte der Prüfer und wies auf die Rückstände bei der Ausschöpfung der Struktur- und Investitionsfonds 2007 bis 2013 hin. In Österreich seien beispielsweise noch 5,4% ausständig.

EU-Finanzinstrumente erschweren Prüfung

Herics kritisierte vor allem auch die Entwicklung in der EU, immer mehr Finanzinstrumente zu schaffen - etwa den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder die Europäische Investitionsbank (EIB). Das betreffe beispielsweise auch den sogenannten Juncker-Plan, für den der ERH zwar zuständig ist, die Schwierigkeit bestehe aber darin, dass hier auch die EIB mitwirke. Die EIB gehört allen Mitgliedstaaten, und könne daher vom ERH nicht geprüft werden. Der ERH sei daher nur dort zuständig, wo die EIB Programme im Auftrag der Kommission durchführt. Herics plädierte auch dafür, bei den Prüfungen der Finanzinstrumente einen stärkeren Fokus auf die Wirkung zu legen.

Einen unbefriedigenden Zustand ortete der Prüfer auch in Hinblick auf die Europäische Zentralbank (EZB). Selbstverständlich könne es nicht Sache des Rechnungshofs sein, Fragen der Geldpolitik zu prüfen, stellte er klar, was aber zu kritisieren sei, das sei der mangelnde Zugang zu den Unterlagen.

Auch in Österreich ist noch einiges zu tun

Herics, machte den BundesrätInnen gegenüber auf die Konsequenzen aufmerksam, die derartige Systemmängel bei der Abwicklung von EU-Projekten nach sich ziehen. Letztes Jahr hätten diese Fehler hierzulande Finanzkorrekturen von 10 Mio. € erforderlich gemacht, um den EU-Haushalt vor vorschriftswidrigen Ausgaben zu schützen. Speziell die Auszahlungen aus den EU-Strukturfonds an Österreich seien korrekturbedürftig gewesen. Der ERH stellte bei der Republik in diesem Bereich für den Zeitraum 2009 bis 2015 mit 53% eine deutlich über dem EU-Schnitt (42%) liegende Fehlerquote fest, auch wenn diese von 64% im Jahr 2014 zurückgegangen ist. Gravierende Probleme gebe es auch im Bereich der Landwirtschaft mit einer Fehlerquote von 33%, hier liege man aber unter dem EU-Durchschnitt von 45%. Jedenfalls gebe es in dieser Hinsicht noch großen Handlungsbedarf, schärfte Herics das Bewusstsein der LändervertreterInnen.

Insgesamt erhielt Österreich 2015 rund 1,5 Mrd. € aus dem EU-Haushalt, davon flossen rund 1,1 Mrd. € in die Landwirtschaft, 0,26 Mrd. € gingen in den Kohäsionsbereich. Auch wenn Österreich im europäischen Vergleich immer noch gut abschneidet, sei eine negative Tendenz zu verzeichnen, so mussten im Bereich der Kohäsion im Jahr 2015 erstmals Finanzkorrekturen von über 3% vorgenommen werden. Das betraf vor allem den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Brisante Sonderberichte des Europäischen Rechnungshofs

Herics berichtete den Bundesrätinnen und Bundesräten auch noch über Sonderberichte, die großes Interesse hervorgerufen haben. So habe man in Bezug auf den Seeverkehr in der EU umfassende Missstände, wie Ineffizienz, mangelnde Nachhaltigkeit, Verschwendung und sogar einen mutmaßlichen Betrugsfall nachweisen können.

Auch im Sonderbericht zu den staatlichen Beihilfen konnten eine Reihe von kritischen Punkten aufgelistet werde, wobei Herics Handlungsbedarf bei den Mitgliedstaaten feststellte.

Einen weiteren Bericht gab es zur Identifizierung beihilfefähiger landwirtschaftlicher Flächen, wobei Österreich wesentliche Verbesserungen erzielen konnte. Große Probleme bestünden aber noch immer bei der Almflächenberechnung. Gegenüber Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) räumte Herics ein, dass es unterschiedliche Messungen gebe, die zu Problemen führen, andererseits würden auch gewisse Toleranzen angewendet.

Neben Tiefnig beteiligten sich an der Debatte auch die BundesrätInnen Edgar Mayer (V/V), Eduard Köck (V/N), Stefan Schennach (S/W) und Christoph Längle (F/V).

Der Prüfumfang

Insgesamt beliefen sich 2015 die EU-Haushaltsausgaben auf 145,9 Mrd. € oder rund 285 € je BürgerIn. Diese Ausgaben entsprechen etwa 1% des Bruttonationaleinkommens der EU und machen etwa 2% der gesamten öffentlichen Ausgaben der EU-Mitgliedstaaten aus. Der EU-Haushaltsplan wird jährlich - auf der Grundlage siebenjähriger Finanzrahmen - vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet.

Für die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung in der Union ist in erster Linie die Kommission zuständig, wobei sie diese Aufgabe in rund 80% der Ausgaben - insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Kohäsion - mit den Mitgliedstaaten teilt.

Jedes Jahr prüft der ERH mithilfe von Stichproben die Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushalts und gibt sein Prüfungsurteil zur Zuverlässigkeit der Jahresrechnung und zur Einhaltung der Rechtsvorschriften bei den Einnahmen- und Ausgabenvorgängen ab. Die Jahresberichte des Europäischen Rechnungshofs über die Ausführung des EU-Haushaltsplans und des Europäischen Entwicklungsfonds umfassen neben den jährlichen Zuverlässigkeitserklärungen auch Wirtschaftlichkeitsaspekte des EU-Budgets. (Fortsetzung EU-Ausschuss). jan/rei


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