Parlamentskorrespondenz Nr. 28 vom 17.01.2017

EU-Harmonisierungsplan zur Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage: Bundesrat fordert Mindeststeuersatz

EU-Ausschuss diskutiert Stufenplan der EU zu konsolidierter Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage

Wien (PK) – Nachdem seit 2011 die EU-Kommission vergeblich darauf drängt, eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zu schaffen, schlägt sie nun einen Stufenplan vor. Der EU-Ausschuss des Bundesrats beriet heute darüber in seiner Sitzung und begrüßte dabei grundsätzlich das Ziel der Kommission, ein System der Unternehmensbesteuerung zu schaffen, bei dem Gewinne dort besteuert werden, wo sie auch entstehen. In einem Antrag auf Mitteilung sprachen die VertreterInnen der Länderkammer allerdings von nach wie vor bestehenden Problemfeldern und warnten etwa vor dem Entstehen eines Parallelregimes aus "alter" Körperschaftsteuer und GKKB. Wünschenswert wäre aus Sicht des Bundesrats darüber hinaus auch die Etablierung eines Mindeststeuersatzes, um einen Steuerwettbewerb innerhalb der EU hintanzuhalten.

EU strebt einheitliches Körperschaftsmodell an

Die von Brüssel vorgeschlagene gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage würde es den Unternehmen ermöglichen, die EU für Körperschaftsteuerzwecke als Binnenmarkt zu nutzen und auf diese Weise ihre grenzübergreifenden Tätigkeiten zu vereinfachen. Außerdem würden Handel und Investitionen gefördert, plädiert die Kommission für ihre neuerliche Initiative. Bislang müssen grenzübergreifend tätige Unternehmen 28 unterschiedlichen Körperschaftsteuersystemen entsprechen, was sehr aufwändig ist. Die derzeitigen Regeln für die Unternehmensbesteuerung seien auch nicht mehr zeitgemäß, im Zeitalter der Digitalisierung sei das wirtschaftliche Umfeld globaler, mobiler und digitaler geworden, Unternehmenseinkünfte würden in der Regel aber nach wie vor auf nationaler Ebene besteuert. Dazu komme, dass Geschäftsmodelle und Unternehmensstrukturen komplexer seien, was die Verlagerung von Gewinnen erleichtere. Unterschiede bei den nationalen Steuersystemen trügen dazu bei, dass die aggressive Steuerplanung im vergangenen Jahrzehnt deutlich zugenommen habe.

Da über den diesbezüglichen Vorschlag von März 2011 keine Einigung im Rat möglich war, hat sich die EU-Kommission im Juni 2015 im Zuge eines Aktionsplans für ein stufenweises Vorgehen entschieden, wonach die Arbeiten an der Konsolidierung (GKKB) vertagt werden sollen, bis eine Einigung über die Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) erzielt worden ist.

Das neu aufgegriffene GKKB-Projekt würde Unternehmen ein einheitliches, gemeinsames Körperschaftsteuersystem bieten und somit nicht nur zur Bekämpfung der Steuervermeidung beitragen, sondern auch grenzüberschreitenden Handel und Investitionen im Binnenmarkt erleichtern, heißt es dazu in der Information des Finanzministeriums. Ziel sei es, ein System der Unternehmensbesteuerung zu schaffen, das Unternehmensgewinne dort besteuert, wo sie entstehen.

Konkret hat die Kommission zwei Richtlinienvorschläge vorgelegt, die bis auf den Teil, der die Konsolidierung betrifft, ident sind. Der erste Teil (GKB) konzentriert sich auf die Komponenten der gemeinsamen Bemessungsgrundlage und hat auch Vorschriften gegen Verschuldungsanreize sowie einen erhöhten Abzug für Forschung und Entwicklung zum Inhalt. Der zweite Teil (GKKB) enthält zusätzlich die Konsolidierungsbestimmungen.

Österreich unterstütze die Richtlinienvorschläge unter dem Aspekt der Einschränkung der Steuerverhinderung, erklärte die Expertin des Finanzministeriums. Die Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage schaffe ein transparentes System in Europa und werde Staaten mit niedrigen Steuersätzen unter Druck setzen. Verpflichtend sei der Vorschlag nur für Großkonzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz von 750 Mio. €, für andere Unternehmen bestehe eine Optionsmöglichkeit.

Seitens der Wirtschaftskammer hält man den Vorschlag hingegen nicht für gelungen und kritisiert vor allem die Zwei-Stufen-Lösung. Ohne Konsolidierung werde es jedenfalls wieder zu einem verstärkten Wettbewerb zwischen der EU-Bemessungsgrundlage und den nationalen Bemessungsgrundlagen kommen, warnte die Wirtschaftsvertreterin. Besser wäre es gewesen, die entsprechenden OECD-Standards umzusetzen. Klar ist für sie auch, dass es bei der Frage des Steuerwettbewerbs nicht nur um die Körperschaftsteuer, sondern auch um die Umsatzsteuer geht.

Bundesrat sagt Steuerwettbewerb den Kampf an

"Wir unterstützen alles, was der Bekämpfung des Steuerwettbewerbs zwischen EU-Staaten dient", brachte Stefan Schennach (S/W) die grundsätzliche Haltung des Ausschusses auf den Punkt. Seine Fraktionskollegin Ingrid Winkler (S/N) sieht die Union zudem aufgefordert, der Steuervermeidung in außereuropäischen Steueroasen einen Riegel vorzuschieben. Die Verhinderung von Gewinnverschiebungen durch Großkonzerne ist auch für Edgar Mayer (V/V) der zentrale Aspekt, wobei der Ausschussobmann den Blick auf die Notwendigkeit von Mindeststeuersätzen lenkte. Kritik überwog bei Sonja Zwazl (V/N), die den Vorschlag nicht für geeignet sah, zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerbetrug beizutragen. Vielmehr würden durch die Optionsmöglichkeit zwei Klassen von Unternehmen entstehen, fürchtete sie.

Ausschuss fordert Mindeststeuersatz

In seinem einstimmig angenommenen Antrag auf Mitteilung gibt der Ausschuss zu bedenken, dass durch die beiden Vorschläge ein Parallelsystem von "alter" Körperschaftsteuer und GKKB entstehen könnte, das zu erheblichem Mehraufwand führen und keine Erhöhung der Transparenz mit sich bringen würde. Auch sollte geprüft werden, ob die vorgesehenen Begünstigungen etwa von Forschungsausgaben in den Mitgliedstaaten nicht letztlich zu geringeren Steuereinnahmen führen würden, was der allgemein erwarteten stärkeren Besteuerung von multinationalen Konzernen wiederspreche.

Schließlich richtet der Bundesrat an Brüssel auch die Forderung nach einem Mindeststeuersatz und bekräftigt dies mit dem Argument, eine einheitliche Bemessungsgrundlage ohne Mindeststeuersatz würde den Steuerwettbewerb in der Union nur noch weiter intensivieren. Was das Procedere betrifft, lehnt der Ausschuss das zweistufige Verfahren ab und spricht sich für eine gleichzeitige, gemeinsame Einführung von Bemessungsgrundlage und Steuersätzen aus. Wichtig ist den VertreterInnen der Länderkammer überdies, dass die Nationalstaaten auch weiterhin die Möglichkeit haben, bei Ertragssteuern Schwerpunkte zu setzen. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) hof/jan      


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