Parlamentskorrespondenz Nr. 276 vom 15.03.2017

EU: Banken sollen auf Risiken besser vorbereitet sein

EU-Ausschuss des Bundesrats spricht sich für größere Differenzierung zwischen großen und kleinen Bankinstituten aus

Wien (PK) – Mit gemischten Gefühlen bewertete heute der EU-Ausschuss des Bundesrats einen Verordnungsvorschlag der Kommission, der darauf abzielt, noch bestehende Schwachstellen im europäischen Bankensystem zu beheben, um Risiken besser zu erfassen und steuern zu können. Das Risiko dürfe nicht mehr von der Allgemeinheit getragen werden, so das Ziel. Nach der Finanzkrise wurden zwar zahlreiche Reformen eingeleitet, um die Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegenüber zahlreichen Bedrohungen und Krisen zu stärken und zu gewährleisten, es hätten aber noch nicht alle Schwachstellen beseitigt und alle notwendigen Reformen eingeleitet werden können, argumentiert die Kommission ihren neuesten Verordnungsvorschlag. Sie stützt sich dabei vor allem auf internationale Vorgaben und Standards, die kürzlich vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und vom Rat für Finanzstabilität (FSB) festgelegt wurden.

Tenor im Ausschuss war, dass Regelungen notwendig seien, wie die Finanzkrise gezeigt hat, man müsse nur mit Maß und Ziel vorgehen und zwischen großen, international vernetzten Banken einerseits und kleinen und mittleren Banken andererseits stärker differenzieren. Banken hätten heute bereits so viel Vorschriften zu erfüllen, dass sie ihrem eigentlichen Geschäft für die Realwirtschaft nur schwer nachkommen könnten, so kritische Stimmen im Ausschuss. Seitens des Finanzministeriums wurde darauf hingewiesen, dass keine Bank mehr sicher sein sollte, aufgefangen zu werden.  

Kein "too big to fail" mehr für global systemrelevante Banken

Stoßrichtung des Entwurfs ist unter anderem eine verbindliche Verschuldungsquote (Leverage Ratio - LR), die verhindern soll, dass die Institute eine übermäßige Verschuldung eingehen. Dazu kommen soll eine verbindliche strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio - NSFR), die sich laut Kommission an den verbesserten Finanzierungsprofilen der Institute orientieren wird. Ein harmonisierter Standard soll festlegen, wie viel stabile, langfristige Refinanzierungsquellen ein Institut benötigt, um zeitweisen Markt- und Finanzierungsstress zu überstehen.

Die Vorlage sieht ferner die Umsetzung des Überarbeitung der Handelsbuchvorschriften (Fundamental Review of the Trading Book - FRTB) zur besseren Erfassung von Risiken vor, die aus der Verbindung von Handels- und Bankbuch entstehen. Umfasst sind auch Vorgaben, die das Risiko bei Ausleihungen an zentrale Gegenparteien (CCP) besser erfassen sollen. Das Finanzresort bewertet diese Maßnahmen grundsätzlich positiv, weil sie risikoreduzierend wirken.

Unterstützt werden von heimischer Seite auch Regelungen zur Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit von Banken. Das betrifft einerseits die Umsetzung der Total Loss Absorbing Capacity – TLAC (Verlustabsorptionsfähigkeit) für globale systemrelevante Institute. Diese bankenaufsichtsrechtliche Kennziffer setzt sich aus Eigenkapital sowie anderen Elementen wie zum Beispiel Anleihen zusammen, die sich von der Bank in haftendes Eigenkapital wandeln lassen. Die Empfehlung des Finanzstabilitätsrats ist Teil der Bestrebungen, die "too big to fail"-Problematik zu lösen. Zukünftig sollen auch systemrelevante, d.h. international vernetzte Banken abgewickelt werden können, ohne dabei die Finanzstabilität oder Realwirtschaft zu gefährden.

Andererseits zielt die Vorlage auf die Anpassung der für alle Banken geltenden Mindestanforderungen für Eigenmittel und förderfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities – MREL) ab. MREL soll sicherstellen, dass Banken ein ausreichendes Maß an Eigenmitteln und wandelbarem Fremdkapital für den Abwicklungsfall vorhalten. Die Höhe des zu haltenden MREL ist vom jeweiligen Institut abhängig und wird individuell von der Abwicklungsbehörde festgesetzt. Zur Festsetzung der Höhe der MREL-Quote hat die Abwicklungsbehörde u.a. das Geschäftsmodell, Risikoprofil und die Abwickelbarkeit des Instituts zu berücksichtigen. Österreich drängt in diesem Zusammenhang darauf, auf die Heterogenität der Kreditwirtschaft besonderes Augenmerk zu legen.

Im Bereich des Großkrediteregimes regt die Kommission an, dass die Qualität des Kapitals, das zur Unterlegung von Konzentrationsrisiken verwendet werden kann, erhöht und Verflechtungen zwischen globalen systemrelevanten Banken (G-SIIs) durch eine Senkung der Großkreditgrenze bei derartigen Instituten reduziert werden.

Mehr Anreize zur Kreditvergabe an KMU

Das Finanzministerium begrüßt insbesondere die ebenfalls im Verordnungsentwurf enthaltenen zusätzlichen Anreize zur Vergabe von Krediten an Klein- und Mittelbetriebe sowie zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten, die wichtige öffentliche Zwecke verfolgen.

Auch die Vorschläge zur Verbesserung der Proportionalität im Aufsichtsrecht und die vorgesehenen Erleichterungen zur Reduktion des bürokratischen Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken werden befürwortet, wiewohl man aus der Sicht des Finanzministeriums durchaus Potential für darüber hinausgehenden Reduktionen des bürokratischen Aufwands ortet. Die Vorschläge der Kommission sehen z.B. Erleichterungen im Offenlegungsregime, einfachere Ansätze bei neuen Ordnungsnormen und Erleichterungen zur Vermeidung überschießenden Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken vor.

Die Maßnahmen sollen mit Beginn 2019 in Kraft treten, wobei in manchen Bereichen Übergangsbestimmungen vorgesehen sind.

Mit Maß und Ziel vorgehen – Banken müssen ihre Aufgaben für die Realwirtschaft erfüllen können

Wie die Vertreterin des Finanzministeriums gegenüber Edgar Mayer (V/V), Ana Blatnik (S/K) und Ingrid Winkler (S/N) erläuterte, gibt es Spielräume für Banken, die international nicht so stark vernetzt sind. Österreich gehe aber nicht über die Standards von Basel hinaus. Schon jetzt sehe das Regelwerk größere Differenzierungen zwischen großen Banken einerseits und kleineren und mittleren Instituten andererseits bei Eigenmittel und Hinterlegungspflichten vor. Es gehe vor allem darum, das Vernetzungs- und Konzentrationsrisiko zu senken.

Kritisch äußerte sich Sonja Zwazl (V/N), die für kleinere Banken noch Luft nach oben sieht, was die Erleichterungen betrifft. Derzeit funktioniere das in der Praxis nicht, die Auflagen seien zu groß, um an KMU Kredite zu vergeben und damit ihrer Aufgabe für die Realwirtschaft nachkommen zu können. Viele gut gemeinte Regelungen würden das Geschäft behindern, warf sie ein, worauf Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) bemerkte, die Finanzkrise habe gezeigt, dass Regulierungen notwendig sind. Wichtig sei es, Maß und Ziel einzuhalten.

Das Hauptproblem der Banken entstehe nicht, wenn sie in die Realwirtschaft investieren, sondern wenn es um Derivate geht, merkte Stefan Schennach (S/W) an. Der Derivathandel werde weniger streng behandelt, befand Heidelinde Reiter (G/S) kritisch und meinte, man sollte große Banken wesentlich strenger behandeln.

Monika Mühlwerth (F/W) teilte die Kritik an zu strikten Regulierungen, vor allem an den Basel-Vorschriften, gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass große Banken oft bewusst Risiken eingingen, weil sie wüssten, dass sie aufgefangen werden. Die Freiheitlichen sprechen sich daher für eine Trennung von Instituten aus, die auf Risiko arbeiten und jenen, die ganz normalen Bankgeschäften nachgehen. Eine derartige Vorgangsweise hält sie für zielführender, als zu versuchen, alles in einem Regelwerk abzudecken.

Ein wichtiger Punkt sei, dass keine Bank mehr davon ausgehen dürfe, dass sie aufgefangen wird, war seitens des Finanzministeriums zu hören. Man versuche eine Balance zu finden, um rechtzeitig und entsprechend auf Krisen vorbereitet zu sein. In diesem Sinn würden kleinere Banken anders behandelt als große, aber auch diese brauchen eine gute Vorbereitung. Für die weniger systemrelevanten Banken gebe es seitens der Abwicklungsbehörde wesentlich mehr Flexibilität, die großen internal vernetzten müsste wesentlich strenger Regelungen erfüllen. Punkt sei, dass die massiven Wohlfahrtsverluste, die durch die Bankenrettungen entstanden sind, sich nicht wiederholen dürfen. Es gehe darum, Risiken zu vermeiden und auf diese gut vorbereitet zu sein. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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