Parlamentskorrespondenz Nr. 1396 vom 28.11.2018

Kulturausschuss: Wunsch der Koalition nach gemeinsamer Eintrittskarte für Bundesmuseen und ÖNB

Anträge der Opposition zum Thema Bundesmuseen teilweise vertagt bzw. abgelehnt

Wien (PK) – Einen großen thematischen Block der Debatten im Kulturausschuss bildeten die Bundesmuseen mit der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Unter anderem ging es dabei um organisatorische Fragen dieser großen Kultureinrichtungen. Die SPÖ spricht sich für eine Optimierung der Organisationsstrukturen der Bundesmuseen aus. Die Fraktion JETZT fordert einen gemeinsamen Kollektivvertrag der Bundesmuseen und der ÖNB. Zudem will JETZT das Leopold-Museum in ein Bundesmuseum umwandeln und das Museumsangebot in Österreich um ein neu zu schaffendes "Haus der Kulturen" erweitern. Mehrere Anträge befassen sich mit den Fragen des vergünstigten bzw. freien Eintritts in den Bundesmuseen.

SPÖ: Organisationsstruktur der Österreichischen Bundesmuseen optimieren

SPÖ-Kultursprecher und Vorsitzender im Kulturausschuss Thomas Drozda macht sich für eine Optimierung der Organisationsstruktur der österreichischen Bundesmuseen und der kulturpolitischen Steuerung dieser Kultureinrichtungen stark (321/A(E) ). Er erinnert an den Gesetzesantrag, der gegen Ende der vergangenen Legislaturperiode von SPÖ, Grünen und NEOS zur Weiterentwicklung der Strukturen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) eingebracht wurde. Er erwartet vom Kulturminister dazu bis Anfang 2019 eine Regierungsvorlage. Diese solle neben der organisatorisch-strukturellen Neuaufstellung auf optimierte Geschäftsprozesse der Häuser selbst sowie untereinander abzielen. Weiters gelte es, die Eigentümerrolle des Bundes zu stärken und ein unabhängiges ExpertInnengremium zu seiner Beratung einzurichten.

ÖVP-Abgeordneter Martin Engelberg stellte in der Kulturausschusssitzung einen Antrag auf Vertagung dieses Punktes. Er wies darauf hin, dass die Interne Revision des Kulturministeriums derzeit eine Evaluierung der Bundesmuseen durchführe und das Bundeskanzleramt eine Querschnittsprüfung vornehme. Das Weißbuch der Bundesmuseen enthalte eine Reihe von Hausaufgaben für das Ministerium, die Kulturminister Gernot Blümel jetzt in Angriff genommen habe. Dieser betonte im Ausschuss, das Weißbuch sei eine gute Grundlage für weitere Überlegungen – als Entscheidungsgrundlage sei es nicht geeignet. Die Ausgliederung der Museen sei ein wichtiger Schritt gewesen, die Museen hätten sich gut entwickelt, nun sei ihm daran gelegen, administrative Synergien zu gewinnen.

NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn sprach sich dafür aus, rasch einen Expertenrat einzusetzen und zu handeln. Er äußerte die Befürchtung, dass die Vertagung das Risiko der Verschleppung in sich berge. SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits drängte wie ihre Fraktionskollegin Sabine Schatz auf Umsetzung in diesem Bereich und verlangte von Bundesminister Blümel einen Zeitplan. Dieser berichtete, er habe unterschiedliche Zahlen aus seinem Haus und den Bundesmuseen erhalten und müsse das genau prüfen lassen. Das sei ein Prozess, der länger gedauert hätte als geplant.

JETZT-Kultursprecher Wolfgang Zinggl sagte, Reformen seien dringend notwendig. Er sehe Handlungsbedarf, da auf der einen Seite in vielen Bereichen thematische Überschneidungen bei den Bundesmuseen bestünden, auf der anderen Seite gebe es Ausstellungsdefizite – wie in einem der nächsten Punkte auf der Tagesordnung, wo es um die Schaffung eines "Hauses der Kultur" ging. ÖVP-Abgeordneter Martin Engelberg sieht kein Problem darin, wenn zum Beispiel zwei Museen gleichzeitig Ausstellungen zu Gustav Klimt hätten.

Liste JETZT fordert "Haus der Kulturen" und Leopold-Museum als Bundesmuseum

Angesichts einer globalisierten Welt und eines von Binnenmigration geprägten Europas sieht Zinggl dringenden Bedarf an einem "Haus der Kulturen", das seiner Meinung nach eine Lücke im Angebot der Bundesmuseen schließen würde (411/A(E) ). Ausgestattet werden könnte die Einrichtung laut Zinggl aus Beständen anderer Bundesmuseen. Kulturminister Gernot Blümel hält wenig von dieser Idee. Er wies darauf hin, dass es bereits ein Volkskundemuseum und ein Ethnologie-Museum gebe.

Wolfgang Zinggl sieht den Bund in der Verantwortung für das Leopold-Museum und will, dass dieses den Status eines Bundesmuseums erhält (476/A(E) ). Die derzeitige Konstruktion der "Leopold Museum-Privatstiftung" schaffe insbesondere Probleme beim Umgang mit NS-Raubkunst, da das Kunstrückgabegesetz auf die Sammlung nicht angewendet werden könne, kritisiert Zinggl. Kulturminister Gernot Blümel betonte in der Ausschussdebatte die Rolle des Mäzenatentums und wies darauf hin, dass die Stiftung unter Vorsitz des früheren SPÖ-Kanzleramtsministers Josef Ostermayer gute Arbeit leiste. Blümel verwehrte sich dagegen, dass zu wenig getan werde in der Provenienzforschung (Herkunftsforschung) und in der Restitution von Raubkunst. Martin Engelberg betonte, die Familie Leopold habe Wesentliches zur Entschädigung für und Rückgabe von NS-Raubkunst geleistet. In den 1960er-Jahren, als Leopold sen. entsprechende Kunst erworben habe, sei der moralische Umgang mit der Thematik noch ein anderer gewesen.

… und gemeinsamen Kollektivvertrag der Museen

Trotz entsprechender Ankündigungen mehrerer BundesministerInnen verfüge unter den Bundesmuseen bisher lediglich das Kunsthistorische Museum über einen Kollektivvertrag, konstatiert Wolfgang Zinggl. Die Gehälter der Führungsebene und leitender Angestellter seien zudem deutlich gestiegen, die ArbeitnehmerInnen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek hätten hingegen in den letzten Jahren einen Reallohnverlust erlitten. Zinggl fordert den Kulturminister daher auf, die Bundesmuseen-Konferenz zum Abschluss eines gemeinsamen Kollektivvertrags mit den Arbeitnehmervertretungen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek zu bewegen (112/A(E) ).

Bundesminister Blümel erklärte, es würden bereits formelle Gespräche mit der Gewerkschaft geführt. "Das ist ein Novum – erstmals finden solche Gespräche statt", betonte er. Ausschussvorsitzender Thomas Drozda (SPÖ) pochte darauf, dass der Auftrag für diese Gespräche bereits in seiner Zeit als Kulturminister von ihm gegeben worden sei. NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn unterstrich die Wichtigkeit eines Kollektivvertrags für die Bundesministerien, der Antrag der Liste JETZT sei ihm allerdings zu vage. FPÖ-Abgeordneter Werner Neubauer machte darauf aufmerksam, dass noch Rechtsfragen offen seien und stellte einen Antrag auf Vertagung. Diesem wurde stattgegeben, ebenso dem Vertagungsantrag von Martin Engelberg, betreffend den Antrag auf Optimierung der Organisationsstruktur. Die Anträge von Zinggl, bezüglich des Leopold-Museums und des "Haus der Kulturen" wurden abgelehnt.

Abgeordnete für Ausweitung des Angebots an vergünstigten Eintrittsmöglichkeiten in Bundesmuseen

Die Ausweitung des Angebots an Jahreskarten bzw. des freien Eintritts in die Bundesmuseen ist sowohl den Abgeordneten der Koalition als auch der der Fraktion JETZT ein Anliegen. In einem Entschließungsantrag (503/A(E) ) setzen sich die Abgeordneten Maria Großbauer (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) für eine gemeinsame Karte für den Zutritt zu den Bundesmuseen und zur Österreichischen Nationalbibliothek ein. Der Besuch von Ausstellungen in diesen Institutionen solle zu einem attraktiven Preis möglich werden, ohne dabei die erfolgreichen bestehenden Jahreskarten zu konterkarieren, heißt es dazu. Das Ziel sei ein ergänzendes Angebot zu bestehenden Zutrittsmodellen.

JETZT-Kultursprecher Wolfgang Zinggl will ebenfalls einen niederschwelligen Zugang zum musealen Angebot auch für weniger kaufkräftige Publikumsschichten. Erreicht werden könnte das unter anderem durch eine gemeinsame Jahreskarte der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek, lautet sein Vorschlag dazu (170/A(E) ). Ein weiterer Vorschlag Zinggls zielt auf einen "Kulturpass" für alle ÖsterreicherInnen ab (477/A(E) ). Er verweist dazu auf den Erfolg der Aktion "Hunger auf Kunst & Kultur", die derzeit in acht Bundesländern einen kostenlosen "Kulturpass" für sozial Bedürftige anbietet. Aufbauend darauf könnte man einen vergleichbaren Kulturpass für alle nicht Anspruchsberechtigten zu einem Pauschalpreis von etwa 99 € pro Jahr anbieten. Zinggl spricht sich außerdem für den freien Eintritt für Studierende (254/A(E) ) sowie in einem weiteren Antrag für den freien Eintritt für Lehrlinge in den Bundesmuseen aus (369/A(E) ).

Der Antrag Großbauers und Rosenkranz' waren den Ausschussmitgliedern der Opposition zu unkonkret. Ausschussvorsitzender Thomas Drozda pochte auf ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht des Ausschusses. Die Vertreter der Regierungsparteien meinten, das Thema Jahreskarte müsse der Kulturminister gemeinsam mit den Museumsdirektoren abarbeiten. Gernot Blümel betonte, es gebe bereits solche Gespräche. SPÖ-Ausschussmitglied Sonja Hammerschmid machte einen APA-Artikel geltend, in dem Großbauer von einem "Modell" gesprochen habe und dessen Umsetzung noch für heuer angekündigt habe. Auch ihre Fraktionskollegin Andrea Kuntzl stieß sich daran und forderte Großbauer und Rosenkranz auf, ihre Pläne offenzulegen. Die Angesprochenen verwiesen auf die Zuständigkeit des Kulturministers, der im Sinne ihres Antrags unterstützt werden sollte. Blümel betonte, ein wie immer geartetes Jahreskartenmodell müsste genau durchgerechnet werden. Ein Zuviel an Gratisangeboten hielt Großbauer für kontraproduktiv, weil es die Museen abwerte.

Die Anträge Zinggls, Studierenden und Lehrlingen generell freien Eintritt in die Bundesmuseen zu gewähren stießen bei den Regierungsparteien auf wenig Gegenliebe und bei Josef Schellhorn auf Skepsis. Maria Großbauer erinnerte daran, dass der Eintritt in die Bundesmuseen für unter 19-Jährige schon jetzt gratis sei. Davon seien etwa zwei Drittel aller Lehrlinge umfasst. Im Klassenverband einer Berufsschule sei der Eintritt zudem auch für über 19-jährige BerufsschülerInnen gratis. In Richtung des Hinweises Zinggls, wonach es für StudentInnen im Interesse der Forschung sei, ihnen einen kostenlosen Zugang zu Bundesmuseen bereitzustellen, meinte Walter Rosenkranz, für Forschende gebe es andere Wege der Kooperation mit den Museen. Schellhorn gab zu bedenken, man sollte kreativ sein in der Überlegung von Modellen – etwa einen Jahreskartenankauf für eines der Museen mit einem einmaligen Gratiszugang zu allen anderen Bundesmuseen.

Die Oppositionsanträge wurden im Ausschuss jeweils mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Der Antrag Großbauers und Rosenkranz', gemeinsame Jahreskartenmöglichkeiten für die Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek zu überlegen, wurde mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Kulturausschuss) sox/gb


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