Parlamentskorrespondenz Nr. 231 vom 10.03.2020

Schallenberg sagt Griechenland in der Migrationskrise volle Solidarität zu

Aktuelle Aussprache im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats

Wien (PK) – Athen kann in der aktuellen Migrationskrise auf die Unterstützung durch Österreich bauen. Außenminister Alexander Schallenberg kritisierte heute in einer Aktuellen Aussprache mit den Abgeordneten des Außenpolitischen Ausschusses das Vorgehen der Türkei als nicht akzeptabel und sagte Griechenland volle Solidarität zu. Was die Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen betrifft, bekräftigte er die ablehnende Haltung von Bundeskanzler Kurz und unterstrich die Notwendigkeit der Hilfe in den Flüchtlingslagern vor Ort. Allgemein warb Schallenberg für einen parteiübergreifenden Grundkonsens in der Außenpolitik und bekannte sich zu einem gelebten Multilateralismus und zur internationalen Zusammenarbeit.

Schallenberg: Europa darf sich von Türkei nicht erpressen lassen

Europa darf sich von der Türkei nicht erpressen lassen, betonte Schallenberg ebenso wie ÖVP-Mandatar Reinhold Lopatka. Es gehe nicht an, Flüchtlinge als politisches Druckmittel zu missbrauchen, stellte er an die Adresse des türkischen Präsidenten Erdogan fest. Die Europäische Union anerkenne die Last, die die Türkei angesichts von über 3 Millionen Flüchtlingen trägt. Man habe 6 Mrd. € zur Verfügung gestellt, von denen erst 3 Mrd. € ausgeschöpft worden seien. Brüssel habe seinen Teil der Vereinbarung mit Ankara eingehalten. Die Union habe nicht zuletzt mit dem Aufbau von Frontex aus den Erfahrungen von 2015 gelernt, erwiderte Schallenberg auf diesbezügliche Kritik von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak. Anders als vor fünf Jahren stehe die EU heute geschlossen hinter Griechenland. Klar sei jedenfalls, dass Athen die EU-Außengrenze schützt.

Außenminister gegen Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen

Schallenberg lehnte im Gegensatz zu SPÖ-Abgeordnetem Jörg Leichtfried eine Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus Flüchtlingslagern ab und meinte, Österreich versuche vielmehr, einen Beitrag zur Stabilisierung der humanitären Lage vor Ort zu leisten. So habe man 3 Mio. € an Hilfe zur Verfügung gestellt, was Michel Reimon namens der Grünen ausdrücklich begrüßte. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) meinte in diesem Zusammenhang, Österreich sollte gemeinsame Maßnahmen mit Griechenland setzen, und rief im Übrigen dazu auf, nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge Parteipolitik zu betreiben. Ein dezidiertes Nein zur Aufnahme von Kindern kam von FPÖ-Abgeordneter Susanne Fürst, die vor einer Sogwirkung warnte. Der Außenminister stellte zum Thema Flüchtlinge klar, die Personen, die sich derzeit an der griechisch-türkischen Grenze befinden, würden nicht aus Syrien kommen, sondern vornehmlich aus Afghanistan, Pakistan oder etwa dem Irak.

Was den Krisenherd Libyen betrifft, unterstütze Österreich die Umsetzung des UN-Waffenembargos. Einer allfälligen neuen UN-Mission stehe man, so Schallenberg, grundsätzlich positiv gegenüber. Diese Mission dürfe aber nicht von Schleppern missbraucht werden und einen Pull-Effekt für MigrantInnen auslösen, gab der Außenminister zu bedenken.

Weitere Themen: Westbalkan, Brexit, EZA

Beim Thema Westbalkan unterstrich Schallenberg, eine EU-Perspektive für die Länder der Region sei im ureigensten Interesse Österreichs. In Sachen Brexit wiederum teilte der Minister die Meinung von ÖVP-Abgeordnetem Martin Engelberg, wonach es nun gelte, eine Lösung für ein möglichst enges Verhältnis der EU zu Großbritannien zu finden. In diese Richtung sprach sich auch Eva Maria Holzleitner (SPÖ) aus, die vor allem für die Aufrechterhaltung des Austauschs mit dem Vereinigten Königreich auf universitärer Ebene warb. Bei der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) – SPÖ-Mandatarin Petra Bayr forderte hier eine essentielle Aufstockung der Mittel – verwies Schallenberg auf die kommenden Budgetverhandlungen und merkte grundsätzlich an, es gehe darum, Perspektiven für die Menschen in ihren Heimatländern zu schaffen.

Ausschuss nimmt Außenpolitischen Bericht und EU-Jahresvorschau zur Kenntnis

Die Abgeordneten konnten sich in der Debatte auch auf Daten und Fakten des Außen- und Europapolitischen Berichts 2016/2017 und 2018 (III-74 d.B.) stützen, der noch einmal auf den österreichischen EU-Ratsvorsitz im 2. Halbjahr 2018 zurückblickt und darüber hinaus die Bedeutung der EU-Perspektive für die Staaten des Westbalkans sowie allgemein Österreichs Bekenntnis zu Menschenrechten, Dialog und Multilateralismus unterstreicht. Namens der FPÖ wurde die Übermittlung des Berichts an den Ausschuss als zu spät kritisiert. Axel Kassegger forderte deshalb in einem letztlich mehrheitlich vertagten Entschließungsantrag (149/A(E)) für künftige Außenpolitische Berichte eine Vorlage spätestens im Folgejahr, um eine zeitnahe Diskussion im Ausschuss zu ermöglichen. Kritik an der späten Vorlage kam auch von Jörg Leichtfried (SPÖ) und Nikolaus Scherak (NEOS). Der Bericht wurde mehrheitlich gegen die Stimmen der SPÖ zur Kenntnis genommen.

Herausforderungen wie die Konflikte in Syrien und der Ukraine, die Bewältigung der irregulären Migrationsströme, aber auch die Bedrohung durch Cyberkriminalität standen schließlich im Mittelpunkt des Berichts über das EU-Jahresprogramm 2020 auf dem Gebiet der Außenpolitik (III-105 d.B.). Dieses Papier wurde mit Mehrheit gegen die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen, wobei Axel Kassegger in diesem Zusammenhang die ablehnende Haltung seiner Fraktion gegen eine Erhöhung des österreichischen EU-Beitrags deponierte. (Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss) hof