Nationalrat: Ibiza-Untersuchungsausschuss könnte um drei Monate verlängert werden
Landesverwaltungsgericht Kärnten darf gegen FPÖ-Abgeordneten Ragger ermitteln
Wien (PK) – Der Ibiza-Untersuchungsausschuss könnte um drei Monate verlängert werden. ÖVP und Grüne unterstrichen heute im Nationalrat ihre Bereitschaft, eine dafür notwendige Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes mitzutragen. Wegen der Corona-Pandemie haben NEOS und SPÖ eine vorübergehende Fristhemmung beantragt. Zunächst wird sich nun der Geschäftsordnungsausschuss mit der Initiative befassen, für einen endgültigen Beschluss ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nötig.
Einer Ersten Lesung wurde auch ein SPÖ-Antrag zur Einführung von Gruppenverfahren unterzogen. Zudem hat der Nationalrat am Abend den Weg für die behördliche Verfolgung von FPÖ-Abgeordnetem Christian Ragger wegen eines Verstoßes gegen das Führerscheingesetz geebnet.
Ibiza-Untersuchungsausschuss: NEOS und SPÖ haben viermonatige Fristhemmung beantragt
Grundsätzlich ist die Dauer von Untersuchungsausschüssen auf 14 Monate befristet, wobei eine zweimalige Verlängerung um jeweils drei Monate unter gewissen Voraussetzungen möglich ist. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich die Befragung von Auskunftspersonen im Ibiza-Untersuchungsausschuss allerdings erheblich verzögert. NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak und SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer haben daher eine viermonatige Fristhemmung beantragt. Konkret sollen die Monate März bis Juni ihrer Forderung nach nicht in die 14-Monatsfrist eingerechnet werden. Kai Jan Krainer (SPÖ) warf ÖVP und Grünen darüber hinaus bisherige Verzögerungen durch Ausnutzung von Fristen vor, dem Nina Tomaselli (Grüne) allerdings widersprach.
Wolfgang Gerstl (ÖVP) betonte, dass sich alle Fraktionen in der Präsidiale einvernehmlich darauf verständigt haben, dass am 4. Juni die Befragungen beginnen sollen. Es seien 42 Befragungstage festgelegt worden, wie auch Stephanie Krisper (NEOS) unterstrich. Die Fristhemmung orientiere sich an jener im Justizbereich, so Krisper. Tomaselli zufolge soll die Frist mit drei Monaten gehemmt werden. Schon im Vorfeld der heutigen Plenarsitzung hatten ÖVP und Grüne Zustimmung zu einer dreimonatigen Fristhemmung signalisiert.
Nach der Ersten Lesung wurde der SPÖ-NEOS-Antrag dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen, ein Termin für die Sitzung steht noch nicht fest.
SPÖ fordert Gruppenverfahren zur besseren Abwicklung von Massenschäden
Mit einer von der SPÖ unter dem Titel Gruppenverfahrensgesetz vorgeschlagenen Sammelnovelle wird sich der Justizausschuss befassen. Abgeordneter Selma Yildirim und ihren FraktionskollegInnen geht es darum, im Falle von Massenschäden Gruppenverfahren zu ermöglichen, um Geschädigten die Durchsetzung von Ansprüchen zu erleichtern. Die herkömmlichen Möglichkeiten des österreichischen Zivilprozessrechts reichten zur Bewältigung von Massenverfahren nicht aus, argumentieren sie. Laut Gesetzesantrag sollen Gruppenverfahren bereits dann möglich sein, wenn mindestens zehn Personen betroffen sind, auch sonst wird ein breiter Anwendungsbereich vorgeschlagen. Weitere Punkte der Initiative betreffen Musterverfahren zur Klärung strittiger Rechtsfragen und Gewinnabschöpfungen bei vergleichsweise niedrigen Schäden. In Zeiten der Corona-Krise habe die Notwendigkeit für solche Gruppenverfahrensmöglichkeiten noch zugenommen, unterstrich Yildirim. Peter Wurm (FPÖ) schloss sich dem Vorstoß an, die Möglichkeit der Sammelklage sei auch eine langjährige FPÖ-Forderung.
Die Argumente seien zwar nachvollziehbar, sagte Corinna Scharzenberger (ÖVP) und auf den ersten Blick gut für VerbraucherInnen. Sie stelle aber in Frage, ob ein nationaler Alleingang hier sinnvoll sei, auch im Hinblick auf grenzüberschreitenden Rechtsschutz, wie Ulrike Fischer (Grüne) zu bedenken gab. Vielmehr setze sich die Koalition auf EU-Ebene für Nachbesserungen zu einem Richtlinien-Vorschlag für eine Europäische Verbandsklage ein.
Nationalrat ebnet Weg für behördliche Verfolgung von FPÖ-Abgeordnetem Ragger
Noch vor den Ersten Lesungen hatte der Nationalrat den Weg für die behördliche Verfolgung von FPÖ-Abgeordnetem Christian Ragger durch das Landesverwaltungsgericht Kärnten geebnet. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem angezeigten Verstoß gegen das Führerscheingesetz und der Abgeordneten-Tätigkeit Raggers, sind sich die Parteien einig. (Fortsetzung Nationalrat) gs/mbu
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