Parlamentskorrespondenz Nr. 465 vom 13.05.2020

Anschober: Starkes Gesundheitssystem ist ein Asset in Krisenzeiten

Budgetausschuss diskutiert über Corona-bedingte Mehrausgaben und grundsätzliche Finanzierungsfragen

Wien (PK) – Von gravierenden Änderungen in den verschiedensten Bereichen, die zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht abschätzbar seien, ging heute Bundesminister Rudolf Anschober bei der Debatte über das Budget für den Gesundheitssektor aus. Vor großen finanziellen Herausforderungen stehe etwa die Österreichische Gesundheitskasse, für die zunächst einmal ein pauschaler Zuschuss in der Höhe von 60 Mio. € veranschlagt sei. Durch die Corona-Krise ergeben sich zudem Mehrausgaben wegen des notwendigen Ankaufs von Schutzausrüstungen (bis zu 400 Mio. €) und wegen der Durchführung von Testungen (ca. 200 Mio. €). Insgesamt schlägt das Gesundheitsbudget 2020 mit Ausgaben in der Höhe von 1,2 Mrd. € zu Buche.

Er hoffe jedenfalls, dass durch die Corona-Krise allen klar geworden sei, wie wichtig ein starkes und stabiles Gesundheitssystem für ein Land sei, unterstrich Anschober. Der Minister sah sich im Zuge der Debatte im Budgetausschuss mit zahlreichen Fragen von Seiten der Abgeordneten konfrontiert, die das Ressort aufgrund der Detailliertheit teilweise schriftlich beantworten wird. Sie waren thematisch breit gefächert und reichten vom kostenlosen Impfprogramm über die Einrichtung von Primärversorgungszentren bis hin zum Tierschutz.

Das Gesundheitsbudget im Zeichen der Corona-Krise

Für den Bereich Gesundheit (Untergliederung 24) sieht der Finanzierungshaushalt für 2020 derzeit Auszahlungen von insgesamt 1,2 Mrd. € vor. Im Vergleich zum vorläufigen Erfolg 2019 wird also mit einem Anstieg um 10,2% (113,6 Mio. €) gerechnet. Diese Erhöhung sei insbesondere auf die erstmalige Dotierung der Partnerleistung zur Krankenversicherung der Selbstständigen (100 Mio. €) zurückzuführen. Mittelfristig betrachtet, wird laut Bundesfinanzrahmen mit einem Anstieg der Auszahlungsobergrenze auf 1,3 Mrd. € gerechnet. Im Personalplan der Untergliederung 24 sind keine Planstellen vorgesehen, diese werden in den Budgetkapiteln Soziales und Konsumentenschutz (UG 21) veranschlagt.

Die höchsten Ausgabenposten sind für den Bereich Gesundheitsfinanzierung (1,1 Mrd. €) vorgesehen; darunter fallen die Krankenanstaltenfinanzierung, die Leistungen an die Sozialversicherung und die Abgeltung des Mehraufwands durch FLAF-Zahlungen. Mit der Gesundheitsreform 2013 einigten sich Bund, Länder und Sozialversicherung darauf, ein Zielsteuerungssystem zur Planung, Organisation und Finanzierung der österreichischen Gesundheitsversorgung einzurichten. Im Jahr 2017 erzielten Länder und Krankenversicherung eine Unterschreitung der Ausgabenobergrenze in der Höhe von 837 Mio. € (3,7%), die sich bis 2019 auf 492 Mio. € (2%) reduzieren wird. Die 22 Messgrößen bewegen sich mehrheitlich in die intendierte Richtung, heißt es in der Analyse des Budgetdienstes. In der Zielsteuerungsperiode 2017-2021 soll eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6% (2017) auf 3,2% im Jahr 2021 erfolgen.

Die Corona-Krise werde laut Budgetdienst in der UG 24 in unterschiedlichen Bereichen zu deutlichen Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf führen. Dies betreffe beispielsweise höhere Aufwendungen für Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz oder den pauschalen Zuschuss an die Österreichische Gesundheitskasse in der Höhe von 60 Mio. €. Für die Entgeltfortzahlung von Risikogruppen wurden im Update zum Stabilitätsprogramm 2019-2021 bereits Mehrauszahlungen in der Höhe von 300 Mio. € ausgewiesen. Durch ein geringeres Steueraufkommen werde auch der Beitrag zur Krankenanstaltenfinanzierung deutlich sinken.

Eine Reihe von Maßnahmen, die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie getroffen wurden, erfolgten nach dem Epidemiegesetz, wobei die  Kosten vom COVID-19-Krisenbewältigungsfonds getragen werden. Diesbezügliche Auszahlungen sind im Entwurf derzeit nur mit etwa 200.000 € veranschlagt. Eine erste Notbeschaffung medizinischer Güter und Schutzausrüstungen für Ärztinnen und Ärzte erfolgte über das Wirtschaftsressort; durchgeführt wurde sie vom Roten Kreuz. Hinsichtlich der Kostentragung sei noch eine Reihe von Fragen mit den Ländern zu klären, merkt der Budgetdienst an.

Vom kostenlosen Impfprogramm bis zum Tierschutz

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ) machte darauf aufmerksam, dass das Gesamtbudget für die Gesundheit nur unwesentlich erhöht wurde, zumal ein großer Brocken auf die erstmalige Auszahlung der Partnerleistung für die Krankenversicherung der Selbstständigen zurückzuführen sei. Verena Nussbaum (SPÖ) erkundigte sich nach Ausgaben auf Basis des Epidemiegesetzes sowie bezüglich der Entgeltfortzahlung für Risikogruppen. Für das Tierschutzbudget interessierte sich Dietmar Keck (SPÖ).

Die Themen psychische Gesundheit, Impfstrategie und die finanzielle Ausstattung der AGES wurden von den ÖVP-Abgeordneten Gabriela Schwarz, Elisabeth Pfurtscheller und Josef Smolle aufs Tapet gebracht. 

FPÖ-Abgeordneter Gerhard Kaniak wiederum wollte wissen, ob die Zielvorgaben bei der Einrichtung von Primärversorgungseinheiten erreicht werden. Rosa Ecker (FPÖ) sprach das Brustkrebsscreening sowie die Gendermedizin an.

Bei den Fragen der MandatarInnen der NEOS (Gerald Loacker und Fiona Fiedler), die sehr detailliert ausfielen, ging es unter anderem um Qualitätsstandards, die Anzahl der Gesundheitsregister, die Zugänglichkeit von Daten für WissenschaftlerInnen, verschiedene Gesundheitsprogramme (in Bezug auf Diabetes, Herz-Kreislauf, etc.), lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche und den Tierschutz.

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne) befasste sich mit dem Ärztemangel und den Primärversorgungszentren. Seine Fraktionskollegin Faika El-Nagashi widmete sich dem Tierschutz.

Anschober hebt Rolle der AGES im Corona-Frühwarnsystem hervor

Gesundheitsminister Rudolf Anschober gab eingangs noch einmal zu bedenken, dass man aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen die genauen Mehrausgaben, die noch nötig sein werden, nicht genau beziffern könne. Grundsätzlich werde durch das vorliegende Budget der Kurs in zentralen Bereichen fortgeschrieben. In der Akutphase waren jedoch zusätzliche Aufwendungen etwa für Schutzausrüstungen oder Testungen notwendig. Erfreulich sei in diesem Zusammenhang, dass es große Fortschritte im Bereich der Eigenproduktion z.B. von Masken gegeben hat. Was die grundsätzlichen Finanzierungsfragen betrifft, so werde er übermorgen im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz die Gelegenheit haben, über Fragen zur Kostenteilung und –zuteilung zu verhandeln.

Die Corona-Krise habe zudem gezeigt, dass Einrichtungen wie die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) oder die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) eine ganz wichtige Funktion im Gesundheitssystem haben. Aus diesem Grund gelte es, bei beiden Einrichtungen für eine stabile Finanzierung in den nächsten Jahren zu sorgen. Die AGES habe nicht nur im Bereich der Testungen eine ganz wichtige Unterstützung geleistet, sondern auch durch das Betreiben der Corona-Hotline entscheidend geholfen. In der Öffentlichkeit noch wenig bekannt sei, dass sie auch täglich Clusterberechnungen vornehme sowie die Reproduktionszahlen ermittle. Die dafür erforderlichen Mittel in der Höhe von 2,1 Mio. € werden über den Corona-Krisenbewältigungsfonds abgerechnet.

Bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems werden Primärversorgungseinheiten eine sehr wichtige Rolle spielen, war Anschober überzeugt. In seinem Ressort wurde daher das Informations- und Beratungsangebot massiv ausgebaut. Neben einer eigenen Website, wo zum Beispiel Vertragsmuster oder Businesspläne heruntergeladen werden können, wurde auch ein eigenes Handbuch entwickelt. Außerdem sei es im Februar gelungen, auf EU-Ebene neue Finanzierungsoptionen zu erschließen. Wichtig sei es natürlich, attraktivere Rahmenbedingungen für die MedizinerInnen vor allem in den ländlichen Regionen zu schaffen, zumal es weniger einen Ärztemangel als ein Verteilungsproblem gebe.

Weitere Arbeitsschwerpunkte: E-Health, Impfprogramm und Tierschutz

Ein weiterer Schwerpunkt seines Ressort liege im Bereich E-Health, konstatierte Anschober. Ein wichtiger Teil davon sei der elektronische Impfpass, dessen konzeptuelle Anforderungen bereits erarbeitet wurden. Die technisch-organisatorische Vorbereitung soll in den nächsten Wochen abgeschlossen sein. Dabei soll auch auf die ELGA-Infrastruktur zurückgegriffen werden, um Synergien zu nutzen. Ein Kernstück stelle das Impfregister dar, das unter anderem einen Impfkalender enthalten werde. Neben Wien, der Steiermark und Niederösterreich gebe es von anderen Bundesländern das Interesse, sich an diesem Pilotprojekt zu beteiligen. Auch die Elektronische Gesundheitsakte werde weiterentwickelt und etwa um die Patientenverfügungen ergänzt. Außerdem sollen extramurale Institute (zum Beispiel Labors oder Röntgeninstitute) eingebunden werden.

Der Einführung einer Impfpflicht konnte Anschober wenig abgewinnen, auch dann nicht, wenn es um bestimmte Risikogruppen gehe. Dennoch hoffe er, dass sich die Impfquote bei Influenza, die derzeit nur bei 8-9% liege, deutlich erhöhe. Um im Herbst noch besser gerüstet zu sein, habe man sich am internationalen Markt bereits Zusatztranchen für Kinderimpfungen gesichert. Insgesamt gebe man für das kostenlose Impfprogramm (HPV, Pneumokokken etc.) 16,9 Mio. € aus.

Weiters informierte der Minister über die Vorhaben im Bereich des Tierschutzes, wobei er das Projekt "Tierschutz macht Schule" als sein Lieblingsprojekt bezeichnete. Wenn man sich die Ursachen für die Corona-Krise vor Augen halte, dann sei es umso wichtiger, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Tiere Lebewesen sind. (Fortsetzung Budgetausschuss) sue

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.