Parlamentskorrespondenz Nr. 487 vom 15.05.2020

Mittel für Auslandskatastrophenfonds und Entwicklungshilfe werden aufgestockt

Budgetausschuss berät Budgetkapitel Äußeres

Wien (PK) – Die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds sowie die Entwicklungshilfe werden 2020 erheblich aufgestockt, wie aus dem von der Regierung noch vor der Corona-Krise vorgelegten Budgetentwurf für das Außenressort hervorgeht und heute vom Budgetausschuss beraten wurde. Konkret sieht der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2020, für das Außenministerium Auszahlungen in der Höhe von 496,0 Mio. € vor. Aufgrund der Verschiebung der Integrationsagenden in das Bundeskanzleramt kommt es zwar zu Minderauszahlungen gegenüber dem vorläufigen Gebarungserfolg 2019 - der Anteil der Gesamtauszahlungen des Bundes von 0,64% im vorläufigen Erfolg 2019 sinkt 2020 auf 0,60% sowie langfristig auf 0,58 % im Jahr 2023 - dennoch gibt es in sämtlichen Detailbudgets mit der Ausnahme von Beiträgen an internationale Organisationen mehr Budgetmittel für das Außenressort.

Auf die Frage der FPÖ im Budgetausschuss nach möglichen Einsparungen angesichts der Corona-Krise etwa bei Beiträgen für internationale Organisationen, machte Außenminister Alexander Schallenberg die Notwendigkeit einer starken multilateralen Zusammenarbeit für ein vergleichsweise kleines Land wie Österreich klar. Wenn es hart auf hart geht, sei Österreich auf ein funktionierendes Auslandsnetz angewiesen, wie der Minister etwa auf die weltweite Rückholaktion von im Ausland befindlichen ÖsterreicherInnen in Folge der Covid-19-Ausbreitung verwies. "Die Krise hat bewiesen, dass wir im Außenministerium jeden Euro wert sind", so Schallenberg. Zudem handle es sich bei einigen Beiträgen für internationale Organisationen wie der UNO um Pflichtbeiträge. Es sei nicht sinnvoll, sich von der Staatengemeinschaft zurückzuziehen oder hier den Rotstift anzusetzen.

Auswirkungen der Corona-Krise auf das Außenbudget laut Schallenberg überschaubar

Was die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Außenbudget betrifft, rechnet Schallenberg damit, dass diese überschaubar bleiben. Es werde zwar zu Umschichtungen kommen, da er nicht davon ausgeht, dass das Budget beispielsweise für Auslandsreisen in jenem Maß ausgeschöpft wird, wie der Entwurf abbildet, dennoch handle es sich auch hier um nicht sehr hohe Beträge, wie Schallenberg gegenüber Eva Maria Himmelbauer (SPÖ), Axel Kassegger (FPÖ) und Henrike Brandstötter (NEOS) prognostizierte. Videokonferenzen würden sich zwar insbesondere in der Nachbarschaftspolitik bewähren, bei virtuellen Treffen zwischen VertreterInnen aus 27 EU-Mitgliedsstaaten sehe die Sache allerdings anders aus.

FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger (FPÖ) hatte zuvor im Namen seiner Fraktion die Sinnhaftigkeit des Budgetentwurfs in Frage gestellt und kritisiert, dass es sich dabei um Makulatur handle. Sollte der Shutdown verlängert werden müssen, könnten etwa für Dienstreisen die genannten Zahlen nicht herangezogen werden. Hinsichtlich der Beiträge für internationale Organisationen meinte er, dass die ÖsterreicherInnen das Geld nun im eigenen Land bräuchten.

Die Einsparungsambitionen seitens der FPÖ bezeichnete ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka als kühne Forderung angesichts eines Anteils am Gesamtbudget von 0,6%. "Das halte ich für völlig falsch", so Lopatka mit Verweis auf aktuelle Herausforderungen wie die Corona-Krise oder den Klimawandel. Die weltweite Corona-Rückholaktionen von rund 7.500 ÖsterreicherInnen aus allen Kontinenten der Welt wurde neben Lopatka auch von Martin Engelberg und Nikolaus Berlakovich (beide ÖVP) besonders positiv hervorgehoben.

Schallenberg merkte dazu an, dass die Rückholaktionen nach Anfangsschwierigkeiten sehr gut und zum Teil unbürokratisch vor Ort funktioniert haben. Insgesamt habe man ferner Rückholungen von rund 2.000 Nicht-ÖsterreicherInnen, etwa aus EU-Ländern, der Schweiz oder vom Westbalkan, möglich gemacht. Das sei allerdings keine Einbahnstraße gewesen, rund 1.300 ÖsterreicherInnen seien durch die Hilfe von anderen Staaten wieder zurück nach Österreich gekommen. Die europäische Solidarität habe de facto nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut funktioniert, es gebe große Bereitschaft unter den Staaten, einander zu helfen, auch wenn das in den Medien nicht wirklich angekommen sei. Wichtig sei ihm, insbesondere den Ländern des Westbalkans als Kernpriorität der österreichischen Außenpolitik zu zeigen, dass ihnen Österreich in dieser schwierigen Zeit zur Seite steht. Ein zweites Hilfspaket sei in Vorbereitung, zudem gebe es auch das Angebot, IntensivpatientInnen aus der Region nach Österreich zu holen.

Laut dem Minister befinden sich derzeit noch rund 200 ÖsterreicherInnen im Ausland, die momentan keine Chance haben, etwa aufgrund der Einstellung des Binnenverkehrs im Aufenthaltsland oder des Flugverkehrs in ihr Heimatland zurückzukehren. Das Außenamt sei mit diesen Menschen laufend in Kontakt, außerdem werde ihnen die gesamte Bandbreite der konsularischen Unterstützung zur Verfügung gestellt.

Auslandskatastrophenfonds und Entwicklungshilfe werden zur Erreichung der ODA-Quote von 0,7 % angehoben

Im Detail soll der Auslandskatastrophenfonds von 14,7 Mio. € (Erfolg 2019) auf 25,0 Mio. € (+70,4 %) sowie die Entwicklungshilfe von 92,7 Mio. € (Erfolg 2019) auf 103,6 Mio. EUR (+11,8 %) angehoben werden. Auch die ADA Austrian Development Agency (ADA) soll mehr Mittel bekommen. Ihre Basisabgeltung steigt um 10,3 % auf 10,8 Mio. €.

Insgesamt wird damit der Budgettopf für die Entwicklungszusammenarbeit und den Auslandskatastrophenfonds um 19,0 % auf 139,4 Mio. € angehoben. Damit soll das langfristige Ziel einer ODA-Quote von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) erreicht werden. 2019 betrug die ODA-Quote noch 0,27 %, laut Budgetunterlagen soll diese mit den zur Verfügung gestellten Mitteln im Jahr 2020 auf 0,39 % des BNE ansteigen.

Er freue sich sehr über das namhafte Plus bei den Mitteln für den AKF und die EZA, so Schallenberg im Ausschuss. Auf die von Petra Bayr (SPÖ) geäußerte Sorge, dass diese Gelder aufgrund der Corona-Krise wieder gekürzt werden könnten, sagte der Außenminister, dass das Budget für 2020 in diesem Bereich halten werde. Mit der Forderung einer Erhöhung dieser Mittel laufe man im Außenressort grundsätzlich offene Türen ein.

Auf die Frage von Michel Reimon (Grüne) nach strategischen Plänen zur Verwendung der Gelder erklärte Schallenberg, dass eine Strategie für humanitäre Hilfe in Vorbereitung sei, diese soll bis zum Ende des Jahres auf dem Tisch liegen. Es sei geplant, nicht nur auf aktuelle Krisen reagieren zu können. Die bisherigen Prinzipien beim AKF und bei der ADA wolle man allerdings nicht vollständig über Bord werfen, so werde man sich künftig weiterhin in den Schwerpunktländern etwa in Afrika oder dem Nahen Osten humanitär engagieren. Den Fokus sieht er dabei in der Armutsbekämpfung unter anderem in Folge der Corona-Krise. Angesichts der politischen Spannungen will Schallenberg auch im Iran humanitäre Gesten setzen.

Angesprochen von Petra Bayr (SPÖ) auf einen von vielen NGOs geforderten Corona-Soforthilfefonds für Länder des globalen Südens berichtete der Minister, dass Österreich bereits rund 10 Mio. € "frisches Geld" an Corona-Soforthilfe humanitärer Art zur Verfügung gestellt habe.

Für das Auftraggeberverhältnis zwischen dem Außenressort und inländischen NGOs interessierte sich FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst. Demnach würden laut Minister 4% der ADA sowie rund ein Drittel des AKF über NGOs wie das Rote Kreuz oder die Caritas abgewickelt.

Ausbau des österreichischen Vertretungsnetzes im Ausland nicht in Planung

Für die außenpolitische Planung, Infrastruktur und Koordination, sind Auszahlungen von 261,7 Mio. € veranschlagt. Für die Zentralstelle sind davon 79,9 Mio. € budgetiert, was eine Steigerung gegenüber dem vorläufigen Erfolg 2019 von 5,7 Mio. € bedeuten würde, für Österreichs Vertretungsbehörden im Ausland 181,83 Mio. €. Als Grund für das Plus für die Zentralstelle werden vermehrte Werkleistungen angeführt. Auch die Diplomatische Akademie Wien wird aus diesem Budgettopf finanziert, auch sie soll mehr Budgetmittel und damit 2,6 Mio. € (Erfolg 2019 2,1 Mio. €) erhalten. Auch die existierenden Vertretungsbehörden sollen gegenüber dem vorläufigen Erfolg 2019 um 5,1 Mio. € mehr Mittel und damit 181,8 Mio. € zur Verfügung haben.

Einen Ausbau des österreichischen Vertretungsnetzes im Ausland erlaube das Budget derzeit allerdings nicht, wie Schallenberg gegenüber Henrike Brandstötter erläuterte. Die Abgeordnete hatte darauf aufmerksam gemacht, dass es in vielen EZA-Schwerpunktändern keine österreichischen Botschaften gibt.

Was die von Faika El-Nagashi (Grüne) angesprochene geplante Klimabotschafterin betrifft, informierte der Minister, dass im Zuge der neuen Geschäftseinteilung eine Klimaabteilung im Außenressort entstehen soll.  

Für das Jahr 2020 sind im Personalplan des Außenministeriums 1.249 Planstellen vorgesehen. Diese Zahl sinkt gegenüber dem Gesetzlichen Budgetprovisorium 2020 leicht um insgesamt 20 Planstellen. Im Entwurf zum Bundesfinanzrahmengesetz 2020 – 2023 bleibt die Zahl der Planstellen dann konstant.

Kein Plus für Beiträge an internationale Organisationen

Laut Entwurf werden weniger Budgetmittel für Beiträge an internationale Organisationen veranschlagt. Konkret ist ein Minus von 1,3 Mio. € vorgesehen, was für 2020 Mittel von 94,8 Mio. € bedeuten würde. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang in den Unterlagen allerdings, dass diese Beiträge, etwa für die Vereinten Nationen oder die OECD, oft Abweichungen im Vergleich zu Vorjahren unterworfen sind, da Perioden der Beitragsvorschreibungen terminlich nicht mit der Budgetierungsperiode Österreichs übereinstimme. Zudem würden die Beträge Wechselkursschwankungen unterliegen.

Dass es etwa bei den Beiträgen für das UNHCR zu einer Stagnation kommt, sei kein Ruhmesblatt für Österreich, wie SPÖ-Abgeordneter Harald Troch bemängelte. Schallenberg meinte dazu, dass er sehr gerne in der Lage sei, einigen internationalen Organisationen mehr Geld zu geben.

Wien soll als internationaler Standort gestärkt werden

Laut Strategiebericht will sich das Außenministerium in den kommenden Jahren insbesondere der Migrationsbewegungen bzw. Asylproblematik widmen. So sollen zur Beseitigung der Ursachen von ungewollter Migration Herkunfts- und Transitländer unterstützt sowie humanitäre Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vertreibung von Zivilpersonen, insbesondere Frauen und Kindern, und Beiträge zur Agenda 2030 gesetzt werden. Zudem soll der Multilateralismus gestärkt werden. Österreich will sich dabei in der Welt insbesondere für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einsetzen, was vonseiten der SPÖ wie auch die Stärkung Wiens als internationalen Standort ausdrücklich unterstützt werde, wie Pamela Rendi-Wagner sagte.

Die SPÖ-Klubobfrau thematisierte in diesem Zusammenhang auch Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte in Folge der Corona-Krise in vielen Ländern und sprach insbesondere die aktuelle Lage in Ungarn an. Schallenberg sagte dazu, dass das Thema Rechtsstaatlichkeit schon immer ein Schwerpunkt der österreichischen Außenpolitik gewesen sei. Im Fall von Ungarn habe man den Weg gewählt, nicht zu kommentieren, sondern mit Budapest zu sprechen. Die Maßnahmen im Nachbarland seien tatsächlich besorgniserregend und müssten im Auge behalten werden.

Beim Thema Amtssitz dürfe angesichts des Mehrwerts etwa im Zusammenhang mit Arbeitsplätzen nicht locker gelassen werden, so der Minister, zumal die Konkurrenz sehr stark sei. Es gehe ihm aber nicht nur um Neuansiedelungen, sondern auch um die Stärkung der bereits in Wien ansässigen internationalen Organisationen. Man arbeite auf diesem Gebiet gut mit der Stadt Wien zusammen. Sollten neue Organisationen nach Wien kommen wollen, gebe es eine Reserve.

Fortgesetzt werden sollen ferner die Initiativen zur Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Die strategischen Partnerschaften mit den USA, Russland und China sollen ausgebaut sowie Botschaften in kritischen Ländern mit entsprechender personeller und infrastruktureller Ausstattung gesichert werden.

Schallenberg: SDGs auf sämtliches staatliches Handeln ausdehnen

Als seine Wirkungsziele hat das Außenministerium die Optimierung der Hilfestellung für in Not geratene ÖsterreicherInnen im Ausland sowie der Betreuung der ständig im Ausland lebenden ÖsterreicherInnen, die Sicherstellung der außen-, sicherheits-, europa- und wirtschaftspolitischen Interessen Österreichs in Europa und in der Welt samt eines weiteren Ausbaus des Standortes Österreich als Amtssitz und Konferenzort sowie der Beziehungen zu den internationalen Organisationen, eine nachhaltige Verringerung der Armut, Festigung von Frieden und menschlicher Sicherheit, die Erhaltung der Umwelt in den Partnerländern im Rahmen der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit sowie die Prägung eines innovativ-kreativen Österreichbildes im Rahmen der Auslandskulturpolitik definiert.

Geht es in diesem Zusammenhang um die nachhaltigen Entwicklungsziele, kurz SDGs, spricht sich Schallenberg dafür aus, diese auf sämtliches staatliches Handeln auszudehnen, zumal es sich dabei um eine Querschnittsmaterie handle. (Fortsetzung Budgetausschuss) keg

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/fachinfos/budgetdienst. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at