Parlamentskorrespondenz Nr. 524 vom 27.05.2020

Nationalrat behandelt Verteidigungsbudget: Miliz stärken und Selbstständigkeit der Kasernen ausbauen

Opposition kritisiert Mobilisierungsdauer der Miliz

Wien (PK) – Im Laufe der weiteren Debatte zum Budget 2020 befasste sich der Nationalrat heute mit der finanziellen Ausstattung des Bundesheers, die deutlich aufgestockt wird. Damit soll der vielfach kritisierte "Investitionsrückstau" behoben werden. Kritik erhob die Opposition insbesondere an der langen Mobilisierungsdauer der Miliz im Zuge der Corona-Pandemie. Einig zeigten sich die Abgeordneten über die Erfordernis, das Bundesheer für den möglichen Eintritt eines Blackouts zu wappnen.

Tanner: Bundesheer als strategische Reserve der Republik

Seit Ausbruch der Corona-Krise seien 4.000 SoldatInnen durchgehend im Einsatz, betonte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die aktuellen Herausforderungen des Bundesheeres im Zuge der Pandemie. Hybride Herausforderungen der Zeit, z.B. Cyberangriffe auf staatliche Institutionen müsse vorgesorgt werden. Das Landesverteidigungs-Ressort verfüge über eine große Spannweite an Aufgaben und Tätigkeiten, deren finanzielle Mittel nicht innerhalb eines Jahres alle aufgestauten Investitionen abbauen können. Tanner bekannte sich zur Notwendigkeit von mehr Manpower für das Bundesheer und will die Attraktivierung des Grundwehrdienstes vorantreiben.

Sicherheit könne es nicht zum Null-Tarif geben, betonte die Verteidigungsministerin. Im Bereich militärischer Angelegenheiten sieht der Budgetentwurf für das Jahr 2020 im Finanzierungsvoranschlag 2.545,7 Mio. € an Ausgaben (Auszahlungen) vor. Im Vergleich zum vorläufigen Erfolg des Jahres 2019 bedeutet dies eine Steigerung der Mittel um 229,5 Mio. € oder 9,9%, was Abgeordnete von ÖVP und Grünen positiv hervorstrichen. Die Budgetaufstockungen betreffen das Personal, den Sachaufwand und Investitionen im Bereich der Miliz und der Mobilität. Dazu kommen zusätzliche Mittel für Investitionen (Mehrzweckhubschrauber, Black Hawk). Berücksichtigt wird auch die Weiterführung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres. Darüber hinaus wurde ein neuer Sonderinvest zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft (insgesamt 470,6 Mio. € in den Jahren 2021-2023) veranschlagt, informierte Tanner.

Kasernen als Sicherheitsinseln einrichten

Die Hilfe der Miliz im Zuge der Corona-Pandemie habe erst mit Verzögerung gestartet wie deren Unterstützung nicht mehr notwendig warf, lautete die Kritik von SPÖ-Mandatar Robert Laimer. Es sei dringend erforderlich, das Budget für die Landesverteidigung weiter aufzustocken, um unter anderem eine aktive Luftraumüberwachung sicherzustellen. Des Weiteren sei das Bundesheer für ein mögliches Blackout zu wappnen und Investitionen seien in Heeresspitäler zu tätigen. So könnten diese als Epidemiezentren eingesetzt werden. Die Standorte müssten als Sicherheitsinseln vorbereitet werden und das Budget habe für die Sicherheit der SoldatInnen Sorge zu tragen, lauteten die Forderungen der SPÖ.

ÖVP will Miliz stärken

Für die ÖVP dient das österreichische Bundesheer als Sicherheitssystem. Als Schwerpunkt des Regierungsprogramms wurde das höchste Verteidigungsbudget aller Zeiten vorgesehen, betonte Michael Hammer (ÖVP). Gemeinsam mit dem Koalitionspartner brachte er einen Entschließungsantrag auf Stärkung der Miliz ein, um sozialrechtliche Benachteiligungen zu reduzieren. Hammer machte sich überdies dafür stark, die Widerstandsfähigkeit des Staats im Falle eines Blackouts zu stärken. Ein besonderes Anliegen war den Abgeordneten auch die Schaffung von Cybersicherheit.

Heeresbudget an Verfassung orientieren – FPÖ fordert weitere Budget-Aufstockung

Die FPÖ befürchtet ein weiteres Herunterfahren des Bundesheeres. Das vorgesehene Budget liege weit unter der notwendigen Summe, um das Bundesheer weiterentwickeln zu können, argumentierte Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) mit Investitionsrückständen bei Geräten und Infrastruktur. Er appellierte daher an die Bundesregierung, sich an der Verfassung zu orientieren und das Bundesheer gegen ein Blackout zu sichern. Um das Bundesheer als Sicherheitsinseln einsetzen zu können, sei es erforderlich, Kasernen zu sanieren, in Nachtsichtgeräte zu investieren und zufriedenstellende Gehälter sicherzustellen.

Gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien brachte Bösch einen Entschließungsantrag auf Erhöhung des "dringend notwendigen Bundesheer-Budgets" ein. Darin wird dem Investitionsrückstau des Bundesheeres im Bereich der militärischen Ausrüstung, Geräten und Kaserneninfrastruktur entgegengetreten, indem eine budgetäre Ausstattung in Höhe von 2,6 Mrd. € für das Jahr 2020 bzw. 3 Mrd. € für das Jahr 2021 zuzüglich der bereits genehmigten bzw. in Umsetzung befindlichen Sonderinvestitionspakete vorgesehen wird.

Geht es nach den Freiheitlichen, so wird der Grundwehrdienst wieder auf von sechs auf acht Monate ausgedehnt. Mittels Entschließungsantrag forderten sie eine entsprechende Änderung des Wehrgesetzes.

Mehr Autarkie für Kasernen

Das Bundesheer stehe neuen Herausforderungen gegenüber, betonten die Grünen und nannten in diesem Zusammenhang mehrfach das Thema Cybersicherheit. Nicht nur gegen ein Blackout müsse man sich wappnen, auch zur Bewältigung von Naturkatastrophen im Zuge des Klimawandels müsse vorgesorgt werden. Die Versäumnisse der letzten Jahre auszubessern, sei mit dem Budget eines einzelnen Jahres nicht möglich, so David Stögmüller von den Grünen. Er brachte in der Debatte einen von ÖVP und Grünen unterstützten Entschließungsantrag ein, der auf die Stärkung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Kasernen abzielt. Demnach sollen Kasernen ausgebaut werden, um die für die Selbstversorgungsfähigkeit erforderliche Autarkie hinsichtlich Strom, Wärmeerzeugung, Wasser, Abwasser, Verpflegung, Betriebsmittel und Sanitätsversorgung vorweisen zu können.

NEOS fehlt Vision für Bundesheer

Laut Douglas Hoyos-Trauttmansdorff von den NEOS mangelt es an einer Vision für das Bundesheer. Aktuellen Gefährdungen wie Cyberkriminalität und Blackouts sei mittels nachhaltigem Budget entgegenzutreten. Das Budget bilde keine Vision ab, unterstrich der NEOS-Abgeordnete.

Die Abstimmung über alle Budgetkapitel findet gesammelt am Ende der dreitägigen Plenardebatte statt. Mit dem Bundesvoranschlag bzw. Bundesfinanzgesetz mitverhandelt wird der Bundesfinanzrahmen 2020 bis 2023. (Fortsetzung Nationalrat) gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.