Parlamentskorrespondenz Nr. 723 vom 01.07.2020

EU-Ausschuss des Bundesrats berät über Lebensmittelsystem-Strategie der Kommission

SPÖ und FPÖ fordern Verbot von grenzüberschreitenden Lebendtiertransporten

Wien (PK) – Die Klimaneutralitätsziele der Europäischen Union waren einmal mehr Thema im EU-Ausschuss des Bundesrats, konkret die Kommissionsstrategie "Vom Hof auf den Tisch" für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem. Mit den Stimmen der SPÖ und FPÖ BundesrätInnen wurde in diesem Zusammenhang ein Antrag angenommen, der die Bundesregierung im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft dazu auffordert, sich auf EU-Ebene für die Untersagung von grenzüberschreitenden Lebendtiertransporten zur Schlachtung auszusprechen. Außerdem sollen sich die zuständigen MinisterInnen dafür einsetzen, dass der Transport von Kälbern mit einem Alter unter 4 Wochen wie auch der Verkauf von Nutztieren in Drittstaaten ohne europäisches Tierschutzniveau verboten wird.

Abgelehnt wurde ein ÖVP-Grünen-Antrag auf Mitteilung an die EU-Organe, worin eine Folgenabschätzung hinsichtlich der Auswirkungen der Strategie auf die kleinbäuerliche Struktur Österreichs vorgeschlagen wird.

Die EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch" kann als Kernstück des europäischen Green Deals verstanden werden, da sie den Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem ermöglichen und den ökologischen Fußabdruck dieses EU-Bereichs verringern soll. In der heute diskutierten Mitteilung geht die Kommission auf alle Elemente des EU-Lebensmittelsystems inklusive gesunde Ernährung, Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelbetrug ein. Angekündigt wird ein Aktionsplan mit 27 Maßnahmen, dazu zählen die bessere Nährwert- und Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden um 50% und Düngemitteln um 20% bis 2030 sowie die Anhebung des Anteils der biologisch zu bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen, wie ein Experte des Landwirtschaftsministeriums erläuterte. Auch plant die Kommission, diese Prioritäten bei der Zusammenarbeit mit Drittländern aufzunehmen.

Das gemeinsam mit der Biodiversitätsstrategie vorgelegte Papier wird von Seiten Österreichs begrüßt, wenngleich laut Ansicht des Landwirtschaftsministeriums bei der Umsetzung jedenfalls auf bereits erreichte Niveaus und Vorleistungen in den Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen sei. Grundsätzlich würde das österreichische Modell der Lebensmittelwirtschaft viele der angesprochenen Ziele schon länger beinhalten. Aufholbedarf bestehe allerdings in Hinblick auf die Überzeugung der KosumentInnen hin zu einer gesünderen, nachhaltigeren Ernährung, wird eingeräumt. Insgesamt dürften die ambitionierten Ziele der Kommission nicht dazu führen, dass die Lebensmittelproduktion in Drittstaaten verlagert wird, wo mitunter Umwelt-, Tierschutz und soziale Standards von den hohen Anforderungen der EU divergieren, so die österreichische Position. Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer erachten die Lebensmittelstrategie ebenfalls als positiv.

Marco Schreuder (Grüne/W) sieht in der mehrere Sektoren umgreifenden Strategie einen Meilenstein und befürwortete sie im Zuge der Debatte ausdrücklich. Seine Sorgen bezüglich der Bedrohung durch den Klimawandel für die Landwirtschaft und die kleinbäuerlichen Strukturen in Österreich brachte Martin Preineder (ÖVP/N) zum Ausdruck. Diese müssten jedenfalls erhalten bleiben, sagte er unter Bezugnahme auf die Bedeutung regionaler Wertschöpfungsketten. Er sprach sich für eine Trendwende in der Lebensmittelproduktion mit fairen Preisen sowie dafür aus, die Kommission zu einer Folgenabschätzung aufzufordern, um die Auswirkungen der Strategie für Lebensmittelversorgungssicherheit in Hinblick auf die Einkommenssituation der BäuerInnen abzuschätzen. Der von ihm eingebrachte Antrag auf Mitteilung fand allerdings keine Stimmenmehrheit. Dieses Anliegen sei von ihrer Fraktion in abgeschwächter Form übernommen worden, hielt Monika Mühlwerth (FPÖ/W) den Antragstellern vor. Auch sei es bedauerlich, dass eine Rückbesinnung auf regionale Lebensmittelproduktion, wie sie meinte, erst durch die Corona-Krise hervorgerufen wurde. Sie geht außerdem von einer Fehleranfälligkeit bei den Kennzeichnungspflichten aus.

Äußerst kritisch sieht die FPÖ-Bundesrätin grenzüberschreitende Lebendtiertransporte. Auch die SPÖ nutzte den Tagesordnungspunkt zur Diskussion dieses Anliegens. Im Bereich der Tiertransporte könne man rasch auf die EU-Vorhaben reagieren, meinte Stefan Schennach (SPÖ/W) hinsichtlich des Zwei-Parteien-Antrags auf Stellungnahme. Der grenzüberschreitende Transport von lebenden Tieren sei in Hinblick auf eine nachhaltige Landwirtschaft nicht erforderlich, heißt es darin. Neben der schnellstmöglichen Untersagung von Schlachttransporten ins Ausland wird die Bundesregierung auch dazu aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der Verkauf und Transport von Nutztieren in Drittstaaten, in denen nicht das europäische Tierschutzniveau existiert, verboten wird. Die Lebensmittelsystem-Strategie der Kommission selbst bezeichnete Bundesrat Schennach als hervorragendes Programm, das viele Elemente der Nahrungsmittelkette beleuchte. Der SPÖ-Forderung eines Glyphosat-Verbots verlieh Günther Novak (SPÖ/K) angesichts der geplanten Düngemittel-Einsparungen Nachdruck.

Zu der Kommissionsmitteilung liegen eine Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtages sowie ein Vorschlag für eine einheitliche Länderstellungnahme vor, wobei von einem Spannungsverhältnis zum Subsidiaritätsprinzip ausgegangen wird. Es werden Bedenken geäußert, dass Generalmaßnahmen und in Prozentzahlen gefasste Zielvorgaben nicht in der Lage wären, der Heterogenität der europäischen Landwirtschaft gerecht zu werden. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


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