Parlamentskorrespondenz Nr. 803 vom 15.07.2020

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert EU-Ambitionen zur Entwicklung von COVID-19-Arnzeimitteln

Auch Gesundheitsprogramm "EU4Health" soll aufgrund der Pandemie angepasst werden

Wien (PK) – Damit schnellstmöglich wirksame Arzneimittel zur Behandlung des Coronavirus entwickelt und bereitgestellt werden können, sollen befristete Ausnahmen von den Rechtsvorschriften der Union in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen gewährt werden. Darüber beriet heute der EU-Ausschuss des Bundesrats. Außerdem standen Neuerungen im Gesundheitsprogramm "EU4Health" zur Diskussion.

Klinische Prüfungen von GVO-Arzneimitteln zur COVID-19-Behandlung

Die Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten oder daraus bestehen, soll gemäß eines Verordnungsvorschlags der Kommission beschleunigt werden, um die Verfügbarkeit sicherer und wirksamer Arzneistoffe zur Behandlung oder Verhütung von COVID-19 zu fördern. Da manche der in Entwicklung befindlichen Impfstoffe Viren enthalten, die unter die Definition von GVO fallen können, und Verzögerungen vermieden werden sollen, wird vorgeschlagen, dabei vorläufig von den entsprechenden EU-Richtlinien, wie auch von der Umweltverträglichkeitsprüfung, abzusehen.

Die Verordnung wurde im Europäischen Parlament im Zuge eines beschleunigten Verfahrens bereits vergangene Woche beschlossen, informierte ein Experte des Gesundheitsministeriums. Er betonte, dass die Ausnahmen nur für die klinischen Prüfungen der Humanarzneimittel an einer kleinen Anzahl an ProbandInnen während der Krisensituation gelten, und die Umweltverträglichkeitsprüfung vor dem Zulassungsverfahren dennoch durchgeführt werden soll.

Auch für Österreich ist es von großem Interesse, dass COVID-19-Arzneimittel so bald wie möglich in der Union bereitgestellt werden können, war sich der Großteil der BundesrätInnen einig. So zeigten sowohl Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S), Marco Schreuder (Grüne/W) als auch Stefan Schennach (SPÖ/W) Verständnis für dieses Vorgehen angesichts der prekären Lage. Bundesrat Schennach hofft dennoch auf eine baldige Rückkehr zu geregelten Gesetzgebungsverfahren, wie er sagte. Er wies auch auf die Bedeutung des sicheren Umgangs mit Abfallstoffen hin. Bundesrat Schreuder regte eine begleitende Studie an. Die FPÖ-BundesrätInnen sehen den Vorstoß kritischer. Laut Bernd Saurer (FPÖ/W) würde ein solches verkürztes Verfahren Gefahren mit sich bringen. Es sei zu befürchten, dass sich dadurch die hohen österreichischen Standards vermindern, meinte Christoph Steiner (FPÖ/T).

Anpassungen im Gesundheitsprogramm "EU4Health"

Als Folge der Corona-Krise hat die Kommission außerdem einen erneuerten Vorschlag für das Aktionsprogramm "EU4Health" vorgelegt. Nun soll es eigenständig und mit einem wesentlich höheren Budget - 10,4 Mrd. € - dotiert werden. Ein Teil soll für die Geltungsdauer des EU-Wiederaufbau-Instruments befristet werden, ein anderer auf die des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens.

Das Programm unterstützt die Mitgliedstaaten beim Übergang zu einer besseren Vorsorge, bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme sowie bei der Verwirklichung der gesundheitsbezogenen UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Es soll Instrumente für eine verstärkte Solidarität bei der Vorsorge und Krisenreaktion sowie bei der Suche nach einer gemeinsamen Grundlage für die Verbesserung der Prävention, für die Bekämpfung nicht übertragbarer Krankheiten und für eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen Maßnahmen, Hilfsmitteln und Finanzierungsinstrumenten bereitstellen.

Nun sei das Paket außerdem wesentlich mehr auf Pandemien ausgerichtet, etwa bezüglich der Impfstoff-Produktion, erläuterte ein Experte des Gesundheitsministeriums die Adaptierungen. So soll etwa deren Produktion vermehrt nach Europa geholt und Abhängigkeiten von Rohstoffen verringert werden, sagte er zu Bundesrat Eduard Köck (ÖVP/N), der sich dafür interessierte. Auch Präventionsmaßnahmen seien in dem Paket inkludiert, beantwortete der Experte eine Nachfrage von Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Weil Christoph Steiner (FPÖ/T) Datenschutz-Bedenken äußerte, betonte der Ressortexperte ferner, dass das Vorhaben den strengen EU-Datenschutzrichtlinien unterliege.

Da die Union nur über wenig Kompetenz im Gesundheitssektor verfüge, begrüßte Stefan Schennach (SPÖ/W) den Verordnungsvorschlag, um bei der medizinischen Notversorgung durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit Potentiale zu entwickeln. Hoffentlich werde das ums 20-fache erhöhte Budget bei den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen bestehen bleiben, meinte er. In solidarischer Hinsicht sei diese Hilfsleistung nur zu unterstützen, befürwortete auch Marco Schreuder (Grüne) den Diskussionsgegenstand. Die detaillierten Governance-Strukturen des Programms werden in Anbetracht der nationalen Zuständigkeit für die Gesundheitspolitik derzeit verhandelt. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


Format