Parlamentskorrespondenz Nr. 820 vom 16.07.2020

Bundesrat billigt einhellig Forschungsfinanzierungsgesetz mit neuen Rahmenbedingungen für Forschungsförderung

Zustimmung der Länderkammer auch zu weiteren Gesetzen in den Bereichen Forschung und Bildung

Wien (PK) – Eine Reihe von Gesetzen im Bereich der Hochschulen, der wissenschaftlichen Forschung und der Schulorganisation passierten heute den Bundesrat. Ein wichtiger Schritt für die Neuaufstellung der Forschungsfinanzierung ist das Forschungsfinanzierungsgesetz. Novelliert wurde auch das Tierversuchsgesetz, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz durch die Einbeziehung der Pädagogischen Hochschulen in die externe Qualitätssicherung und das Studienförderungsgesetz zur Sicherung von Mobilitätsstipendien nach dem Brexit. Zustimmung gab es auch für ein Forschungsabkommen mit Brasilien und dazu, dass befristete Anstellungsverhältnisse an Hochschulen COVID-19-bedingt einmalig verlängert werden können. Schließlich passierten noch Änderungen des Schulorganisationsgesetzes den Bundesrat. Eine in der Debatte eingebrachter Entschließung der SPÖ zur täglichen Bewegungseinheit an Kindergärten und Schulen fand eine Stimmenmehrheit.

Neuerungen in der Organisation und Struktur der Forschungsfinanzierung

Mit einer umfassenden Forschungsfinanzierungsnovelle, die mehrere Gesetze im Bereich der Forschungsförderung betrifft, wird auch ein Forschungsfinanzierungsgesetz (FoFinaG) geschaffen. Die Novelle passierte den Bundesrat mit Stimmeneinhelligkeit. Das FoFinaG soll einen Rahmen für die Organisation und Struktur der Forschungsfinanzierung in Österreich schaffen. Kernelement ist dabei der Abschluss eines dreijährigen FTI-Pakts mit den zentralen – jeweils fünf, im Entwurf angeführten – Forschungs- bzw. Forschungsförderungseinrichtungen.

Forschung sei ein wichtiger Faktor zur Bewältigung der großen Zukunftsfragen, sagte Bundesrat Adi Gross (Grüne/V). Sie brauche dazu aber stabile Rahmenbedingungen. Mit dem neuen Forschungsfinanzierungsgesetz werde in diesem Sinne ein Meilenstein gesetzt. Zentrale Elemente des Gesetzes seien die Möglichkeit dreijähriger Budgets, ein Kürzungsverbot sowie wiederkehrende, verlässliche Abläufe bei den Verhandlungen über die Forschungsfinanzierung. Ein kleiner Wermutstropfen sei allerdings, dass kein detaillierter Wachstumspfad festgelegt wurde, meinte Gross, doch etabliere das Gesetz eine langfristige Wachstumsperspektive der Forschungsförderung.

Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N) freute sich darüber, dass ein wichtiges Gesetz, dessen Planung 2009 begonnen hat, nun Wirklichkeit wird. Das FoFinaG werde der Forschung die nötige Planungssicherheit geben. Ein sehr wichtiger Punkt in dem Gesetz sei, dass keine Mittel gekürzt werden können. Mit dem FTI-Pakt könnten künftig die strategischen Schwerpunkte der im Gesetz definierten zentralen Forschungseinrichtungen besser festgelegt werden. Damit werde es leichter, die FTI-Strategie des Bundes umzusetzen, meinte die Bundesrätin. Als einen besonders positiven Aspekt wertete es Zeidler-Beck, dass mit dem neuen gesetzlichen Rahmen auch viele bürokratische Erleichterungen geschaffen werden. 

Zweifellos werde hier ein wichtiger Schritt für die Forschungsfinanzierung gesetzt, befand Stefan Schennach (SPÖ/W). Allerdings wolle er nicht von einem Meilenstein sprechen. Aus seiner Sicht fehle dazu nämlich die Definition eines klaren Wachstumspfads, der von Anfang an versprochen worden sei. Er hoffe aber, dass man auch diesen Wachstumspfad noch erreichen werde. Für Kooperation zwischen verschiedenen Forschungseinrichtungen und Unternehmen und den wissenschaftlichen Wettbewerb seien Planungsfreiheit und wissenschaftliche Unabhängigkeit unerlässlich. Das Gesetz enthalte dazu wichtige Punkte, weshalb seine Fraktion ihm auch zustimme.

Das FoFinaG sei noch unter der Koalition von ÖVP und FPÖ erarbeitet worden, erinnerte Michael Bernard (FPÖ/N). Allerdings sei ein wesentlicher Punkt, der von der vorigen Regierung zugesagt wurde, nun nicht aufgenommen worden, nämlich ein fester Wachstumspfad. Stattdessen enthalte das Gesetz nur allgemeine Zusagen. Bernard vermutete, dass der anhaltende Widerstand der ÖVP-Finanzminister die Ursache dafür sei. Aus seiner Sicht werde ein definierter Wachstumspfad künftig unerlässlich sein.

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann betonte, dass sich sein Ministerium mit diesem Gesetz aus der strategischen Planung der Forschungsschwerpunkte teilweise zurückziehe und den Institutionen mehr Selbständigkeit einräume. Über die Festlegung von Zielwerten in Form eines festen Wachstumspfads habe man lange debattiert, man sei aber wieder davon abgekommen. Eine Koppelung der Forschungsausgaben mit dem BIP wäre eher problematisch. Für heuer würde das zum Beispiel ein Sinken der Forschungsfinanzierung verursachen, gab er zu bedenken. Daher werde nun eine Wachstumszusage gegeben. Das Gesetz enthalte auch viele Elemente der Qualitätssicherung, hob Faßmann hervor.

Bundesministerin Leonore Gewessler sagte, aus ihrer Sicht stelle das Gesetz einen eindeutigen Meilenstein dar, da es eine bisher nie dagewesene Planungs- und Finanzierungssicherheit für die Forschung schaffe. Den Ministerien werde die Möglichkeit gegeben, von der operativen Governance zur strategischen Governance überzugehen und damit längerfristige Schwerpunkte in der Forschungspolitik setzen zu können. Die beteiligten MinisterInnen würden sich mit aller Kraft für ein klares budgetäres Wachstum der Forschungsfinanzierung einsetzen, versprach Gewessler.

Umsetzung der Tierversuchs-Richtlinie der EU

Einstimmig gebilligt wurde vom Bundesrat die Novelle zum Tierversuchsgesetz 2012, um einer EU-Verordnung zu entsprechen. Die Anpassung der Berichtspflichten an die EU-Kommission machte auch die Anpassung nationaler Berichtspflichten erforderlich. Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S) brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion zur Förderung der tierversuchsfreien Forschung ein, der mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

Maßnahmen zur Modernisierung und Qualitätssicherung im Hochschulsystem

Mit einer vom Bundesrat mehrheitlich genehmigten Novelle des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes (HS-QSG) werden die Pädagogischen Hochschulen und die anerkannten privaten Pädagogischen Hochschulen ins System der externen Qualitätssicherung aufgenommen. Damit sollen künftig alle österreichischen Hochschulen vom System der externen Qualitätssicherung nach HS-QSG erfasst werden. Weiters wird das bisherige Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG) nun zum Fachhochschulgesetz (FHG), das mit neuen Bestimmungen versehen wird.

Studierendenmobilität nach dem Brexit, befristete Arbeitsverhältnisse an Hochschulen, Abkommen mit Brasilien

Eine Novelle zum Studienförderungsgesetz trägt dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs Rechnung. Österreichische Studierende, die Studien in Großbritannien und Nordirland betreiben, können damit weiterhin ein Mobilitätsstipendium beziehen. Im Gegenzug können auch britische Studierende zu gleichen Bedingungen wie EWR-BürgerInnen in Österreich Studienbeihilfe beziehen. Der Bundesrat sprach sich einstimmig für diese Regelungen aus.

Befristete Anstellungsverhältnisse an den Hochschulen können, falls die COVID-19-Maßnahmen den Abschluss von Projekten oder Abschlüssen verzögert haben, einmalig verlängert werden. Die in diesem Sinne vorgenommene Novellierung des COVID-19-Hochschulgesetz passierte den Bundesrat mit Stimmenmehrheit.

Des Weiteren genehmigte die Länderkammer einstimmig ein neues Abkommen zwischen Österreich und Brasilien, mit dem die internationale Forschungskooperation durch die Förderung von Mobilitätskosten im Rahmen bilateraler und multilateraler Kooperationsprojekte stimuliert werden soll.

Bundesrat genehmigt Gesetzesinitiativen im Bildungsbereich

Ein Paket an Änderungen des Schulorganisationsgesetzes, das vom Bundesrat einstimmig angenommen wurde, sieht unter anderem vor, das nunmehr erprobte Modell der Neuen Oberstufe zu überarbeiten und deshalb zwei Jahre später als geplant zu starten. Zumindest für alle dreijährigen mittleren und höheren Schulen ab der 10. Schulstufe soll der Start auf 1. September 2023 verschoben werden. Im Paket enthalten sind auch Lehrgänge für Früherziehung, der Regelbetrieb für Schulversuche in den Bereichen Leistungssport, Kunst und IT sowie die Veröffentlichung der Matura-Prüfungsfragen nach Prüfungsende.

In der Debatte machte Doris Hahn (SPÖ/N) den Schulsport zum Thema. Sie sprach sich für eine tägliche Bewegungs- und Sporteinheit in Kindergärten und Schulen aus und stellte einen entsprechenden Entschließungsantrag an die Bundesregierung. Konkret fordert Hahn, diese täglichen Einheiten gemeinsam mit den Bundesländern und organisierten Sportinitiativen zu fördern, um eine flächendeckende Umsetzung der täglichen Bewegung zu erreichen. Hierzu soll auch eine Gesamtstrategie entwickelt werden, die unter anderem die Öffnung von Freizeitanlagen und die ganzjährige Nutzung von Schulsportanlagen umfasst. Die SPÖ-Bundesrätin erwartet sich positive Folgen für das Sozial- und Gesundheitssystem sowie eine Motivierung Jugendlicher für den Leistungs- und Spitzensport. Dem Antrag stimmte die Mehrheit der LändervertreterInnen zu. (Fortsetzung Bundesrat) sox/see


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